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Geschichte & Architektur

Weihe und Segnung für neues Kreuz auf dem Mönchsfriedhof am Münster

Neues Kreuz am Doberaner Münster soll an das Leben und Wirken der Zisterzienser in Doberan und 600 Jahre Nutzung als Mönchsfriedhof und Friedhof des Ortes erinnern.

 

850 Jahre ist es im nächsten Jahr her, dass der Konvent der Zisterzienser unter Abt Conrad aus Amelungsborn an die Ostsee kam und das erste Kloster im neuen Land baute. Sie folgten dem Ruf von Bischof Berno, einst selbst Mönch im Kloster Amelungsborn gewesen und nun das Oberhaupt einer neuen Kirche in einem neuen Land.

Das neue Land – das war das Land der Slawen, der Obodriten, die gerade zuvor vom Sachsenherzog Heinrich den Löwen und seinen Verbündeten besiegt wurden. Ihr Stammesfürst Pribislaw, der seinen Vater und einen Bruder im langen Kampf gegen die sächsischen Eroberer verlor, söhnte sich mit Heinrich dem Löwen aus, bekam sogar seine Tochter zur Frau, ließ sich taufen und gelobte, seinem Volk den christlichen Glauben zu bringen.

Dazu stiftete er Klöster, denn sie waren die Keimzellen in der Christianisierung. Nicht mit dem Schwert brachten die Mönche den Slawen das Christentum, sondern durch ihre Arbeit, ihre Bildung, ihren Vorsprung und ihr Vorbild. Sie beherrschten Dinge, von denen die Slawen nichts verstanden: Lesen und Schreiben, aber auch jede Menge handwerkliches Geschick, wie die Herstellung von Backsteinen und Glasscheiben. Auf ihren Feldern gedieh das Korn, ihre Kammern waren voll mit einem Reichtum, den sich die Slawen zu der Zeit nicht vorstellen konnten.

Kapelle Althof

Doch das erste Kloster – es stand in Althof – wurde schon nach acht Jahren verwüstet. Pribislaw war bei einem Turnier tödlich verunglückt und sein Volk begehrte auf, es kam zum Aufstand, das Kloster Alt Doberan wurde niedergebrannt und die Mönche und Konversen wurden getötet. Es gibt keine Namen außer den des Abtes, der nicht anwesend war und verschont blieb. Es gibt einen Stein am Eingang der später neu gebauten Kapelle Althof, auf dem die Mönche und Konversen geopfert worden sein sollen. Wahrscheinlich ist das nur eine Legende und der Stein möglicherweise ein einfacher Mahlstein. Wirklich original ist in Althof nur das Grab der Prinzessin Woizlawa, auf dem die Kapelle heute wieder steht und aus späteren Zeiten die Ruine der Klosterscheune.

Ruine der Klosterscheune Althof

Zwar waren die Mönche keine Krieger, aber sie waren es, die nach denen mit den Schwertern kamen, um die Heiden zu bekehren, auch wenn sie von denen mit Schwertern festgehalten wurden. Es war ein probates Mittel seiner Zeit, zu taufen oder töten und da die, die tauften nie die waren, die töteten, gab es auch keinen Gewissenskonflikt. Wohl aber muss es Erkenntnis gegeben haben, denn Bischof Berno versprach den Slawen, wiederzukommen und sie erneut zu bekehren, aber nicht mit dem Schwert, sondern durch Milde. Darum nannte man ihn „Berno der Milde“.

Die Mönche kamen wieder – ein neuer Konvent aus Amelungsborn vom Mutterkloster, wieder unter Leitung des Abtes Conrad. Ein neues Kloster sollte entstehen – nicht auf dem blutgetränkten Boden in Althof, sondern an einer neuen Stelle. Der Sage nach wollte man den neuen Standort in Gottes Hand legen. Dort, wo Pribislaws Sohn Fürst Borwin den ersten Hirsch erlegen würde, solle das neue Kloster entstehen. Dies gelang ihm im morastigen Dickicht und man war sich nicht sicher, ob das der richtige Ort ist. Ein Schwan soll aufgeflogen sein und „dobre dobre“ gerufen haben und die slawischstämmigen Jäger sollen erkannt haben, dass dieser Platz „gut gut“ ist. So entstand das Kloster an diesem guten Platz – Dobre an.

Foto: M. Sander

Abseits der Sage stimmt hier alles, was die Benediktineregeln empfehlen. Hier fließt Wasser, hier lassen sich Mühlen betreiben, Gärten anlegen, Holz schlagen und alles was man braucht, mit einer Mauer umgeben. So geschah es ab 1186 und auch wenn kurze Zeit später das Werk der Mönche durch einen Blitzschlag fast wieder zunichte gemacht wurde, begann hier an der Ostsee für sie ein neues Leben. Sie ließen sich nicht beirren, bauten die beschädigte Kirche neu wieder auf und noch größer und in einem neuen Stil.

Sie bauten eine Sägemühle, ein Kornhaus, ein Back- und Brauhaus und natürlich die Klausur und die Abtei. Sie betrieben Fischfang und Fischzucht, hatten Ziegeleien, Glashütten, Salinen und Grangien und ihre Güter reichten bis hinter Satow. Sie betrieben Wirtschaft in Bad Sülze und hatten einen Hof in Rostock, wo sie sogar Zollfreiheit genossen. Das Kloster Doberan blühte und wuchs, es war reich und angesehen und wurde zur Grablege des Hauses Mecklenburg.

Modell des Klosters im Besucherzenrum

Die Mönche und Konversen hatten sich freiwillig dem Klosterleben verschrieben. Getreu dem Motto der Benediktiner „Ora et labora“ beteten und arbeiteten sie. Das war ihr Lebensmotto. Dafür lebten sie: Für Gott.

Und so starben sie auch: Umsorgt von ihren Brüdern, nicht allein und in einem tief religiösen Moment, gesegnet und geliebt. So war auch ihr letzter Weg, als sie hinten durch das Portal der Kirche hinaus getragen wurden durch das Spalier ihrer Brüder und dann vor dem großen Kreuz die letzte Ehre, aber auch die letzte Fürbitte empfingen, bevor sie dem Boden übergeben wurden, den sie mit ihren Händen urbar gemacht und bearbeitet hatten. Hier hinter dem Münster fanden hunderte Mönche ihre letzte Ruhestätte und wenn der Mönchsfriedhof voll war, hob man neue Gräber aus und bettete die gefundenen Gebeine in das Beinhaus um.

Engel in der Loggia des Grabmals Adolf Friedrich

Drinnen im Münster stehen all die großen Namen in Stein gemeißelt. Die Äbte, die Herzöge und Großherzöge, sogar getreue Lehrer und Bedienstete derer, die hier eigene Familiengruften haben sind hier verewigt. Die Namen der Mönche und auch der Menschen, die noch 250 Jahre lang nach Auflösung des Klosters bis 1795 hier begraben wurden, sind verschwunden. Kein Stein erinnert mehr an sie. Nur eine erhöhte grüne Wiese umgeben von Schilf und hohem Gras und das Beinhaus sind übrig von 600 Jahren Friedhof.

Die Menschen, die sich für das Münster und Kloster Doberan engagieren und dort arbeiten wissen natürlich vom Mönchsfriedhof und schon vor Jahren kam der Wunsch auf, das Kreuz von damals wieder aufzustellen. Nicht, weil es immer da stand. Es soll erinnern, aber auch gedenken und es soll inspirieren. Denn das Kreuz steht nicht nur für den Tod, sondern auch für das Leben. Es steht nicht nur für den Gekreuzigten, sondern auch für die, denen er zurief „Ich lebe und ihr sollt auch leben.“

Immerhin ist es das Symbol des Christentums schlechthin: Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes – wenn man das spricht, malt man das Kreuz in die Luft. So war auch die Predigt von Pastor Albrecht Jax tiefgreifend, als er einen Bogen vom Brief Paulus an die Galater zum Kreuz am Münster spannte. „Was würdest du auf deinen Grabstein schreiben?“ fragte er die Anwesenden und stellte damit nicht weniger als die Frage nach dem Sinn des Lebens.

Landessuperintendant i. R. Traugott Ohse, der im Marstall der Alten Klostervogtei zuhause ist, erinnerte direkt an die Mönche, die hier her kamen und über die wir trotz ihrer vielen sichtbaren Zeichen nicht wirklich viel wissen. Was sie bewog, ihr freies Leben aufzugeben und sich dem Leben im Kloster nicht nur vorübergehend, sondern im Willen zu bleiben zu verschreiben und was sie antrieb, all das mit ihren Händen aufzubauen, aber auch das Wissen in Bücher zu schreiben, ist für uns heute kaum vorstellbar. Wer diese Menschen waren, was sie taten und wofür sie lebten – das würde in Worten auf keinem Grabstein Platz finden. Dieses Kreuz ist die Antwort und auch wenn wir damit immer noch keine Worte finden, verstehen wir dieses Zeichen.

Lettneraltar im Doberaner Münster

Doch es soll auch inspirieren. Bewusst hat man sich für Cortenstahl entschieden und ein Schnellrostmittel genutzt, damit dieses Kreuz so aussieht, als habe es schon immer hier gestanden und all das erlebt, das für uns im Dunkeln liegt. Bewusst hat man sich auf Anregung des Denkmalpflegers Johannes Voss die Grundform des Lettnerkreuzes nachempfunden, um eine Verbindung zu dem zu schaffen, die dieses alte Kreuz zimmerten und die dieses neue Kreuz würdigt.

Um Würde geht es auch dem Verein der Freunde und Förderer des Klosters Doberan, der dieses Kreuz initiiert hat. Nie wieder werden zu Veranstaltungen Dixitoiletten auf den Gräbern stehen, weil dieses Kreuz daran erinnert, dass gerade dieser Bereich eine Bedeutung hat, die dieser Nutzung nicht würdig ist. Die Runde der Holzklappstühle im Halbrund um das Kreuz lässt eher einen anderen Wunsch zu: Mögen hier religiöse Veranstaltungen den Platz würdigen. Möge man hier in der Stille hinter dem Münster mitten im Grünen dieses Kreuz zur Inspiration nutzen, zum Gebet und zum Innehalten.

Aufstellung und Weihe des Kreuzes

Auf jeden Fall wird noch ein Gedenkstein aufgestellt, der den Besuchern den Sinn dieses Kreuzes erklärt. Wenn sie wissen, wofür dieses Kreuz steht, kommen Stille, Inspiration und vielleicht auch ein Gebet ganz von allein.

Der Zeitpunkt der Weihe ist auch ein besonderer. Eigentlich sollte das Kreuz schon Ende März oder Anfang April aufgestellt werden, aber da kam die Corona-Krise dazwischen. Durch die Lockerungen war die Weihe jetzt möglich und man wollte es nicht noch länger verschieben. Es setzt auch ein Zeichen in der Krise für Zuversicht und Hoffnung und für Zusammenhalt.  

Zum Kreuz selbst sei noch gesagt, dass es 4,50 Meter hoch und aus Cortenstahl ist. Farblich sticht es nicht hervor, wird wahrscheinlich sogar von Weitem nicht zu sehen sein. Die Zeichnung, Konstruktion und Fertigung dauerte eine Woche und wurde durch die Firma Metallbau Ott aus Bad Doberan realisiert. Auch die Aufstellung und Montage wurden durch das Team um Henryk Ott vorgenommen.

 

 

 

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