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Tourismus-Experte Prof. Stephan Gerhard warnt vor Einzelverkauf der Orangerie

Professor Stephan Gerhard ist Chef der Unternehmensberatung Treugast und gilt als einer der führenden Tourismus-Experten Deutschlands. Er warnt vor dem Einzelverkauf der Orangerie in Heiligendamm.

 

Erster Schritt zur Zerschlagung.

Gerade findet sich im Forum der Ostsee-Zeitung ein Leserbrief des Bad Doberaner Gastgebers Tom Wosar, der mein, die Amtszeit von Stadtvertretervorsteher Guido Lex hätte den Vorteil erreicht, dass es nicht zum weiteren Ausverkauf Heiligendamms gekommen sei. Wosar meint damit den Verkauf städtischer Flächen an die ECH, hier speziell die Fläche für das Thalasso-Zentrum, das er gern von der Stadt selbst entwickelt gesehen hätte.

Prof. Gerhard sieht gerade jetzt aber die Gefahr der Zerstückelung des Grand Hotels und damit auch ganz Heiligendamms. Für ihn ist der Verkauf der Orangerie an den Berliner Klinikbetreiber „Median“ der erste Schritt zur Zerschlagung. (Ostsee-Zeitung vom 22.01.2013)

 

Gesamtkonzept nötig.

Auch Gerhard fordert ein Gesamtkonzept für den ganzen Ort Heiligendamm, damit er „Leuchtturm“ der Tourismusbranche im ganzen Land bleibt. Er glaubt, dass der Hotelbetrieb auch ohne die Orangerie möglich sei und das Hotel auf das Gebäude rein wirtschaftlich verzichten könne.

 

Klinik und Hotel so dicht beieinander ist problematisch.

Gerhard hat eher ein großes Problem damit, dass ausgerechnet die Median-Klinik die Orangerie kaufen und für Klinikzwecke nutzen will. Im Sinne von Heiligendamm wäre es ihm lieber, die Klinik bliebe Teil des Hotels.

 

Klinik und Hotel verbinden.

Gerhards Kollege André Rosinski von der ift Freizeit- und Tourismus GmbH mit Sitz in Köln und Potsdam sieht es im Prinzip ähnlich, hat aber eine Idee: Man könne die Orangrie als Ergänzung für das Grand Hotel benutzen, um dort Gesundheitstourismus anzubieten (Anm. ZAM: Das entspricht meinem Vorschlag, die Orangerie im Hotel zu belassen aber durch die Median-Klinik dort Kurangebote einzurichten). Aber auch Rosinski fordert ein Gesamtkonzept für den ganzen Ort.

 

Grand Hotel allein funktioniert nicht.

Beide Experten weisen darauf hin, dass das Grand Hotel allein ohne entwickeltes Umfeld nicht funktionieren kann (Anm. ZAM: Mein Reden!) „Wenn das Hotel nun zerfleddert wird, wird es als Luxus-Destination kaum eine Chance haben“, so Gerhard.

 

Investieren statt Retten.

Der Professor weiß, was zu tun ist: „Das Land MV braucht das Flaggschiff Heiligendamm.“ Er mahnt an, statt über eine schnelle Rettung nachzudenken, ein Konzept für neue Attraktionen zu erarbeiten. Von Heiligendamm sind ihm zu Folge gerade man zwei Drittel fertig und jetzt müsse es um den Rest gehen. Er nennt einen großen SPA-Bereich, Wellness-Angebote – auch für Kinder – weitere Restaurants und Geschäfte als Muss – vielleicht auch einen zweiten Hotelbetrieb. (Anm. ZAM: Also im Prinzip all das, was Jagdfeld im Masterplan zu stehen hat).

 

Warnung vor schnellem Verkauf.

Gerhard warnt davor, das Grand Hotel schnell zu verkaufen. Die Gläubiger hätten alle Zeit der Welt und dürften dem zukünftigen Eigentümer die Wachstumsmöglichkeiten nicht nehmen (Anm. ZAM: Was der Verkauf der Orangerie aber bedeutet).

 

Stichweg und Küstenwanderweg keine Hauptprobleme.

Laut Ostsee-Zeitung hat der Fachmann mit dem Bau des Stichweges keine „Bauchschmerzen“ mehr. Er sah dies vor ein paar Jahren wegen der Überschneidung der Zielgruppen noch als problematisch an, glaubt aber, dass das heute „nicht mehr so krass“ wäre. Gerhard kann sich nicht vorstellen, dass es wieder Völkerwanderungen durch das Hotel geben würde. Er hat sich bei seinen Aufenthalten über die Zäune geärgert und meint, dass Heiligendamm attraktiver werden würde, wenn man entlang der Küste wandern könne. (Anm. ZAM: Die ECH baut dafür einen Rundweg; einzig müssen sich die Stadtvertreter einig werden, wie der über dem Packwerk aussehen soll.)

 

Kommentar
von ZAM-Autor Martin Dostal

 

Sein Wort in den Ohren der Verantwortlichen.

 

Vielleicht hören die Stadt- Kreis- und Landesväter- und mütter dem Experten ja zu. Vielleicht wiegt sein Wort schwerer als das von unbekannten Leuten, die all das zu jeder Zeit schon einmal gefordert haben und was die beiden Experten so treffend zusammen fassen. Vielleicht sieht man in den Amtsstuben die helfende Hand und nicht nur den belehrenden Finger und hört auf, detailverloren am Gesamten vorbei zu planen. Vielleicht erkennt man auch, wie viel die Stadt selbst noch tun kann, die sich bisher damit heraus redete, dass alles der ECH gehöre und man nichts tun könne. Da geht so viel: Der erste Part wäre, sich zu entscheiden, wie denn nun der Rundweg aussehen soll, den die ECH bauen soll und will. Das allein nützt nicht viel: Der Wanderweg muss nach Osten an Börgerende angeschlossen werden, so hätte man eine der längsten Seepromenaden der Region.

Würde man dann noch Strandzentrum und Strandversorgung in die Spur schicken, wäre schon viel erreicht. Das Kurgebiet ist entscheidungsreif – es müsste nur beschlossen werden. Eine Kurgesellschaft aus Stadt, Landkreis und unter Beteiligung der MEDIAN-Klinik und ECH wäre das richtige Mittel, um viel mehr Förderung zu erhalten und gemeinsam all das entwickeln zu können, was einer allein nicht schafft. Die Kurgesellschaft könnte sogar das Thalasso-Zentrum bauen. Aber grundsätzlich gilt: Ein Gesamtkonzept muss her – ausgearbeitet von Experten und gemacht für die Wirtschaft… nicht für die Politik.

 

Zu guter Letzt: Nehmt den Gartenzwergen die Kamera weg!

Und dann noch ein kleiner persönlicher Wunsch: Möge die Ostsee-Zeitung einen Fotografen nach Heiligendamm entsenden, der aufrecht gehen und die Zäune überblicken kann. Schon das dritte Mal wurde aus der Gartenzwerg-Perspektive unprofessionell durch den Zaun hindurch fotografiert und das unprofessionelle Bild auch noch veröffentlicht. Zugleich weiß aber derselbe Fotograf, wie er für ein gutes Bild hinter diese durch sein Auf-dem-Boden-Herumkriechen scheinbar meterhohen Zäune kommt.

 

 

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