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Nichts los in Heiligendamm? Kein Ortskern, keine Angebote? Warum das erste deutsche Seebad so ist, wie es ist.

Weiße Häuser vorn, Verfall hinten, kein Ortskern, keine Freizeiteinrichtungen und die wenige Gastronomie macht spät auf und früh zu. Warum ist Heiligendamm so und gibt es Ideen, das zu ändern? Dieser Beitrag nimmt Sie mit in die Geschichte der Mutter aller Seebäder und zeigt, warum Heiligendamm sich genau so entwickelt hat und entwickeln musste. Außerdem gibt es einen Blick auf die aktuellen Ideen, Vorhaben und Pläne für das älteste deutsche Seebad.

Lesen lohnt sich, aber wenn es Ihnen zu viel Text ist, finden Sie am Ende der Seite die Quintessenz.

Der Molli kommt an – erst aus Kühlungsborn, dann aus Bad Doberan. Menschenmassen ergießen sich über den Bahnsteig und strömen durch den Kurwald zur Promenade. Parallel reihen sich Fahrräder und daneben Autos aneinander auf dem Weg ans Meer. Autofahrer suchen nach einer Parklücke, Fahrradfahrer nach einer Alternative zu den überfüllten Fahrradständern.

Schlangen bilden sich vor den drei Imbissen am StrandPunkt und auch auf der öffentlichen Toilette heißt es warten. Im Schwanencafé und in Cocos Eismilchbar gibt es nur noch draußen freie Plätze. Auf der Promenadenmauer sitzen Leute nebeneinander und schlecken Eis. Der Strand und die Promenade sind bunt gefüllt mit Menschen. Auch in das Café Median und das DECK Heiligendamm verirren sich Tagesgäste, wenn sie dran vorbei kommen und das tun genug, sodass es auch dort nicht leer ist.

So sieht es in Heiligendamm aus – im Juli, in den Sommerferien bei Sonnenschein. Scheinbar hat das Seebad mehr Gäste, als Angebote und scheinbar ist hier noch viel Luft nach oben.

 

Der Schein trügt

Doch diese Beobachtungen sind subjektiv. Es gibt Stoßzeiten und wer wie alle anderen gerade zu denen kommt, erlebt ein überlaufenes Heiligendamm. Zufällig gerade zu dieser Zeit nach Heiligendamm zu kommen, ist nicht schwer: Das richtet sich nach dem Fahrplan des Molli und der Busse und nach den Frühstückszeiten in der Unterkunft.

Gegen 10 Uhr geht es los in Heiligendamm – als erstes kommen die Urlauber im Ortsteil aus ihren Unterkünften, eine halbe Stunde später treffen die ersten Urlauber aus der Umgebung ein. Was es in Heiligendamm zu erleben gibt, ist in 1-2 Stunden erlebt und so werden die Parkplätze der Abreisenden frei und gleich wieder belegt mit denen, die erst nach dem Mittag losgezogen sind. Zwischendurch schlagen immer wieder Wanderer und Radfahrer in der Weißen Stadt am Meer auf. Es ist also gefühlt bis 15 Uhr viel los, aber eigentlich fließt der Besucherstrom gleichmäßig hin und wieder weg. Nach 15 Uhr wird es spürbar leerer.  

Jetzt kommen ein paar Einheimische, um nach Feierabend zu baden oder ein paar Stunden am Strand zu verbringen. Wenn es ein Picknick werden soll, bringen sie sich alles mit. Wer von den Einheimischen nicht arbeitet, kommt morgens vor 10 Uhr, denn da hat man in Heiligendamm den Strand für sich allein und muss keinen Parkplatz suchen. Heiligendamm ist die Badewanne der Doberaner und die haben kaum Ansprüche an Gastronomie und Freizeitangebote. Sie wollen einfach nur kurze Wege, ausreichend Parkplätze und einen sauberen Strand. Wenn sie Gäste zum Essen einladen, gehen sie nicht an die Imbissbude.

Die gastronomischen Einrichtungen öffnen genau aus diesen Gründen erst zwischen 10 und 12 Uhr und spätestens um 17 Uhr ist alles dicht.

 

Das andere Heiligendamm

(Quelle: Medinis)

Nachdem zwischen 17 und 18 Uhr Eiscafé, Imbiss, Bistro, Café und Fischimbiss geschlossen haben, erwacht das andere Heiligendamm zum Leben. Das italienische Restaurant Medinis an der Promenade öffnet seine Pforten und lädt zum Verweilen ein. Wenn man im Grand Hotel zu Gast ist oder eine Wohnung in den Villen der Perlenkette sein Eigen nennt, gehört ein Besuch beim Italiener dazu.

Hier wird nicht gegessen, hier wird gespeist. Hier zeigt und zelebriert man, was man isst und was man ist. Reservieren sollte man, überfüllt ist es aber nicht, denn eine Pizza ab 18 Euro ist nicht jedermanns Sache. Das Medinis ist eben auch nicht für Jedermann.

Kurhaus-Restaurant (Quelle: Grand Hotel Heiligendamm)

Genauso wie die Nelson Bar, die Baltic Sushi Bar und das Kurhaus-Restaurant – allesamt untergebracht im Grand Hotel Heiligendamm. Hier kann jeder essen oder was trinken gehen, aber praktisch findet man nur Hotelgäste und deren Besucher vor. Und die möchten auch unter sich sein – zumindest mit Ihresgleichen.

Kempinski hatte seinerzeit versucht, über TUI und Neckermann mehr Gäste ins 5-Sterne-Hotel zu locken, aber das funktionierte nicht: Wenn diese Gäste sich überhaupt mehr als die Reise leisten konnten, knauserten sie in den Restaurants. Ein Hotel ist aber nun einmal eine Mischkalkulation.

Wer schon einmal in einer Runde war, zu der er eigentlich nicht gehört, weiß auch, dass es eigentlich nur zwei Möglichkeiten gibt: Man gibt sich als etwas, das man nicht ist und fühlt sich dabei unwohl oder man verstellt sich nicht und fällt auf.

Gourmet-Restaurant Friedrich Franz (Quelle: Grand Hotel Heiligendamm)

Noch eine ganz andere Liga ist das Gourmet-Restaurant „Friedrich Franz“ im Kurhaus des Grand Hotels. Hier verzaubert Ronny Siewert die Gäste und der ist der beste Koch des Landes und hat einen Michelin-Stern. Solche Restaurants öffnen erst am Abend und hier geht es ganz kultiviert zu – selbst Kinder sind hier nicht Bestandteil der Zelebration.

Das alles spricht eine Klientel an, die sich Luxus leistet und leisten kann. Anno dazumal lief es ganz genauso ab: Morgens füllte sich der Badeort, Mittags leerte er sich wieder, um sich nachmittags noch einmal zu füllen. Am Abend verlief sich alles wieder zurück in die Unterkünfte – zuerst nach Doberan und nach dem Bau von Logierhäusern am Heiligendamm auch in diese.

Damals führte man eine „Liste der Celebritäten“, in die nur eingeschrieben wurde, wer Rang und Namen hatte und mit dem man das Seebad schmücken konnte. Heute schweigt das Grand Hotel vornehm zu Celebritys, wie Prominente im Englischen heißen und erfährt man vom Promi-Besuch in Heiligendamm nur bei Instagram, TikTok & Co. – von den Prominenten selbst – zumindest denen, die doch nicht nur sehen, sondern auch gesehen werden wollen.

Denn auch umgekehrt schmückt heute ein Besuch im Grand Hotel den Besucher selbst. Das muss man sich ja erst einmal leisten können. So war es auch früher. Man musste als Mensch mit Rang und Namen einmal im Leben in Heiligendamm gewesen sein. Für den Durchschnittsurlauber von heute ist das kaum nachvollziehbar. Keiner von ihnen ahnt, welch Paradies hinter den weißen Fassaden liegt.

 

Was bleibt für den Durchschnittsgast?

Doch was bleibt dem Gast in einer der etwa 200 Ferienwohnungen und Ferienzimmer, die in Heiligendamm zum größten Teil erst in den letzten 10 Jahren entstanden sind? Es gibt in etwa genauso viele touristische Gästebetten für den Durchschnittsverdiener, wie das Grand Hotel Betten hat. Diese Betten wurden von verschiedenen privaten Investoren geschaffen. Es gab und gibt kein Gesamtkonzept für den Ortsteil Heiligendamm und schon gar nicht ein übergreifendes für Bad Doberan-Heiligendamm. Darum macht jeder seins und keiner was für alle. 

Was bleibt also für alle? Die Imbisse sind abends geschlossen und am Strand gibt es bis auf das Medinis und die Strandbar des Grand Hotels nichts an Gastronomie. Es bleibt der Herzogliche Wartesaal im Bahnhof, der immerhin bis 22 Uhr geöffnet hat. Dort gibt es seit 2022 einen neuen Betreiber, der weggegangen ist vom breiten Angebot des Vorgängers. Hier kocht jemand, der Gäste verwöhnen und satt machen möchte. Hier geht es nicht darum, auf einer riesigen Speisekarte Pizza, Pasta, Döner, Hamburger, Gyros, Bauernfrühstück und Steak gleichzeitig anzubieten. Weniger ist mehr und wer alles bietet, ist am Ende auch nur eine bessere Imbissbude. Das ist der Herzogliche Wartesaal definitiv nicht.

Dasselbe gilt für KOSI und das Jagdhaus – beide nur einen Steinwurf voneinander entfernt im Wald gelegen. Im Jagdhaus kocht mit Alexander Ramm auch ein Sternekoch, wobei er nicht einfach nur in der Küche steht, sondern mit seiner Frau zusammen auch Arrangements anbietet und sogar selbst Kochkurse macht. Das Jagdhaus hat Dienstag und Mittwoch Ruhetag – seit einigen Jahren ein Trend im ländlichen Raum in MV, der verdeutlicht, wann Gäste da sind und wann nicht.

Das KOSI hat Sonntag und Montag geschlossen, ansonsten öffnet es auch erst um 17 Uhr. Hier ist es, wie beim Jagdhaus und dem Herzoglichen Wartesaal: Kleine Karte, hochwertige Speisen und keine Billigangebote. Gäste des Grand Hotels kehren auch in den drei Gaststätten gern ein, aber sie sind nicht explizit die Zielgruppe. Das sind übrigens auch die Gaststätten, in denen Einheimische ihre Gäste zum Essen ausführen.

 

Die einen öffnen, wenn die anderen schließen

Man kann also sagen, dass in Heiligendamm für den „normalen Gast“ abends fünf Angebote schließen und dafür drei öffnen. Nicht zu vergessen ist der DECK Beach Club am Kinderstrand. Der hat schon tagsüber als Imbiss und Waldbar geöffnet und wandelt sich abends zur Strandbar und regelmäßig zur Partylocation. Mit einem Koch aus Australien ist schon das Imbissangebot anders. Hier gibt es Klassiker, wie Hamburger, Currywurst und Pommes, aber anders, als man sie von der Frittenbude kennt. Dazu gibt es von Suppen über Salate und Garnelen auch Gerichte jenseits des klassischen Fast- oder Street Food.

Die Story hinter dem DECK ist ohnehin einzigartig: Eine Deutsche und ein Hawaiianer lernen sich in Vietnam kennen und beschließen, in Deutschland einen Beach Club zu eröffnen. Sie werden fündig in Heiligendamm und es konnte keinen besseren Ort für die beiden und wohl keine besseren Menschen für diesen Ort geben. Der DECK Beach Club ist aber letztlich eine Sache für sich. Schon durch die Alleinlage funktioniert hier alles unabhängig vom Ortskern, auch wenn es von denen profitiert, die länger bleiben und beim Spaziergang diese Oase finden. OASE – so nannte der Vorgänger die Location übrigens.

Außer den Genannten gibt es auch eine SPA Bar und einen Food Truck im und am SPA-Bereich des Grand Hotels, die aber praktisch nur von Nutzern des HeiligendammSPA genutzt werden können – also Hotelgästen und ein paar Tages- oder Clubkarteninhabern. Als externer Gast kommt man da ohne Eintritt fürs SPA mit Vernunft nicht hin.

 

Seebad ohne Freizeitangebote?

Wenn man nun aber von Angeboten redet, sind damit ja nicht nur gastronomische Einrichtungen gemeint. Ein Seebad hat doch auch Einkaufsmöglichkeiten und Freizeitangebote und normalerweise gibt es mehrere Hotels und Pensionen, vielleicht auch Museen, Ausstellungen und Stätten für Kunst und Kultur.

Normalerweise. Andere Seebäder sind anders entstanden – meist aus Fischerdörfern, deren Bewohner neue Einkommensquellen erschließen mussten und darum Kost und Logis für Fremde boten. Unterhaltung und Kultur kamen meist erst viel später hinzu und meistens durch Leute von außerhalb, fahrende Unterhalter oder durch das Engagement von Stammgästen. Diese Seebäder haben sich immer an alle gerichtet, auch wenn manche bei Künstlern, manche bei Adligen oder mache allgemein bei Wohlhabenden beliebt wurden und diese das Bild dominierten. Nicht alle konnten sich Urlaub leisten – darum gibt es quasi kein Seebad für die Armen. Zumindest nicht touristisch – reine klinikdominierte Kurorte an der See gibt es durchaus. So war Heiligendamm in der DDR ebenfalls.

 

Heiligendamm ist nicht wie die anderen

Aber Heiligendamm war das erste Seebad überhaupt in Europa. Außer in England hatte es bis dahin kein Seebad gegeben und in die englischen Seebäder kamen Adlige und wohlhabende Bürger.

Das Seebad am Heiligen Damm entstand, weil ein Mediziner seinen Regenten überzeugte, dass die in England längst praktizierten Bäder in der See eine heilende Wirkung haben und weil dieser erkannte, dass man damit auch Geld verdienen konnte.

Dabei hatte Herzog Friedrich Franz I. gar nicht Gäste von außerhalb vor Augen: Er wollte nur, dass die wenigen wohlhabenden Mecklenburger nicht ihr Geld nach Karlsbad, Baden Baden und Pyrmont trugen, sondern es „im Lande verzehrt“ wird. Schon mit der Finanzierung des ersten deutschen Seebades – nämlich aus seiner privaten Schatulle – war klar, dass dies „sein“ Bad werden würde. Es drehte sich dann auch alles rund um die herzogliche Familie. Mit ihrem Einzug im Seebad begann die Saison und strömten die wohlhabenden Mecklenburger nach Doberan. Mit dem Auszug der Regenten endete die Saison und Doberan und mehr noch Heiligendamm verwaisten. 

Dennoch wuchs das Bad mit jeder Saison zusehends. Alles, was entstand, verband das Angenehme mit dem Nützlichen: Im Speisehaus in Doberan gab es kleine Boutiquen und im Logierhaus und dem Posthaus Spielbanken. Dieses Angebot wurde stetig erweitert – zuerst in Doberan, wo ein Musiktempel, ein Lesetempel, ein Ausflugstempel, ein Schauspielhaus, das Stahlbad, Parks, Waldpromenaden und allerhand Vergnügungsangebote entstanden und Ausflüge in die reizvolle Umgebung organisiert wurden. Vieles ging vom Regenten selbst aus, vieles wurde aber auch von Kaufleuten und solventen Bürgern realisiert. In Doberan wohnten selbst der Leibkoch, der Hofapotheker und der Hofbaumeister in stattlichen Villen.

Das Zentrum Heiligendamms war Doberan und so ist es auch heute noch. Diesen Satz kann man nicht oft genug wiederholen. Das ist, was Bad Doberan-Heiligendamm von Warnemünde, Kühlungsborn, Boltenhagen und all den anderen Seebädern unterscheidet. Nur in Putbus-Lauterbach wiederholt sich dieses Prinzip von Residenzstadt und Badeort – Fürst Malte von Putbus hatte es sich früh in Doberan-Heiligendamm abgeguckt. Auch dort funktionierte es, weil sich alles um den Regenten drehte. Aber nur so lange, wie es sich um den Regenten drehte. 

Heiligendamm diente der illustren Gesellschaft zum Baden – morgens hin, mittags zurück, abends und in der Nebensaison war alles dicht. Man brauchte auch eher mehr Betten, um überhaupt Leute vor Ort logieren zu lassen, als noch mehr Vergnügen. Darum entstanden immer neue Logierhäuser und wurde das kleine barocke Badehaus massiv vergrößert und aufgestockt.  Nichtsdestotrotz gab es auch Vergnügungen im Kurhaus, das damals gar nicht so hieß, sondern eher „Salon“ genannt wurde. 

 

Hier empfängt dich Freude nach einem gesunden Bade

steht auf Latein über dem Eingang. Hier gab es am späten Nachmittag Tees und Assembleés und abends Tanz und Bälle – immer begleitet von Conversationen und Glücksspiel. Vor Ort wurden auch Wasserfahrten veranstaltet, es gab zeitweise Schiffsverbindungen nach Travemünde und Kopenhagen. Ansonsten gingen Ausflüge in die Umgebung immer von Doberan aus. Erst als das Baden in den Hintergrund rückte, wurde das eigentliche Badehaus zum Logierhaus und übertrug man seine Bezeichnung als Kurhaus auf den Salon. Kur war jetzt nicht mehr Gesundheitsvorsorge, sondern Vergnügen und die Freude empfing einem nicht mehr erst nach dem Bade, sondern auch ganz ohne Bad. Man kam nun auch wegen anderer Dinge nach Heiligendamm – Dinge, die sich vielen wohl erst am Ende dieses Beitrags erschließen.

Bad Doberan und Heiligendamm funktionierten immer als Ganzes und das änderte sich erst in den 1850er Jahren in der dritten Generation seit der Gründung. Großherzog Friedrich Franz II. schlug mit dem Bau der Logierhäuser der so genannten „Perlenkette“ ein neues Kapitel auf: Die Wohnungen in den Villen wurden als Ferienwohnungen an wechselnde Gäste vermietet und diese kehrten in die gastronomischen Einrichtungen des Ortes ein oder versorgten sich in so genannten „Kochhütten“ hinter den Villen selbst. Dennoch blieb das, was heute das Grand Hotel ist, der Dreh- und Angelpunkt auch für diese Klientel. Denn leisten konnten sich diese „Familienwohnungen“ nur wohlhabende Familien. Überhaupt konnte sich so ein Urlaub nur leisten, wer richtig Geld hatte. 

 

Heiligendamm funktionierte mal autark

Heiligendamm um 1900 (Quelle: Willy Ramm, Heiligendamm)

1873 verkaufte der Großherzog sein Bad an eine Aktiengesellschaft unter Baron Otto von Kahlden. Hintergrund waren einerseits die Schäden durch das Sturmhochwasser von 1872, die der Regent nicht beheben konnte, weil ihm mit dem Beitritt Mecklenburgs zum Deutschen Bund eine wichtige Einnahmequelle weggefallen war: Das Glücksspiel war in diesem Bündnis verboten. Aber auch die geopolitische Lage veränderte sich und eigentlich hätte der Großherzog investieren müssen, aber dazu fehlte ihm das Geld. Der Großherzog behielt die drei Cottages am westlichen Rand des Ensembles und kam seltener.

Damit fielen die Verflechtungen zum Schweriner Hof weg und mit ihnen auch viele Verflechtungen zu Doberan. Ein Oeconomiehof entstand als eigener Wirtschaftshof vor Ort, Eiskeller wurden zum Kühlen von Produkten und Rohstoffen errichtet und die Sommerhäuser bekamen Heizungen, sodass die Saison verlängert werden konnte.

Heiligendamm bekam eine eigene Hausfeuerwehr, ein eigenes Post- und Telegrafenamt und funktionierte quasi autark. So autark, dass der Großherzog Doberan 1879 das Stadtrecht verlieh und Heiligendamm dabei außen vor blieb. Allerdings ist nicht im Detail nachvollziehbar, wer bis hin zu den Gewerbetreibenden, Dienstleistern, Gastronomen und Privatvermietern wie genau wovon genau profitierte. Im Detail waren Doberan und Heiligendamm viel zu verstrickt, um auf allen Ebenen völlig unabhängig voneinander existieren zu können.  

Haus „Grand Hôtel“ – heute Namensgeber für den gesamten Hotelkomplex

Schon 1874 eröffneten die neuen privaten Eigentümer (faktisch war es nur Baron Otto von Kahlden) ein neues großes Logierhaus hinter dem Gedenkstein. Das war ein Novum, denn dieses Haus hatte eigene Angestellte, die alle Bedürfnisse der Gäste erfüllten. Man musste sein Personal von zuhause nicht mehr mitbringen. Bestenfalls das Kindermädchen, ansonsten war alles da.

Man nannte dieses neue Prinzip „Hotel“ und das Haus in Heiligendamm wegen seiner Größe „Grand Hôtel“. Später wurde „Grand Hotel“ zu einer Art Marke, die eine bestimmte Güte und Ausstattung erwarten lässt. Heute nennt man alle Gebäude des Hotels „Grand Hotel“. Die Villen gehören nicht zum Grand Hotel. Sie waren auch damals wirtschaftlich vom Hotelbetrieb getrennt, aber ungemein wichtig für das Grand Hotel. 

Nun kamen nicht mehr nur Adlige nach Heiligendamm, sondern einfach wohlhabende Familien aus dem Bürgertum. Es kam nicht mehr der Patriarch allein, sondern er brachte Gattin und Kinder mit. Vor Ort entstanden mehr Restaurants und mit den Kolonnaden auch eine – wenn auch kleine – Flaniermeile zum Einkaufen samt nachträglich angebautem modernem Fotoatelier.

Statt vieler Kutschen brachte nun mit dem Molli eine moderne Dampflok die Gäste nach Heiligendamm. Die Teekränzchen wurden größer und mit zunehmender Mobilität kamen immer mehr Gäste. Nie wirklich viel und nie auch nur halb so viel, wie andere Seebäder. 

 

Klasse statt Masse

(Quelle: Archiv Beckmann)

Heiligendamm blieb immer bescheiden mit der Masse und trumpfte stattdessen mit der Klasse auf: Golf, Tennis und Pferderennen waren die drei Klassiker in Heiligendamm. Das war Sport für die Elite und das war auch Unterhaltung für die Elite. Die sprach man an und die kam – Dank internationaler Turniere aus der ganzen Welt.

Reiseberichte und auch Briefe über den Aufenthalt schwärmen von eben diesen Besonderheiten, wenn auch immer an zweiter Stelle, denn die erste nahm immer die Natur mit dem Meer, dem Strand, dem Wald und der umgebenden Landschaft ein. Es gab bis 1888 nur eines, was den Gästen fehlte: Ein Gotteshaus. Darum entstanden 1888 und 1904 erst die katholische und dann die evangelische Waldkirche. 

Das reichte. Mehr sollte Heiligendamm nie werden: Ein sonnenbeschienenes Paradies zwischen den Naturräumen Wald und Meer in Deutschland, in der Heimat, in der Nähe zu Berlin und Hamburg und auch aus Königsberg, München und Paris noch gut zu erreichen.

Die einzigartige Lage, großartige Geschichte, eindrucksvolle Architektur, anspruchsvollen Angebote und hochkarätigen Gäste waren die Zutaten für den Erfolg Heiligendamms und die Alleinlage weitab vom Trubel einfach gestrickter „stinkender Fischerdörfer“ war der Rahmen. Nach Heiligendamm kam man nicht einfach – nach Heiligendamm fuhr man und es führte nur ein Weg dorthin. Es gab und gibt wohl keinen vergleichbaren Ort auf der Welt. Schon darum müssen alle Vergleiche hinken. Heiligendamm ist unvergleichlich, weil einzigartig.

 

Erweiterungen funktionierten nicht

Entwurf für einen Ausbauplan von Kayser&Großheim von 1873 (Quelle: ECH-Archiv)

Natürlich wollten nach dem Verkauf von 1873 auch andere an der Schönheit Heilgendamms teilhaben. Die Nachfrage war damals wie heute vorhanden. Eine Vermischung wohlhabender und weniger wohlhabender – wenn auch nicht armer – Klientel war damals nicht denkbar, sodass südlich des weißen Heiligendamms in sicherer Entfernung weitere Bauten entstanden. Es war nicht der Eigentümer Baron von Kahlden selbst, der dort baute. Er stellte die Grundstücke zur Verfügung und Hoteliers und Pensionsbesitzer aus dem Hamburger Raum erwarben sie, um Hotel garni und Pensionen zu bauen. So entstand eine zweite Reihe.

Manche Hotel garni funktionierten, andere nicht. Aus dem Fürstenhof wurde durch Insolvenz bald ein Altenheim und aus dem Hotel Hamburger Hof ein Kinderheim. Ein weiteres Hotel garni wurde zum Schwesternheim, eines zum Soldatenheim und Krieg’s Hotel in der Gartenstraße zum Kaufmannserholungsheim. Das wirkte sich auch auf die einfache Gastronomie im Ort aus, die von den Gästen in den Hotels ohne Versorgung abhängig war. Diese Heime boten mindestens Frühstück. Die Gäste des Grand Hotels ließen sich im Waldrestaurant nicht so oft blicken. Einheimische gab es kaum: 1914 wohnten gerade mal 11 Menschen fest in Heiligendamm – die Besitzer der Hotel garni und der Ortsvorsteher.

Freilich war all das auch den sich ändernden Zeiten geschuldet, aber was auch immer dort hinten in Bewegung geriet – das Grand Hotel blieb der Fels in der Brandung. Weil nur das in Heiligendamm wirklich funktionierte und weil nur das ein Polster für schlechte Zeiten hatte. Nur wer viel nahm, hatte lange genug.

 

Kurort statt Ferienort

Das Kurhaus zu DDR-Zeiten (Quelle: Dieter Lettow)

Auch im Dritten Reich und der DDR hatte man nicht vor, am Prinzip der kleinen Einheit etwas zu ändern. Bis 1936 blieb das Grand Hotel ein exklusives Hotel, wurde dann der Ferienorganisation „Kraft durch Freude“ (KdF) unterstellt, aber schon 1939 als Reservelazarett beschlagnahmt und 1941 an die Reichsmarine verkauft und in eine Reichskadettenschule umgewandelt. Das war eine ganz andere Nutzung, aber immer noch eine sehr spezielle. Was Hitler Neues mit Heiligendamm vor hatte, sollte weit neben der vorhandenen Bebauung entstehen und in sich geschlossen sein (gemeint ist die Adolf-Hitler-Schule).

In der DDR war es ganz ähnlich. Man wandelte das einstige Luxushotel mitsamt den Villen zu einem Sanatorium um, in dem nun jeder Werktätige auf Staatskosten Kur machen konnte. Es gab damals zwei Möglichkeiten für einen Ferienbetrieb: Ein Ferienheim für Urlauber unter Verwaltung durch die Ferienorganisation des FDGB oder eine Kureinrichtung der Sozialversicherungsanstalt der DDR.

Heiligendamm wurde der SVA unterstellt und somit Kurort und nicht Ferienort. Es gab lediglich zwei Häuser, in denen man über das Reisebüro der DDR Urlaub machen konnte und die sich als Ferienheime selbst versorgen konnten. Darum ist in Heiligendamm auch nie touristische Infrastruktur entstanden. Der Kurort brauchte keine Hotels, keine Pensionen, keine Bummelmeile und keine breit aufgestellte Gastronomie. Das Sanatorium hatte alles, was die Patienten brauchte. Für durchfahrende Radtouristen reichten die Imbisse und Gaststätten vollkommen. Diese lebten in der Nebensaison vom Sanatorium und deren Patienten. Bestimmte Gebäude behielt man bestimmten Personengruppen vor.

Es existierten zu DDR-Zeiten außer im Sanatorium auch Außenbetten in den Privathäusern der vor Ort wohnenden Mitarbeiter des Sanatoriums, der Forst, der Wasserwirtschaft und des Küstenschutzes. Darüber hinaus gab es ein Forstferienheim samt Bungalowsiedlung, eine Clubgaststätte im Jagdhaus, ein Anglerheim, ein Schützenhaus, ein Altenheim im Fürstenhof und eine Fachschule für angewandte Kunst im ehemaligen Kinderheim – hier waren in den Ferien sorbische Kinder untergebracht. Alles was man neu baute, war weit weg vom historischen Ensemble. Und alles, was nur bestimmten Gruppen zur Verfügung stand, hatte eine eigene Versorgung mindestens mit Halbpension. Nichts davon brauchte außerhalb seiner Zäune eine touristische Infrastruktur. Eher noch brauchte man Wohnraum vor Ort für Mitarbeiter.

Darum entstanden zu DDR-Zeiten Eigenheime und zwei Wohnblöcke und für diese Kleingartenanlagen. Für die nun über 200 Einwohner gab es in der Orangerie einen Konsum, im Marstall eine Drogerie und in der Villa „Augusta“ einen Kindergarten. Mit den Kurpatienten und den Tagesgästen teilte man sich eine Gaststätte im Marstall, ein Café und Geschäfte in den Kolonnaden und die Imbisse an der Promenade und am Kinderstrand. Im Kurhaus gab es darüber hinaus ein Restaurant. Auch die Eigenheime hatten einen direkten Bezug zum Sanatorium: Wer baute, musste zwei Zimmer für Außenschläfer des Sanatoriums einplanen.

Es gab durchaus Erweiterungspläne für den Kurort und die waren sogar ein wenig touristischer Natur. Eine Kaufhalle sollte entstehen, ein Kinderferienlager, ein Kurmittelhaus und eine Meerwasserschwimmhalle, die bestimmt auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestanden hätte. Beides sollte jedoch vor den Cottages im heutigen Hotelpark entstehen. Allerdings gab es auch in der DDR aktive Denkmalschützer und die wehrten sich gegen eine Bebauung mitten im historischen Ensemble.

So wurden am Ende nur Einzelmaßnahmen umgesetzt und die hatten nichts mit Tourismus zu tun, sondern dienten dem Sanatorium. Man entschied sich also bewusst nur für die Teile aus dem Plan, die für den Kurbetrieb nötig waren und sortierte die für den Tourismus aus. Darum war Heiligendamm auch 1990 noch immer kein Tourismusort. Wohl aber kamen jetzt Touristen, dafür aber durch die verordnete Reduzierung der Bettenzahl weniger Kurpatienten.

 

Luxushotel statt Kurklinik

(Quelle: Grand Hotel Heiligendamm)

Jetzt war die Zeit, sich zu entscheiden, ob man weiterhin Kurort sein wollte oder Touristenort werden wollte. Man versuchte es mit dem Touristenort. Der Bund als Eigentümer beauftragte die Treuhand mit dem Verkauf der Liegenschaft.

Der Versuch des Einzelverkaufs aller Häuser wurde gestoppt, weil sich abzeichnete, dass die großen historischen Bauten unverkäuflich bleiben würden und es zu einer Zerstückelung des Gesamtensembles durch unterschiedliche Eigentümer und Interessen, aber auch einfach unterschiedlichen Sanierungsstand und unterschiedliche Ausführungen der Sanierungen kommen würde. Man konnte nicht 30 Eigentümern über die Gestaltungssatzung und das BauGB hinaus vorschreiben, wann und wie genau sie zu sanieren hatten. Auch die Nutzungsideen waren teilweise fragwürdig, sodass schnell der Wunsch nach dem Verkauf in eine Hand aufkam – auch vom damaligen Bürgermeister selbst.

Man bündelte 26 Immobilien und Grundstücke und bot sie als Komplettpaket an. Favorit war zunächst die Asklepios-Gruppe mit dem Konzept eines Kurhotels und nach dem Scheitern der Finanzierung die Dr.-Marx-Gruppe, die damals die MEDIAN-Kliniken baute. Als die Verhandlungen auch dort an einem geplanten Neubau scheiterten, bot man der Gruppe einen alternativen Bauplatz für die MEDIAN-Klinik an. Man wollte den Status als Seeheilbad erhalten und nur dazu brauchte man diese Kurklinik.

Darum hat man sich auch um nichts weiter gekümmert, als um die MEDIAN-Klinik und nichts weiter entwickelt. Als mit Nachdruck darauf hingewiesen wurde, dass ein Kurort dieser Art einen Kurpark haben muss, hat man sich um nichts weiter gekümmert, als einen Kurpark (den man nur mit Hilfe Jagdfelds überhaupt bauen konnte). So war die weitere Anerkennung als Seeheilbad durch die Erfüllung der Minimalanforderungen gesichert.

Von der ersten Offerte bis zum Verkauf dauerte es fast 7 Jahre. Noch 1986 hatte man große Sanierungsarbeiten vorgenommen, zu denen auch viele Umbaumaßnahmen gehörten. Es gab eine eigene Baubrigade in Heiligendamm, um die Instandhaltung der alten Häuser zu gewährleisten, aber auch Veränderungen umzusetzen, wie die Schließung von Veranden, Loggien und Lichthöfen, um Raum zu gewinnen.

Mit dem Ende der DDR verschwand auch dieses Engagement und mit dem Verfall der Gebäude und auch der Reduzierung der Bettenzahl des Sanatoriums leerten sich viele der kleineren Häuser. Zwischennutzer kümmerten sich nicht um die Bausubstanz, denn sie waren als Mieter dafür nicht zuständig. So verfielen ungenutzte Häuser in den sieben Jahren der Verkaufsbemühungen schneller und genutzte langsamer – aber eben auch.

 

Jagdfelds Pläne

Anno August Jagdfeld kam erst ins Spiel, nachdem alle anderen Versuche gescheitert waren und man in Bonn erkannte, dass er durchaus Interesse hatte. Er hatte gerade das Adlon in Berlin mit Hilfe eines geschlossenen Immobilienfonds wieder auferstehen lassen, sodass die Fachwelt ihm auch die Wiedergeburt der Weißen Stadt am Meer zutraute. Nachdem Bund und Land ihre Unterstützung zusicherten, begann Jagdfeld mit den Planungen. Ohne Förderung hätte er die veranschlagten 300-400 Mio. Euro nicht zusammenbekommen – ca. 2000 Anleger zahlten etwa 127 Mio. Euro in den FUNDUS Fonds 34 ein.

Hierbei stand das Grand Hotel im Mittelpunkt. Dieses musste alles bieten, was die Gäste brauchen, um zu kommen, um zu bleiben, um Geld dazulassen und somit für Gewinn und Rendite zu sorgen. Denn bevor Jagdfeld die erste Buchung an einen Gast verkaufen konnte, musste er erst einmal Anteilsscheine an Anleger verkaufen. Das gelang nur mit vielversprechenden Angeboten:

SPA & Sport, Kultur & Kulinarik, Golf & Rennsport, zelebrierter Luxus und die großartige und erlebbare Historie. Golf ging vor Ort nicht mehr, sodass er Grundstücke im benachbarten Wittenbeck erwarb. Als Grundlage für Pferdesport kaufte er das ehemals volkseigene Gut Vorder Bollhagen, welches auch für die Versorgung des Grand Hotels mit regionalen und auf Grund kurzer Wege nachhaltigen Bio-Erzeugnissen gedacht war. Die Rennbahn selbst gehört der Stadt und einen Betreiber gab es schon, sodass das Gut nur die Infrastruktur für die Pferde werden sollte und das Grand Hotel für die Menschen.

Dass der große Erfolg ausblieb, lag in erster Linie daran, dass der Ortsteil Heiligendamm nicht mit auf das Niveau des Grand Hotels gehoben wurde und das 5-Sterne-Hotel so immer eine Oase in einer Wüste blieb, die tendenziell immer weiter versandete. Denn anders als Kurpatienten gingen Luxushotelgäste nicht in die Imbisse und Cafés mit DDR- oder Nachwendezeit-Charme und die Median-Klinik hatte nicht so viele Patienten, wie das Sanatorium. 

Es gibt auch andere und manchmal individuelle Gründe für den Wegfall von Angeboten, die aber den Rahmen sprengen würden. Wenn die Gebäude oder Grundstücke ins Konzept passten, bot Jagdfelds EntwicklungsCompagnie Heiligendamm bei Verkäufen und Versteigerungen mit. Wenn durch einen Kauf verhindert werden konnte, dass jemand anderes etwas macht, das nicht in Jagdfelds Konzept passt, bot sie auch mit. Das ist der Hintergrund, warum ihr so vieles im Ort gehört. Nicht überall macht es Sinn, jetzt zu sanieren und gerade ehemalige Hotel garni sind schwer anders zu nutzen, als als Hotel. Es gibt aber auch einen städtebaulichen Vertrag und seit 2014 eine Mediationsvereinbarung, die den Investor dazu anhalten, zuerst die erste Reihe fertigzustellen.

Nachdem das Grand Hotel 2003 unter dem Management der Kempinski-Gruppe eröffnete, entwickelte Jagdfeld alles andere in seinem Portfolio nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Er beauftragte dazu Experten, wie den US-Amerikaner Robert A. M. Stern. Um Sterns Vision zu verstehen, sollte man ein Zitat von ihm kennen:

„Architektur, das ist für mich ein Dialog mit der Vergangenheit, um die Zukunft zu gestalten. Heiligendamm war ein beeindruckendes Gespräch. Als ich studierte, waren Gropius und van der Rohe die Synonyme für deutsche Architektur. Aber meine Liebe galt Schinkel. Und vieles, was ich gebaut habe, geht auf diesen Einfluss zurück.

Als ich nach Heiligendamm kam, hatte ich das Gefühl, mitten in einem Jugendtraum zu sein. Ich ging durch ein Ensemble, dem man selbst heute noch ansieht, dass es nur geplant und gebaut wurde, um Vergnügen zu bereiten. Als Planer hatte ich diesen Traum auf seinen Bestand vor der Wirklichkeit zu prüfen.

Für mich ist die Weiße Stadt so etwas, wie die Mutter aller Resorts. Wenn wir ihre außergewöhnlichen Ressourcen nutzen, dann steht ihre beste Zeit noch bevor.“

 

Vision für Heiligendamm von Robert A. M. Stern

Sterns Vision sieht enorme Wachstumsmöglichkeiten für Heiligendamm, aber auf Grund seiner Historie – und natürlich auch auf Grund des Auftrags – nur für eine gehobene Klientel. Apartments, Villen, Golf und Gewerbeflächen bestimmen seine Vision und den daraus resultierenden Masterplan. Der Masterplan wiederum ist kein Bauplan, sondern eine erste Idee. Er wurde und wird fortlaufend ergänzt und auch mal etwas geändert, wenn es dafür keinen Markt mehr gibt. 

Man darf also die Entwicklung Heiligendamms nicht am Masterplan festmachen. Niemand baut Häuser, die am Ende keiner braucht und niemand schafft Angebote, für die es niemanden gibt, der sie annimmt. Die Nachfrage bestimmt das Angebot – Heiligendamm ist schließlich nicht Apple. Wäre es so ein Must-to-have, wäre vieles einfacher. Dazu muss Heiligendamm aber erst wieder eine Marke werden. Das Grand Hotel ist eine, die Privaten Residenzen in den Villen werden als „German Hamptons“ gerade zu einer entwickelt. Heiligendamm selbst wird zwar als „Weiße Stadt am Meer“ bezeichnet, aber das wird nicht gelebt, weil es optisch eben noch nicht ganz der Wahrheit entspricht. 

Weiterführende Informationen: Eine Zukunft für Heiligendamm: Die Vision von Robert A. M. Stern und Anno August Jagdfeld.

 

Wachstum für alle?

Anno August Jagdfeld hat als erster ein Konzept, um aus dem kleinen Seebad der Schönen und Reichen etwas Größeres zu machen. Auch für die Schönen und Reichen wohlbemerkt. Aber so richtig Alternativen gibt es auf so kleinem Raum auch nicht: Entweder man schafft wenige teure Angebote in dem, was da ist oder man baut auf Kosten der Natur Neues. Oder man baut auf dem kleinen vorhandenen Raum in die Höhe und schafft viele billige Angebote.

Bei teuer zu sanierenden Häusern stellt sich die Frage nicht: Teure Sanierungen führen zu hohen Preisen. Auch bei einem 5-Sterne-Hotel stellt sich nicht die Frage nach billigen Preisen. Will man jetzt, dass in Heiligendamm auch etwas Billiges für die Masse entsteht, kann das nicht in Objekten geschehen, die erst teuer saniert werden müssen. Das muss dann schon so teuer werden, dass es die Sanierungskosten deckt und man auch etwas Gewinn machen kann. Sonst finanziert das niemand – nicht mal eine Bank. Oder man saniert sichtbar billig und macht einen Fleck auf dem Kunstwerk.

Linden-Palais

Also müsste etwas Neues entstehen. Wenn die Fläche ausreicht, kommt ein flaches, aber doch massiges Bauwerk dabei heraus – wie das Linden-Palais.

Strandzentrum – Pearl 8

Ist die Fläche aber begrenzt, wie beim neuen Strandzentrum ganz im Osten, wächst das Haus in die Höhe. Ist es dann noch teure 1A-Lage, wird das Grundstück durch Aufgliederung in zwei Gebäudeteile voll ausgenutzt. Das ist keine böse Absicht des dortigen Investors Klaus König, sondern einfach eine logische Konsequenz.

Visualisierung eines Strandzentrums (C) Hass + Briese
Visualisierung eines Strandzentrums (C) Hass + Briese

Die ECH hatte eine Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnis dem Standort nicht mehr, als eine Gastronomie von der Größe der öffentlichen Toiletten hinter dem StrandPunkt zutraute. Was Klaus Königs Doppel-Solitär aus Pearl8 und Pearl9 einmal beherbergen wird, dürfte letztlich auch auf Gastronomie plus Betten hinauslaufen – ob als Fewo-Komplex oder kleines Hotel ist noch offen. 

(Quelle: Webarchiv der Webseite der ICH Heiligendamm, Ralf Goedeke)

Der StrandPunkt selbst sollte ein geschwungenes und in den Naturraum integriertes Ensemble direkt am wichtigsten Strandzugang werden. Als nach langem Zoff mit der Stadtvertretung  dem privaten Investor die Zeit knapp und das Geld zu versiegen drohte, entstand ein einfacher Bau für einfache Mieter mit einfachen Angeboten: Pommes, Schnitzel, Wurst, Eis, Kaffee, Fischbrötchen & Co. Eine klassische Strandversorgung. Der eigentliche Plan wäre teurer gewesen und eben auch hochwertiger.

Kurzum: Wer in Heiligendamm Massentourismus will, fördert genau solche massiven Gebäude. Wobei das für „Billig-Massentourismus“ genauso gilt, wie für „Luxus-Massentourismus“. Die Luxus-Variante würde ungefähr so aussehen:

Demmler-Palais (Quelle: ECH Heiligendamm)

 

Luft nach „oben“?

Die MEDIAN-Klinik als Beispiel von Bauen in die Höhe – hier der Ausbau des Dachgeschosses in 2009

Will man also Massentourismus egal welcher Art, muss man in die Höhe bauen, wie überall in der Küste in den 1960ern und dann den 1980ern noch einmal geschehen. Genau das will man aber in Heiligendamm nicht. Die Höhe des Grand Hotels ist der Maßstab für die Obergrenze bei neuen Gebäuden.

Das 2000-2003 neu gebaute Severin-Palais nutzte diese Maßgabe aus und die 2022-2023 neu gebaute Villa „Klingler“ zieht an der Turmseite nach. Beides überragt die Villenreihe. Auch daneben wird ein ähnlich hohes Gebäude entstehen und das Demmler-Palais gegenüber der MEDIAN-Klinik fällt im Entwurf auch so hoch aus. Es orientiert sich an der Höhe der Klinik, die übrigens 2009 auch schonmal eine Erweiterung im Dachgeschoss erfahren hat. 

Auf Grund des hochwertigen und kostspieligen architektonischen Designs kommen diese Gebäude aber nicht wuchtig daher. Die MEDIAN-Klinik zeigt, wie es sonst aussehen würde, während die Residenz von Flotow, das Linden-Palais und insbesondere die Boarding Houses am südlichen Ortsrand beweisen, dass man Neues auch in Altes integrieren kann.

 

Wie geht es weiter in Heiligendamm?

Viele Einheimische kennen Jagdfelds Pläne und fragt man sie nach Eckpunkten, zählen sie auf: Thalassozentrum, Tiefgarage, Ayurvedatempel, Schönheitsklinik, Villenviertel, Apartments und eine zweite Seebrücke.

All das findet sich tatsächlich im Masterplan, der aber wie gesagt keine Todo-Liste ist, sondern am Markt entwickelt wird. Aktuell sieht er so aus, wie auf dem obigen Bild, das aber nur den nördlichen Ausschnitt zeigt. Die Vision existiert als Modell:

Wie genau die Häuser nachher angeordnet und wie groß die Grundstücke werden, darf man nicht an diesem Modell festmachen. Es gibt verschiedene Entwürfe, auch mit anderen Verhältnissen zwischen bebauter und unbebauter Fläche. Das Modell zeigt den Kompromiss zwischen engerer und an die bestehende anschließende Bebauung und großzügiger Ausnutzung der Fläche mit einer zentralen Bebauung. Die Ähnlichkeit zum Circus Putbus kommt nicht von ungefähr und so eine durch einen Besuch des Fürsten von Rügen in Heiligendamm entstandene Idee wieder nach Heiligendamm zurück.

Für Tagesgäste ist in Jagdfelds  Plänen nicht wirklich Platz und für Massentourismus in Heiligendamm so oder so nicht. Sie können kommen, aber Jagdfeld wird ihnen keine expliziten Angebote machen. Das ist nicht seine Zielgruppe und es ist nicht seine Aufgabe, für anderer Leute Zielgruppe Angebote zu schaffen. Jagdfeld muss nichts für Tagesgäste schaffen, nichts für Kurgäste und auch nichts für Urlauber in den Ferienwohnungen. Für Infrastruktur und für die Bedürfnisse der Einwohner ist die Stadt zuständig und wenn diese in 20 Jahren neben den Pflichtaufgaben nur Toiletten und Parkplätze baut und die letzten städtischen Flächen für einfache Imbisse hergibt, dann bleibt sie unter ihren Möglichkeiten.

Was wäre, wenn statt drei Imbissen ein richtiges Strandzentrum für mehrere gastronomische Angebote verschiedener Größe und Güte, für kleine Shops und öffentliche Toiletten entstanden wäre? Es gab 2004 solche Überlegungen, aber der Stadt gelang es nicht, das Konzept so vorzustellen, dass Gastronomen und Händler auch nur Interesse an einem Mietvertrag gehabt hätten. Stattdessen wurde das Thema über Jahre verschleppt und entstand am Ende etwas, das durch politisch motivierte Verzögerungen sogar noch weniger war, als der private Investor eigentlich geplant hatte.

Hier hat die Stadt versagt und nun hat sie auf dem letzten 1A-Grundstück weniger, als möglich war. Dasselbe gilt für das Strandzentrum weiter östlich, wo mit Pearl8 und Pearl9 zwar große Gebäude entstehen, aber es Zwist um die Außenterrassen für die Gastronomie gibt, weil sie auf der Parkreihe entstehen sollen, welche die Stadt dem Investor mit verkauft hat, die sie aber nicht aufgeben wollte, wodurch es zu Streit, Stillstand und einer Situation kam, die sich mit „Trotz“ umschreiben lässt. Niemand wird im Trotz etwas für die Stadt, seine Bürger und Touristen tun, die nicht seine Zielgruppe sind. Hier wird man noch viele Jahre damit beschäftigt sein, zerschlagenes Porzellan aufzusammeln. 

Jagdfelds Masterplan sieht durchaus Gewerbeflächen vor, die der Ort nicht hat. Er wird sie nicht mit Discountern und Ramschläden füllen. Aber es ist absehbar, dass einige dieser Geschäfte die Lücken in Heiligendamm füllen werden, wo es jetzt nicht mal frische Brötchen, Essen und Trinken oder Kosmetik zu kaufen gibt. Im Grand Hotel und in den Villen erfüllen Concierges jeden Wunsch, in der Median-Klinik gibt es Angebote für den „Notbedarf“. Aber in der Fewo reicht es nur für Seife und eine neue Rolle Klopapier beim Vermieter. Für alles andere muss man wie vor 200 Jahren nach Bad Doberan.

 

Wann geht es weiter in Heiligendamm?

Nicht nur das Wie ist wichtig. Immer, wenn ein Mitarbeiter der Jagdfeld-Gruppe irgendwo Rede und Antwort steht, kommen stets dieselben Fragen: Wann wird das Thalassozentrum gebaut? Wann kommt das Ayurvedazentrum? Wann entsteht das Demmler-Palais? Wann ist Baubeginn für die Tiefgarage? Wann geht es in der Gartenstraße weiter oder in der Kühlungsborner Straße am Fürstenhof und dem Seehospiz?

Die Antworten sind immer dieselben und immer begleitet von Verständnislosigkeit. Der Fragesteller hat kein Verständnis, dass auf seine Frage nicht wenigstens eine Jahreszahl genannt werden kann und der Antwortende versteht nicht, wie man so eine Frage stellen kann. 

Denn wer soll im Thalassozentrum baden, wer soll ins Ayurvedazentrum gehen und wer soll in den Geschäften einkaufen oder die Dienstleistungen in Anspruch nehmen, wenn man all das jetzt bauen würde? Die 300 Einwohner Heiligendamms, von denen nicht mal genug in den Laden Nr. 4 in der Gartenstraße gingen, sodass der bald wieder schloss? Dass es in Heiligendamm wenig gibt, dieses spät öffnet und früh schließt, liegt gewiss nicht an zu vielen Leuten im Ort, sondern an zu wenigen.

Die einen wissen, dass Bad Doberan selbst alles hat und die anderen finden es heraus, wenn die in Heiligendamm vor verschlossenen Türen stehen. Die Einwohner Heiligendamms kaufen in Bad Doberan und Sievershagen ein, weil es dort einfach alles gibt von Discountern bis zu Fachgeschäften und auch Dienstleistungen und Gastronomie. Selbst wenn es in Heiligendamm einen ALDI gäbe, würden einige noch nach Bad Doberan zu LIDL, PENNY, NORMA, EDEKA, REWE oder einen der drei NETTO-Märkte fahren, weil es eben auch um Gewohnheiten, Geschmack und nicht zuletzt Angebote geht und weil Bad Doberan für die meisten auf dem Weg liegt, zumal die wenigsten in Heiligendamm wohnen und arbeiten zugleich.

Kein kleiner Ferienort bietet all das, was Bad Doberan bietet und das geht hier auch nur, weil knapp 13.000 Einwohner dauerhaft in der Stadt und noch mal so viele im näheren Umland (dem Amt Doberan-Land) wohnen. Nur weil Bad Doberan eine Stadt und ein Mittelzentrum in der Region Rostock ist, hat es so viel zu bieten. Das gibt es an der Küste so nur noch einmal in Wismar, das Mittelzentrum in Nordwestmecklenburg ist. Im ganzen Landkreis Rostock sind nur Güstrow und Teterow mit Bad Doberan vergleichbar und da diese keine prominenten Ortsteile haben, würde man in ihnen die Stadt als Ganzes sehen, die Bad Doberan-Heiligendamm eben auch ist – was aber viele nicht sehen.

Wenn man im Ortsteil Heiligendamm Angebote schaffen will, müssen auch Leute da sein, die das annehmen. Niemand würde auf die Idee kommen, all das was man in Heiligendamm fordert, in Vorder Bollhagen oder Althof zu fordern. Das sind auch Ortsteile Bad Doberans und die haben in etwa so viele Einwohner, wie Heiligendamm.

Die 300 Einwohner schaffen das allein nicht – zahlenmäßig nicht und auch von der Kaufkraft her nicht. Schließlich sind die wenigsten von ihnen wohlhabend. Da liegt es auf der Hand, dass mehr Menschen in Heiligendamm fest wohnen müssen.

Hier gibt es zwei Optionen: Man siedelt mehr Durchschnittsverdiener an und nutzt dafür entweder den vorhandenen Platz und baut dort wie schon zu DDR-Zeiten begonnen und jüngst mit den Boardinghouses fortgesetzt mehrstöckige Mehrfamilienhäuser oder man vergrößert den Ort durch die Schaffung neuer Wohngebiete auf bisherigen Landwirtschafts- und Waldflächen. Ob dort dann Ein- oder Mehrfamilienhäuser entstehen, bestimmt der Grundstückspreis. In Bad Doberan geht die Tendenz zu Mehrfamilienhäusern auf kleinen Grundstücken und Grundstücke in Heiligendamm sind nicht billiger, als in Bad Doberan.

Würde man dann auch Infrastruktur schaffen – Spielplätze, Kindergarten, Gewerbeflächen für die Nahversorgung und eine arbeitnehmerfreundliche ÖPNV-Anbindung, würden in Heiligendamm Dank Durchschnittsverdienern neue Angebote entstehen, die auch das ganze Jahr funktionieren würden. Heiligendamm wäre also ein solitäres Wohngebiet, wie der Kammerhof und der Buchenberg, die zu DDR-Zeiten als Trabantenstädte (Trabant = umkreisend) konzipiert wurden, mit eigener KITA, Kaufhalle und einem aktiven Stadtteilzentrum. 

Würde man hingegen versuchen, dasselbe mit Touristen und Zweitwohnungsnutzern zu realisieren, bräuchte es wegen der ständigen Fluktuation noch viel mehr Betten, als es bei Erstwohnsitzen der Fall wäre. In der Nebensaison stünden diese Betten dann größtenteils leer, wie in Börgerende, dessen Maritim-Touristisches Zentrum der ehemalige Vize-Landrat einmal treffend als „Rollladensiedlung“ bezeichnete. Ein modernes öffentliches Schwimmbad und Wellnessangebote könnten dem entgegenwirken. Beides braucht aber eine feste Nutzerzahl und wenn man diese nur mit Gästen erreichen will, braucht es Betten, Betten und nochmals Betten. Oder einen Kurbetrieb, dessen Patienten das Schwimmbad auch nutzen. Die MEDIAN-Klinik hat selbst ein Schwimmbad. 

Die zweite Option ist Jagdfelds Option: Man siedelt keine Durchschnittsverdiener an, sondern Spitzenverdiener. Für sie schafft man drei Angebote: Einzigartige Residenzen in den historischen Villen, moderne Appartements im zwar historisch, aber in der Dimension schon fast städtisch wirkenden Demmler-Palais und exklusive Villen in einer kleinteiligen Bebauung auf großzügigen Grundstücken in ländlichem Idylle im Villenviertel. Jagdfeld vermietet nicht – er verkauft. Hier kommen also keine Gäste für ein paar Tage, sondern neue Bürger. Wobei bisher auch Zweitwohnsitze denkbar waren, was die Stadtverwaltung ab 2023 in der ganzen Stadt unterbindet.

Im Moment könnten im Villenviertel rechtlich keine Erstwohnsitze entstehen, weil in der Mediation vereinbart wurde, dass das Plangebiet in ein Ferienhausgebiet umgewandelt wird, damit die Stadt neben dem Kammerhof ein neues Wohngebiet ausschreiben kann. Die Stadt hat sich also bewusst für den Zuzug von Durchschnittsverdienern und gegen Spitzenverdiener entschieden. Der Markt reguliert das gerade mehr oder weniger selbst: Kaum ein Durchschnittsverdiener kann sich noch einen Hausbau leisten und wer begonnen hat und es nicht schafft, muss verkaufen – angesichts der Immobilienpreise dann eher an Spitzenverdiener. So kommen letztlich doch Spitzenverdiener, nur an die falsche Stelle. 

Trotzdem würde es bei kleinteiliger Bebauung in Heiligendamm gut tausend neue einkommensstarke Einwohner oder eben Ferienhausnutzer geben, die nicht nur ebenfalls gern vor Ort eine Grundversorgung vorfinden würden, sondern auch solche teuren Bauten, wie das Thalassozentrum und das Ayurvedazentrum durch regelmäßige Nutzung refinanzieren würden. Da absehbar wäre, dass die Preise für die Nutzung dieser Angebote sich eher am Grand Hotel orientieren würden, wäre man unter sich und würde sich die Räumlichkeiten nur mit Leuten von außerhalb teilen, die diesen Preis gern bezahlen, weil sie das Angebot zu schätzen wissen – und sich dementsprechend verhalten. So ist es im Grand Hotel heute auch.

Mehr Hotels sieht Jagdfelds Konzept nicht vor. Für ein eigenes Konferenzzentrum wäre ein eigenes Hotel angedacht, ansonsten soll dem Grand Hotel keine Konkurrenz gemacht werden. Übernachtungsangebote unter 5 oder 4 Sternen sind wohl auszuschließen. Wie schon erwähnt hat in der Geschichte nur das Grand Hotel als Solitär funktioniert und alles andere nicht. Auch darum würde es eher noch Sinn machen, das Grand Hotel zu vergrößern, was mit dem Bau des Severin-Palais 2000-2003 bereits geschehen und nicht weiter möglich ist. Selbst ein weiteres 5-Sterne-Hotel wäre nicht das gleiche – es hätte ja keine Geschichte, keinen direkten Bezug. Heiligendamm lebt von der Legende und nur wenn die Legende lebt, lebt auch Heiligendamm. Die meisten Leute in der öffentlichen Diskussion kennen oder interessiert die Legende nicht und sehen damit auch die Zusammenhänge nicht.

Hotels würden aber auch nicht so, wie feste Einwohner für eine ganzjährige Nutzung der Angebote sorgen. Wer in Heiligendamm eine Wohnung kauft, tut dies mit dem Wissen, dass im Sommer viele Leute im Ort sind und in der Nebensaison weniger. Er kauft sie nicht wegen den knapp hundert Sonnentagen, sondern wegen der Nähe zum Grand Hotel, das ihm auch an den 265 anderen Tagen des Jahres alles bietet, um zu leben, wie andere Urlaub machen.

Diese Klientel ist ständig auf Achse, ständig unter Strom und wählt bewusst Heiligendamm, um herunterzukommen und sich zu erholen. Und sie will mehr, als nur zu Gast sein – sie will wohnen, will ankommen und zuhause sein. Natürlich braucht sie dafür auch gewisse Dinge, die das Grand Hotel nicht bieten kann, weil es eben ein Hotel ist und kein Einkaufszentrum.

Zum Beispiel Läden und Dienstleitungen. Gewerbeflächen sehen die Ideen der Jagdfeld-Gruppe wie erwähnt vor und auch gehobene Angebote würden letztlich allen nützen – den neuen wie den alten Heiligendammern und den Gästen im Hotel und den Pensionen.

 

Aber wann kommt all das nun?

Wenn der Markt dafür da ist. Zuerst müssen mehr Leute fest in Heiligendamm wohnen. Das müssen Leute sein, die sich all das auch leisten können und wollen. Und es müssen eher wenige Leute mit viel Geld sein, als viele mit wenig Geld. Dazu aber muss man dann auch diese Entwicklung zulassen – Jagdfeld die Villen sanieren lassen (was nach 15 Jahren Streitereien seit 2014 endlich der Fall ist) – ihm auch Neues genehmigen und vor allem Geduld haben, denn Jagdfeld ist ein Projektentwickler und kein Zauberer.

Und man muss auch das große Ganze sehen: Wenn die Jagdfeld-Gruppe in Vorder Bollhagen Geld verdienen kann, indem sie das heruntergekommene Gut zu einem Bio-Erlebnisbauernhof und den Dorfrand zu Domizilen für neue und wohlhabende Bewohner macht, dann nützt das letztlich auch den Projekten in Heiligendamm. Wenn die Jagdfeld-Gruppe erkannt hat, dass in Wittenbeck mehr möglich ist, als nur Golf und deshalb Unterkünfte für die Golfer anbieten bzw. Wohnen auf dem Golfplatz ermöglichen will, dann kann sie damit Geld verdienen, das nach Heiligendamm fließt. Und wenn sie die Halbinsel Wustrow entwickeln könnte, würde nicht nur Rerik davon etwas haben, sondern auch Heiligendamm.

Außerdem würden sich Synergien bilden – es ist überall dieselbe Klientel, die nur unterschiedliche Bedürfnisse hat und in Jagdfelds Angeboten Befriedigung finden würde. Jeder der genannten Orte würde diese Klientel aus den jeweils anderen auch ansprechen und anziehen. Unsere Region könnte zur Urlaubsregion der Reichen und Schönen werden und jeder davon zumindest indirekt profitieren – auch wenn einige dadurch Nachteile durch unbezahlbare Grundstückspreise und Mieten hätten. 

Aber man könnte viel Geld verdienen – nicht nur Jagdfeld, sondern auch die Gemeinden selbst und damit auch die Bürger, die vom Wohlstand der Gemeinden profitieren würden, weil bei Sanierungen von Schulen, Kitas, Spielplätzen und Straßen und Gehwegen nicht jeder Cent zweimal umgedreht werden müsste und weil genug Geld für Vereine, Ehrenamt und Jugendarbeit da wäre. Gewerbetreibende würden profitieren und damit Arbeitsplätze sichern oder neue schaffen und schließlich auch Steuern zahlen. Nicht zuletzt braucht es Leute, die all das bauen, ausstatten und dann auch betreiben. Das könnten alles Leute aus der Region sein. 

Genau das ist es aber, was Jagdfeld und seine Mitarbeiter nicht zu vermitteln vermögen, weil sie gegen Windmühlen kämpfen, in denen sich alles nur stoisch dreht um das, was man verloren hat oder zu verlieren befürchtet: Den freien Ausblick aufs Feld, den kurzen Weg zum Strand, die Ruhe im Dorf und das Überall-hin-können. Man erinnert sich gern an die beliebten Kurkonzerte und die legendären Feste der Fachschule oder daran, auf dem Findling gesessen zu haben. Kurkonzerte gibt es in Heiligendamm nicht mehr und zu den Konzerten renommierter Künstler im Grand Hotel gehen eher Kulturinteressierte, als Unterhaltungssuchende. Überhaupt sieht man bei Veranstaltungen im Grand Hotel – selbst bei so öffentlichen und gut beworbenen, wie dem Tag des offenen Denkmals – neben den Wegbegleitern und Befürwortern fast nur Hotelgäste. Man braucht sich gar nicht darum bemühen, unter sich zu bleiben – es kommt sowieso nur, wem es zusagt. So war es 1793 und so ist es auch 2023 wieder – Heiligendamm zieht die an, die es anspricht.

Die Fachschule zog 2002 zurück nach Wismar und der Findling liegt seit 2000 hinter einem Zaun, da das Grundstück zum Grand Hotel gehört und die Terrasse mit der Gastronomie unmittelbar dahinter wiederbelebt wurde. Hätte man den Gedenkstein für alle zugänglich gelassen, hätten die Tagesgäste direkt an der Terrasse der Nelson-Bar gestanden. So einigte man sich darauf, das Tor zum Grand Hotel so weit nach hinten zu bauen, dass die Öffentlichkeit bis zum Findling kommt – nur eben nicht direkt heran und nicht auf ihn drauf. So ist auch die Inschrift weniger beansprucht. Diese und viele weitere Details kann man erklären, aber oft will das keiner hören, weil er lieber in seiner Opferrolle bleiben und dem verlorenen Paradies nachtrauern möchte. Davon nährt sich der Widerstand im Ort und er kann immer wieder davon zehren, indem er die alten Wunden immer wieder aufreißt. Darum kann Heiligendamm nicht heilen. 

Was man gewinnen kann, wird nicht gesehen. Die Angst ist stärker, als die Zuversicht. Wie existenziell diese Angst ist, zeigen immer wieder hervorgebrachte Forderungen, Jagdfeld möge lieber Sozialwohnungen bauen, als Residenzen für Reiche. Würde man lieber ein „Armen-Ghetto“ neben sich haben, als ein „Reichen-Ghetto“? Lässt sich all der ganze Streit und Stillstand nur darauf herunterrechnen: Auf arm und reich – auf Neid?

 

Luxus gehört dazu

Der Heiligendamm-Experte und Markenbotschafter des Grand Hotels, Professor Joachim Skerl, schreibt im aktuellen seiner Bücher zur Geschichte und Architektur Heiligendamms zum Luxus sinngemäß, dass niemand wirklich Luxus zum Leben braucht, aber sich doch alle einig sind, dass er zum Leben dazu gehört.

Wie wahr das ist, führt uns der Alltag vor Augen: Die einen fahren einen alten Gebrauchtwagen, die anderen eine Luxuskarosse. Beide wollen im Grunde nur von A nach B und der Gebrauchtwagenfahrer würde auch die Luxuskarosse dafür nehmen – wenn er es könnte. Er würde auch statt in der Plattenbauwohnung einer Stadtrandsiedlung in der Luxuswohnung am Meer wohnen – wenn er es könnte. Und wenn er dann auch alles andere könnte, was die Bewohner dort eben können.

Nur wohnen wäre ja langweilig – darin leben und Heiligendamm als Rückzugsort in einem Luxus-Leben voller Reisen und Vergnügen nutzen – warum nicht? Dafür ist Heiligendamm ja gedacht und gemacht!

Man kann darauf neidisch sein oder gönnen können. Denen, die es sich leisten, aber auch denen, die davon leben, dass es hier etwas gibt, das sich nur Wohlhabende leisten können. Denn das Grand Hotel ist nicht nur das größte Hotel, sondern auch der größte Arbeitgeber der Stadt und die Entwicklung Heiligendamms nicht nur das größte Vorhaben, sondern auch das größte Bauprojekt der Region. Vom Stellenwert des 5-Sterne-Tourismus für das Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern ganz zu schweigen.

Man kann Schätze heben oder sie vergammeln lassen. Nur wenn man sie hebt stellt sich die Frage, was man damit macht. Man möchte meinen, diese Frage sei in fast 30 Jahren längst beantwortet. Ist sie aber nicht. Stattdessen dreht sich alles um Schuldzuweisungen.

 

Unerfüllte Erwartungen

230 Jahre nach der Gründung des ersten deutschen Seebades muss man sich also immer noch entscheiden, wie und wohin die Weiße Stadt am Meer wachsen soll. Tatsache ist jedoch, dass nichts davon auf Kosten dessen geschehen darf, was Heiligendamm ausmacht.

Es darf nicht auf Kosten der Natur geschehen, aber auch nicht auf Kosten der Einzigartigkeit. Die Basics eines Seebades fehlen und müssen geschaffen werden, aber anderen Seebädern in allem nachzueifern, führt zu Beliebigkeit. Die Mutter aller Seebäder ist nicht die Summe von allem, was alle anderen Seebäder haben. Sie ist der Ausgangspunkt, nicht das Ziel.

Wem Heiligendamm zu langweilig ist, weil er für sich nichts findet, dem möchte man zurufen, er möge weiterziehen – nach Kühlungsborn oder nach Warnemünde, den Touristenhochburgen rechts und links von Heiligendamm, das nie so werden wollte und nie so werden sollte. Und nie so werden darf, wenn es einzigartig bleiben will. 

Die Probleme Heiligendamms lassen sich nicht mit mehr Gastronomie, mehr Freizeitangeboten, mehr Betten oder wie auch immer definierter „Erlebbarkeit“ lösen. Damit bekämpft man nur Symptome einer Krankheit, die man nicht genug kennt und die vielleicht gar nicht da ist.

Die Ursachen für die langsame oder auch Nicht-Entwicklung, aber auch die Nicht-Akzeptanz der bisherigen Heiligendamms sind eher menschlicher – gesellschaftlicher – Natur. Einmal abgesehen von sichtbarem Reichtum in einem eher armen Bundesland und einmal abgesehen von der Abneigung im Osten gegen Investoren aus dem Westen und auch abgesehen von den Problemen, die durch Privatisierung und Systemwechsel entstanden sind und in Heiligendamm viele Beziehungen belasten:

In erster Linie ist die Einheit Bad Doberan-Heiligendamm zerstört. Die Politik in Bad Doberan begegnet Themen in Heiligendamm selten mit Sachlichkeit und oft mit Streit. Es wurde viel Zeit verschenkt, in der der Ortsteil hätte entwickelt werden können – ob mit oder ohne Jagdfeld. Es gibt keinen Gesamtplan für beide Orte. Es gibt nur unterschiedliche Ansichten, die sich teilweise gegenseitig ausschließen. Und es gibt niemanden, der diesen Knoten löst. Wer es versucht, verbrennt sich daran.

 

Vielleicht ist es genau so richtig?

Es ist aber auch unsere Erwartungshaltung an das immerhin ja älteste deutsche Seebad, das doch als Mutter aller Seebäder ganz besonders sein müsste. Unsere Mobilität und auch die Mobilität unserer Bilder und Videos ermöglicht uns Vergleiche mit anderen Seebädern, in denen es massenhaft Angebote für jede Klientel gibt oder zu geben scheint.

Wir glauben, dass ein Seebad so aussehen muss, wie diese beliebten und belebten großen Touristenhochburgen an der Nord- und Ostsee und erleben, dass Heiligendamm absolut nicht so aussieht. 

Sind vielleicht aber gerade diese lauten bunten Seebäder nicht das Original, sondern Kopien, um mit mehr Betten und mehr Angeboten mehr Gäste zum Geldausgeben anzulocken? Sind sie vielleicht die Kapitalisierung der Seebad-Idee?

Haben sie sich vielleicht weit entfernt vom Grundgedanken der ersten Seebäder, raus aus der Enge der Stadt hinein in die freie Natur zu fahren, am weiten Meer zu verweilen, den grauen Alltag hinter sich zu lassen, sich zu erholen und erfrischen – ohne dabei auf Annehmlichkeiten zu verzichten? Hat vielleicht ausgerechnet Heiligendamm noch diesen ursprünglichen Geist bewahrt?

Das sind Fragen, die man mit dem Verstand nicht beantworten kann. Heiligendamm ist nichts für den Kopf. Alle, die es liebten und lieben und die es förderten und fördern, tun das von Herzen und mit viel Gefühl. Darum ist auch die ganze Diskussion um Heiligendamm stets sehr emotional.

 

Der Spirit Heiligendamms

Die Anfänge des ersten deutschen Seebades – um 1840 (Quelle: ECH-Archiv)

Wenn man all das ausblendet, was in Heiligendamm vermeintlich fehlt, dann bleibt nur das, was da ist. Und wenn man genau hinschaut, hinhört, hinfühlt, dann wird man erkennen, wie großartig das doch ist und dass es eigentlich gar nichts weiter braucht.

Egal, wer man ist, egal, wieviel Geld man hat und unabhängig davon, warum man nach Heiligendamm kommt – ob nach der langen Radtour mit dem kleinen Imbiss am Stand oder nach dem Tag im SPA und dem Dinner im Friedrich Franz:

Wenn man seinen Platz in Heiligendamm findet – am Strand, auf der Steilküste, auf der Seebrücke, auf der Promenade… Und wenn man dann auf das weite Meer hinausschaut, die funkelnden Wellen sieht, das Spiel von Wind und Wasser im warmen Licht der Sonne – wenn man dem Rauschen der Wellen und der Bäume lauscht, die frische Seeluft atmet, das Salz auf den Lippen schmeckt, die warme Sonne im Gesicht und den Wind in den Haaren spürt, sich entspannt und den Alltag los und die Sorgen davon fliegen lässt, dann umweht einen der Spirit der Weißen Stadt am Meer. Dann flüstert er einem zu und man beginnt, zu verstehen.

 

Zwei Menschen haben das erkannt und mit deren Zitaten soll dieser Beitrag enden:

„Heiligendamm ist ein kleiner Zaubergarten, in dem man vergisst, dass es draußen noch eine geschäftige, atemlose, anspruchserheischende und sorgenvolle Welt gibt.“

Hermann Heiberg, 1885

„Ein solch reizender, solch abstrakter Badeort wie dieser muß irgendwo existieren und erhalten bleiben, damit wir die Vorstellung gewinnen können, wie es sich im Märchen oder in den Gefilden der Seligen lebt, in denen man alles hat und nichts entbehrt, in denen nur genießende Menschen verweilen und von des Lebens Müh´ und Arbeit so gut wie nichts zu merken ist.“

Fanny Lewald, 1879

 

Quintessenz

Mit vielen Worten ist hier beschrieben, wie Heiligendamm sich vom Bad der Herzöge und der sie umgebenen wohlhabenden Mecklenburger entwickelt hat zum Badeort der mitteleuropäischen High Society des 19. Jahrhunderts. Nach kurzen Nutzungen als KdF-Bad und Reichskadettenschule entging das Bad dem Abriss und lebte zu DDR-Zeiten als Sanatorium und Erholungsort weiter, ohne aber je eine touristische Entwicklung zu erfahren.

Heiligendamm sollte kein Ferienort werden und darum gibt es auch heute nichts, was einen Ferienort eigentlich ausmacht. Dafür muss man nach Bad Doberan, das untrennbar mit seinem Ortsteil Heiligendamm verbunden ist. Das Herz Heiligendamms war immer das Grand Hotel und auch die Villen leisteten immer einen Beitrag zum Funktionieren des Luxushotels.

Diese Tradition, aber auch diese Notwendigkeit und dieses funktionierende Prinzip, wird seit der Eröffnung des Grand Hotels als 5-Sterne-Hotel fortgesetzt und auch heute leisten die Villen wieder ihren Beitrag zum Funktionieren des Hotels. Doch das erste deutsche Seebad kann nicht in der Vergangenheit verharren, sondern muss sich am Markt weiterentwickeln. Es braucht mehr Angebote für die Hotelgäste und für die neuen Bewohner und umgekehrt braucht es mehr Bewohner, um diese Angebote ganzjährig finanzieren zu können.

Auf kleinstem Raum muss man sich entscheiden zwischen wenigen Menschen mit viel Geld in kleinteiliger Bebauung oder vielen Menschen mit wenig Geld in großer Bebauung. Man hat sich 1997 entschieden, das Bundesvermögen zu bündeln und komplett an einen Investor zu verkaufen, um eine Zerstückelung Heiligendamms zu verhindern.

Man hat sich im dritten Anlauf entschieden, es einem Investor zu verkaufen, der Heiligendamm wieder zu einem Ort für die High Society macht – die hier Urlaub macht, aber auch wohnt und mit ihrer Präsenz den Ort belebt, ohne ihn zu überfüllen. Es gibt Ideen und auch Konzepte für eine Entwicklung Heiligendamms und diese richten sich an eine wohlhabende Klientel. Doch auch diese hat dieselben Grundbedürfnisse, wie die anderen Urlauber, die Tagesgäste und die Einheimischen, sodass auch jene von der Entwicklung profitieren.

Um aber eine Nachfrage nach mehr, als Imbissen und Gaststätten nur für einen Tag zu Besuch oder eine Woche Urlaub zu schaffen, braucht es dauerhaft mehr Leben in Heiligendamm und darum müssen erst mehr Betten geschaffen werden und erst ab einem bestimmten Punkt die Angebote für die Menschen, die öfter und länger da sind. Darum entstehen erst die Wohnungen und dann die Angebote und diese wiederum entstehen für einen Place-to-be und nicht für Urlaub-to-go.

Heiligendamm war nie, wie Kühlungsborn und Warnemünde, sollte und wird auch nie so werden. Wer Trubel sucht, findet ihn rechts und links des ersten deutschen Seebades in den Touristenhochburgen der Region. Wer nach Heiligendamm kommt, der fährt bewusst dorthin, weil Heiligendamm ihm genau das bietet, was er sucht, was die Menschen schon vor 200 Jahren suchten und was sie auch in 200 Jahren noch suchen werden. Dieses Etwas ist nicht in Worte zu fassen, aber wer es erfährt, erfühlt und erlebt, der versteht, dass es richtig ist, so wie es ist und man diesen Weg weitergehen muss. Wer es nicht spürt, für den ist Heiligendamm kein Place to be. Der zieht weiter in die Seebäder, die nach Heiligendamm entstanden sind – zu anderen Zeiten für andere Bedürfnisse.

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