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Geschichte & Architektur

Wie das erste deutsche Seebad entstanden ist: Gründungsgeschichte des Seebades am Heiligen Damm.

230 Jahre erstes deutsches Seebad: Wie kam es zu Stande, wer hat es initiiert?
Vor 230 Jahren gründete Herzog Friedrich Franz I. das erste Seebad Deutschlands am Heiligen Damm bei Doberan. Er folgte damit dem Vorschlag seines Leibarztes Professor Samuel Gottlieb Vogel. Heiligendamm wurde zur Vorlage für weitere Seebäder und viele von ihnen wurden bekannter, als es die Mutter aller deutschen Seebäder bis zum G8-Gipfel 2007 selbst je war. Kein Wunder, denn die Weiße Stadt am Meer ist stets klein geblieben – ein Kleinod inmitten einer Perlenkette von Seebädern, die sich an der deutschen Nord- und Ostseeküste entlang zieht.

Wenn wir heute die Geschichte betrachten, hätte alles ganz anders kommen können. Der angedachte Ort war nicht Heiligendamm – ja nicht einmal an der Ostsee. Es gab schon mehrere Versuche einer Seebadgründung und Professor Vogel war von allen der erste, der den späteren Gründer überzeugen konnte.

Überhaupt ist es eine glückliche Fügung, dass sich das Gespann Friedrich Franz I. – Professor Vogel und Baumeister Severin überhaupt begegnet sind. Ihre Biografien hätten ganz anders verlaufen können. Hier stimmte einfach alles: Der Zeitpunkt, die Menschen, die Stimmung und auch der Ort. Kommen Sie mit auf eine wunderbare und auch wundersame Reise in die Vergangenheit!

Inhalt:

Rom, Griechenland, Orient – Thalasso in der Antike
Drüsenleiten und Meerwasser – Die Entdeckung des Dr. Richard Russell
Der ungehörte Geistliche – Janusbrief des Pastors von Juist
Lichtenberg und Woltman – Zwei Männer für eine Idee
Reisebericht aus England – Einblicke in das frühe Badeleben
An der Nordseeküste – Erstes Seebad sollte Ritzebüttel (Cuxhaven) werden
Wie abgemacht: Wie Lichtenberg und Woltman die Seebad-Idee öffentlich machten
Schritt 1: Veröffentlichung im Göttinger Taschen Calender (inkl. Text des Essays)
Schritt 2: Veröffentlichung in den Hamburger Adreß-Comtoir-Nachrichten
Schritt 3: Forderung Woltmans nach einem Seebad in Ritzebüttel
Die Standortfrage: Nordsee oder Ostsee?
1793 – Wettlauf um das erste deutsche Seebad17. Juni: Aufruf in Preußen
22. Juli – Das Bad in der Ostsee am Heiligen Damm: 25. August: Professor Vogel empfiehlt Doberan
9. September: Herzog Friedrich Franz I. gründet das erste deutsche Seebad
21. September: Das erste deutsche Seebad eröffnet
Kann das so überhaupt stimmen?
Friedrich Franz I. – S.G. Vogel – C.T Severin – Eine besondere Verbindung
Hanseatische Zurückhaltung: Warum Ritzebüttel nicht das erste Seebad wurde
Wie Cuxhaven dann doch noch Seebad wurde
Aber warum hatte Deutschland nun bis 1793 noch kein Seebad?
Zeittafel

 

Rom, Griechenland, Orient – Thalasso in der Antike

Bild: Wikimedia

Man muss unterscheiden zwischen dem Seebad und dem Bad in der See. Erstes ist ein Ort, zweites eine Tätigkeit. Schon die Byzantiner und die Ägypter kannten das Bad in der See, also dem offenen Meer. Die Griechen und Römer kultivierten das Baden – allerdings holten sie sich das Meerwasser in Thermen und Tempel. Von den Römern kommt auch der Begriff Thalasso – heute eine anerkannte Therapieform, die inzwischen nicht mehr nur das Wasser, sondern auch den Aufenthalt an der Seeluft beinhaltet und über Thalassowege bzw. Kurwege die küstennahe Landschaft mit einbindet. Dennoch ist die Thalassotherapie auch heute noch mehr Natur als Kultur.

In Europa hatte man im Mittelalter genug gute Gründe, sich vom Meer fernzuhalten. Fast jeder kannte doch die Geschichten der Seefahrer und die fantasievollen Abenteuerberichte jener, die nie ein Boot betreten haben. Im Meer lebten Ungeheuer und selbst Küstenbewohner hielten sich vom Meer so fern, wie es nur ging. Angeschwemmte Wale oder andere noch nie gesehene Tiere schienen ja zu bestätigen, dass Neptuns Reich voller Ungeheuer ist.

Baden – das tat man bestenfalls in der Badewanne. Von einfachen Leuten einmal abgesehen, die aber auch eher Teiche oder Seen nutzten als das endlose Meer.

Zu den ausführlichen Gründen, die gegen ein Seebad sprachen, kommen wir am Ende. Mit dem Römischen Imperium verschwand auch die öffentliche Badekultur wieder. Im byzantinischen und islamischen Kulturraum blieb sie aber bestehen und wurde erst durch die Kreuzritter wieder entdeckt. (Quelle: Geschichte der ­Badekultur – Helgoland)

 

Drüsenleiden und Meerwasser – Die Entdeckung des Dr. Richard Russell

(c) Brighton and Hove Museums and Art Galleries; Supplied by The Public Catalogue Foundation

Die Seebad-Geschichte der Neuzeit beginnt in England. Der Arzt Richard Russell aus Lewes nahm an, dass das Seewasser als Heilmittel genutzt werden könne. Als Sohn eines Chirurgen und einer Apothekerin hatte er eine gewisse Grundlage für seine Neugierde.

1747 ging er nach Brighton, um seine Theorien dort in der Praxis auszuprobieren. Zu der Zeit war Brighton – ursprünglich hieß es Brighthelmstone – ein einfaches Fischerdorf. Aber es hatte alles, was er brauchte, nämlich Seewasser. Drei Jahre später schrieb Russell seine Forschung in einer Dissertation nieder, der De Tabe Glandulari sui De Usu Aquae Marinae in Morbis Glandularum – vereinfacht übersetzt Über die Drüsenerkrankung und die Verwendung von Meerwasser bei Drüsenerkrankungen.

Sie wurde 1752 – lt. Wikipedia wohl als Raubdruck – durch den Londoner W. Owen unter dem Titel Glandular Diseases, or a Dissertation on the Use of Sea Water in the Affections of the Glands (Drüsenerkrankungen oder eine Dissertation über den Gebrauch von Meerwasser bei Drüsenleiden) ins Englische übersetzt. Damit war sie für jeden lesbar, der Englisch verstand.

Russell empfahl insbesondere die Nutzung des Meerwassers nahe Brighton und erklärte, dass Kuren in Meerwasser denen in binnenländischen Badeorten überlegen seien. Seinen Ideen wurde in England und im Ausland weithin zugestimmt und obwohl über das Wie der Nutzung von Meerwasserkuren heftig diskutiert wurde, bestritten nur wenige ihren grundsätzlichen Wert.

1755 publizierte Russell sein zweites Werk zu akuten und chronischen Drüsenerkrankungen Oeconomia natura in morbis acutis et chronicis glandularum, das er nun selbst unter dem Titel The Economy of Nature in Acute and Chronical Diseases of the Glands ins Englische übersetzte und veröffentlichte.

Russells Empfehlungen zur Meerwassertherapie trugen zur Popularität eines Urlaubs an der See in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts bei, obwohl hierbei auch andere soziale Bewegungen eine Rolle spielten.

 

Brighton – Das erste Seebad der Neuzeit

Bild: Wikimedia

Er selbst profitierte vom Erwerb des zuvor in öffentlicher Hand befindlichen, im Süden des Orts mit Blick zur See gelegenen Geländes Old Steine, auf dem er Brightons damals größtes Gebäude errichtete. Dieses Haus war Wohnung und Patientenunterkunft zugleich. Meistens wurden Trinkkuren verabreicht, aber angesichts der weiteren Entwicklung Brightons muss es irgendwann auch Bäder gegeben haben.

Nach Russels Tod 1759 entwickelte sich Old Steine zum Zentrum des angesagten Badelebens in Brighton. In der Saison wurde es an zumeist begüterte Seeurlauber vermietet. So weilte hier 1779 der Bruder von George III., Prinz Henry, Duke of Cumberland and Strathearn. Am 7. September 1783 besuchte ihn dort der damalige Prinzregent und spätere König Georg IV. Dieser förderte über 40 Jahre den Ort und das war entscheidend für den Aufschwung der Stadt und ihre Verwandlung vom Fischerdorf Brighthelmston in das moderne Brighton.

Heute steht anstelle von Russells Haus das Royal Albion Hotel. Eine schlichte Gedenktafel für Russell an einer Hauswand des Hotels erklärt: If you seek his monument, look around (Wenn Du sein Denkmal suchst, sieh Dich einfach um.).

1769 bekam Brighton sogar das erste Schwimmbad der Neuzeit. Allein von 1770 bis 1795 wurden 635 neue Häuser gebaut.

Quelle: Wikipedia (für alles zu Russell und Brighton)

Brighton galt als das Bad der Londoner Geschäftsleute mit ihren Familien. Aber auch vom Festland kamen Besucher in das Seebad. Sie schrieben Reiseberichte, die wiederum von anderen auf dem Festland gelesen wurden. Manch einer entschloss sich, auch dorthin zu reisen – oder in eines der anderen gerade entstandenen Seebäder. 1753 erfand der Quäker Beale die Bademaschine und 1754 wurden auch Margate und Deal zu Seebädern.

(Quelle: Zur Geschichte der Meeresheilkunde, Georg Christoph Lichtenberg und das Seebad Cuxhaven. Medizinhist J. 1982;17(1-2):115-28.)

Genau dorthin zog des den deutschen Philosophen Georg Christian Lichtenberg. Der Göttinger Professor besuchte 1775 diese beiden Seebäder. Er zeigte sich überzeugt und dazu war er sicherlich berechtigt, denn er ging „bis an den Hals in die See“. Doch es sollte fast 20 Jahre dauern, bis dieser Besuch die Folgen hatte, die wir heute kennen.

 

Der ungehörte Geistliche – Janusbrief des Pastors von Juist

Blick auf die Hauptsiedlung von Juist

Zwischenzeitlich hatte auch der Inselpastor von Juist von den Vorzügen des Seebades gehört. Gerhard Otto Janus werden zwei mögliche Gründe zugeschrieben. Zum einen war er als Pastor auch für das Heil der Kranken zuständig und hatte gerade eine beträchtliche Zahl von 93 Kindern mit Hustenerkrankung zu betreuen. Diese Nebentätigkeit mag ihn dazu veranlasst haben, nach Möglichkeiten zur Optimierung zu suchen.

Möglicherweise kannte Janus auch das Werk Emil und die Erziehung von Jean Jaques Rosseau, der 1762 referierte, dass Kinder schwimmen können sollten. Es war selbst ein Kind, das den Vorläufer der heutigen Schwimmflossen erfand: Kein Geringerer, als Benjamin Franklin schaute sich das Prinzip als Elfjähriger von der Natur ab und bastelte 1718 solche Schwimmflossen. Franklin meinte auch, dass Kinder Schwimmen lernen sollten. Er war 1776-1785 Diplomat in Paris – also genau zu dieser Zeit in Europa.

Aber Janus sah wohl auch große Chancen für seine kleine Insel. Die Insulaner konnten von Fischerei allein nicht mehr leben, aber sie hatten Boote, um Gäste zu transportieren und Häuser, um sie zu beherbergen. An Badeeinrichtungen oder das Baden überhaupt dachte der Pastor gar nicht:

Es war allgemein bekannt, dass schon die Überfahrt befreiende und reinigende Wirkungen haben würde. Durch die Seekrankheit konnte eine reinigende Entleerung hervorgerufen werden, die von überschüssigen und verdorbenen Säften befreien würde.

Janus schrieb am 07.07.1783 an den König Friedrich II. von Preußen und unterbreitet den Vorschlag, ein Seebad auf Juist zu gründen, „zum Gebrauch eines Bades in Seewasser, in der bequemsten Jahrezeit“. Woher genau Janus seine Idee hatte, ist kaum bekannt. Es sind nicht einmal Predigten von ihm erhalten. Er soll das Baden drei Jahre selbst versucht haben.

(Quelle: Hans-Heinz Eulner: Zur Geschichte der Meeresheilkunde. Georg Christoph Lichtenberg und das Seebad Cuxhaven, erschienen im Medizinhostorischen Journal, Bd. 17, H. ½, 1982, pp S. 118.)

 

Was geschah mit dem Janusbrief?

Die Königlich-preußische Kriegskammer in Aurich als Empfänger des so genannten „Janusbriefes“ leitete ihn an das Königliche Collegium Medicum weiter. Einige Quellen sagen, der Vorschlag sei von Letzterem abgelehnt worden und Friedrich II. habe ihn daher gar nicht zu Gesicht bekommen. Quellen von Juist selbst geben es so wieder, dass es gar keine Reaktion gab – also auch keine Ablehnung. So oder so: Juist wurde erst 1800 zum beschaulichen Seebad.

„Friedrich der Große hat diese Bittschrift freilich nie zu sehen bekommen. Sie blieb auf dem Dienstweg schon in Aurich stecken.

(Quelle: Hans-Heinz Eulner: Zur Geschichte der Meeresheilkunde. Georg Christoph Lichtenberg und das Seebad Cuxhaven, erschienen im Medizinhostorischen Journal, Bd. 17, H. ½, 1982, pp S. 115-128. Zitiert wird hier: C[arl] Haeberlin und W[alter] Goeters: Grundlagen der Meeresheilkunde. Stuttgart 1954, S. 49, Anm. 1) (Weitere Quellen: Materialien aus dem Stadtarchiv Norderney Nr. 3, September 1996, Verweis auf StAA Rep 6, 702 / juistnews – 175 Jahre Seebad Juist – Kirchengemeinden erinnern an Pastor Janus)

 

Auch ein Arzt überzeugt nicht: Lübeck wollte auch kein Seebad sein

Im selben Jahr engagierte sich der Lübecker Arzt Wallbaum für die Einrichtung eines Seebades (wahrscheinlich in Travemünde), Wie genau, ist nicht bekannt, aber er blieb auch erfolglos.

(Quelle: Hans-Heinz Eulner: Zur Geschichte der Meeresheilkunde. Georg Christoph Lichtenberg und das Seebad Cuxhaven, erschienen im Medizinhostorischen Journal, Bd. 17, H. ½, 1982, pp S. 118)

 

Lichtenberg und Woltman – Zwei Männer für eine Idee

Bild: Wikimedia

Nun war es wieder Lichtenberg, der den Stein ins Rollen brachte. Er tauschte sich ab 1788 mit seinem Freund Reinhard Woltman aus. Der Wasserbauingenieur war nicht nur ein Fürsprecher der Seebad-Idee, sondern auch fachlich in der Lage, ein solches Projekt praktisch zu begleiten. Woltman hätte also durchaus von der Anlegung eines Seebades profitieren können.

Lichtenberg sah im Seebad eher die Erfüllung von Sehnsüchten als ein Heilmittel für den Körper. Er schreibt vom „unbeschreiblichen Reiz“ eines Seebades und gibt ihm den Vorzug vor inländischen Bädern. Seine Beschreibung des Unbeschreiblichen verdeutlicht das:

„Der Anblick der Meereswogen, ihr Leuchten und das Rollen ihres Donners, der sich auch in den Sommermonaten zuweilen hören läßt, gegen welchen der hoch gepriesene Rheinfall wohl bloßer Waschbecken-Tumult ist; die großen Phänomene der Ebbe und Flut, deren Beobachtung immer beschäftiget ohne zu ermüden, die Betrachtung, daß die Welle, die jetzt hier meinen Fuß benetzt, ununterbrochen mit der zusammenhängt, die Otaheite <Tahiti> und China bespült, und die große Heerstraße um die Welt ausmachen hilft; und der Gedanke, dieses sind die Gewässer, denen unsre bewohnte Erdkruste ihre Form zu danken hat, nunmehr von der Vorsehung in diese Grenzen zurück gerufen, – alles dieses, sage ich, wirkt auf den gefühlvollen Menschen mit einer Macht, mit der sich nichts in der Natur vergleichen läßt, als etwa der Anblick des gestirnten Himmels in einer heitern Winternacht. Man muß kommen und sehen und hören. Ein Spaziergang am Ufer des Meeres, an einem heiteren Sommermorgen, wo die reinste Luft […] Eßlust und Stärkung zuträgt, macht daher einen sehr großen Kontrast mit einem in den dumpfigen Alleen, der einländischen Kurplätze.“

(Quelle: S. Lichtenberg, Schriften und Briefe, 4, S. 210-212 (10. Januar 1775 an Ernst Gottfried Baldinger) und 3, S. 96. Auch Zeitgenossen, die die Vorzüge der noch literarisch und modisch nicht notierten Meergegend herausstreichen wollten, zitierten Lichtenberg, in dieser Passage wie etwa Woltman in seinem Bericht: Verhandlungen, a.a.O., S. 379-380.)

 

Wolfgang Promies erinnert daran, dass Lichtenberg die erste Großstadtbeschreibung – London 1775 — in der deutschen Sprache geschrieben hat und findet es bemerkenswert, dass er auch die erste Großmeerbeschreibung lieferte. Jedoch weist er darauf hin, dass Lichtenberg nicht nur das Phänomen schildert und nicht nur seine Gedankengänge vermittelt:

„Sondern er erkennt — anerkennt, möchte man sagen – abermals als einziger Augenzeuge das sinnliche Stimulans der Seeluft und Badatmosphäre: wer die bürgerliche Badenymphe aus Margate über zwanzig Jahre hinweg in entzückter Erinnerung behielt, hat den gesellschaftlichen Sinn des meerischen Gesundbrunnens erfaßt.“

 

Reisebericht aus England – Einblicke in das frühe Badeleben

Nordsee-Variante des Badekarren, hier auf Norderney

Aus Lichtenbergs Beschreibung erfahren wir auch, wie die Badekultur in England aussah. Er schrieb über seinen Aufenthalt in Margate. Im Grunde unterscheiden sich diese Gepflogenheiten nicht von der späteren Badekultur in Deutschland. Das erste deutsche Seebad hat viele Ideen aus England übernommen und Abwandlungen eher noch hin zu mehr Privatsphäre und Schicklichkeit vorgenommen, als davon weg.

Lichtenbergs Notizen werden von verschiedenen Personen zitiert, sodass diese als Quellen dienen:

„Da das schöne Geschlecht von Anfang, wie ich gehört habe, auch hier, gegen das Unversuchte einige Schüchternheit äußern soll, so finden sich an diesen Orten vortreffliche Kupplerinnen zwischen der Thetis und ihnen, die sie sehr bald dahin bringen selbst wieder Kupplerinnen zu werden. Dieses sind in Margate junge Bürgerweiber die sich damit abgeben, die Damen aus- und ankleiden zu helfen, auch eine Art von losem Anzug zu vermieten, der, ob er gleich schwimmt, doch beim Baden das Sicherheitsgefühl der Bekleidung unterhält, das der Unschuld selbst im Weltmeere so wie in der dicksten Finsternis immer heilig ist.

(Die Passage vom Bade-Anzug der Damen gibt Samuel Gottlieb Vogel, Über den Nutzen und Gebrauch der Seebäder. 2 Bändchen. Stendal 1794, S. 134 (I) wieder)

Unter diesen Weibern gibt es natürlich, so wie bei den fern verwandten Hebammen, immer einige, die durch Sittsamkeit, Reinlichkeit, Anstand und Gefälligkeit vor den übrigen Eindruck machen und Beifall erhalten. Ich habe eine darunter gekannt, die damals Mode war. Diese besorgte öfters zwei bis drei Fahrzeuge zugleich. Und da war es lustig vom Fenster anzusehen, wie diese Sirene, wenn sie mit Einer Gesellschaft fertig war, von einem Karren nach dem andern oft 20 bis 30 Schritte weit wanderte. Es war bloß der mit Kopfzeug und Bändern gezierte Kopf, was man sah, der wie ein Karusselkopf aus Pappdeckel auf der Oberfläche des Meeres zu schwimmen schien.“

(Quelle: S. Lichtenberg, Schriften und Briefe, 4, S. 210-212 (10. Januar 1775 an Ernst Gottfried Baldinger) und 3, S. 96. Auch Zeitgenossen, die die Vorzüge der noch literarisch und modisch nicht notierten Meergegend herausstreichen wollten, zitierten Lichtenberg, in dieser Passage wie etwa Woltman in seinem Bericht: Verhandlungen, a.a.O., S. 379-380.)

 „Man besteigt ein zweirädriges Fuhrwerk, einen Karren, der ein von Brettern zusammengeschlagenes Häuschen trägt, das zu beiden Seiten mit Bänken versehen ist. Dieses Häuschen, das einem sehr geräumigen Schäferkarren nicht unähnlich sieht, hat zwei Türen, eine gegen das Pferd und den davor sitzenden Fuhrmann zu, die andere nach hinten. Ein solches Häuschen faßt vier bis sechs Personen, die sich kennen, recht bequem, und selbst mit Spielraum, wo er nötig ist. An die hintere Seite ist eine Art von Zelt befestigt, das wie ein Reif rock aufgezogen und herabgelassen werden kann. Wenn dieses Fuhrwerk, das an den Badeorten eine Maschine […] heißt, auf dem Trocknen in Ruhe steht, so ist der Reifrock etwas aufgezogen, vermittelst eines Seils, das unter dem Dach des Kastens weg nach dem Fuhrmanne hingeht. An der hintern Türe findet sich eine schwebende aber sehr feste Treppe, die den Boden nicht ganz berührt. Über dieser Treppe ist ein freihängendes Seil befestigt, das bis an die Erde reicht und den Personen zur Unterstützung dient, die, ohne schwimmen zu können, untertauchen wollen, oder sich sonst fürchten. In dieses Häuschen steigt man nun, und während der Fuhrmann nach der See fährt, kleidet man sich aus. An Ort und Stelle, die der Fuhrmann sehr richtig zu treffen weiß, indem er das Maß für die gehörige Tiefe am Pferde nimmt, und es bei Ebbe und Flut, wenn man lange verweilt, durch Fortfahren oder Hufen immer hält, läßt er das Zelt nieder. Wenn also der ausgekleidete Badegast alsdann die hintere Türe öffnet, so findet er ein sehr schönes dichtes leinenes Zelt, dessen Boden die See ist, in welche die Treppe führt. Man faßt mit beiden Händen das Seil und steigt hinab. Wer untertauchen will, hält den Strick fest und fällt auf ein Knie, wie die Soldaten beim Feuern im ersten Gliede, steigt alsdann wieder herauf, kleidet sich bei der Rückreise wieder an usw.“

(Quelle: S. Woltmans Kommissions-Bericht in: Verhandlungen und Schriften der Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen 12 Gewerbe. Vierter Band. Verhandlungen von den Jahren 1793 und 1794. Hamburg 1797, S. 379. In Zukunft abgekürzt: Verhandlungen zitiert)

 

Lichtenbergs persönliche Erfahrungen, Beobachtungen und auch die Tatsache, dass er selbst gebadet und die Wirkung des Badens erfahren hatte, war ein großer Vorteil. Wolfgang Promies:

„Er mußte keine Germanen beschwören, sondern konnte von sich selber mitteilen, daß er „seinem Aufenthalte zu Margate die gesündesten Tage seines Lebens verdankt“.

Promies verweist dann auch darauf, dass es Lichtenberg um das Wohlbefinden ging, nicht um das altdeutsche Stimmungsbild:

„Er schrieb das so anschaulich fröhlich, daß man lebhaft vor Augen zu sehen meint, was auf den zeitgenössischen Kupfern stets sehr schleierhaft vorkam, wie nämlich seinerzeit das Bad genommen wurde, ohne daß Anstand und Sitte Anstoß nehmen konnten.“

 

An der Nordseeküste – Erstes Seebad sollte Ritzebüttel (Cuxhaven) werden

Schloss Ritzebüttel in Cuxhaven

Lichtenberg war in England in die Nordsee gestiegen, aber für Deutschland hatte er von den hunderten Kilometern Nordseeküste speziell Ritzebüttel (heute in Cuxhaven) bzw. Neuwerk auserkoren. Die Ostsee war für ihn keine Option. Er kannte sie schlichtweg gar nicht, während ihn mit der Nordsee viel verband.

Abgesehen von der England-Reise 1770 war Lichtenberg auch Richtung Helgoland unterwegs. 1773 schrieb er seinen inländischen Freunden in Göttingen Briefe von seiner Wattfahrt nach Neuwerk und der Seereise nach Helgoland. Er war stolz, als einziger nicht seekrank geworden zu sein, und noch nach fast zwanzig Jahren schildert er lebhaft, als wäre es erst gestern gewesen:

„Mit Entzücken erinnre ich mich der Spaziergänge auf dem soeben von dem Meere verlassenen Boden, ja ich möchte sagen, selbst auf dem noch nicht ganz verlaßnen, wo noch der Schuh, ohne  Gefahr von Erkältung überströmt ward; der Tausenden von Seegeschöpfen die in den kleinen  Vertiefungen zurückbleiben, deren einige man selbst für die Tafel sammeln kann, und die den Gleichgültigsten zum Naturaliensammler machen können, wenn er es nicht schon ist; des Heeres von See- und andern Vögeln (auch darunter Naturalien für die Tafel), die sich dann einfinden und die angenehmste Jagd zu Fuß an der Stelle gewähren, über die man noch vor einigen Stunden wegsegelte und nach wenigen wieder wegsegeln kann. Hierzu kömmt nun das ununterbrochene Aus- und Einsegeln oft majestätischer Schiffe mehrerer Nationen, die Cuxhaven gegenüber vor Anker gehen, und die man besteigen oder wenigstens in kleinen Fahrzeugen besuchen und umfahren kann, immer unter dem Anwehen der reinsten Luft und der Eßlust. […]

Und nun Helgoland! Kleine geschlossene Gesellschaften unternehmen, statt Ball und Pharao, eine Reise nach dieser außerordentlichen Insel […] Wer so etwas noch nicht gesehen hat, datiert ein neues Leben von einem solchen Anblick, und liest alle Beschreibungen von Seereisen mit einem neuen Sinn. Ich glaube jeder Mann von Gefühl, der das Vermögen hat, sich diesen großen Genuß zu verschaffen und es nicht tut, ist sich Verantwortung schuldig. Nie habe ich mit so vieler fast schmerzhafter Teilnehmung an meine hinterlassenen Freunde in den dumpfigen Städten zurückgedacht, als auf Helgoland. Ich weiß nichts hinzuzusetzen, als: man komme und sehe und höre.“

(Quelle: Lichtenberg, Schriften und Briefe 3, S. 99-100. Daß Lichtenberg mit seinen Schilderungen von freiwilligen Seereisen zu Schiff und zu Fuß tatsächlich Neuland betrat, erhellt abermals aus dem Bericht der Woltman-Kommission, die zum Preis des Seebads Cuxhaven nur wiederholen kann, was Lichtenberg so unnachahmlich – nicht nur für die Liebhaber seiner Feder – zur Sprache brachte: s. Verhandlungen, S. 380-381. Über Helgoland s. Erich Lüth, Helgoland. Die unzerstörbare Insel. Verlag Georg von Hatzfeld. München 1965.)

 

Weitere Fürsprecher für das Bad im Meer

1791 konnte man zunächst im Neuen Hannöverschen Magazin einen Beitrag über kalte Bäder lesen. Der Verfasser ist nicht überliefert (er arbeitete mit dem Kürzel C.S.), aber der Artikel wichtig für den weiteren Verlauf. In diesem Artikel hieß es:

„Schade, daß das kalte Baden nicht allgemeiner ist. Es sollten dasselbe alle Aeltern und alle Erzieher ein Stück der körperlichen Erziehung seyn. Geschähe es, so würde die Zahl der nervenschwachen… gewiß nicht so groß sein.“

(Quelle: Hans-Heinz Eulner: Zur Geschichte der Meeresheilkunde. Georg Christoph Lichtenberg und das Seebad Cuxhaven, erschienen im Medizinhostorischen Journal, Bd. 17, H. ½, 1982, pp S. 119. Zitiert wird Neues Hannöversches Magazin 1 (1792), Sp. 1227-1232, unterschrieben „von Hn. S. zu C.))

1792 bemerkte der seit 1789 als Rostocker Stadtphysikus tätige Arzt August Gottlieb Weber in einer Heleologie (mglw. Soll es Teleologie heißen), dass „wir Mecklenburger, dem Meere so nah keinen Gebrauch von diesem zu ausgezeichnet wohltätigen Heilmittel machen“.

Nizze schreibt: „Seine Anregung aber kam nicht zur Kenntnis des Herzogs“.

(Quelle: Adolf Nizze: Doberan-Heiligendamm. Geschichte des ersten deutschen Seebades, 1936, S. 12)

Webers Heleologie blieb auch sonst ohne Folgen. Sie wird außer bei seinem Kollegen Vogel (aus dessen Buch wohl Nizze zitiert) nirgends erwähnt. Anderswo schreibt man auch Teleologie.

 

Wie abgemacht: Wie Lichtenberg und Woltman die Seebad-Idee öffentlich machten

Abbild des Göttinger Taschenkalenders von 1793

Im gleichen Jahr tauschten sich Lichtenberg und Woltman über die geplante Veröffentlichung des Essays zum Seebad aus.

Wolfgang Promies geht davon aus, dass Woltman die treibende Kraft war. Er schreibt, dass sich Woltman „vermutlich von Lichtenbergs Namen und Wort eine befördernde Wirkung für die von ihm verfolgte Gründung eines Seebades an der deutschen Nordseeküste versprach.“

(Quelle: Wolfgang Promies: Der Deutschen Bade-Meister – Georg Christoph Lichtenberg und die Wirkungen aufgeklärten Schreibens, Lichtenberg-Jahrbuch 1987 der Lichtenberg Gesellschaft e.V.)

 

So liest es sich auch im Schriftverkehr zwischen Lichtenberg und Woltman. In einem Brief Lichtenbergs an Woltman (IV, Nr. 560, S. 736—747) plante Lichtenberg, in Erwiderung auf eine Abhandlung zum besagten Gegenstand von Woltman ihm „öffentlich einen Brief zu adressieren“: „über die Seebäder und warum Ritzebüttel nicht eins anlegt.“

Dieser Briefwechsel, mit dem Lichtenberg erreichen wollte, „daß die Sache öffentlich debattiert würde“, sollte im Göttingischen Magazin erscheinen. Im Brief heißt es von Lichtenberg, er habe „große Neigung, hierüber etwas zu schreiben“. Im nächsten Satz schreibt er: „eigentlich, ich habe es schon geschrieben“.

Promies führt aus: „Wenn das zuträfe, wäre diese erste Fassung des Aufsatzes mitsamt dem Sudelbuch H verschollen. Nach Lichtenbergs Arbeitsweise läßt sich jedoch schließen, daß es sich lediglich um die Niederschrift einiger Arbeitsnotizen gehandelt haben kann, die möglicherweise mit den in dem Brief mitgeteilten Gedankengängen völlig identisch sind.“

Das Göttingsche Magazins wurde entgegen des vorherigen Interesses des Verlegers Dieterich nicht fortgeführt, sodass es nicht zur Veröffentlichung kam. In einem weiteren Brief (IV, Nr. 578, S. 766) kündigte Lichtenberg Woltman am 23. Juli 1789 an, er werde ihm den „Brief über das Seebad längstens innerhalb von 14 Tagen übersenden, und „Sie können damit machen, was Sie wollen“. Lichtenberg hatte wohl eine separate Veröffentlichung vor Augen. Woltman machte offenbar aber nichts damit, sodass Lichtenberg in einem weiteren Brief an Woltman am 28. September 1789 wieder den Faden aufnahm:

„Meine Bad Geschichte erscheint ehestens, in diesen Ferien gewiß, so daß wir künfftigen Sommer anfangen können. Ich muß und muß die Ferien abwarten.“

 

Der Lichtenberg-Kenner Promies erzählt, wie es wirklich weiterging:

„Er mußte dann doch, wie man weiß, fast ans Leben gehende Krankheit, schleppende Rekonvaleszenz und weitere Ferien abwarten. Tatsächlich hat Lichtenberg den Aufsatz erst am 14. und 15. Juli 1792 niedergeschrieben (s. SK 351.352). Eine Arbeitsnotiz aus dem ROTEN BUCH, S. 57, stammt höchstens aus dem Frühjahr 1792:

„Über das Seebad warum Deutschland noch keins hat.“

Vor einiger Zeit habe ich einen Aufsatz gelesen, ich erinnere mich nicht recht, wo, da jemand der von den Vortheilen des Seebades redete, so gar den Einfall [hatte] süßes Wasser mit Seesaltz zu Bädern zu präpariren, und am Ende den gantzen Zweck dadurch zu erreichen hofft, daß er See Saltz (4 Untzen auf 1 Quartier) in Wasser auflößt, das Handtuch oder die Serviette, die zum Abtrocknen dienen soll in dasselbe eintaucht und trocken werden läßt. Das Zeug muß nicht vom feinsten seyn. Er rechnet nicht blos auf die Salztheilchen als Saltz, sondern auch als ein Mittel, das die Friction vermehrt. NB recht vielen Freunden ein Compliment zu machen.“

(Quelle: Wolfgang Promies: Der Deutschen Bade-Meister – Georg Christoph Lichtenberg und die Wirkungen aufgeklärten Schreibens, Lichtenberg-Jahrbuch 1987 der Lichtenberg Gesellschaft e.V.)

 

Schritt 1: Veröffentlichung im Göttinger Taschen Calender

Lichtenberg veröffentlichte schließlich den Artikel in dem Göttinger Taschen Calender für 1793. Der Taschenkalender erschien immer im letzten Viertel des Jahres für das nächste Jahr. Dadurch kommt es in der Literatur oft zu der Annahme, Lichtenbergs Essay sei erst 1793 erschienen,

Das Publikum war laut Promies ein Gutteil des deutschen Bürgertums weiblichen und männlichen Geschlechts, dem Lichtenberg neben nötigen Mode-Artikeln Jahr für Jahr stets auch physikalische Neuigkeiten und Gegenstände von aufgeklärter Relevanz mitzuteilen bestrebt war.

In diesem besonderen Fall ist aber der eigentliche Adressat die Hamburger Bürgerschaft. Zu Hamburg nämlich gehörten seinerzeit Cuxhaven, Neuwerk und das Fischerdorf Ritzebüttel.

 

Göttinger Taschen Calender 1793

Georg Christoph Lichtenberg

Warum hat Deutschland noch kein grosses öffentliches Seebad?

 

Diese Frage ist, dünkt mich, vor mehreren Jahren schon einmal im Hannöverischen Magazin aufgeworfen worden. Ob sie jemand beantwortet hat, weiß ich nicht zuverlässig, ich glaube es aber kaum. Noch weniger glaube ich, daß eine öffentliche Wiederholung derselben jetzt nicht mehr stattfindet.

Denn wo gibt es in Deutschland ein Seebad? Hier und da vielleicht eine kleine Gelegenheit, sich an einem einsamen Ort ohne Gefahr und mit Bequemlichkeit in der See zu baden, die sich allenfalls jeder, ohne jemanden zu fragen, selbst verschaffen kann, mag wohl alles sein. Allein wo sind die Orte, die, wie etwa Brighthelmstone, Margate und andere in England in den Sommermonaten an Frequenz selbst unsere berühmtesten inländischen Bäder und Brunnenplätze übertreffen? Ich weiß von keinem. Ist dieses nicht sonderbar?

Fast in jedem Dezennium entsteht ein neuer Bad- und Brunnenort und hebt sich, wenigstens eine Zeitlang. Neue Bäder heilen gut. Warum findet sich bei dieser Bereitwilligkeit unserer Landsleute, sich nicht bloß neue Bäder empfehlen, sondern sich auch wirklich dadurch heilen zu lassen, kein spekulierender Kopf, der auf die Einrichtung eines Seebades denkt? Vielleicht kommt durch diese neue Erinnerung die Sache einmal ernstlich zur Sprache, wo nicht in einem medizinischen Journal, doch in einem des Luxus und der Moden oder, weil die Sache auf beide Bezug hat, in beiden zugleich.

Bis dahin mögen einige flüchtige Bemerkungen eines Laien in der Heilkunde, der seinem Aufenthalte zu Margate die gesündesten Tage seines Lebens verdankt, hier stehen. An empfehlenden Zeugnissen einiger der ersten Eingeweihten in der Wissenschaft fehlt es ihm indessen nicht; er hält sie aber bei einer so ausgemachten Sache wenigstens hier für entbehrlich.

Denn weder der Medicin Penseur noch der Medecin Seigneur werden jetzt den Nutzen des Seebades leugnen. Von dem ersteren wenigstens ist nichts zu befürchten, und der andere würde schweigen, sobald man ihm sagte, daß in England nicht allein eine sehr hohe Noblesse, sondern die königliche Familie selbst, vermutlich durch Penseurs und den glücklichsten unverkennbaren Erfolg geleitet, sich dieser Bäder jetzt vorzüglich bedient. Was aber außer der Heilkraft jenen Bädern einen so großen Vorzug vor den inländischen gibt, ist der unbeschreibliche Reiz, den ein Aufenthalt am Gestade des Weltmeers in den Sommermonaten, zumal für den Mittelländer, hat.

Der Anblick der Meereswogen, ihr Leuchten und das Rollen ihres Donners, der sich auch in den Sommermonaten zuweilen hören läßt, gegen welchen der hochgepriesene Rheinfall wohl bloßer Waschbeckentumult ist; die großen Phänomene der Ebbe und Flut, deren Beobachtung immer beschäftigt, ohne zu ermüden; die Betrachtung, daß die Welle, die jetzt hier meinen Fuß benetzt, ununterbrochen mit der zusammenhängt, die Otaheite und China bespült, und die große Heerstraße um die Welt ausmachen hilft, und der Gedanke: dieses sind die Gewässer, denen unsere bewohnte Erdkruste ihre Form zu danken hat, nunmehr von der Vorsehung in diese Grenzen zurückgerufen, – alles dieses, sage ich, wirkt auf den gefühlvollen Menschen mit einer Macht, mit der sich nichts in der Natur vergleichen läßt als etwa der Anblick des gestirnten Himmels in einer heiteren Winternacht. Man muß kommen und sehen und hören. Ein Spaziergang am Ufer des Meeres an einem heiteren Sommermorgen, wo die reinste Luft, die uns selbst das Eudiometer noch auf der Oberfläche unsers Wohnorts kennen gelehrt hat, Eßlust und Stärkung zuträgt, macht daher einen sehr großen Kontrast mit einem in den dumpfigen Alleen der inländischen Kurplätze.

Doch das ist bei weitem noch nicht alles. Das übrige wird sich erst alsdann beibringen lassen, wenn wir erst über die Gegend eins geworden sind, wo nun in Deutschland ein solches Bad angelegt werden könnte. Die ganze Küste der Ostsee ist mir unbekannt, und ich für mein Teil würde sie dazu nicht wählen, so lange nur noch ein Fleckchen an der Nordsee übrig wäre, das dazu taugte, weil dort das unbeschreiblich große Schauspiel der Ebbe und Flut, wo nicht fehlt, doch nicht in der Majestät beobachtet werden kann, in welcher es sich an der Nordsee zeigt. Es gibt dazu tausend Unterhaltungen Anlaß, und ich würde kaum glauben, daß ich mich an der See befände, wo der Größe dieser Naturszene etwas abginge.

Wenn ich, jedoch ohne das übrige nötige Lokale genau zu kennen, wählen dürfte, so würde ich dazu Ritzebüttel oder eigentlich Cuxhaven oder das Neue Werk oder sonst einen Fleck in jener Gegend vorschlagen. Freilich nicht jeder Seeort taugt zu einem öffentlichen Seebad, das auf große Aufnahme hoffen kann. Es kommt sehr viel auf die Beschaffenheit des Bodens der See an.

Zu Margate ist es der feinste und dabei festeste Sand, der auch den zartesten Fuß nicht verletzt, ihm vielmehr bei der Berührung behaglich ist, und gerade einen solchen Boden habe ich bei dem Neuen Werk gefunden. Der Beschaffenheit des Bodens in Cuxhaven erinnere ich mich nicht mehr genau. Allein wo auch der Boden nicht günstig ist, läßt sich leicht eine Einrichtung treffen, die alle Unbequemlichkeiten hebt, und die ich zu Deal gesehen habe. Dieses zu verstehen, muß ich unsere Leser vor allen Dingen mit der Art bekannt machen, wie man sich an diesen Orten in der See badet. Man besteigt ein zweirädriges Fuhrwerk, einen Karren, der ein von Brettern zusammengeschlagenes Häuschen trägt, das zu beiden Seiten mit Bänken versehen ist. Dieses Inneres eben, das einem sehr geräumigen Schäferkarren nicht unähnlich sieht, hat zwei Türen, eine gegen das Pferd und den davor sitzenden Fuhrmann zu, die andere nach hinten. Ein solches Häuschen faßt vier bis sechs Personen, die sich kennen, recht bequem, und selbst mit Spielraum, wo er nötig ist. An die hintere Seite ist eine Art von Zelt befestigt, das wie ein Reifrock aufgezogen und herabgelassen werden kann. Wenn dieses Fuhrwerk, das an den Badeorten eine Maschine (a machine) heißt, auf dem Trocknen in Ruhe steht, so ist der Reifrock etwas aufgezogen, vermittels eines Seils, das unter dem Dach des Kastens weg nach dem Fuhrmanne hingeht. An der hintern Tür findet sich eine schwebende, aber sehr feste Treppe, die den Boden nicht ganz berührt. Über dieser Treppe ist ein freihängendes Seil befestigt, das bis an die Erde reicht und den Personen zur Unterstützung dient, die, ohne schwimmen zu können, untertauchen wollen oder sich sonst fürchten.

In dieses Häuschen steigt man nun, und während der Fuhrmann nach der See fährt, kleidet man sich aus. An Ort und Stelle, die der Fuhrmann sehr richtig zu treffen weiß, indem er das Maß für die gehörige Tiefe am Pferde nimmt und es bei Ebbe und Flut, wenn man lange verweilt, durch Fortfahren oder Hufen immer hält, läßt er das Zelt nieder. Wenn also der ausgekleidete Badegast alsdann die hintere Tür öffnet, so findet er ein sehr schönes dichtes leinenes Zelt, dessen Boden die See ist, in welche die Treppe führt. Man faßt mit beiden Händen das Seil und steigt hinab. Wer untertauchen will, hält den Strick fest und fällt auf ein Knie, wie die Soldaten beim Feuern im ersten Gliede, steigt alsdann wieder herauf, kleidet sich bei der Rückreise wieder an u. s. w. Es gehört für den Arzt zu bestimmen, wie lange man diesem Vergnügen (denn dieses ist es in sehr hohem Grade) nachhängen darf.

Nach meinem Gefühl war es vollkommen hinreichend, drei- bis viermal kurz hintereinander im ersten Gliede zu feuern und dann auf die Rückreise zu denken. Beim ersten Male wollte ich, um seinen eignen Körper erst kennen zu lernen, raten, nur einmal unterzutauchen und dann sich anzukleiden und nie die Zeit zu überschreiten, da die angenehme Glut, die man beim Aussteigen empfinden muß, in Schauder übergeht. Da das schöne Geschlecht von Anfang, wie ich gehört habe, auch hier, gegen das Unversuchte einige Schüchternheit äußern soll, so finden sich an diesen Orten vortreffliche Kupplerinnen zwischen der Thetis und ihnen, die sie sehr bald dahin bringen, selbst wieder Kupplerinnen zu werden.

Dieses sind in Margate junge Bürgerweiber, die sich damit abgeben, die Damen aus- und ankleiden zu helfen, auch eine Art von losem Anzug zu vermieten, der, ob er gleich schwimmt, doch beim Baden das Sicherheitsgefühl der Bekleidung unterhält, das der Unschuld selbst im Weltmeere so wie in der dicksten Finsternis immer heilig ist. Unter diesen Weibern gibt es natürlich, so wie bei den fern verwandten Hebammen, immer einige, die durch Sittsamkeit, Reinlichkeit, Anstand und Gefälligkeit vor den übrigen Eindruck machen und Beifall erhalten. Ich habe eine darunter gekannt, die damals Mode war. Diese besorgte öfters zwei bis drei Fahrzeuge zugleich. Und da war es lustig vom Fenster anzusehen, wie diese Sirene, wenn sie mit einer Gesellschaft fertig war, von einem Karren nach dem andern oft 20 bis 30 Schritte weit wanderte. Es war bloß der mit Kopfzeug und Bändern gezierte Kopf, was man sah, der wie ein Karussellkopf aus Pappdeckel auf der Oberfläche des Meeres zu schwimmen schien.

Ist nun der Boden der See wie der zu Deal, der aus Geschieben von Feuersteinen u.s.w. besteht, nicht günstig, so endigt sich die Freitreppe in einem geräumigen viereckigen Korb, in dem man also steht, ohne je den Boden zu berühren. Doch ich glaube nicht, daß diese Einrichtung, die mir im ganzen nicht recht gefällt, in Cuxhaven nötig sein wird. Geschiebe von Feuersteinen sind da gewiß nicht; ob nicht Schlamm oder glitschiges Seekraut so etwas nötig machen könnte, getraute ich mir nicht schlechtweg zu entscheiden, glaube es aber kaum.

Überdies aber kommt noch bei jenen Gegenden der sehr wenig inklinierte Boden in Betracht. Das Meer tritt da auf den sogenannten Watten bei der Ebbe sehr weit zurück, ein zwar großes und herrliches Schauspiel, das aber für die Hauptabsicht Unbequemlichkeiten haben könnte. Denn die eigentliche Badezeit ist von Sonnenaufgang an bis etwa um 9 Uhr, da es anfängt heiß zu werden. Die größte Frequenz war zu Margate immer zwischen 6 Uhr und halb 9 im Juli und August. Nun könnte es kommen oder muß vielmehr kommen, daß zuweilen gerade um diese Zeit zu Cuxhaven das Meer sehr weit von dem Wohnorte zurückgetreten wäre; dieses würde oft eine kleine Reise im Schäferkarren nach dem Wasser und, selbst bei der Ankunft bei dem Wasser, noch eine kleine Seereise auf der Achse nötig machen, um die gehörige Tiefe zu gewinnen. So etwas ist zwar, wie ich aus Erfahrung weiß, den gesunden Patienten nichts weniger als unangenehm, zumal wenn ihre mehrere, die mit derselben Krankheit behaftet sind, zugleich fahren, allein den Patienten im eigentlichen Verstande könnte doch so etwas lästig sein. – Aber auch hier ließe sich vielleicht Rat schaffen.

Wie? das gehört nicht hierher. Ich hoffe, mein Freund, Herr Woltman zu Cuxhaven, der bekanntlich mit sehr tiefen Kenntnissen die größte Tätigkeit verbindet, soll nun hier den Faden anfassen, wo ich ihn fahren lasse, wenn er es der Mühe wert hält. Sein Gutachten wird hier in einer wichtigen Angelegenheit entscheidend sein.

Nun aber vorausgesetzt, daß dort alle Bequemlichkeit zum Baden erhalten werden könnte, woran ich nicht zweifle, so hat jene Gegend Vorzüge, deren sich vielleicht wenige Seeplätze in Europa rühmen können. Die glückliche Lage zwischen zwei großen Strömen, der Elbe und der Weser, auf denen alle nur ersinnlichen Bedürfnisse für Gesunde und Kranke, auch mineralische Wasser, leicht zugeführt werden können. Die Phänomene der Ebbe und Flut, die dort auffallender erscheinen als an wenigen Orten, vielleicht keinem in Europa. Zwischen Ritzebüttel und dem Neuen Werk könnte noch heute einem verfolgenden Heere begegnen, was Pharao mit dem seinigen begegnete. Man macht da die Hinreise auf der Achse und einige Stunden darauf über demselben Gleise die Rückreise in einem bemasteten Schiff.

Mit Entzücken erinnere ich mich der Spaziergänge auf dem soeben von dem Meere verlassenen Boden, ja ich möchte sagen, selbst auf dem noch nicht ganz verlassenen, wo noch der Schuh, ohne Gefahr von Erkältung, überströmt ward; der Tausende von Seegeschöpfen, die in den kleinen Vertiefungen zurückbleiben, deren einige man selbst für die Tafel sammeln kann, und die den Gleichgültigsten zum Naturaliensammler machen können, wenn er es nicht schon ist; des Heeres von See- und andern Vögeln (auch darunter Naturalien für die Tafel), die sich dann einfinden und die angenehmste Jagd zu Fuß an der Stelle gewähren, über die man noch vor einigen Stunden wegsegelte und nach wenigen wieder wegsegeln kann. Hierzu kommt nun das ununterbrochene Aus- und Einsegeln oft majestätischer Schiffe mehrerer Nationen, die Cuxhaven gegenüber vor Anker gehen, und die man besteigen oder wenigstens in kleinen Fahrzeugen besuchen und umfahren kann, immer unter dem Anwehen der reinsten Luft und der Eßlust.

Freilich werden diese kleinen gar nicht gefährlichen Reisen öfters kleine Vomitivreisen, und dafür nur desto gesünder. Ich habe von einem der römischen Kaiser gelesen, wo ich nicht irre, so war es August selbst, der in der reinen Seeluft jährlich solche Vomitivreisen unternahm. – Der gesunden Patienten wegen merke ich noch an, daß man hier alle Arten von Seefischen und Schaltieren immer aus der ersten Hand hat, und gerade um diese Zeit den Hering, noch ehe er das Mittelland erreicht. Die wohlschmeckendste Auster, frisch-riechend bei der beißen Sonne, und den königlichen Steinbutt! Eine mächtige Unterstützung für das Geschäft im Schäferkarren.

Und nun Helgoland! Kleine geschlossene Gesellschaften unternehmen, statt Ball und Pharao, eine Reise nach dieser außerordentlichen Insel. Die Vomitivchen unterwegs verschwinden in dem Genuß dieses großen Anblicks. Wer so etwas noch nicht gesehen hat, datiert ein neues Leben von einem solchen Anblick und liest alle Beschreibungen von Seereisen mit einem neuen Sinn. Ich glaube, jeder Mann von Gefühl, der das Vermögen hat, sich diesen großen Genuß zu verschaffen, und es nicht tut, ist sich Verantwortung schuldig.

Nie habe ich mit so vieler, fast schmerzhafter Teilnehmung an meine hinterlassenen Freunde in den dumpfigen Städten zurückgedacht als auf Helgoland. Ich weiß nichts hinzuzusetzen als: man komme und sehe und höre. – Sollte eine solche Anstalt in jenem glücklichen Winkel nicht möglich sein? Ich glaube es. Von Hamburg läßt sich alles erwarten.

Diese vortreffliche Stadt mit ihren Gesellschaften könnte verbunden mit Bremen, Stade, Glückstadt u. s. w. schon allein einem solchen Bade Aufnahme verschaffen, der Fremde bedürfte weiter nichts. Sollte unter den vielen spekulierenden Köpfen dort nicht einer sein, der ein solches Unternehmen beförderte, auf dessen Ausführung keine geringe Anzahl von Teilnehmern wartet, wenn ich aus meiner Bekanntschaft auf die übrigen schließen darf? Große Anstalten wären zum ersten Versuch nicht nötig, nur Bequemlichkeit für die Gäste. Fürs erste keine Komödienhäuser, keine Tanzsäle (das würde sich am Ende alles von selbst finden) und keine Pharaobänke. Pharao mit seinem Heer gehört zwischen Ritzebüttel und das Neue Werk zur Zeit der Flut.

Nun noch eine kurze Antwort zur Hebung von ein paar Bedenklichkeiten, die ich habe äußern hören:

1) Der Ort sei zu weit abgelegen, und 2) verdiene bei einem Seebad das Schicksal des Propheten Jonas immer eine kleine Beherzigung, und der häßliche Rachen eines Haifisches sei im Grunde am Ende nicht viel besser als eine Pharaobank. Was die erste Bedenklichkeit betrifft, so ist sie freilich so ganz unbegründet nicht. Allein nicht zu gedenken, daß alle Seebäder den natürlichen Fehler haben, daß sie an der Grenze der Länder liegen, wo sie sich befinden, so könnte man fragen: was ist ein abgelegener Ort im allgemeinen Verstand, so wie das Wort hier genommen wird, ohne etwa Wien oder Prag oder sonst einen Ort zu nennen, der weit von Ritzebüttel abliegt?

Mit ein wenig Überlegung wird sich bald finden, daß Ritzebüttel diese Benennung nicht verdient, weil nicht allein ein reiches, sondern auch ein bevölkertes Land in der Nachbarschaft liegt. Hat es freilich auf einer Seite, wie alle Seebäder, kein festes Land, so hat es dafür eine Fläche, die einem großen Teil des festen Landes die Passage dahin sehr erleichtert, zumal hier vermittelst der Elbe und der Weser. Dies ist so wahr, daß ich hiervor einen Beweis nicht zurückhalten will, ob ich gleich merke, daß er für eine Empfehlung fast etwas zu viel beweist. Das schön gelegene Margate wird von Vornehmen nicht so häufig besucht als andere Seebäder, die die schöne Nachbarschaft nicht haben, eben weil die Themse die Passage dahin, zumal von London aus, zu sehr erleichtert. Daher geschieht es denn, daß sich eine Menge von allerlei Gesindel einfindet, das sich seiner oft guten Kleider wegen nicht ganz von den Gesellschaften zurückhalten läßt, und welches dennoch unerträglich zu finden ein gesitteter Mann eben keine Ahnen nötig hat.

Zum Glück sind Hamburg und Bremen, ihres übrigen Reichtums ungeachtet, noch immer arm an dieser Menschenklasse. Vor dem Schicksal des Jonas wird nicht leicht jemanden im Ernste bange sein, der das Lokale dieser Orte kennt. Die Fische, die einen Propheten fressen könnten, sind da so selten als die Propheten. Eher könnte man die dortigen Fische vor den Badegästen warnen. Seit jeher sind zwar die Fische dort, zumal von Fremden, mit großer Prädilektion gespeist worden, es ist mir aber nicht bekannt, daß je einer von ihnen das Kompliment erwidert hätte.

(Quelle: Projekt Gutenberg, https://www.projekt-gutenberg.org/lichtenb/essays/chap006.html.)

 

Schritt 2: Veröffentlichung in den Hamburger Adreß-Comtoir-Nachrichten

Im Herbst 1792 wurde der Göttinger Taschenkalender mit Lichtenbergs Aufruf ausgeliefert. Nur kurze Zeit nach Auslieferung des Kalenders erschien am 29. Oktober 1792 in den Hamburger Adreß Comtoir Nachrichten unter der Rubrik Gemeinnützige Nachrichten. Gemeinnützige Schriften ein Hinweis auf den neuen Jahrgang des Göttinger Taschen-Kalenders, der den fraglichen Artikel folgendermaßen erwähnte:

„Warum hat Deutschland noch kein großes öffentliches Seebad? Cuxhaven wird dazu vorgeschlagen, und das Seebad in Deal beschrieben. Man sollte jenen Wink doch benützten, es wäre eine Gesundheits- und Finanzoperation zugleich.“

(Quelle: Hamburgische Addreß-Comtoir-Nachrichten, 85. Stück, Montag, den 29. October 1792, S. 677-678.)

Das späte Erscheinungsdatum begründete Woltman bereits am 11. Oktober 1792 in einem Brief an Dieterich, in dem er unter anderem ausführte:

„Herrn Hofrath Lichtenberg statten Sie doch vorläufig meinen besten Dank gütigst ab, für den Calender, insonderheit aber für desselben gewogentliches sehr freundschaftliches Andenken meiner, ich werde die Beantwortung für das Hamburgl. Addreßblatt und vielleicht auch für das Hannoverische Magazin geben. Aber wegen überhäufter Arbeiten wird es wohl noch einige Zeit dauern.“

(Quelle: Wolfgang Promies: Der Deutschen Bade-Meister – Georg Christoph Lichtenberg und die Wirkungen aufgeklärten Schreibens, Lichtenberg-Jahrbuch 1987 der Lichtenberg Gesellschaft e.V.)

 

Die Rolle der Hamburgischen Adreß-Comtoir-Nachrichten

Promies erklärt, warum die Hamburgischen Adreß-Comtoir-Nachrichten bewusst ausgewählt wurden. Sie erschienen seit 1767 jeweils montags und donnerstags. Ihr Redakteur war Victor Ludwig Klopstock (1744-1811), Dänischer Commerzrat, Bruder des Dichters und assoziiertes Mitglied der „Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe“.

Die Funktion der Addreß-Comtoir-Nachrichten war, die Bürger Hamburgs über alle das private und öffentliche Interesse berührenden Angelegenheiten zu informieren. Dazu zählten Beobachtungen des Wetters, von Flut und Ebbe, Handlungs- und Schiffs-Nachrichten, Wechselkurse, Amtliche Bekanntmachungen, Auktionen, Mitteilungen über die Ankunft von Fremden, ferner private Inserate von Todesfällen, Hausverkäufen, Stellenangeboten und -gesuchen von Dienstpersonal, schließlich auch Artikel von literarischem (etwa Klopstock-Gedichte) und zeitgeschichtlichem (die Umstände der Hinrichtung Ludwigs XVI.) Interesse.

Promies schreibt dazu: „Eine in dieser Zeitung lancierte gemeinnützige Nachricht‘ hatte also die günstigste Voraussetzung, beachtet zu werden! Ist es abwegig, hinter der Formulierung den Bürger Hamburgs zu vermuten, der den Artikel Lichtenbergs seit Jahren erwartet und erhofft hatte: Woltman?“

In derselben Zeitung erschien am 8. November 1792 Lichtenbergs Aufsatz sozusagen als Leitartikel des ganzen Stücks, wenn auch ohne Namensnennung, in voller Länge abgedruckt.

 

Schritt 3: Forderung Woltmans nach einem Seebad in Ritzebüttel

Reinhard Woltman, Bild: Cuxpedia

Im April 1793 erschien dann Woltmans Aufsatz „Über die Errichtung einer Seebadsanstalt im Amte Ritzebüttel“.

 Lichtenberg war genauestens informiert und notierte im Staatskalender unter dem 27. April 1793 (SK 460): „Herr Woltman seinen Aufsatz über das Seebad.“

Woltman eröffnete seinen Zeitungsartikel mit einer triftigen Anspielung auf den unlängst im gleichen Blatt veröffentlichten Aufsatz, von dem er voraussetzt, daß er den Lesern der Addreß-Comtoir-Nachrichten in Erinnerung ist und „worinnen Kenntnisse, Laune und feine Schärfe des Styls den Herrn Hofrath Lichtenberg als den Verfasser genugsam erkennen lassen.“

Promies dazu:

„Den Namen Lichtenbergs als Gütesiegel nutzend, folgt Woltman in seinem wohlgegründeten Gutachten jedoch keineswegs in allen Punkten dem „würdigen Lehrer“. Zum Beispiel gibt er dem Badeschiff vor dem auch in Ostende gebräuchlichen Radekarren den Vorzug, da dieser seiner Ansicht nach „für eine deutsche Dame etwas abschreckendes, gefährliches und unbequemes im Anblick haben“ dürfte.

Woltman führt, um etwa die Beschaffenheit des Seewassers – erstes „Hauptrequisitum“ für ein Seebad – festzustellen, zusammen mit dem Ritzebütteler Arzt Neumeister wissenschaftliche Untersuchungen durch und prüft das Für und Wider so unparteiisch, daß er sogar der Ostsee vor der Nordsee aus lokalen und maritimen Gründen Vorzüge einräumt, mit Ausnahme der „mephitischen Luftarten“, die von Fäulnisstoffen wegen der geringen Gezeiten herrühren.

Insgesamt kommt er selbstverständlich zu dem Schluß, daß die Gegend um Cuxhaven „zum Seebade an der Nordsee wohl geschickt wäre“, und empfiehlt daher die „Seebads-Angelegenheit“ der Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe zur Entscheidung darüber, „ob diese Anstalt als wirkliches Bedürfnis eine öffentliche Unterstützung verdiene: denn als etwanige Stärkung für Gesunde, als Luxus und Amüsement, würde ich nach meiner Denkungsart davon abstrahiren.“

Im übrigen schließt Woltman so, wie er begonnen hatte: mit einem Kompliment an Lichtenberg, „dessen menschenfreundliche Gesinnungen eben so sehr unsre Liebe, als seine entschiedenen Einsichten und Ansehen beim deutschen Publikum, unsre Hochachtung fordern.

(Quelle: Wolfgang Promies: Der Deutschen Bade-Meister – Georg Christoph Lichtenberg und die Wirkungen aufgeklärten Schreibens, Lichtenberg-Jahrbuch 1987 der Lichtenberg Gesellschaft e.V.)

 

Die Hamburgische Gesellschaft zählte prominente, auch aus Lichtenbergs Korrespondenz gegenwärtige Persönlichkeiten zu Mitgliedern. Reimarus, Büsch und Kirchhof firmierten seinerzeit als Senioren, und ihr Sekretär war der Doktor der Jurisprudenz und Domherr Friedrich Johann Lorenz Meyer. Er brachte auch 1794 die Verhandlung „über den Vorschlag zur Errichtung einer Seebade-Anstalt an der Nordsee im Amte Ritzebüttel“ zum Vortrag.

Gleich Woltman beginnt auch er mit Lobesworten gegenüber Lichtenberg, äußert, „dieser treffliche Gelehrte und geistvolle Schriftsteller, dessen Namen in den Annalen der deutschen Literatur unter den ersten unsrer Nation steht“, habe den in Frage stehenden Gegenstand mit dem ihm, Lichtenberg, „ausschließlich eignen stralenden Witz und der Gabe einer lebendigen Darstellung behandelt“ und einem Aufsatz verfertigt, „der alle die Vorzüge und Eigenschaften des gedankenreichen Inhalts und geistvollen Vortrages hat, welche die literarischen Arbeiten dieses trefflichen Mannes auszeichnen.“

 

Promies erklärt, wie die Seebadgründung in Ritzebüttel – heute Cuxhaven – im Sande verlief:

„Die Gesellschaft bildete, Meyer zufolge durch die „doppelte öffentliche Aufforderung [Lichtenbergs und Woltmans] bewogen“, eine Kommission, die aus acht Ärzten – darunter Reimarus und Gieseke – bestand und durch Neumeister und Woltman ergänzt wurde. Die Kommission, die die „Tauglichkeit der Lokale von Cuxhaven und Neu-Werk“ hinsichtlich des Klimas, der Eigenschaften des Seewassers, des Orts zur Anlegung der Seebade-Anstalt, der von Lichtenberg vorgeschlagenen Einrichtungen dieser Anstalt und der Annehmlichkeiten der Gegend für die Badegäste untersuchte, erkannte einstimmig die Wichtigkeit und den Nutzen einer Anstalt für Seebäder „als Bedürfniß zur Heilung mehrerer Arten und Krankheiten“ und die für eine solche Anlage gegebenen Vorzüge der Nordsee vor der Ostsee an.“

(Quelle: Wolfgang Promies: Der Deutschen Bade-Meister – Georg Christoph Lichtenberg und die Wirkungen aufgeklärten Schreibens, Lichtenberg-Jahrbuch 1987 der Lichtenberg Gesellschaft e.V.)

 

Die Standortfrage: Nordsee oder Ostsee?

Nordsee bei Ebbe

Lichtenberg hatte sich für die Nordsee ausgesprochen. Die Ostsee kannte er gar nicht. Woltman hingegen wog die Vor- und Nachteile sachlich ab. Er wird von Vogel zitiert:

„Herr Lichtenberg äußert noch in jener Abhandlung, daß er die Ostseeküste zu einem Seebade nicht wählen möchte, weil das große Schauspiel der Ebbe und Fluth da abgehe. Hierauf antwortet aber Woltman, die Ostsee sey zugänglicher, friedfertiger gegen das menschliche Geschlecht; sie überschwemme ihre Gestade nicht; Nebenbedürfnisse und manche Annehmlichkeiten finden hier besser Statt; wegen Mangel an Ebbe und Fluth erwärme die Sonne an heißen Sommertagen den Boden der Ostsee in der Nähe der Ufer, wo es nicht sehr tief ist, und diese Wärme theile sich der ganzen Wassermasse mit, wodurch das Wasser wahrscheinlich seine adstingirende Kälte verliere u.s.w.“

Ein Sinneswechsel Lichtenbergs erfolgte erst mit vollendeten Tatsachen. Vogel schreibt im gleichen -1794 erschienenen – Buch:

„Auch weiß ich seitdem aus dem Munde des Hrn. Hofr. Lichtenbergs selbst, daß Er hiergegen nun weiter nichts einzuwenden habe.“

(Quelle: beide Zitate bei S. G. Vogel: Ueber den Nutzen und Gebrauch der Seebäder. Nebst der Ankündigung einer öffentlichen Seebadeanstalt, welche an der Ostsee in Mecklenburg angelegt wird, Stendal, bey Franzen und Grosse, 1794)

 

1793 – Wettlauf um das erste deutsche Seebad

War es bisher nicht einmal möglich, Ritzebüttel oder Neuwerk zum Seebad zu machen, überschlugen sich plötzlich 1793 die Fürsprecher für die Gründung eines Seebades. Auf einmal kamen gleich mehrere Orte in Frage. Die Zeit war reif für das erste deutsche Seebad. Wo würde es entstehen – wer würde Erster sein?

 

17. Juni 1793: Aufruf in Preußen

Johann Daniel Metzger, aus Straßburg gebürtiger Arzt und seit 1777 Professor der Medizin in Königsberg, rief seine Preußischen Mitbürger dazu auf, Anstalten zu Seebädern in Preußen zu machen. Besonders geeignet erschien die Region zwischen Königsberg und Kolberg.

Metzgers Aufruf ist nicht im Wortlaut überliefert, aber Vogel gibt ihn so wieder:

„Herr Hofrath Metzger in Königsberg habe einen Aufruf an seine Preußischen Mitbürger ergehen lassen, Anstalten zu Seebädern in Preußen zu machen. Am Ende wird der Wunsch hinzugefügt, daß er nicht vergeblich aufgerufen haben möge.“

(Vogel zitiert aus dem Intelligenzblatt der allg. Litt. Zeit. No. III. 1793, S885 aus Königsberg in Preußen, den 17ten Jun. 1793)

Metzgers Aufruf dürfte auf Hufeland zurückgehen, Jedoch gab es auch andere Befürworter der Seebad-Idee. Vogel berichtete ein Jahr später, „aus dem Munde mehrerer großen, von dem Werthe dieses Mittels vollkommen unterrichten, Ärzte in Deutschland“ zu wissen, „daß es ihnen überaus wichtig scheine, in Deutschland bequeme Gelegenheiten und Einrichtungen zu Seebädern zu veranstalten.“

(Quelle: C.W. Hufeland, Neueste Annalen der französischen Arzneykunde und Wunderarzneykunst. 2. Bd., 1793, S. 302, zitiert nach Samuel Gottlieb Vogel, Über den Nutzen und Gebrauch der Seebäder. Nebst der Ankündigung einer öffentlichen Seebadeanstalt, welche an der Ostsee in Mecklenburg angelegt wird. Erstes Bändchen. Stendal 1794, S. 21. Ebenda auch das Zitat aus Metzger, Intelligenzblatt der Allgemeinen Litteratur-Zeitung No. III, 1793, S. 885, vom 17. Juni 1793.)

Erst 1803 wurde Kolberg zum ersten Seebad Preußens.

 

22. Juli – Das Gründungsdatum des Seebades am Heiligen Damm

Der 22. Juli 1793 gilt als das Gründungsdatum des Seebades Heiligendamm. An diesem Tag soll eine Jagdgesellschaft in die Ostsee gestiegen sein. Professor Joachim Skerl gibt es in seinen Vorträgen so wieder, dass Prof. Vogel der Organisator dieses Ereignisses war. Er beschreibt auch, dass ein Zelt aufgebaut wurde, um sich zu entkleiden und ein kleiner Imbiss angeboten wurde. Während das Essen gern angenommen wurde, soll keiner bereit gewesen sein, in die Fluten zu steigen. Darum soll der Jüngste im Bunde dazu überredet worden sein – Kammerherr von Flotow.

Soweit deckt sich die Beschreibung mit der von Vogel (sh. weiter unten). Allerdings datiert Skerl dieses Ereignis eindeutig nicht auf Juli 1793:

 „Im Spätsommer des Jahres 1793 wollte die Jagdgesellschaft des Herzogs baden, und zwar im offenen Meer – ein Vorgang, den es so in Deutschland bis dahin nicht gegeben hatte. Dazu wurde eine bequeme Stelle am Heiligen Damm ausgesucht und zum Umkleiden ein Zelt aufgestellt.“

(Quelle: Joachim Skerl: Das Seebad am Heiligen Damm – Zwischen Klassik und Romantik)

 

25. August: Professor Vogel empfiehlt Doberan

Auch das ist bekannt: Samuel Gottlieb Vogel schlug seinem Regenten Herzog Friedrich Franz I. nun die Gründung des Seebades am Heiligen Damm formal per Brief vor. Warum das ein Monat nach dem ersten Bad geschehen sein soll, ist nicht so ganz nachvollziehbar. Vielleicht wollte Vogel erst das Bad mit der Jagdgesellschaft probieren, bevor er es dem Herzog vorschlägt.

Unstrittig ist das Datum des Briefes:  25. August 1793. Vogel hatte den Brief dem Amtshauptmann Wachenhusen übergeben und dieser ihn am 8. September 1793 dem eintreffenden Herzog übergeben. Hier ist ein Blick in seinen Inhalt:

„Durch die außer Zweifel gesetzte heilvolle Wirkung des Badens in Seewasser können sehr viele Schwachheiten und Kränklichkeiten des Körpers behoben werden. Jedoch wären hierfür besondere Einrichtungen wie die in England gebräuchlichen Badekarren und ein Badehaus erforderlich. (…) Dass das Baden in der See unfruchtbare Weiber fruchtbar mache, kann zwar dadurch nicht bewiesen werden, dass manches Frauenzimmer dieser Art von Seebadeorten geschwängert zurückkommt, wovon es in Engelland Beyspiele genug geben soll, indessen ist gar nicht zu bezweifeln, dass es Ursachen der weiblichen, so wie in der männlichen Impotenz gibt, welche durch das Baden in der See gehoben werden. (…)“

(Quelle: IGEL-Usedom-Verlag (https://igel-usedom.de/rund-ums-baden/empfehlungen-von-badeaerzten.html), zitiert wird Samuel Gottlieb Vogel Doberan-Heiligendamm 1794 – ein Buch mit diesem Titel ist jedoch nicht auffindbar, evtl. sind die Annalen gemeint.)

 

9. September: Herzog Friedrich Franz I. gründet das erste deutsche Seebad

Manche führen an, der Herzog hätten am 9. September gebadet. Das würde zu Skerls Aussage vom „Spätsommer“ passen. Tatsächlich hat dieses Datum einen Hintergrund. Auf diesen Tag ist nämlich die Antwort des Herzogs an Vogel datiert. Auch hier ist der Inhalt bekannt:

„Mir sind bey meiner Anwesenheit ihre von ihnen schriftlich aufgesetzten Gedanken, über Anlegung eines Seebades, übergeben worden, ich wünsche daher daß der Herr Hofrath mir darüber mögen, einen Plan aufsetzen, welchen ich nicht verfehlen werde, aufs genaueste zu prüfen, um als dann so viel als möglich zur Ausführung desselben beytragen zu können. Besonders, da es mir nicht gleichviel sein kann, manchen kranken Menschen dadurch glücklich zu machen, nicht zu gedenken, daß Geld im Lande verzehrt wird, was auswärtige Bäder demselben entziehen. Ich erwarte daher mit Vergnügen Ihre Vorschläge, in Betreff dieser heilsamen Anstalt und bin mit aufrichtiger Wertschätzung.
Ihr wohlaffektionierter F.F.Herz. z. M.“

(Quelle: Gerd-Helge Vogel: Die Entstehung des ersten deutschen Seebades Doberan-Heiligendamm unter dem Baumeister Carl Theodor Severin (1793-1836), DONATUS-Verlag
Vogel zitiert HORST PRIGNITZ: Wasserkur und Badelust – Eine Badereise in die Vergangenheit, Koehler und Amelang, 1986, S. 108)

Joachim Skerl führt aus:

„Bereits am 9. September erhielt der Initiator des ungewöhnlichen Geschehens, Samuel Gottlieb Vogel, die Zustimmung des Herzogs, an gleicher Stelle ein „öffentliches Seebad an der Ostsee zwey Meilen von Rostock entfernt ohnweit von Doberan einrichten zu lassen, in einer Gegend, in welcher von der Natur alles Wünschenswerte dazu vereinigt ist.“

(Quelle: Joachim Skerl: Das Seebad am Heiligen Damm – Zwischen Klassik und Romantik)

 

21. September: Das erste deutsche Seebad eröffnet

Der 21. September gilt allgemein als das Eröffnungsdatum des ersten deutschen Seebades. Dieses Datum wird an vielen Stellen so wiedergegeben. Manche behaupten auch, das Badehaus sei zu diesem Zeitpunkt bereits der Nutzung zugeführt worden. Hier muss hinterfragt werden:

 

Kann das so überhaupt stimmen?

Historisches Anbaden, hier noch mit Hans Peter Hahn als Herzog Friedrich Franz I.

Im Juli baden, im August ein Seebad vorschlagen, im September die Bestätigung bekommen und zwei Wochen später eröffnen, samt mal eben gebautem Badehaus – wie kann das sein?

Zwischen Bad und Gründung im Juli und Eröffnung im August würde der Briefverkehr zwischen Vogel und dem Herzog nicht so richtig hinein passen. In einem Podcast (nicht mehr auffindbar) nimmt man an, er habe schon 1792 stattgefunden. Aber dann passt die Verbindung zu Lichtenberg, Hufeland und Metzger nicht und die hat bisher jeder Historiker als gegeben befunden.

 

Wann war das erste Bad?

In den Publikationen werden verschiedene Datumsangaben zur Gründung des ersten deutschen Seebades gemacht. Manche nehmen den 22. Juli oder auch 21. Juli 1793 oder auch den 8. oder 9. September, an dem das erste Bad stattgefunden haben soll und andere das Eröffnungsdatum am 21. September 1793. In verschiedenen Quellen wird davon ausgegangen, dass das Badehaus zu diesem Zeitpunkt schon fertig war.

Unstrittig sind die Datumsangaben in den Briefen zwischen Vogel und dem Herzog. Der Herzog war am 8. September 1793 mindestens in Doberan anwesend und nahm Kenntnis von Vogels Vorschlag. Am nächsten Tag antwortete er und wies Vogel an, ihm einen Plan aufzusetzen. Das ist gesichert.

Wenn er also in Doberan war – war er dann auch am Heiligen Damm und hat er dort ein Bad genommen und dann beschlossen, das Seebad zu gründen? Und war er allein oder mit Gefolge?

Die historischen Quellen waren gewiss näher am Geschehen und mögen diese Frage beantworten.

Der damalige Hofapotheker Adolf Nizze schreibt:

„Schon im Herbst 1793 begann im „Seebade bey Doberan“ die erste Badesaison“ Am 8. September waren der Herzog und die Herzogin mit Gefolge in Doberan eingetroffen. Täglich ritt oder fuhr man an den Seestrand, suchte einen passenden Platz zum Baden aus und ließ in der Nähe ein Zelt aufschlagen. Der Erste, der hier im Meer badete, war Geheimrat von Flotow, dem der Herzog und das Gefolge sich anschlossen, die Herren v. Moltke, v. Gersdorf, v. Oertzen, v. Rantzau, v. Weltzien und der Kandidat Koß, später Bürgermeister in Parchim.“

(Quelle: Adolf Nizze: „Doberan-Heiligendamm – Geschichte des ersten deutschen Seebades“, 1936, S. 16)

Der damalige Pastor und Kirchenchronist Friedrich L. Röper schreibt:

„(…) gab Se. Durchl. Der jetztregierende Herzog von Mecklenburg-Schwerin, Friederich Franz, (,,.) im Sommer 1793 dem Hofrat, Professor, auch wirklichen Leibmedikus Vogel zu Rostock, den Auftrag, wegen Anlegung eines öffentlichen Seebades bei Doberan die nötigen Untersuchungen anzustellen…“

(Quelle: Friedrich L. Röper „Geschichte und Anekdoten von Doberan in Mecklenburg, 1808)

 

Es ging also zuerst einmal darum, ein Seebad zu entwickeln. Natürlich darf dieser Auftrag an Vogel als Gründung des ersten deutschen Seebades verstanden werden. Aber nichts spricht für den 22. Juli und vieles für den 8. September 1793.

Oder stimmen beide Daten, weil am ersten die Jagdgesellschaft und am zweiten der Herzog mit seinem Gefolge gebadet hat? In der bisher erforschten Literatur ist am 8. September 1793 von der Jagdgesellschaft gar nicht die Rede, obgleich die herzogliche Begleitung namentlich penibel genannt wird.

Wolf Karge erklärt das so:

„Der 22. Juli 1793, der als Gründungsdatum angenommen wird, kann nur symbolisch gewertet werden. An diesem Tag soll durch ein Bad der ersten Beamten des Landes im Meer, dem sich der Herzog und sein Gefolge anschlossen, der Bau besiegelt worden sein.“

(Quelle: Wolf Karge: Heiligendamm – Erstes deutsches Seebad, S. 8)

 Um die Frage ganz sicher beantworten zu können, bräuchte es mehr, als ein Brief mit einer Bitte um einen Plan von Seiten des Herzogs. Für eine Gründung gibt es wenigstens eine klare Anweisung, eher noch ein offizielles Gründungsdokument. Es ist bemerkenswert, dass ein solches noch nicht gefunden (gesucht?) und veröffentlicht wurde.

 

Wann war das erste Badehaus fertig?

(Quelle: ECH-Archiv / Holzschnitt von Friedrich Wilhelm Gubitz um 1820)

Oft wird angenommen, das Bad habe gleich ein Badehaus gehabt und damit eröffnet. Das ist sicherlich richtig, aber es kann sich nicht um das Badehaus handeln, das auf Bildern zu sehen und in Texten beschrieben ist.

Der Herzog wies Vogel am 9. September an, ihm Vorschläge zu übermitteln. Selbst wenn dieser den Brief schnell erhalten und beantwortet haben sollte, erscheint doch eine Eröffnung des Bades samt eines über 170 Fuß langen Badehauses in massiver Bauweise bereits nach 12 Tagen äußerst unrealistisch.

 

Die historischen Quellen geben Aufschluss:

Vogel schreibt in einer Art Gründungsmanifest 1794:

„Nahe dem Ufer an der See wird auf einem schönen Platze, der nach der Landseite von einer schattenreichen, hochstämmigen Waldung eingeschlossen ist, ein ansehnliches, 180 Fuß langes Gebäude von einem Stockwerke aufgeführt…“

(Quelle: Samuel Gottlieb Vogel: Ueber den Nutzen und Gebrauch der Seebäder. Nebst Ankündigung einer öffentlichen Seebadeanstalt, welche an der Ostsee in Mecklenburg angelegt wird. Stendal, bey Franzen und Grosse. 1794)

 

Bei Nizze heißt es:

„Dem Herzog ging alles bei der neuen Anlage nicht schnell genug, weil man auf Schwierigkeiten gestoßen war. Im Jahre 1794 war nur erst ein kleines Badehaus mit 4 Bädern am Heiligen Damm erbaut.“

(Quelle: Adolf Nizze: „Doberan-Heiligendamm – Geschichte des ersten deutschen Seebades“, 1936, S. 17)

Und in Nizzes Chronologie:

„Der Bau des Logierhauses wurde so gefördert, dass es 1796 bereits in Nutzung genommen werden konnte.“

(Quelle: Adolf Nizze: „Doberan-Heiligendamm – Geschichte des ersten deutschen Seebades“, 1936, S. 19)

Röper schreibt:

„…und im Sommer 1796 war in dem neuen Badehause an der See, auch die Einrichtung zu warmen Bädern schon zu Stande gebracht.“

(Quelle: Friedrich L. Röper „Geschichte und Anekdoten von Doberan in Mecklenburg, 1808)

 

Das Badehaus war also definitiv nicht schon am 21. September 1793 fertig gestellt, sondern erst 1796 zusammen mit dem Amtshaus im Kloster Doberan und dem Logierhaus am Kamp. Das waren die drei Bauten, die man brauchte, um ein Seebad zu betreiben: Verwaltung, Unterbringung, Kurmittelhaus.

Das Badehaus wurde aber im selben Jahr auch über die ursprünglichen Pläne hinaus durch einen fast gleich großen Anbau mit Verbindungsgang nach Westen hin vergrößert. Das erste Bild des Badehauses stammt aus dem Jahr 1797 – da war es also definitiv fertig.

Heute existiert der Ursprungsbau nicht mehr. Hofbaurat Georg Adolf Demmler hat es 1839 im Auftrag des Großherzogs Paul Friedrich unter Einbeziehung der Grundmauern vergrößert und nach der Privatisierung 1873 wurde ein Seeflügel an die Nordseite angebaut. Das Haus heißt heute „Haus Mecklenburg“ und gehört zum Grand Hotel Heiligendamm.

 

Wohl vor dem Hintergrund des langsamen Fortschritts bestellte der Herzog am 18. Juli 1794 eine Badedirektion, bestehend aus dem Amtshauptmann Wachenhusen in Doberan, Hofrat Vogel in Rostock und Amtssekretär Heukendorf in Doberan, denen später noch Kammerpräsident von Dorne beitrat. Zunächst kam diese Direktion im Torhaus des Klosters unter – das wohl darum jetzt Canzley hieß. Schließlich zog es in das Amtshaus um, das deshalb diesen Namen bekam. Vogel wurde auch erst 1797 offiziell zum Badearzt. Der Herzog wohnte bis zur Fertigstellung des Palais am Kamp auch im Amtshaus.

(Quelle: Adolf Nizze: „Doberan-Heiligendamm – Geschichte des ersten deutschen Seebades“, 1936, S. 18)

 

 

Friedrich Franz I. – S.G. Vogel – C.T Severin – Eine besondere Verbindung

Nachdem nun die Entwicklung von der Idee bis zur Eröffnung des ersten deutschen Seebades aufgezeigt ist, sollte man einen Blick auf die Initiatoren vor Ort in Mecklenburg schauen. Schon vor 1793 war die Entwicklung gar nicht so verlaufen, dass ausgerechnet Doberan-Heiligendamm das erste deutsche Seebad werden würde. Es hätte Juist sein können oder Cuxhaven oder auch Kolberg – von Doberan-Heiligendamm war nie die Rede. Das verdanken wir allein Samuel Gottlieb Vogel. Und der hätte gar nicht an der Ostsee sein sollen, sondern am Mittelmeer. Und der Empfänger des Briefes hätte gar nicht Herzog sein sollen:

 

Der Herzog, der es gar nicht werden sollte

Bild: Wikimedia

Im Landesteil Schwerin verstarb Herzog Friedrich (der Fromme) 1785 kinderlos, sodass es keinen Sohn und auch keinen Enkel gab, der Thronfolger hätte werden können. Hier nahm die Dynastie erstmals einen Umweg über den Bruder Ludwig, der aber auch schon 1778 verstorben war, sodass nur dessen Sohn in Frage kam. Es war übrigens der einzige Sohn. Ohne Friedrich Franz I. wäre die Linie Mecklenburg-Schwerin am 24. April 1785 im Mannesstamm erloschen und Mecklenburg-Schwerin wäre laut Hausvertrag an Herzog Adolf Friedrich IV. von Mecklenburg-Strelitz gefallen. Er wäre der Verweser der Linie gewesen.

Durch das Vorhandensein von Friedrich Franz I. hielt Mecklenburg-Schwerin sogar noch drei Tage länger als das Deutsche Reich: Erst am 14. November 1918 endete die Regentschaft der Linie Mecklenburg-Schwerin. Die Linie Mecklenburg-Strelitz hingegen erlosch schon am 24. Februar 1918 mit dem Tod Herzog Adolf Friedrich VI., dessen einziger lebender Thronfolger nicht mehr auffindbar war, sodass Friedrich Franz IV. für die restlichen Monate der Monarchie Verweser von Mecklenburg-Strelitz und somit Mecklenburg kurz vor dem Ende der Monarchie wieder vereint war. Das erste Mal seit 1229.

Das zur Vorgeschichte. So kam es, dass Friedrichs Neffe Friedrich Franz I. zum Herzog gekrönt wurde. Hätte Friedrich einen Sohn gehabt, wäre der spätere Seebad-Gründer nie Regent geworden, sondern hätte mit einer guten Apanage irgendwo in Mecklenburg ein Schloss bewohnt. Vielleicht in Doberan. Aber den Brief Vogels hätte er als Erbprinz der nicht regierenden Familie nie erhalten.

 

Der Baumeister, der eigentlich nur helfen sollte

Relief von Carl Theodor Severin an seinem Wohnhaus, heute „Haus Gottesfrieden“)

Vier Jahre später ist Carl Theodor Severin in Mecklenburg als ansässig nachweisbar. Es ist nicht bekannt, wie der im heutigen Bad Arolsen geborene Sohn eines Regierungs- und Konsistorialrates sich als Architekt ausbilden ließ, aber er hat wohl an der Berliner Schule bei Gilly, Langhans und evtl. Gentz gelernt.

Severin tauchte in Zusammenhang mit dem Seebad erst auf, als die ersten drei Bauten (Badehaus, Logierhaus, Amtshaus) schon so gut wie fertig waren. Der eigentliche Baumeister war Johann Christoph Heinrich von Seydewitz und der wollte 1797 in Rente gehen. Da begann aber gerade erst die Bauphase und so überlegte er es sich anders und bekam Severin als Helfer an die Seite gestellt – wie damals üblich, bekam dieser zunächst kein Gehalt. Von Seydewitz blieb 12 Jahre Baumeister, aber er ließ Severin viele Freiheiten.

Wäre Severin nicht nach Mecklenburg gekommen und hätten Beamte ihn nicht vorgeschlagen, sodass man ihn an der Seite von Baumeister von Seydewitz stellte, dann hätte sich Doberan-Heiligendamm architektonisch anders entwickelt. Von Seydewitz war dem Barock verhaftet – er konnte solide und auch ansehnliche Fachwerkhäuser bauen und das Friedrich-Franz-Palais an Kamp von Doberan ist ein Beispiel für seine Fähigkeiten.

Aber ohne Severin gäbe es keinen Klassizismus und auch keinen Historismus, der sich an Severins Meisterstück – dem so genannten Kurhaus in Heiligendamm – orientiert. Selbst die neuesten und auch erst noch in Konzeption befindliche Bauten in Heiligendamm nehmen immer Severins Idee als Vorlage. Auch wenn der Klassizismus auf Mathematik beruht und die Romantik auf Gefühlen, so entlehnt man doch die weiße Farbe, die Säulen, die Sprossenfenster und auch die Attika und den Dreiecksgiebel des Kurhauses immer wieder gern für andere Bauten.

Ohne Severin wäre Heiligendamm wohl ein barockes Ensemble, wie Schloss Friedrichsmoor erinnern würde. Severin kam nach Mecklenburg und er brachte den Klassizismus mit und gab der Stadt ihr einzigartiges und unverwechselbares Antlitz. Die Baumeister nach ihm taten es ihm gleich und schufen eine Weiße Stadt am Meer, in dessen Mittelpunkt Poseidons Tempel von Severin thront.  

 

Der Arzt, der eigentlich nach Italien sollte

Bild: Wikimedia

Ebenfalls vier Jahre nach der Thronbesteigung kam Samuel Gottlieb Vogel nach Mecklenburg. Er hatte in Göttingen studiert und zumindest sein Vater kannte Lichtenberg persönlich. Es ist denkbar, dass die beiden sich auch vorher schon begegnet sind, aber der erste Weg nach dem Auftrag des Herzogs zur Gründung des Seebades zog Vogel zu Lichtenberg. Der musste ihm alles erzählen, was er in England erlebt und beobachtet hat. Vogel hielt all das in seinem „Gründungsmanifest“ fest.

Doch auch Vogels Weg sollte ursprünglich gar nicht an die Ostsee führen, sondern nach Pavia in Norditalien, wohin er 1784 berufen wurde. Er lehnte ab, blieb praktischer Arzt in seiner Heimat (in Ratzeburg) und folgte dann 1789 der Berufung an die Universität Rostock. Es ist davon auszugehen, dass er diese Berufung so oder so nicht hätte ablehnen können, wenn er sich weiterentwickeln wollte.

Aber egal warum genau – er ging nach Rostock, er begeisterte sich für das Wasser, er probierte es selbst aus und sammelte alles, was er dazu kriegen konnte. So muss er an Lichtenbergs Essay gekommen sein und war damit nicht nur der erste Balneologe in Deutschland, sondern auch der Initiator des ersten Seebades in Deutschland. Ohne ihn kein Seebad in Doberan-Heiligendamm – das ist ein unumstößlicher Fakt.

 

Warum gerade Heiligendamm?

Foto: M. Sander

Insgesamt grenzt es an ein Wunder, dass gerade dieser Ort das erste deutsche Seebad hervor brachte. Es sprach nichts dafür, es passierte nichts in der Richtung und doch stimmte am Ende alles und so kam es, wie es kam. Doch warum entschied man sich für diesen einen Kilometer Küste und nicht für irgendeinen daneben?

Vorweg muss gesagt werden, dass eigentlich gar nichts am Meer entstehen sollte. Man wollte in Doberan ein bestehendes Haus zum Badehaus umbauen und das Wasser dorthin pumpen. Das war aber technisch noch nicht möglich und Professor Vogel entgegnete diesem Gedanken auch mit der Argumentation, die Fahrt an die und der Aufenthalt an der See würden sich als Bestandteil des Bades (also des Kuraufenthalts) durchaus eignen und Vorteile haben. Nur deshalb entstand am Heiligen Damm mehr als ein Pumpenhaus.

 

Warum aber überhaupt am Heiligen Damm? Börgerende wäre nicht schlechter gelegen.

Bild: Archiv ECH

Ruft man sich noch einmal das Sehnsuchtsbild dieser Zeit in Erinnerung – den Mönch am Meer, die Abtei im Wald – dann ist dieser schmale Landstrich zwischen den beiden ursprünglichsten Naturräumen der Welt geradezu genial: Zwischen Wald und Meer, fernab der Städte, umgeben von Natur und Ruhe. Meereswogen, die rauschend an den Strand ziehen und dabei das Licht der Sonne glitzern lassen, Möwenschreie, Waldeskühle, Sommerfrische… all das ist hier auf einem kleinen Ort vereint.

Wohin man auch schaut – man wird nirgendwo auf der Welt tausend Meter Küste finden, die so ist, wie Heiligendamm. Hier war Platz für ein kleines Arkadien an einem Sehnsuchtsort.

Lassen wir Zeitzeugen sprechen:

„Der Heilige Damm bezauberte uns gänzlich, er hat das Ansehen eines großen, durch Kunst errichteten Deiches, um die See abzuhalten, die somit das ganze Land überschwemmen würde.“ Und geradezu schwärmerisch beschreibt der Weitgereiste: “Hier ist der Ausblick bewunderungswürdig schön. […] Möge es der Sitz meines Greisenalters sein!“

(Thomas Nugent, 1782)

 

„Ein solch reizender, solch abstrakter Badeort wie dieser muß irgendwo existieren und erhalten bleiben, damit wir die Vorstellung gewinnen können, wie es sich im Märchen oder in den Gefilden der Seligen lebt, in denen man alles hat und nichts entbehrt, in denen nur genießende Menschen verweilen und von des Lebens Müh´ und Arbeit so gut wie nichts zu merken ist.“

(Fanny Lewald: Vom Sund zum Posilip!, 1879)

 

„Heiligendamm ist ein Zaubergarten, in dem man vergisst, dass es draußen noch eine geschäftige, atemlose, anprucherhebende und sorgenvolle Welt gibt.“

(Hermann Heiberg, 1885)

 

Heiligendamm war das Arkadien des Nordens, seine Vorbilder waren die Landschaftsgärten in Wörlitz und Babelsberg, seine Zeit war die Aufklärung und seine Schöpfer feingeistige Künstler mit guter Schule. Man baute in diesen Naturraum hinein und schuf durch eigene kleine Landschaftsräume innerhalb dieses großen Ganzen: Einen Festplatz, einen romantischen Park und eine Sommerwiese.

Aber es hatte auch praktische Gründe, sich für diesen Ort zu entscheiden. Zum einen war die Geologie hier gut: Bis Börgerende gibt es eine Steilküste, von der man nicht ins Wasser steigen konnte – zumindest nicht mit Badekarren, Badeschiffen & Co.. Auch westlich des Ortes befindet sich eine Steilküste und die war zum Teil auch noch bewaldet. Heiligendamm war eine lange Lichtung zwischen Wald und Meer und das auch noch auf einer flachen Küste, von der man problemlos ins Meer gelangte.

Zum anderen spielten Eigentumsverhältnisse eine Rolle. Wenn der Herzog ein Bad gründen wollte, dann tat er das am besten auf Land, das ihm auch gehörte. Heiligendamm gehörte wie Doberan zum Domanium – also dem Besitz, über dem der Herzog verfügen konnte. Es soll auch hier private Grundstücke gegeben haben – genannt wird Kammerherr von Flotow als einer der Eigentümer. Aber zum Beispiel dieser war dem Herzog unterstellt und konnte ihm keinen Wunsch abschlagen.

Nicht zuletzt war es die Bekanntheit dieses Landstrichs, der seinen heutigen Namen aus der Sage vom Heiligen Damm bekam. Dieser Epos machte diesen Ort zu etwas Besonderen, zu einem magischen Ort. Schon vor seiner Gründung wurde er beschrieben – von Thomas Nugent, von Hermann Friedrich Becker, von Karl von Stein.

Hierher fuhren Einheimische und sogar Professoren der Universität Rostock mit ihren Gästen, um ihnen diesen magischen Ort zu zeigen, Steine zu sammeln und dem Meer zuzusehen. Von hier bezog auch die Schleifmühle in Ludwigslust Steine, um sie zu Schmuck und Accessoires zu verarbeiten und hier war ein Sehnsuchtsort – fern von der Stadt, nah an der Natur.     

Am Meer wohnen wollte man jedoch nicht. Doberan war gerade dicht genug, um dort zu logieren, zu flanieren, zu dinieren und sich zu amüsieren. Zum Heiligen Damm wollte man nur zum Baden, sodass dort auch gar nichts anderes entstehen sollte. Der Wunsch nach einem Empfangs,- Gesellschafts,- Tanz- und Speisehaus kam erst über zehn Jahre nach der Gründung auf. Und so ist Heiligendamm immer Stück für Stück, aber immer langsam mit den Wünschen derer gewachsen, denen es gehörte und immer nach den Bedürfnissen derer, die kamen. Das ist heute nicht anders.

Damit endet die Geschichte des ersten deutschen Seebades. Doch seien Sie eingeladen, auch die weitere Entwicklung in Ritzebüttel bzw. Cuxhaven zu erfahren und Antworten auf die Frage zu bekommen, mit der alles begann: „Warum hat Deutschland noch kein öffentliches großes Seebad?“

 

Hanseatische Zurückhaltung: Warum Ritzebüttel nicht das erste Seebad wurde

Hier zitiert sich am besten Wolfgang Promies:

Das einstimmige Votum der Kommission hatte einen Beschluß der Gesellschaft zur Folge, der am 26. Februar 1795 gefaßt wurde. Dieser Beschluß macht auf den ersten Blick den Eindruck, als gebe er die Vollmacht, auf der Grundlage der Expertise nunmehr zur Tat zu schreiten; die Gesellschaft beschloß nämlich, Neumeister und Woltman „die sämtlichen Akten vorzulegen, und 9 sie zu ersuchen, nach den darin enthaltenen Vorschlägen, einen, dem Locale dortiger Gegend angemessenen bestimmten Plan zur Errichtung einer Seebade-Anstalt, zu entwerfen und ihn der Gesellschaft mitzutheilen, mit der Versicherung, daß die Gesellschaft alle Mittel anwenden werde, die Ausführung einer so gemeinnützigen Sache zu befördern und zu unterstützen.“

Aufgesetzt wie ein konkreter Arbeitsauftrag an die Herren Neumeister und Woltman, beinhaltet er tatsächlich papierene Geschäftigkeit und eine die Gesellschaft zu nichts verpflichtende Absichtserklärung. Wenn Cuxhaven erst Jahrzehnte später Seebad wurde, liegt es sicherlich nicht daran, daß Woltman und Neumeister ihrem Arbeitsauftrag nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen sind, sondern an Hinderungsgründen, die von Seiten der Gesellschaft geltend gemacht worden sein müssen, ohne daß sie offiziell laut geworden wären.

Vorbehalte haben offenbar bereits 1793 bestanden und sind Woltman auch sehr wohl bekannt gewesen. Davon zeugt Lichtenbergs Brief vom 12. Dezember 1793, der ganz ohne Zweifel Informationen Woltmans über den Hamburger Stand der Seebad-Dinge widerspiegelt:

„Wenn die Herren Hamburger Schwierigkeiten wegen des Seebades machen, so ist es, glaube ich, am besten, man läßt es. Ich möchte wenigstens nicht gerne ein Wort deswegen verlieren.“

„Bei Rostock kömmt ein Seebad zu Stande und zwar unter der Direktion des vortrefflichen Hofrats Vogel, der mich vor einigen Monaten besucht hat. Er hat in Gesellschaft eines Baumeisters die hauptsächlichsten Bäder Niedersachsens bereist, und die Sache ist schon völlig in Gang.“

(Quelle: Lichtenberg, Schriften und Briefe 4, S. 863. Zu Vogels Besuch in Göttingen und bei Lichtenberg s. auch Vogel, a.a.O., S. 19. 99, wo dieser eine „mir mündlich mitgetheilte scharfsinnige Vermuthung des Hrn. Hofr. Lichtenbergs“ referiert.)

 

Wolfgang Promies spekuliert über die Probleme:

„Möglicherweise herrschte diese hanseatische Zurückhaltung vor, ehe die Kommission gebildet wurde; ungewöhnlich bleibt in jedem Fall die lange Zeit, die zwischen Lichtenbergs und Woltmans öffentlichen Vorschlägen,- der Arbeit der Kommission und dem Beschluß der Gesellschaft verstrich.

Wenn man bedenkt, daß es möglich war, auf Lichtenbergs Anregung hin so hochoffiziell und tatkräftig zu reagieren wie ein mecklenburger Landesvater, erscheint die Art, wie in Hamburg akkurat bürokratisierte Meinungsbildung herbeigeführt wurde, eher ein Beleg dafür zu sein, daß ein Seebad nicht zu den naheliegenden öffentlichen Bedürfnissen der Hamburger Bürgerschaft gehörte. Offenbar war aber nicht nur Gleichgültigkeit für die Verschleppung verantwortlich.

In dem nicht erhaltenen Brief Woltmans an Lichtenberg muß jener berichtet haben, daß Hamburgs Stadtväter, einmal weniger Kaufleute als strenglutherische Moralisten, ein Seebad für schieren Luxus hielten und es als bedeutungslos für die Gesundheit ablehnten. Lichtenberg entgegnete entsprechend, wenngleich mit englischer Gelassenheit: Da die englischen Ärzte so sehr für die Seebäder sind und namentlich der große Hunter es bei gewissen Fällen war, so müssen sie doch wohl etwas mehr sein als ein bloßer Luxus. Ja, wie ich höre, hat man sie jetzt sogar in London, wo man das Wasser aus dem Kanal schleppt. […]

Ferner kann ein monatlicher Genuß der reinen Seeluft, die nach Ingenhouß eudiometrisch besser ist als irgend eine Landluft, und kleine tägliche Touren im Boot auf der See, die so ganz veränderte Kost und die Neuheit des Prospekts gewiß einem Mittelländer nicht anders als vom größten Vorteil sein. Und gesetzt es wäre auch Luxus darin, was bringt denn unsere gewöhnlichen Bäder und Brunnen in Flor, was erhält sie darin? Und was wäre Hamburg, wenn kein Luxus wäre?

Meyer nennt dann schließlich auch in einem Postskriptum zu dem Gesamtbericht andere Gründe, die den Fortgang des Unternehmens angeblich verhindert haben. Seit der Zeit dieses genommenen Beschlusses [seil. 26. 2. 1795], zu dessen Bewerkstelligung sich die Mitglieder der Commission in Ritzebüttel anfänglich bereitwilligst erklärten, haben sich mannigfaltige Hindernisse dem Versuch zur Ausführung des einen oder andern, der in dem Commissions-Bericht enthaltenen Vorschläge, entgegen gestellt; auch wird, so lange die Fahrt der englischen Packetböte auf Cuxhaven und das dadurch veranlaßte Zuströmen von Reisenden dahin statt hat, daselbst kein Logis für Badegäste übrig sein. – Es ist demnach erst von der Zeit, wo eine Veränderung der politischen Lage der Dinge, solche und ähnliche gemeinnützige, sowohl öffentliche als privat Unternehmungen in friedlichen Ländern, mehr begünstigen wird, auch die weitre Ausführung dieser Vorschläge zu hoffen.

Promies merkt an: „Merkwürdig ist nur, daß in dem neutralen Hamburg nicht möglich und rätlich erschien, was 1797 in Dangast und 1799 auf der Insel Norderney verwirklicht wurde, um nur an der Nordsee zu bleiben. Merkwürdig aber auch, daß die Frage der Kosten und des Profits überhaupt nicht Erörterung gefunden haben soll. Die gleiche Gesellschaft hatte, als es 1792 um die Errichtung einer öffentlichen Badeanstalt in Hamburg selbst und den Bau eines Badeschiffes ging, Interessenten in den Addreß-Comtoir-Nachrichten aufgerufen, Aktien im Wert von 20 Mark zu kaufen, um die Finanzierung der Anstalt – veranschlagte Kosten des Badeschiffs 2212 Mark – zu sichern.

Fürchteten Gesellschaft und Aktionäre das konkurrierende Unternehmen oder gar Kosten und Investitionen in Cuxhaven, die in keinem Verhältnis zu dem etwaigen Profit standen? Angesichts der mangelhaften Verkehrswege an die Küste war es ja durchaus berechtigt, diesen Gesichtspunkt zu berücksichtigen: wie stark wurden die Seebäder in der Frühzeit des „Tourismus“ denn eigentlich frequentiert? Das Seebad Cuxhaven etwa haben im zweiten Badesommer nach Eröffnung 600 Fremde besucht, die Zahl der wirklichen Badegäste betrug 295; das Ostseebad Doberan erreichte diese Zahl erst im achten Jahre nach seiner Entstehung; der zeitgenössische Berichterstatter fand diese Zahlen schon so groß, daß sie ihm „für die Zukunft Hoffnung zu einem glänzenden Bade machten.“

Lichtenberg hatte ebenso getrost die weitere Wirkung seines Schreibens abwarten können. Hufeland, ebenfalls ein Schüler Lichtenbergs, äußerte öffentlich den Wunsch, daß Lichtenbergs Artikel „seinen Zweck erreichen, und diese wichtige Angelegenheit der Nation in Bewegung bringen möge.“

(Quelle: Einige Schönheitsmittel nicht aus Paris, Journal des Luxus und der Moden 3 (1788) 142ff. ; wieder abgedruckt in: Gemeinnützige Aufsätze etc., Band I, S.96ff.)

(Quelle des gesamten Absatzes:: Wolfgang Promies: Der Deutschen Bade-Meister – Georg Christoph Lichtenberg und die Wirkungen aufgeklärten Schreibens, Lichtenberg-Jahrbuch 1987 der Lichtenberg Gesellschaft e.V.)

 

Wie Cuxhaven dann doch noch Seebad wurde

1797 wurde in Dangast nahe Varel am Jadebusen durch Graf Bentinck-Varel das älteste Bad an der Nordseeküste, 1799 mit dem Seebad Norderney das erste deutsche Inselseebad begründet.

Cuxhaven dagegen ist erst siebzehn Jahre nach Lichtenbergs Tod und gar vierundzwanzig nach Erscheinen des bewegenden Appells Seebad geworden. Im Sommer des Jahres 1816 wurde sozusagen rechtzeitig zur Eröffnung der Restaurationsepoche das Seebad in Cuxhaven eingeweiht. In der Konzeption folgte man genau den Vorschlägen und Vorstellungen Lichtenbergs – mit einer bezeichnenden Ausnahme. Während er gefordert hatte, „keine Komödienhäuser, keine Tanzsäle, (das würde sich am Ende alles von selbst finden) und keine Pharaobänke“, (Lichtenberg, Schriften und Briefe 3, S. 101; vgl. auch Schriften und Briefe 4, S. 737.) das heißt Spielcasinos einzurichten, rühmt eine Werbeschrift des Jahres 1817 als Attraktion des Seebads Cuxhaven: „Was aber Manchen vorzüglich hieher ziehen mag, sind die Häuflein des schimmernden Goldes und des blinkenden Silbers größere Berge, welche auf grüner schön gestickter Tafel zum hohen Spiele locken.“

(Quelle: August Rüge, Über Seebäder im Allgemeinen und besonders über das Seebad zu Cuxhaven, in: Abendroth, a.a.O., S. 175.)

Gleichwohl fühlten sich die Cuxhavener Lichtenberg dankbar verpflichtet. In seiner für die Entwicklung des deutschen Seebäderwesens wichtigen Schrift Ritzebüttel und das Seebad zu Cuxhaven hat Amandus Augustus Abendroth 1818 den Aufsatz des, wie er schrieb, „genialischen Lichtenberg“ in vollem Wortlaut wiederabgedruckt. (Lichtenberg, Schriften und Briefe 3, S. 125.)

1794 hat Lichtenberg im Göttinger Taschen-Kalender die Hoffnung ausgesprochen, daß seine „Vorschläge nicht ganz fruchtlos gewesen“ sein mögen. Seine Hoffnung hat sich, wie wir sahen, erfüllt; in Erfüllung ging aber auch sein ,frommer‘ Wunsch, daß die Bäder selbst ebensowenig fruchtlos sein mögen, „woran wohl nicht zu zweifeln ist. Würden auch in einem Jahr nur zehn Krankheiten damit abgewaschen, so wäre der Nutzen schon sehr groß, zumal in dieser traurigen Zeit, wo die Arzneien täglich teurer und die Krankheiten immer wohlfeiler werden.“

(S. dazu Promies, Über Schnürbrüste, Forster und Lichtenberg. Ein Paradigma für Aufklärung. In: Aufklärung über Lichtenberg. Kleine Vandenhoeck-Reihe 1393, Göttingen 1974, S. 18.)

Die Sätze, noch dazu mit dem bekannten Witzwort garniert, sind einem Kalender-Artikel entnommen, in dem Lichtenberg erneut das Thema: Baden abhandelte, jedoch in einem neuen Element.

Denn während andernorts patriotische Hofräte unter den Augen des „Durchläuchtigen Stifters“ Fischernester zu Seebade-Anstalten herrichten, dachte und machte Lichtenberg bereits einen noch sensationelleren Artikel, überschrieben Das Luftbad, in welchem er – eine Revolution von 1793 – das Nacktbaden in Gottes freier Luft und Bergwelt empfahl.

(Quelle für den gesamten Absatz: Wolfgang Promies: Der Deutschen Bade-Meister – Georg Christoph Lichtenberg und die Wirkungen aufgeklärten Schreibens, Lichtenberg-Jahrbuch 1987 der Lichtenberg Gesellschaft e.V.)

 

Aber warum hatte Deutschland nun bis 1793 noch kein Seebad?

Bild: Wikimedia

Obwohl alles mit dieser einen Frage anfing, hat niemand sie je zu beantworten nötig gehalten. Die Frage erfüllte ja ihren Zweck und Deutschland bekam sein erstes großes öffentliches Seebad. Bald darauf folgten sogar weitere zund die bloße Frage hatte eine ganze Revolution in Gang gesetzt. Lichtenberg war ein Mann seiner Zeit mit einem Geist seiner Zeit – er war ein Aufklärer.

Aber er wollte nicht abhandeln, warum Deutschland noch kein Seebad hat, sondern zur Gründung desselben beitragen. Gewiss hätte sein Name das erste deutsche Seebad noch mehr geschmückt, wenn es Cuxhaven geworden wäre. Aber die Gründer aller Seebäder und die Chronisten in ihnen wissen und betonen, dass Lichtenberg der geistige Vater aller Seebäder und des Seetourismus allgemein ist.

Noch keiner von ihnen hat die Frage interessant genug gefunden, um sie so ausführlich zu behandeln, wie Wolfgang Promies in seinem Absatz „Zur Bade-Lage der deutschen Nation“:

„Lichtenberg verweist bei der Frage auf den Beitrag des Neuen Hannöverschen Magazins. Aber er beantwortete diese Frage nicht.“

Das tut Wolfgang Promies 2006 im Aufsatz „Der Deutschen Bade-Meister: Georg Christoph Lichtenberg und die Wirkungen aufgeklärten Schreibens“, erschienen 2006 in den Lichtenberg-Jahrbüchern der Lichtenberg Gesellschaft e.V..

Promies erklärt das zum einen mit dem Abstand zwischen der Stadt bzw. Zivilisation und dem Land bzw. der Natur. Man genoss diese Distanz mit Sentimentalität, ohne sie jedoch zu überwinden. Es gab im achtzehnten Jahrhundert fast niemanden, der eine Reise unternommen hätte, um die Natur zu betrachten, wie man etwa das wiederentdeckte Pompeji betrachtete.

„Landschaften empfand man – noch – nicht als autonome, einem Kunstwerk vergleichbare Ansichtssache, gleichgültig, ob es sich um Meer oder Wald und Heide handelte. Lediglich die Schweizer Bergwelt war durch Haller und Rousseau den Zeitgenossen zum Begriff geworden“ so Promies.

Der Heiligendamm-Experte Professor Joachim Skerl führt in seinen Vorträgen und Publikationen auch die Darstellungen von Caspar David Friedrich an – hier insbesondere die „Abtei im Wald“ und der „Mönch am Meer“. Zu beiden Motiven wurde der Künstler im heutigen Vorpommern inspiriert und sie sind Sehnsuchtsbilder im doppelten Sinne.

Promies führt weiter aus, „dass die Medizin Jahrhunderte lang eine Buchwissenschaft war, die daran krankte, dass sie über den Menschen spekulierte, ohne eine genaue Anschauung seiner Natur zu besitzen. Erst in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts begannen Ärzte damit, sie sich zu verschaffen, und entdeckten längst vergessene Zusammenhänge neu.“

Außerdem nennt Promies die durch Religion und Moral anerzogene Distanz zum eigenen Körper als Grund. Er schreibt:

„Seit der Reformation, zumindest seit der Gegenreformation war der Körper tabuisiert und nur als krank oder verderbt vorhanden. Das gemeinsame Baden von Frauen und Männern wurde „von den Kirchenvätern für sündhaft erklärt und schließlich durch Synoden, Bußbücher und Beichtspiegel untersagt, zunächst für Kleriker und gottgeweihte Jungfrauen, dann für alle Christen. Selbst das Sitzen im heimischen Bottich verwünschten die Geistlichen. Jede Unbefangenheit zwischen den Geschlechtern und im Umgang mit dem eigenen Körper wurde bekämpft. Zwar widersetzte man sich, doch blieb die Kirche unerbittlich, „weilen das Baden der jungen Menscher und Buben“, wie der Abt Gregorius von Melk 1697 seufzte, „sommerszeit sehr ärgerlich und viel schlimbes nach sich ziehet“.

Man verwarf das Schwimmen von Schulkindern als schädlich, ahndete es mit Rutenhieben und sperrte Erwachsene wochenlang ein bei Wasser und Brot, ob schon sie, so 1541 in Frankfurt, nichts anderes getan als im Main gebadet, „wie Gott sie geschaffen, ganz nackend und blos ohne Scham“.

(Zit. nach Karlheinz Deschner. Das Kreuz mit der Kirche. Eine Sexualgeschichte des Christentums. Heyne-Buch Nr. 7032, München 1977, S. 359)

Sinnlichkeit wurde eine Verirrung, der nackte Körper insbesondere der Frau zum frivolen Schaustück entäußert, für obszön erklärt. Da man den Stand der paradiesischen Unschuld ein für alle Mal für verloren gab, redete man bereits den Kindern ein, daß das Schamgefühl ein dem Menschen — dem Europäer – urtümlich eingeborenes Gefühl sei, obwohl es erst Erziehung zur zweiten Natur gemacht hatte.“

und weiter…

„Die Kinderliteratur des achtzehnten Jahrhunderts kommt darauf immer wieder zu sprechen. Christian Felix Weiße zum Beispiel handelt in seiner weitverbreiteten Jugendzeitschrift Der Kinderfreund 1778 „Über die Schaamhaftigkeit bey Gelegenheit des öffentlichen Badens“ folgendermaßen:

„Der Vater macht mit seinen Kindern einen Spaziergang in der Natur. Als sie ein „lautes muthwilliges Geschrey“ hören, geht der Knabe Karl neugierig in die Richtung, kommt jedoch mit rotem Kopf zu seinem Vater zurück und flüstert ihm ins Ohr: es badeten dort ein ganzer Schwärm Menschen. Ich freute mich seiner Schamhaftigkeit, lobte seine Behutsamkeit, und nahm einen anderen Weg. Wir sahen inzwischen gemeine Leute und Wärterinnen mit Kindern gerade deswegen dahin eilens um Zuschauer abzugeben.

Das sind doch häßliche Leute, sagte der Magister, die sich nicht schämen, an einem Orte, wo ein öffentlicher Spaziergang vorbey geht, sich vor der ganzen Welt zu entblößen, und Ärgerniß zu geben, noch abscheulicher aber ist es, daß man junge Kinder als Zuschauer hinführt. Ich bin überzeugt, daß dieß der erste Weg ist, der Unschuld, ihre liebenswürdige Beschützerinn, die Schaam zu entreißen, so wie diese, die sich nicht schämen, sich vor aller Welt in einer so unanständigen Gestalt zu zeigen, sie gewiß, wenn sie erwachsen sind, schon verloren haben. Weiße bringt diese Haltung auf den Nenner:

„Der Knabe, der sich vor aller Menschen Augen ins Wasser stürzt, das Mädchen, das den halben Tag uneingeschnürt und bloß einherläuft, beide werden es bald für gleichgültig halten, und mit ihren Kleidern auch ihre Schaam ablegen.“

(Promies zitiert hier Christian Felix Weiße, Der Kinder freund. Zwölfter Theil. CLX. Stück, Leipzig, 25. Julii 1778, S. 49 ff., insbes. S. 59)

„Damit stellen sie sich im übrigen auf die Stufe von unzivilisierten Völkerstämmen, wie Campe in seiner Robinson-Bearbeitung von 1779 deutlich macht. Die Wilden werden darin den Kindern als Wesen vergegenwärtigt, Die fast ganz nackt gehen, stelle dir einmal vor, Fritzchen! Robinson dagegen bietet seiner Insel-Einsamkeit ungeachtet alle Kräfte seines Verstandes auf, sich eine Bekleidung zu verschaffen, die weniger zum Schutz gegen die Witterung als zur Bedeckung der Scham dient. Und er ist auch darin nur das Produkt seiner Zeit, wenn ihn Campe erst nach hundert Seiten auf die Idee verfallen läßt: Indem nun Robinson so am Strande umherging, fiel ihm ein, daß es wol nicht übelgethan wäre, wenn er sich einmal badete. Robinsons Beispiel hat in diesem Fall nicht sogleich Schule gemacht, zumindest nicht an deutschen Stränden.“

(Promies zitiert hier Joachim Heinrich Campe, Robinson der Jüngere. Hamburg 1779. Neudruck der Ausgabe, München 1977, S. 31. 134. 151. 193. 100. 94-95. Elke Liebs, Die pädagogische Insel, Stuttgart 1977, S. 123, wies daraufhin, daß Wezel in seinem Robinson Krusoe 1779, S. 86, seinen Helden in Ermangelung geeigneter Nähwerkzeuge die meiste Zeit des Jahres demonstrativ ’nackt‘ gehen läßt! Interessant, daß Peter Rühmkorf in: Die Jahre die Ihr kennt, Reinbek 1972, S. 8, bei Erwähnung der Lektüre seiner Jugend auf Campes Robinson und diese Stelle zu sprechen kommt: „Lese ‚Robinson der Jüngere — Ein Lesebuch für Kinder‘ von Joachim Heinrich Campe. Dummerhaftiges Dazwischengequatsche von Gottlieb, Nicolas, Johannes und Lotte (‚Pfui! so hätte er ja nackt gehen müssen)‘, das den Lauf der frischen interessanten Handlung stört.“

Wezel war nicht der einzige aufgeklärte Schriftsteller, der das Tabu der Sexualität für Kinder durchbrach. Franz Heinrich Ziegenhagen ließ in seinem Hamburg 1792 erschienenen Hauptwerk Lehre vom richtigen Verhältnisse zu den Schöpfungswerken, und die durch öffentliche Einführung derselben allein zu bewürkende algemeine Menschenbeglükkung, in welchem er die Idee einer landwirtschaftlichen Kinderkolonie entwickelte, die Kinder regelmäßig nackt baden, damit sie ein natürliches Verhältnis zu ihrem eigenen Körper und zur Geschlechtlichkeit erhalten; das Wort „Schamteile“ ist in dem Wortschatz seiner Kolonie unbekannt!

Der Aufsatz Über die Art und Weise, Kinder über den Unterschied der Geschlechter zu belehren, von M. A. von Winterfeld, in: Braunschweigisches Journal, 1788, S. 103-109, beginnt mit dem Satz: „Der natürlichste und kürzeste Weg ist der, die Kinder einand nackend sehen zu lassen; und das ist mein Vorschlag.“ Beide Zitate nach Gerhard Steiner, Franz Heinrich Ziegenhagen und seine Verhältnislehre. Berlin 1962, S. 45. Zu dem Thema insgesamt s. Jos van Ussel, Sexualunterdrückung. Geschichte der Sexualfeindschaft. In: Texte zu Sozialgeschichte und Alltagsleben. Focus-Verlag Gießen 1977 2)

Promies führt weiter aus:

„Mustert man die einschlägige Literatur, geschrieben im letzten Viertel des achtzehnten Jahrhunderts, stellt man fest, daß Deutschlands Ärzte und Medizinalschriftsteller gerade erst damit begonnen haben, unter Berufung auf Rousseau Flußbäder und Badeanstalten — so der Titel eines zeitgenössischen Artikels — zu propagieren. Die unvergleichliche Heilkraft des Meerbades war keinem geläufig.“

(Quelle: S. dazu Christian Gottfried Gruner, Flußbäder und Badeanstalten. In: Almanach für Arzte und Nichtärzte auf das Jahr 1792, Jena 1792, S. 160-172; Samuel Gottlieb Vogel, Über den Nutzen und Gebrauch der Seebäder. Nebst der Ankündigung einer öffentlichen Seebadeanstalt, welche an der Ostsee in Mecklenburg angelegt wird. Stendal 1794, S. 15 (§ 6):

„In der That muß man sich wundern, daß in Deutschland, wo es doch so viele der schönsten Gelegenheiten zu Seebändern giebt, und wo es doch auch sonst nicht leicht Etwas, was für Menschenwohl wahre Vortheile verspricht, unbekannt und ungenutzt bleibt, bis vor einiger Zeit, noch so wenig Aufmerksamkeit auf dieses große und wichtige Heilmittel gerichtet worden ist.“

Das verwunderte übrigens auch Woltman, der, gerade weil er die Bedeutung der Seebade-Anstalt für schwache und kränkliche Personen behauptete, konstatieren mußte:

„Und hier scheinen die Seebadcuren, ich weiß nicht, warum, bei deutschen und holländischen Ärzten weniger üblich und akkreditiert zu seyn, als bei den Engländern.“ Die Ursache dafür mutmaßte er: „Vielleicht wagt der englische Arzt in zweifelhaften Fällen, wo Bedenklichkeiten den deutschen und niederländischen behutsam machen […]“

Zit. nach R. Woltman, Über die Errichtung einer Seebadsanstalt im Amte Ritzebüttel, in: Hamburgische Addreß-Comtoir-Nachrichten. 30 Stück. Donnerstag, den 18 April, 1793, S. 236.

Noch 1786 steht in Bertuchs Journal des Luxus und der Moden folgende kosmetische Beratung:

„Es wird wohlgetan sein, sich das Gesicht nicht mehr als einmal alle 8 oder 12 Tage zu waschen […]“

Zit. nach Erika Thiel, Geschichte des Kostüms, Berlin 1960, S. 312. Vgl. ferner Valerius Wilhelm Neubeck, Die Gesundbrunnen, ein Lehrgedicht in vier hexametrischen Gesängen, erstveröffentlicht 1795; 1798 und 1809 erschienen Neuauflagen des von einem Arzt verfaßten Gedichts. Über das Thema insgesamt s. auch Werner Ross, Vom Schwimmen in Seen und Flüssen. Lebensgefühl und Literatur zwischen Rousseau und Brecht. In: arcadia, 3/1968, S. 262-291.)

 

Wolfgang Promies endet seinen Aufsatz zur Bade-Lage wieder bei Lichtenberg:

„Georg Christoph Lichtenberg überwand die räumliche und geistige Distanz der deutschen Zeitgenossen zum Meer und Seebad mit ein paar Federstrichen. Er war überdies der einzige deutsche Aufklärer, der die physischen und moralischen Vorzüge des Seebads ausmalte, ohne in einer altdeutschen Ideologie zu baden, die beinahe jeder Autor seinerzeit verbreitete, als wäre ein Bad in kaltem Wasser eine Wiederherstellung germanischer Gesundlebe.“

Promies zeigt als Gegenbeispiel zu Lichtenbergs aufklärerischem Schreiben den Aufruf von Wilhelm Hufeland von 1790:

„Die alten Teutschen, die Helden mit den blauen Augen und goldgelben Haaren, die durch ihre ungewöhnliche Größe, ihre körperliche Stärke und ihren Heldenmuth, die Bewunderung selbst der Römer auf sich zogen, liebten und schätzten das Baden über alles. Ihr erster Gang des Morgens war nach dem Flusse, wo sie, Männer und Weiber, sich erfrischten und zu den Geschäften des Tages stärkten. Ihre für die Volksgesundheit und politische Führungsrolle bedeutende „Neigung zum Baden“ verlor sich dem hier zitierten Verfasser zufolge in dem Maße, wie „durch den Umgang mit anderen Nationen die altteutschen Sitten nach und nach verdrängt wurden“. Ein Zurück zur Bade-Kultur ist folglich eine Aktion, kraft deren „die Kraft und Festigkeit unsrer teutschen Vorfahren zurückkehren“ werden.“

(Quelle: C. W. Hufeland, Nöthige Erinnerung an die Bäder und ihre Wiedereinführung, in Teutschland; nebst einer Beschreibung der Rußischen Dampfbäder. In: Journal des Luxus und der Moden. Julius 1790, S. 380. 381. 399.)

 

Promies schreibt dazu: „Es gab die allgemeine Meinung wieder und stammt in diesem Fall aus der Feder eines der berühmtesten deutschen Ärzte der Zeit. Aufschlußreich und bedenklich zu sehen, daß schon 1790 das Baden und Schwimmen wie ein paar Jahrzehnte später die Turnkunst zur Wiederertüchtigung des deutschen Volkes anempfohlen und das natürliche Leben, weil es sich nicht von selbst verstand, zur Weltanschauung wurde. Lichtenberg dagegen war sich der heilsamen Wirkung des Badens völlig bewußt — sie bedurfte keiner germanomanischen Beschwörung. Seine Welt-Anschauung war ganz wörtlich zu verstehen: leibhaftige Erfahrung Englands, seiner Seebäder und des Meeres an deutschen, holländischen und britischen Küsten.“

(Quelle für den gesamten Absatz: Wolfgang Promies: Der Deutschen Bade-Meister – Georg Christoph Lichtenberg und die Wirkungen aufgeklärten Schreibens, Lichtenberg-Jahrbuch 1987 der Lichtenberg Gesellschaft e.V.)

 

 

Chronologie

1747 Der Arzt Richard Russell geht nach Brighton, um seine Theorien über die Heilwirkung des Meerwassers in der Praxis auszuprobieren

1750 Russell veröffentlicht einen Aufsatz über die Heilwirkung des Meerwassers bei Drüsenerkrankungen

1752 Russells Dissertation erscheint in englischer Sprache

1755 Russell gründet die Badeanstalt Old Steine in Brighton

1759 Nach Russells Tod floriert Brighton zum Seebad – andere Orte folgen

1783 Pastor Gerhard Otto Janus schlägt die Anlegung eines Seebades auf der Nordseeinsel Juist vor

1790 Wilhelm Hufeland propagiert im Journal des Luxus und der Moden die Wiedereinführung der Badekultur

1791 Beitrag über kalte Bäder im Hannöverschen Magazin

1792 Der Rostocker Arzt Weber behandelt in einer Heleologie die Heilwirkung des Meerwassers

Veröffentlichung des Essays von Georg Christoph Lichtenberg im Göttinger Taschenkalender

Veröffentlichung einer Fürsprache zum Essay in den Hamburger Adreß-Comtoir-Nachrichten

Veröffentlichung des Vorschlags der Anlegung des Seebades in Ritzebüttel durch Reinhard Woltman im selben Blatt

Bildung einer Kommission zur Seebad-Gründung in Hamburg für das Seebad in Ritzebüttel

  1. Juni 1793 Aufruf von Hofrath Johann Daniel Metzger zur Anlegung eines Seebades in Preußen
  2. August 1793 Vorschlag Prof. Dr. Samuel Gottlieb Vogels an Herzog Friedrich Franz I. von Mecklenburg zur Anlegung eines Seebades
  3. September 1793 Genehmigung des Seebades durch Herzog Friedrich Franz I. von Mecklenburg
  4. September 1793 Erstes Bad am Heiligen Damm und Gründung des Seebades

1797 Gründung des 2. deutschen Seebades auf der Nordseeinsel Norderney durch Dr. von Halem
1799 Gründung des ersten Bades an der deutschen Nordseeküste in Dangast
1802 Gründung des Seebades Lübeck-Travemünde an der Ostsee
1803 Gründung des Seebades Boltenhagen an der Ostsee durch Graf von Bothmer
1804 Gründung des Seebades auf der Nordseeinsel Wangerooge
1805 Gründung des Seebades Rostock-Warnemünde an der Ostsee
1809 Gründung des Seebades auf der Nordsseeinsel Spiekeroog
1812 Gründung des Seebades Haffkrug
1813 Gründung des Seebades Grömitz an der Ostsee und Apenrade (Dänemark)
1815 Gründung des Seebades Rügenwalde an der Ostsee (heute Darłowo in Polen)
1816 Gründung des Seebades Cuxhaven durch dem Hamurger Amtmann Abendroth
1818 Gründung des Seebades Putbus-Lauterbach auf der Ostseeinsel Rügen
1819 Gründung des Seebades in Wyk auf der Nordseeinsel Föhr durch Landvogt von Colditz (als AG)
1822 Gründung des Seebades in Kiel am Düstenbrooker Ufer und Zoppot an der Ostsee (heute Polen)
1824 Gründung des Seebades Swinemünde an der Ostsee (heute Polen)
1825 Gründung des Seebades Heringsdorf auf der Ostseeinsel Usedom
1826 Gründung des Seebades auf der Nordseeinsel Helgoland durch Jakob Andresen Siemens
1830 Gründung des Seebades auf der Nordseeinsel Borkum und in Borby an der Ostsee
1837 Gründung des Seebades Scharbeutz an der Ostsee und des Seebades Büsum an der Nordsee (dieses nach zwei erfolglosen Versuchen)
1840 Gründung des Seebades auf der Nordseeinsel Langeoog und Anerkennung von Juist als Seebad
1857 Gründung des Seebades Wenningstedt auf der Nordseeinsel Sylt
1859 Gründung des faktisch schon seit 1855 existierenden Seebades Westerland
auf der Nordseeinsel Sylt durch Landvogt von Levetzau
1864 Gründung des Seebades Zinnowitz auf Initiative von Bürgern
1872 Gründung des Seebades Glücksburg durch eine Aktiengesellschaft
1877 Gründung des Seebades Bad St. Peter-Ording, wo es schon seit 1837 Badeeinrichtungen gab
1879 Gründung des Seebades Heringsdorf auf der Ostseeinsel Usedom,
wo schon seit 1825 Badebetrieb herrschte
1880 Gründung des Seebades Ahrenshoop aus der Ostseehalbinselkette Darss und Timmendorfer Strand an der Ostsee
1881 Gründung des Seebades Dahme an der Ostsee
1883 Gründung des Seebades Breege auf der Ostseeinsel Rügen
1884 Anerkennung des Seebades Binz auf der Ostseeinsel Rügen
1890 Gründung des Seebades Wittdün auf der Nordseeinsel Amrum
und Gründung des letzten der Dreikaiserbäder – Bansin auf der Ostseeinsel Usedom
1894 Gründung des Seebades Kampen auf der Nordseeinsel Sylt
1966 Anerkennung des Seebades Großenbrode an der Ostsee
1970er Entwicklung von Sierksdorf zum Seebad

Bei vielen Seebädern erfolgte die offizielle Gründung erst lange nach dem Beginn des Badetourismus. Dadurch sind bei manchen die Gründungsjahre und bei anderen die Jahre, in denen der Badebetrieb begonnen hat genannt.

 

Dank der Lichtenberg-Gesellschaft und ihrem leider verstorbenen Mitbegründer Wolfgang Promies konnten viele Lücken geschlossen werden. Dank Wikipedia und Wikimedia gibt es einiges an anschaulichen Materialien und Dank der Notizen von Zeitzeugen authentische Berichte. Darüber hinaus sind insbesondere die Bücher und Vorträge von Prof. Joachim Skerl ein Fundus für neues Wissen und neue Erkenntnisse. Diese Abhandlung ist jedoch keine wissenschaftliche Arbeit. Sie soll möglichst viele Details und Zusammenhänge sichtbar machen und anhand der Quellangaben eine Grundlage für wissenschaftliche Arbeit durch andere bieten. Alle Angaben sind nach bestem Wissen gemacht. Korrekturen und Ergänzungen werden gern entgegen genommen und verarbeitet.

 

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