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Bad Doberan: Der „Investorenschreck“ will Wirtschaftsförderung.

 

Es ist der Schrecken jedes Investors:
Man hat viel Geld investiert, um aus einer Idee ein Konzept zu entwickeln und dann kommen kleine Lokalpolitiker oder große Amtsleiter und drängen einem ihre ganz privaten oder bei den Wählern populären Wunschvorstellungen auf.

 

So ist es in Bad Doberan durchaus üblich: Bei der Jugendherberge, beim Moorbad, in Heiligendamm – überall will die Stadt mitreden.Bauamtsleiter und Stadtplaner Norbert Sass brachte diese Provinz-Mentalität jüngst in einer Fragestunde auf den Punkt:

 

„Ein evtl. neuer Investor will ja bauen und dazu braucht er unsere Genehmigung, somit haben wir die Entwicklung in der Hand.“ äußerte er sich sinngemäß zum Moorbad-Projekt. Ähnliches sagte er auch schon zur Jugendherberge und immer wieder fällt diese Aussage quer durch die Stadtverwaltung und Stadtvertretung in Zusammenhang mit Heiligendamm. Am Markt dauerte es fast zwei Jahrzehnte, bis der Projektentwickler nach drei von den Stadtvertretern abgelehnten Plänen von drei Architekten entnervt aufgab und verkaufte. Nun entsteht dort das, was eigentlich immer wieder abgelehnt wurde.

 

In Heiligendamm geht die Stadt ans Eingemachte und will den Investor vertreiben, der fast 300 Mio. Euro für die Rettung dessen einsammelte, was Stadt, Land und Bund nicht mehr zu retten, aber auch nicht aufzugeben  bereit waren: Das Kern-Ensemble von Heiligendamm. Solange Investor Anno August Jagdfeld die Wunschfee für die Stadt spielte und ihr einen Kurwald baute, die städtischen Anteile für Straßen, Plätze und Strandabgänge über- und Pflegearbeiten abnahm, solange war sein Geld gut genug für Bad Doberan. Nun da er augenscheinlich nicht mehr genug davon hat und auch den Wunsch nicht erfüllen will, den Politikern ihren Stichweg zu bauen, den sie ihren Wählern versprochen haben, soll er gehen.

 

Die neue Geldquelle und Wunschfee heißt Paul Morzynski und dem möchte die Stadt nun am liebsten all das in die Hände legen, was sie selbst nicht machen will und Jagdfeld nicht machen soll. Morzynski wollte ein Hotel retten – nun soll er Stadtentwickler, Seebad-Erbauer und Stadtteilmanager für die Stadt spielen und deren Verantwortung übernehmen.

 

 

Zugleich sucht man im Rathaus nach neuen Investoren für die Wunschliste:

 

Einen, der der Ruine im Klosterhof zu einem Veranstaltungsort mit Gastronomie macht und einen, der dasselbe schräg gegenüber mit dem Marstall macht.

 

Einen, der ohne Neubauten das Moorbad wieder aufbaut, mit Therme, angrenzend an einen Kurpark, den er möglichst auch selbst baut.

 

Einen, der die alte Chemiefabrik kauft, den Müll und die Altlasten entsorgt und dann da etwas macht, das der Stadt Geld bringt.

 

Einen, der in die alte Lessing-Schule einzieht und auch einen für das halb leere DLK-Gebäude hinter dem Prinzenpalais oder die Wesemeyer-Niederlassung im Gewerbegebiet.

 

Einen, der das Grundstück neben ALDI in der Rostocker Straße, Ecke Friedrich-Franz-Straße bebaut und einen, der irgendetwas mit dem leer stehenden Bahnhofsgebäude machen kann.

 

Einen Retter für das Ehm-Welk-Haus und weitere für andere leere Häuser und einen Baulückenschließer für den Schandfleck in unmittelbarer Nähe des Rathauses.

 

Das ist der offizielle Teil der Wunschliste – wie lang sie wirklich ist, wissen nur der Bürgermeister und seine Amtsleiter.

 

Manager statt Eigenverantwortung.

 

Richten sollen es Wirtschaftsförderer, entweder selbstbewusste Pseudo-Experten aus dem Rathaus oder – da aus der Wirtschaft der Ruf nach echten Fachleuten laut wird – ein Manager. Kaum ist das Wort „Manager“ ausgesprochen, da macht es die Runde:

 

Die Tourismuschefin schafft es neben ihrer Arbeit in der Tourismuszentrale nicht allein, Bad Doberan auch noch zur angestrebten Touristenhochburg zu machen – es soll ein Tourismusmanager her. Das Rathaus ist nicht in der Lage, Bad Doberan und Heiligendamm ohne fremde Hilfe langfristig als Kurort zu erhalten und damit nicht alle Jahre wieder um den Seeheilbad-Status gezittert werden muss, soll ein Kurortmanager her. Die Gewerbetreibenden wünschen sich einen Citymanager, weil ihnen im Rathaus ein Interessen ausgleichender Ansprechpartner fehlt.

 

In jedem großen Unternehmen hat die Verteilung der Aufgaben an verschiedene kompetente Köpfe, die untereinander vernetzt sind und zusammen arbeiten Erfolg. In anderen Bundesländern funktioniert das auch in den Verwaltungen, in Bad Doberan jedoch versucht man es mit „Durchwurschteln“, eilt mit der Gießkanne von einem Baum zum nächsten und hat nie einen Blick für das große Ganze – sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Die wenigen in der Verwaltung über lange Zeit entstandenen Konzepte scheitern spätestens an den Stadtvertretern, die diese entweder nicht verstehen und ablehnen oder aber sehr wohl verstehen und ablehnen.

 

Ein Ziel hat Bad Doberan nicht und darum nützen all die gewünschten Manager letztlich auch nichts.

 

Gerade Wirtschaftsförderer würden es in Bad Doberan am schwersten haben: Der Kurortmanager soll für den dauerhaften Kurortstatus sorgen, der Tourismusmanager für mehr Gäste und der Citymanager für mehr Miteinander. Was aber soll der Wirtschaftsförderer in einer Stadt, in der ein investitions- und investorenfeindliches Klima herrscht? Soll er ein Opfer nach dem anderen über den Tisch ziehen und im Rathaus abliefern?

 

Das hat man bisher auch ohne fremde Hilfe geschafft – nicht nur in Bad Doberan, sondern auch in Rostock, Kühlungsborn, Wittenbeck, Westenbrügge, Börgerende und anderen Städten und Dörfern der Region. Wenn es aber jemand anderes macht, hat man einen Schuldigen, wenn der Wähler irgendwann einmal dahinter kommt.

 

 

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