Fachschule – rechter Flügel (Dunker’s Hôtel und Pension, Hamburger Hof, Kinderheim, Kinderpflegeheim. Fachschule für angewandte Kunst)
Dunker’s Hôtel und Pension, Hotel und Pension Hamburger Hof, Kinderheim der L-V.A. Hansestadt Hamburg, Kinderpflegeheim der Allg. Ortskrankenkasse Hamburg, Fachschule für angewandte Kunst
Kühlungsborner Str. 16
54.138990351345285, 11.838633395139462
Bauzeiten: 1887
Bauherr: Dunker
Architekt: unbekannt
Eigentümer: Dunker, H. Eisersdorff, AOK Hamburg, LVA Hansestadt Hamburg, Deutsches Reich, SMAD, DDR, EntwicklungsCompagnie Heiligendamm GmbH & Co. KG (Jagdfeld)
Nutzungen: Hotel-Pension (1887-), Kinderpflegeheim (-1939), Flüchtlingsunterkunft (1939-1953), Fachschule mit Werkstätten (1953-2002), Büros, Wirtschaftshof, Ausstellungsflächen (seit 2002)
Beschreibung:
Dunker’s Hotel entstand nach der Freigabe des Bollhäger Weges zur Bebauung mit Hotel garni für weniger wohlhabende Klientel am südlichen Rand des Bades.
Es handelte sich um eine Hotel-Pension mit Speiseraum an der Südseite im Hochparterre. Das Haus hatte ursprünglich eine L-Form, die aber keine Ecke im Straßenbild bildete, sondern einen langen Hof mit Park einfasste.
Einer Postkarte vom 14.10.1940 mit Poststempel vom 14.10.1943 ist zu entnehmen, dass das Kinderheim zu der Zeit zum Reserve-Lazarett gehörte. Auf einer Postkarte ist im Kinderheim so etwas wie eine Kanzel zu erkennen.
Das Haus erfuhr viele Veränderungen. Zunächst handelte es sich um ein Eckhaus mit je zehn Achsen nach Norden und Westen und eine Achse als Nordwestecke. Die 5. Und 6. Achse an der Nordseite und die 7. Und 8. Achse an der Westseite bildete je ein Risalit mit geschwungenem Giebel und Rundfenster. Im Hochparterre und im zweiten Stock der Risalite wurden die eckigen Fenster mit Rundungen bekrönt. Ebenso wurden die breiten Fenster auf diese Art bekrönt. Die jeweils erste Achse links und rechts der Ecke hatte Blendfenster und in der dritten Achse kamen zwei sehr kleine Fenster zum Einsatz.
Die Fassade war vom Hochparterre zum ersten Obergeschoss einfach durch Gesimse abgesetzt und vom zweiten zum dritten Obergeschoss zweifach. Im ersten Stock der Ecke gab es einen Balkon und an den beiden Seiten vierachsige geschlossene Veranden an den letzten beiden Achsen der beiden Außenachsen. Sie bildeten zugleich Balkone für die Beletage. Bossierungen verzierten die Ecken der Risalite und des Hauses selbst. Der Eingang erfolgt über eine geschlossene Veranda an der Nordseite. Das Walmdach hatte Hauben und war mit Fahnen und einer Werbeinstallation versehen.
Der rote Anbau existierte unter Dunker zunächst noch nicht, war auch nach der Übernahme durch Eisersdorff noch nicht vorhanden, ist aber noch durch Beckmann dokumentiert. Er bestand nur drei Achsen weit aus einem massiven Klinkerbau, der die vorhandene Veranda an der Westseite ersetzte. Dahinter schloss sich ein Eingangsrisalit mit Satteldach an, von dem nach Süden ein langgestreckter Bau mit mindestens fünf verschieden breiten Sprossenfenstern ausging.
Auf ihm thronte ein nahezu quadratisches Attikageschoss. Möglicherweise war es nach unten offen. Als Kinderpflegeheim der AOK Hamburg behielt das Haus dieses Aussehen bei.
Erst für den Umbau als Kinderheim der LVA Hamburg wurde der Zierrat entfernt. Die Fenster waren nun durchweg eckig, die Giebel dreizackig statt geschwungen und an Stelle von Fensterbekrönungen traten in der Manier dieser Zeit grüne Fensterläden.
Der Anbau wurde verändert. Der Mezzanin-Aufsatz verschwand, nach hinten entstanden große Loggien (Liegehallen) in beiden Etagen und der Hof diente in warmen Monaten als Schlafstätte für so genannte „Liegekuren“.
Der Eingangsrisalit wich einer Hofdurchfahrt, die großen Sprossenfenster wurden entfernt und die Öffnungen zu fünf Achsen mit hohen und fünf mit niedrigen Fenstern umgebaut. Auch die beiden anderen Anbauten wurden durch massive Bauten ersetzt. Die Balkone hingegen verschwanden. Es ist anzunehmen, dass auch die Aula und Sanitärräume samt Obergeschossen erst für die FAK angebaut wurden.
Die offenen Loggien wurden erst beim Umbau zur Fachschule mit Fenstern geschlossen und so große Räume gewonnen. Auch die Giebel wurden nun von dreizackig zu dreieckig. Zu dieser Zeit ist ein vom Hof nach Süden reichender Weg mit einem kreisrunden Rondell und einem kreisrunden Platz in der Mitte sowie mindestens einem nach Osten führenden Weg dokumentiert.
Nur bei STUTZ erwähnt ist ein Wirtschaftsgebäude auf dem Hof, das 1953 abgerissen wurde. Auf den Fundamenten entstanden die Baracken neu. Auf einem Luftbild von 1953 sind parallel zum Haus zwei oder ein zweiteiliges Gebäude am Grundstücksrand erkennbar. Sie befanden sich dort, wo später die massive Baracke in L-Form entstand, waren aber kleiner als diese. Das Rondell existierte nicht mehr.
Insgesamt wurden sieben verschieden große Baracken errichtet. Unterrichtsbaracken und Werkstätten wurden meistens in Holzständerbauweise gebaut und Lagerräume und Ateliers massiv.
Auf dem Hof gab es einen Brunnen und die Skulptur des Logos der FAK und an einer Hauswand eine Sonnenuhr. Die Verbindungsmauer zwischen dem linken und rechten Teil der FAK war mit einem Relief versehen und in den Blendfenstern waren ebenfalls Reliefs eingearbeitet.
Die nebenstehenden Wohnhäuser „Tabea“ und „Waldfriede“ wurden in Internate für die etwa 100 Studenten umgewandelt. Im Zusammenhang mit der Einrichtung der Fachschule für angewandte Kunst entstand auch der Trafo-Turm.
Zur Geschichte der Fachschule:
Der Maler Werner Laux hatte das Käthe-Kollwitz-Kunstschule in Berlin-Reinickendorf gegründet, musste sie aber wegen politischer Anfeindungen gegen die „Rote Schule“ 1948 aufgeben. In der SBZ fand er materielle und ideelle Unterstützung zur demokratischen Neugestaltung des Bildungssystems und zog daher aus der französischen Besatzungszone um. 1948 bekam er den Auftrag von der SED-Parteiführung zur Einrichtung einer FAK in der nördlichen SBZ. Bisher erfolgte die Orientierung im Nordosten an Kunstgewerbeschule Stettin und die Ausbildung für Mecklenburger nur in Kunstakademie Berlin-Charlottenburg oder Hamburg und Kiel. Das alles war nach der Gründung der DDR nicht mehr erreichbar.
In ersten Beratungen in Schwerin favorisierte man Putbus. Das Theater, ehemalige Lehrerseminar und die Schauspielschule waren vorhanden und Putbus sollte als Kleinstadt der Künste angewandte und darstellende Kunst verbinden. Die Insellage war aber zu weit weg von Industriestandorten und die ideologische Vorgabe lautete, Kunst und Produktion zusammenzuführen.
Laux fand den Umsiedler aus der Slowakei Prof. Irmfried Liebscher, der in Kröpelin die alte Tradition keramischer Manufaktur wieder zu beleben versuchte und bei der Firma Fischer tätig war. Beide gingen auf die Suche nach einem Standort. Ihnen wurden mehrere verwaiste Schlösser angeboten, sie haben sie besichtigt und verworfen. Ende 1949 kamen sie auf Wismar, wo die Nähe zur Werft optimal war. Laux bekam in Hoben ein Atelierhaus und es entstand ein enger Kontakt zur Werft und Direktor Pennig. Die Fachschule fand ein erstes Domizil im ehemaligen Schifferkompanie in der Altstadt Kleine Hohe Straße 13, weitere zugesichert,
1949 gab es 80 Bewerber für die damals noch „Arbeitsschule für Güte und Form“ genannte Schule. 1950 folgte die Eröffnung, jetzt als „Fachschule für gestaltende Technik“ und am 01.11.1950 war der Studienbeginn. In der DDR gab es 1952 eine Gebietsreform weg von Ländern und hin zu Bezirken. Mecklenburg-Vorpommern wurde zu den Bezirken Rostock, Schwerin und Neubrandenburg und die Fachschule sollte alle drei Bezirke abdecken. Darum gab es Erweiterungspläne der Fachschule. Aber auch die Werft wollte die Fachschule für Schiffbautechnik vergrößern. Auch die Grenzpolizei erhob Ansprüche auf Flächen und Gebäude und die Stadt Wismar konnte den Verdrängungswettkampf nicht ausgleichen.
Reinhard Schmidt übernahm 1952 von Werner Laux, der an die FAK Berlin Weißensee ging. Es wurde ein Standort der Fachschule in Kröpelin geplant und auch begonnen, aber der Rat des Bezirkes bot jetzt das frei gewordene Kinder-Erholungsheim in Heiligendamm an.
Im April 1953 wurde das Gebäude gesäubert, ein baufälliges Wirtschaftsgebäude abgerissen
und für Fundamente der Baracken verwendet. Hier entstanden in Eigenleistungen Ateliers und Werkstätten.
Am 17. Juni 1953 standen Studenten der ersten Matrikel in Wismar in der Abschlussprüfung in Rostock. Mehrere entschieden sich für eine Fortsetzung des Studiums an FAK Berlin-Weißensee und Kunsthochschule Dresden. Aus dem ersten Studienjahrgang entsprangen später namhafte Künstler, wie die Maler Rudolf Austen, Rolf Möller, Heinz Wodzika, die Professoren Erich John (Weltzeituhr Alex), Hubert Schiefelbein (HAB Weimar / Bauhaus-Universität) und die Innenarchitekten Gustav und Adolf Schlettwein, Rostock.
Am 7. Juli 1953 erfolgte der Umzug nach Heiligendamm, am 8. September begann das erste Studienjahr und bis dahin erfolgte die Einrichtung in Eigenleistung, Am 15.Oktober 1953 begann der Lehrbetrieb. Anfangs gab es drei, später vier Studienjahre, unter Professor Skerl wuchs die Fachschule durch Erweiterungen auf 120-150 Studenten und 20-26 Lehrkräfte. Eine abgeschlossene Berufsausbildung war nötig, daher gab es praxisorientierte Absolventen, die in der Industrieproduktion und Planungsbüros gefragt waren. Heute werden direkt Schulabgänger aufgenommen.
1954 begann die Abteilung Schiffbau für den Innenausbau der Schiffe, besonders der Passagierschiffe der UdSSR. 1955 wurde die Abteilung Keramik unter Doris Grafe zur Baukeramik. Die Gefäßkeramik ging nach Leipzig + Sonneberg, die Textilgestaltung nach Berlin und Schneeberg, die Kunstschmiede nach Magdeburg und die Abteilung Plastik wurde aufgelöst. Das bedeutete für den Norden immer einen Verlust künstlerischen Potenzials – für die Politik war es Spezialisierung. 1957 berieten die Angehörigen der Intelligenz der DDR die besonders günstigen Ausbildungsmöglichkeiten der künftigen Gestalter des Gesichts des Sozialismus. 1969/70 wurden die Ingenieurhochschulen geschaffen. Es entstanden die Abteilungen Dekorative Malerei unter Johannes Großmann und Farb- und Oberflächengestaltung inklusive nun doch wieder Baukeramik in Heiligendamm.
Unter Prof. Skerl gab es zuletzt 5 Abteilungen:
- Abt. Grundlagenstudium, Abteilungsleiter: FS-Dozent Rolf Czerwinski
· Abt. Gesellschaftswissenschaften, Abteilungsleiter: FS-Dozent Dr. Strehl
· Abt. Raumgestaltung, Innenarchitektur, Abteilungsleiter: FS-Dozent Wolfgang Becker
· Abt. Farb- u. Oberflächengestaltung, Abteilungsleiter: FS-Dozent Joh. Großmann
· Abt. Produktgestaltung, Abteilungsleiter: FS-Dozent Günter Börner
· Fachbereich Schmuckgestaltung, Abteilungsleiter: Dr. Erhard Brepohl
Die Fachschule sollte eine Fachhochschule werden, aber die Voraussetzungen waren nicht gegeben. Es gab 1974 eine Studie zur Entwicklung der Ingenieurhochschule Wismar, die schon damals die Integration der FAK dorthin vorschlug. Man wollte also schon 20 Jahre nach der Ausgliederung die FAK zurück nach Wismar bringen. Dann wären technische und ökonomische Wissenschaften und Künste vereint, wie es 1908 von Gründer Robert Schmidt gewollt war. Aber es gab Schwierigkeiten in der Kooperation zweier Ministerien in Berlin und Probleme mit räumlicher Unterbringung, sodass die Trennung weiter nötig war. Außerdem hatten die Entscheider keine Kenntnis der Geschichte der Ingenieurhochschulen und folgten daher nicht den Intentionen des Gründers. Dafür bekamen die Fachschulen nun einen neuen Namen: Fachschule für angewandte Kunst. Und die Ausbildung hieß nun „Ausbildung zur künstlerischen Formgestaltung“.
Voraussetzungen waren das Einreichen künstlerischer Arbeiten und eine mehrtätige Eignungsprüfung. Der Abschluss berechtigte zur Aufnahme eines Hochschul- und Universitätsstudiums, meistens fanden Absolventen aber direkt in der Industrie und im Kunstgewerbe Platz, z. B. als Industrieformgestalter für Spielzeug, Keramik, Schmuck, Bildhauer, Grafiker, Innenarchitekt. Es gab aber auch wenige freischaffende Künstler, diese waren jedoch nicht wie bei Kunsthochschulen automatisch im Künstlerverband.
1951-1990 gab es in der DDDR sieben Fachschulen für angewandte Kunst in Erfurt, Leipzig, Magdeburg, Potsdam, Schneeberg, Sonneberg und Wismar
1991 wurde die FAK dann endlich zur Fachhochschule, aber 1992 in die neue Hochschule Wismar eingefügt, die die geschlossene Technische Hochschule THS Wismar ablöste. Im Jahr 2000 erfolgte der Bezug der Neubauten an der Kuhweide und am 11.06.2000 das Abschlussfest in Heiligendamm mit 1500 Studenten aus allen Jahrgängen.
Die dörfliche Abgeschiedenheit, familiäre Atmosphäre und das diplomatische Geschick einiger Professoren ermöglichten kleine politische Freiräume. Heiligendamm galt als studentisches Schlaraffenland und die Seifenkistenrennen, Fasching, Drachenfest und 70er-Jahre-Partys waren legendär.
Die Leiter der FAK waren:
1950-1952 Prof. Werner Laux
1953-1953 Reinhardt Schmidt, Bildhauer „Heiden von Kummerow“, „Vater und Sohn“ „Der Melker“
1957-1967 Gerhard Präkelt, Architekt
1967-1970 Siegfried Stöbe
1970-1972 komm. Dr. Helmut Rothert
1972-1990 Dr. Joachim Skerl
Quelle: Reno Stutz, Matthias Schubert – Zur Geschichte des Studiums in Wismar
Während der Sommerferien diente die Schule als Ferienlager für Schüler aus Berlin und der CSSR und vom Domowina organisierte Ferienlager sorbischer Schüler. 1990 fanden die letzten drei Durchgänge als Ferienlager statt. Als nach dem Verkauf Heiligendamms klar wurde, dass die Fachschule aufgelöst werden sollte, schrieben sich auffallend viele Studenten ein. Dreihundert sollen es gewesen sein.
Trotzdem musste die FAK am 11.06.2000 schließen. Mit einem Frühschoppen und kunstvollen Botschaften wie „Feierabend“ auf den Gebäuden wurde sich aus Heiligendamm verabschiedet. Am 18.09.2000 eröffnete die FAK nach 51 Jahren wieder an ihrem alten Standort in Wismar als Abteilung der Fachschule Wismar.
Die EntwicklungsCompagnie Heiligendamm GmbH & Co. KG (Jagdfeld) erwarb die beiden zusammenhängenden Gebäude, zog mit den Büros der Gesellschaften der Jagdfeld-Gruppe in das rechte Gebäude und ließ 2007 zum G8-Gipfel das linke abreißen.
Zunächst entstand im Hochparterre eine Ausstellung über drei Räume und im Speisesaal ein Show Room. Alle anderen Räume waren Büros, Konferenz- und Arbeitsräume.
2019 zog die Ausstellung in das Obergeschoss des roten Anbaus um, wo sie in einen ganzen Raum passt. Die drei bisherigen Räume wurden zu Büros.
Die Aula soll wiederbelebt und ein Imbiss eröffnet werden. Die Räumlichkeiten sollen für Präsentationen und Vorträge genutzt und die Ausstellung um Themenbereiche erweitert werden.
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