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Grand maître: Ronny Siewert wieder bester Koch des Landes im Gault&Milau

Ronny Siewert, Heiligendamm und der Gault&Milau – das ist eine unendliche Geschichte. Unendlich erfolgreich, denn der Meister hat es wieder einmal geschafft: Der Sternekoch Ronny Siewert aus dem Gourmet-Restaurant „Friedrich Franz“ im Grand Hotel Heiligendamm ist auch im Gault&Milau 2020 wieder der beste Koch Mecklenburg-Vorpommerns.

Diesmal überzeugte er mit Island-Kabeljau. „Eine feine Kapern- Tapenade steuerte Süße bei, kleine Artischocken lieferten bittere, eine Rauchaal-Nussbutter sowie Schinkensaft rauchig-würzige Noten. Insgesamt ergab das ein ausgesprochen komplexes Geschmacksbild, das – wie sehr guter Wein – noch lange am Gaumen nachhallte. Nicht weniger vielschichtig war das mediterran angehauchte Kaninchen. Serviert wurden der gebratene Rücken und die Keulen als Ragout, ergänzt mit einer harmonischen Liaison von Zimt, Thymian, Wacholder und Morcheln und kontrastiert mit fruchtiger Aprikosencreme.“ Das Fazit der Tester: „Handwerklich und optisch perfekt gemacht“

Dafür gab es für Ronny Siewert wieder 18 von 20 Punkten. Eine höhere Punktzahl haben in ganz Deutschland nur 14 Köche. Erstmals erreichte André Münch vom „Der Butt“ in Rostock-Warnemünde auch diese Punktzahl. Im nächsten Jahr könnte es also ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Titel geben. Weiterhin kamen erstmals Christian Eckhardt vom „Purs“ in Andernach und Boris Rommel vom „Le Cerf“ in Öhringen bei Heilbronn auf 18 Punkte.

Die besten Köche Mecklenburg-Vorpommerns

In Mecklenburg-Vorpommern folgen auf Siewert und Münch mit 17 Punkten Pierre Nippkow von der „Ostseelounge“ in Dierhagen, der „geflämmten Ostseelachs in einer intensiv grünen Gurkengrütze mit Gurkenkügelchen, Forellenkaviar sowie einer dunkelgrünen Kugel geeister Frankfurter Soße badet und den Mecklenburger Rehrücken mit intensiver Fichtensprossenjus, Purple-Curry-Creme und marinierter, exotisch-süßer Ananas sehr weltläufig interpretiert“ und Daniel Schmidthaler vom „Klassenzimmer“ in Feldberger Seenlandschaft, der „keine gehypten oder kostspieligen Produkte, keine japanischen oder peruanischen Inspirationen, keinen Hightechgrill oder heißen Stein braucht, um dann das anzubieten, was möglichst viele anrichten, sondern mit Sinn und Verstand die Region auftischt: den sanft gegarten Hecht mit grüner Gurke, einem Chimichurri aus Rapssamen, ein paar Klecksen Johannisstrauchcreme und einem am Tisch angegossenen Fischfond oder die gegrillte Rinderschulter mit Ofensellerie, knusprig gerösteten Lindenblättern und Essigpilzen.“

Auf 16 Punkte in die Klasse, wo Kochen zur Kunst wird, ist Christian Somann vom „Belvedere“ in Heringsdorf auf Usedom aufgestiegen, der „aromenstarke Gerichte aus großem Kochhandwerk bietet: perfekt gedämpften Steinbutt mit Rogen, Blumenkohl und Triebspitzen vom Sellerie, mit Douglasie gebratene Taube oder glasierten Rehrücken mit Sauerkirsche, Fichte und Wildpfeffer“.

Erstmals gingen dank inspirierter Gerichte 15 Punkte an Robert Schindler vom „Rugard’s Fine Dining“ in Binz auf Rügen.  „Imposant kombiniert kommt das mit einer fleischigen Jus übergossene dicke Heilbuttfilett mit stilisierten Schuppen aus Oktopusscheiben sowie gegrillten Oktopusarmen, gekochten Urkarotten und zarten Tortellini mit dezenter Brunnenkressefüllung“ sowie Arjan Mensies vom „Bernstein“ in Heringsdorf auf Usedom, der „bei 55 °C gar gezogene Kabeljau lag mit sorgfältig gerollten Streifen grüner Gurke in einem Sud aus grünem Curry und war mit Tropfen von Rote Bete-Saft und Pesto künstlerisch wie geschmacklich bereichert sowie durch den Crunch eines mit Senf bestrichenen Knäckebrots begleitet“.

Auf 14 Punkte steigert sich Wenzel Pankratz vom „Forsthaus Strelitz“ in Neustrelitz, der „bei all seinem Purismus erstaunliche Kreationen bietet: Das wie Lametta geschnittene, nur marinierte Grün vom Kohlrabi verdeckt eine süffige Kombination aus Onsen-Ei, brauner Butter und Kompott von wilder Pflaume, der fast rohe, in reichlich fettem Sauerrahm gebadete Wirsing wird von einer zart- saftigen Tranche eines acht Monate gereiften Jungbullens begleitet, dessen exquisite Qualität sich in einem im Mund zerfließenden Fettanteil offenbart.“

Die Tester beschreiben und bewerten dieses Jahr insgesamt 29 Restaurants in Mecklenburg- Vorpommern. 21 Küchenchefs zeichnen sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus. Darunter sind auch die neueröffneten oder erstmals bewerteten Lokale „Gutshaus Bauernstube“ in Morgenitz auf Usedom (14 Punkte) und „Medinis“ in Bad Doberan-Heiligendamm (13 Punkte). Im Vergleich zur Vorjahresausgabe nimmt der Gault&Millau in Mecklenburg-Vorpommern 5 Restaurants neu auf und streicht 4 langweilig gewordene; 5 werden höher, 2 niedriger bewertet.

 

Die Ergebnisse für Mecklenburg-Vorpommern

18 Punkte
Friedrich Franz in Heiligendamm
Der Butt in Rostock

17 Punkte
Ostseelounge in Dierhagen / Darß
Klassenzimmer in Feldberger Seenlandschaft

16 Punkte
Freustil in Binz auf Rügen
Weinhaus Uhle in Schwerin
Belvedere in Heringsdorf auf Usedom

15 Punkte
Blüchers in Göhren-Lebbin
Büttner’s in Greifswald
Ich weiß ein Haus am See in Krakow Am See
Rugard’s Fine Dining in Binz auf Rügen
Bernstein in Heringsdorf auf Usedom

 

Die besten Köche Deutschlands

Wieder mit 19,5 Punkten, die als Höchstnote für Küchen von Weltklasse verliehen werden, meisterte Christian Bau vom Victor’s Fine Dining by Christian Bau im saarländischen Perl. „Seine diffizilen Gerichte kommen so locker und beschwingt daher, als fänden die Komponenten von allein zueinander und wären ohnehin füreinander geschaffen. Der Aromenjongleur und Würzkünstler versteht es auch meisterhaft, Japan und Frankreich miteinander zu vermählen.“

Ebenfalls die Höchstnote bekam Sven Elverfeld vom Aqua in Wolfsburg: „Sein unvergleichlicher Stil lässt sich vielleicht am ehesten durch das beschreiben, was er nicht ist: vordergründig oder hochtrabend. Auch in dieser Testsaison konnten wir die hochspannende Abwechslung zwischen vornehm-zurückhaltenden Tellern und eindrücklich Kräftigem bestaunen.“

Außerdem auf dem Spitzenplatz landete Klaus Erfort vom Gästehaus in Saarbrücken: „Er bietet wahre Lehrstücke dafür, dass man bei besten Produkten, erstklassiger Technik und der Beschränkung aufs Wesentliche ohne jegliche Showeffekte auskommen kann.“

Ebenso viele Punkte bekam Christian Jürgens von der Überfahrt in Rottach-Egern am Tegernsee: „Die kaum zu übertreffende Geschmacksfülle und sinnliche Opulenz seiner Gerichte verbindet berückende Optik und gedankliche Tiefe.“

Auch Torsten Michel von der Schwarzwaldstube in Baiersbronn schaffte die Höchstpunktzahl: „In seiner genussorientierten Kreativität prägen oft profane Produkte die Delikatesse und Raffinesse seiner Gerichte. So leuchtet er die Aromatik einer schlichten Gartengurke in alle nur denkbaren Tiefen aus, wenn er deren Sorbet auf gehobeltem Gurkensalat anrichtet, dazu Buttermilchwürfel gibt und eine gekühlte Bouillon auf Basis von extrahiertem Gurkensaft angießen lässt.“

Ebenfalls ganz oben steht Clemens Rambichler vom Waldhotel Sonnora in Dreis bei Wittlich (Südeifel): „Er bewahrt dem Restaurant das einzigartige Flair, die letzte Hochburg der klassischen französischen Haute Cuisine in der deutschen Spitzengastronomie zu sein, die ohne Trends, Marketing und Effekthascherei auskommt, aber bedingungslos auf die perfekte Zubereitung bester Produkte setzt.“

Tim Raue in seinem nach ihm benannten Restaurant in Berlin ist mit dabei: „In seiner einzigartigen, asiatisch inspirierten Aromenwelt beherrscht er das Zusammenspiel von Süße und Säure, Schärfe und Umami forsch, überraschungsreich und optimal.“

Schließlich schließt Joachim Wissler vom Vendôme in Bergisch Gladbach bei Köln die Bestenliste: „Als Produktfetischist und Meister im Dirigieren eines großes aromatischen Orchesters gelingt ihm seit vielen Jahren das Kunststück, sich treu zu bleiben und doch immer wieder neu zu erfinden.“

 

Tohuro Nakamura vom Werneckehof in München ist Koch des Jahres

Für seine „Küche, die ein Tor zu einer neuen kulinarischen Welt öffnet“, kürt der Guide den 36jährigen Tohru Nakamura vom Restaurant Werneckhof by Geisel in München zum Koch des Jahres. Patricia Bröhm in ihrer Laudatio: „Als Sohn einer deutschen Mutter und eines japanischen Vaters verinnerlichte er von klein auf in München und Tokio zwei kulinarische Welten. Heute erleben seine Gäste, wie er europäische Avantgarde mit den Geheimnissen der traditionellen japanischen Küche zu etwas ganz Neuem webt, befeuert von hoher kulinarischer Intelligenz.“

Schon „bei den Grüßen aus der Küche kommt nicht die übliche, oft beliebig wirkende Parade, sondern etwas sehr Durchdachtes: ‚Zukushi‘ bezeichnet im Japanischen traditionell die Variation eines bestimmten Produkts, sie bildet im Werneckhof, saisonal wechselnd, den Auftakt jedes Menüs. Im Herbst steht der Kürbis im Mittelpunkt, und zwar alle Arten, die sich im Münchner Umland finden ließen, serviert in vier verschiedenen Zubereitungen, darunter die Fruchtfleischfäden des Spaghettikürbis (den gibt es wirklich) mit Kürbis-Kimizu (eine Art japanische Hollandaise), frisch geriebenem Parmesan mit getrockneten Shrimps und gestoßenen Kürbiskernen, Hijiki-Algen und, statt Speck, Bonitoflocken, à la minute von geräuchertem und getrocknetem Bonito frisch gehobelt. Japanische Einflüsse finden sich auch im Folgenden auf fast jedem Teller, beispielsweise wenn er klassisch auf der Haut gebratene Dorade Royal auf feinsten Koshihikari-Reis bettet, der mit Tomate und Sepia im Risottostil gegart ist, und dazu butterzarten Oktopus, Miso-Rouille und eine schäumende pikante Fischsuppe anrichtet.“

Für solche Gerichte erhält Nakamura erstmals 19 von 20 möglichen Punkten. Sie stehen für „prägende Küche, führend in Kreativität, Qualität und Zubereitung“. Auf ebenfalls 19 Punkte und damit ebenfalls in die deutsche Kochelite steigern sich auch Kevin Fehling vom The Table in Hamburg, der „das coole Showcooking, die vielen Tupfen auf Tellern, die Schälchen als Beigabe zu jedem Gang und die Miniportionen zugunsten raffinierter, konzentrierter Gerichte mit überraschenden Geschmackskombinationen aufgab. Raffinement und Aromentiefe demonstriert er auch beim spanischen Blauflossenthunfisch, der aufs Glücklichste mit würziger Seeigelcreme, großkörnigem Lachs-Kaviar und in Yuzu eingelegtem Rettichwürfel liiert ist. Eskortiert wird diese Konsistenzen-Inszenierung von würzigen Nori-Algen und Oysterleafs, als sensorisch reizvoller Coup bringen sich leuchtende Wasabi-Perlen ein.“

Die gleiche Punktzahl geht an Jan Hartwig vom Atelier in München, der „weltoffene Aromatik, bildschöne Optik und kreative Konzeption auf dem Fundament besten klassischen Handwerks präsentiert, als habe er jahrzehntelange Erfahrung und sei nicht erst 37 Jahre alt“. Die „hochfeine Süffigkeit der neuen deutschen Küche demonstriert auch sein mit Kalbslack glasiertes Kalbsbries, außen schön knusprig ausgebacken und innen butterzart, versteckt unter einer dünnen Scheibe knallroten Rote Bete-Radicchio-Gelees, begleitet von Parmesanschaum und Radicchio-Vinaigrette sowie Emmerrisotto, das mit Walnüssen und Speck verfeinert ist.“

Ebenso viele Punkte gingen an Michael Kempf und Joachim Gerner vom Facil in Berlin, die „eine Küche ohne stilistische Scheuklappen und voller köstlicher Kontraste bieten, in der geschmackliche Tiefe und große Leichtigkeit Hand in Hand gehen. Da sie nicht im aktuellen Trend zum Purismus mitlaufen, sondern zu größerer Komplexität der Gerichte streben, bauen sie zum Beispiel dem Imperialkaviar eine imposante Bühne: Unten eine Schicht dünner Schweinebauch, darauf mild geräucherte Austernstücke, Lardo mit Kardamomcreme zum Schutz des Kaviars, kleine Würfel von Gelben Beten, mariniert in Passionsfruchtsaft, drumherum eine sanft-würzige Kardamomjus. Das klingt verrückt, aber es ist eben die Verrücktheit großer Küche.“

 

Die Nachwuchstalente

Der Guide engagiert sich für die Nachwuchsförderung. 19 Punkten bekommen für ihre inspirierten Gerichte wieder Claus-Peter Lumpp vom Bareiss in Baiersbronn („Jedes Hauptprodukt wird variantenreich dargeboten. Bestellt man etwa den Wolfsbarsch, so wird er in drei Gängen serviert: zuerst auf der Haut gebraten und mit heißem Öl so übergossen, dass sich die Schuppen kross aufstellen, dann als gebratene Würfel und schließlich gratiniert und von feiner Zitrusvinaigrette mit genau dem richtigen Tick Säure so umspielt, dass die Geschmackspapillen abenteuerlustig bleiben“); Christoph Rüffer vom Haerlin in Hamburg („leicht angegrillter Thunfischbauch mit Kaviar, Gurkensorbet und zwei Cremes: die eine aus Avocado und Jalapeños, die andere aus Meerrettich und Yuzu. Die Basis gab diesem Brückenschlag von Japan nach Mexiko der gänzlich unerwartbare angegossene Spitzkohlsud. Er brachte deutsche Bodenständigkeit in das exotische Aromenspiel“); Peter Maria Schnurr vom Falco in Leipzig („Tatar vom ganz kurz marinierten Kingfish mit pochiertem Thai-Ei, Mango-Ketchup-Creme, Kopfsalat mit Chili und Sojasauce sowie Pilzsud mit Minzöl und gezupftem süßem Schwein auf dem Fisch“); Hans Stefan Steinheuer und Schwiegersohn Christian Binder von Steinheuers Restaurant zur alten Post in Bad Neuenahr („wie beim Pluma vom Ibérico-Schwein mit Spitzkohl, Kalamata-Oliven, Chorizo-Öl und BBQ-Jus die Raucharomen eingebunden werden und der Jus genau das richtige Maß an Süße und Schärfe mitgegeben wird, das demonstriert ganz große Kochkunst“).

 

Die gehobene Küche in Deutschland ist nachdenklicher geworden

Der Gault & Milau fasst zusammen: „Die gehobene Küche in Deutschland wurde in jüngster Zeit nicht nur spannender, vielfältiger und in jeder Hinsicht besser, sie wurde auch nachdenklicher.“

Chefredakteurin Patricia Bröhm schreibt: „Vor allem die junge Generation kocht mit einem geschärften Bewusstsein für die Endlichkeit der Ressourcen. Und orientiert sich zunehmend an dem, was für unsere Großeltern und Urgroßeltern selbstverständlich war. Eine Küche, die die Schätze heimischer Natur hochachtet, die Saison respektiert und alles vom Tier und von der Pflanze verwendet, was essbar ist, bis hin zu den lange verschmähten Innereien und zu den Gemüsestrünken, in denen der geballte Geschmack sitzt.“

Als weitere kulinarische Trends beobachten Bröhm und die 32 Tester in diesem Jahr mutige Konzepte junger Talente und erfahrener Könner, mit denen gehobene Küche vielerorts wohltuend besser werden und eine möglichst große Zielgruppe erreichen kann, die Hinwendung der Spitzenköche zum Wild, das sein Leben frei in heimischen Wäldern verbrachte, als ultimatives Bekenntnis zur Regionalität, die Aufwertung von Fischen aus nahen Flüssen, Seen und Teichen als Alternative zu den Klassikern aus überfischten Meeren und den umweltunfreundlichen langen Transportwegen sowie die Renaissance der lange verpönten Innereien und den Wandel der eher vordergründigen Japan-Mode zur profunden Erschließung einer neuen Aromenwelt.

 

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