Orangerie (Wäscherei, Konsum)
Standort:
Kühlungsborner Str. 22, 22a
54.14304145392962, 11.840831085362904
Bauzeit: 1878
Bauherr: Aktiengesellschaft Baron Otto von Kahlden und Herzog Hugo von Hohenlohe-Öhringen und Ujest
Architekt: Kayser & Großheim, Berlin
Sanierung: 2000-2003
Architekt: über den Projektentwickler EntwicklungsCompagnie Heiligendamm GmbH & Co. KG
Eigentümer: Aktiengesellschaft Baron Otto von Kahlden (1878-1900), Rudolf von Kahlden (1900-1911), Herzog Hugo von Hohenlohe-Öhringen und Ujest (1873-1885), Walter John (1911), Ostseebad Heiligendamm GmbH unter Gläubigerkonsortium (1911-1922), unter Baron O. A. Rosenberg (1922-1938), Beschlagnahmung durch das Deutsche Reich (1938), Reichsmarine (1938-1945), Beschlagnahmung durch die SMAD, herrenloses Gut (1945-1949), DDR über den FDGB (1949-1952), DDR über die Sozialversicherungsanstalt (1952-1990), Ostseeklinik Heiligendamm GmbH (1990-1993), BRD über Oberfinanzdirektion (1993-1997), FUNDUS-Gruppe über EntwicklungsCompagnie Heiligendamm I GmbH & Co. KG (Jagdfeld) (1997-2012), Grand Resort Heiligendamm GmbH & Co. KG (Morzynski) (seit 2013)
Nachgewiesene Nutzungen: Post und Telegrafenamt, Erfrischungsraum, Lagerraum für mediterrane Gewächse (1878-1936), Hausfeuerwehr (1925-1936), Garagen, Schlosserei (1936-1938), Reichsmarine (1938-1945), SMAD (1945-1948), Wäscherei und Werkstatt des Sanatorium für Werktätige Heiligendamm, Konsum (1948-1990), Ostseeklinik Heiligendamm, Verkaufsstelle (1990-1997), Leerstand (1997-2000), Sanierung (2000-2003), Hotel und Gewerbeflächen (seit 2003)
Sanierungssumme: 17,3 Mio. Euro
Beschreibung:
Die Orangerie besteht eigentlich aus zwei aneinandergesetzten Gebäuden. Als Orangerie diente nur der Teil, der von Nord nach Süd ausgedehnt an der Zufahrt zu den Cottages steht. Der langgezogene Bau bildete den Abschluss des Grand Hotels nach Süden. Die Orangerie besteht aus drei Gebäudeteilen. Die Mitte bildet ein langgesteckter zweigeschossiger Bau mit elf Fensterachsen im Obergeschoss und acht Türen im Erdgeschoss.
Über die ganze Länge der Nordseite gibt es eine offene Loggia, von der Treppen in den Park führen. Besonders auffällig ist die Verzierung mit Fachwerk zwischen den Fenstern. Das Fachwerk hat die Form eines horizontal durchgestrichenen X. Es entsteht der Eindruck, als würde das Obergeschoss auf einem dichten Gebälk zu liegen. Dieses Motiv ist an den Türmen der Villa „Möwe“ erstmals zu sehen. Alle Fenster im Obergeschoss haben Fensterläden. Die Rückseite ist identisch mit der Vorderseite.
Zwei Seitenrisalite bilden rechts und links den repräsentativen Abschluss. Das ist ein typisches Motiv für Orangerien. Beide Teile haben drei Achsen. Im linken sind sie komplett mit Fenstern besetzt. Es kommen wie beim Mariencottage rechteckige Sprossenfenster mit geraden Bekrönungen zum Einsatz. Zwischen den Geschossen gibt es waagerechte Gesimse und im Obergeschoss sind auch die Fenster auf ein Gesims gesetzt.
Der Gebäudeteil hat zwei Vollgeschosse und ein Dachgeschoss, das zwar Fenster hat, aber praktisch nicht bewohnbar ist. Die Rückseite ist identisch. Nach Osten hatte dieser Gebäudeteil drei Fenster im Obergeschoss.
Im rechten Gebäudeteil wiederholen sich die drei Achsen, aber hier kommen nur im Erdgeschoss rechteckige Fenster und eine Tür zum Einsatz. Im Obergeschoss haben die Fenster leichte Rundbögen und liegen auch hier auf einem Gesims. Die Geschosse sind hier nicht noch einmal optisch geteilt. Im Gegenteil hat man drei gerade Bekrönungen über den Rundbögen gewählt. Sie sind verziert und die Ecken das Gebäudes deutlich hervorgehoben und überhöht. Das Mezzanin ist hier ein nutzbares Geschoss. Die Rückseite besteht aus zwei an die Ecken gesetzten Achsen, unten mit je einem Fenster mit Rundbogen, oben mit den von Villa „Krone“ bekannten Fensterpaaren und im Mezzanin mit zwei kleineren rechteckigen Fenstern. Die Bekrönungen entsprechen der Vorderseite.
Die den Cottages zugewandte Seite hat vier Achsen. Unten wiederholen sich die Motive der Fenster mit leichten Rundungen und oben die kleinen Fenster im Mezzanin. Im Obergeschoss bilden vier reich bekrönte Fensterpaare die Beletage.
Zweifellos diente die Orangerie nicht allein der Unterbringung und Zucht von mediterranen Pflanzen. Das ist auch nicht die einzige Aufgabe der Orangerien. Die lichten Gebäude voller Exotik sollten auch repräsentative Zwecke erfüllen. Das war hier zweifellos der Fall. Ob hier überhaupt exotische Pflanzen gelagert wurden, ist gar nicht überliefert.
Im rechten Winkel an die Orangerie angebaut, aber nicht auf einer Linie mit der Orangerie wurde zur Straße hin ein zweiter Baukörper gebaut. Es diente als Post- und Telegrafenamt, aber auch Garagen waren hier untergebracht. Der ebenfalls langgestreckte Bau wirkt durch den Mittelrisalit mit Dreieckgiebel ein wenig klassizistisch. Er hat drei Achsen, von denen die Mittelachse unten mit einer Tür versehen ist. Außer diesem überragenden, aber nicht hervor stehenden Mittelteil hat der Rest des Hauses kein Spitzdach, sondern ein flaches Dach. Es verbirgt sich zur Straßenseite hinter einer gemauerten Attika.
Diese wurde als Werbefläche genutzt. Der rechte Teil des Gebäudes hatte fünf Achsen mit zwei Türen und der linke wurde durch sieben Doppelfügel-Garagentore mit rautenförmigen Fenstern in jedem Flügel ausgefüllt. Vom Haus gingen Telegrafenleitungen zur Straße nach Doberan. Die Rückseite ist nicht dokumentiert. Es scheint einen Hof gegeben zu haben.
Zu DDR-Zeiten wurde hauptsächlich der zweite Gebäudeteil verändert. Von den Garagentoren ließ man die beiden linken für eine Hausschlosserei bestehen. Diese existierte bis 1974. Die anderen fünf wurden durch vier Fensterpaare und ein Fenster-Tür-Paar ersetzt.
Die Tür im Mittelrisalit wurde nach rechts versetzt. Im rechten Teil wurden aus den Fensterpaaren drei große Schaufenster gemacht. Auch an der Nordostecke wurde ein Schaufenster eingebaut.
An der Orangerie selbst wurden die Loggien und der Zierrat entfernt. Das Fachwerk verschwand zumindest optisch. Im rechten Seitenbau wurden die Fenster in der Mittelachse oben und im Mezzanin zugemauert und blind gelassen.
Bei der Sanierung wurde die Orangerie nach altem Vorbild rekonstruiert. Den angebauten Teil riss man bis auf die vier Mauern des Risalits ab und baute das Gebäude komplett neu auf. Der Risalit wurde um eine Etage erhöht und die beiden Seiten auch zweistöckig.
Somit hatte das gesamte Gebäude nun durchweg dieselbe Höhe.
Die alte Form wird weiterhin angedeutet, indem das obere Geschoss auf neun Achsen links und auf allen sechs Achsen rechts hinter einer gemauerten Balkonbrüstung ähnlich der Attika zurück gesetzt ist.
Die linke Ecke steht hervor und bildet einen Abschluss. Die Dachfläche bildet eine Dachterrasse, die vom Mittelrisalit aus erreichbar ist. Im Erdgeschoss wurden insgesamt neun und an der Nordostecke drei vierflügelige bodentiefe Fenster mit integrierten Türen verwendet.
Nach hinten entstand ein neues Ambiente. Der linke Gebäudeteil wurde zwischen dem Mittelrisalit und der elften Achse weit herausgezogen. Die beiden Achsen des südlichen Abschlusses wurden nicht herausgezogen, sodass die Ecke auch hier noch einmal betont wird. Das Untergeschoss hat vier plus in der Ecke ein vierflügeliges Fenster mit integrierter Tür und im Obergeschoss wiederholen sich die fünf Fensterpaare der Vorderseite.
Hier allerdings in ganzer bodentiefer Höhe sichtbar, denn satt einer gemauerten wurde eine filigrane Eisenbrüstung verwendet. Die Fensterfront ist hier zurückliegend, sodass sich eine große Loggia bildet. Die Eckbetonung wurde hier auch an den herausgezogenen Ecken angedeutet. Der Mittelrisalit ist hinten mit vorn identisch. Damit die Doppelflügeltür sich nicht in der Nische verliert, wurde ein dezenter, aber wahrnehmbarer Arkadengang vorgesetzt. Hinter dem Haus befindet sich eine Rasenfläche.
Alle Gebäudeteile sind nach hinten und zur Seeseite mit kleinen Hecken und Vorgärten umgeben, in denen vorrangig weiße Hortensien wachsen. Vor dem Erdgeschoss des herausgezogenen Teils befindet sich eine Terrasse.
Bezüglich der Nutzung weiß man, dass mit dem Bau ein Erfrischungsraum in der Orangerie und das Post- und Telegrafenamt und die Garagen im Anbau entstanden. 1925 wurde auch eine Hausfeuerwehr in der Orangerie untergebracht. Dazu dürfte eine Garage ausgereicht haben. Die Garagen wurden bis 1945 genutzt. Kapitän zur See Bieberick erwähnt in seiner Meldung 1942, dass Flüchtlinge auch in den Garagen untergebracht wurden.
Zu DDR-Zeiten wurde der Orangerie-Teil als Wäscherei für das Sanatorium genutzt. Im anderen Teil befand sich ein Konsum, eine Schlosserei für das Sanatorium und Verwaltungsräume. Nach der Wiedervereinigung standen große Teile des Hauses leer. Der Konsum war bei der Ausschreibung 1995 noch in Betrieb. 1997 ging das Gebäude als eines von 26 Immobilien im Paket an die FUNDUS-Gruppe.
Sie sanierte die Orangerie von 2000 bis 2003, baute den Anbau neu auf und schuf im Erdgeschoss Gewerbeflächen. Im linken Teil eröffnete der Friseur LE COVP und im rechten Teil eine Filiale des Departmentstore 206 von Anne Maria Jagdfeld. Der Rest des Hauses diente dem Grand Hotel als Zimmer, in der Orangerie auch als Maisonettewohnungen.
Die Orangerie diente wegen ihrer Randlage als Hypothekenobjekt und wurde unter anderem mit einer Landesbürgschaft über 4 Mio. Euro für das Grand Hotel belegt. Im Zuge der Insolvenz zogen die Gewerbe aus. Der Insolvenzverwalter nahm die Betten der Orangerie und der Burg aus der Vermietung heraus. Die Orangerie sollte für 5 Mio. Euro verkauft werden, obwohl die Sanierung 17,3 Mio. gekostet hatte.
Die MEDIAN-Klinik zeigte Interesse für die Unterbringung von Selbstzahlern. Die dahinter stehenden Gesellschafter gaben ein Gebot ab, zogen es dann aber zurück, als ein Streit um die Orangerie entbrannte. Die Median-Klink bekräftigte ihr Interesse 2013 und 2013 noch einmal, kam aber nicht zum Zug und richtete später ein Kurhotel für Selbstzahler im eigenen Haus ein.
2007 stand die Orangerie nach starken Regenfällen teilweise unter Wasser, weil der Teich der Median-Klinik überlief. Zusammen mit der Feuerwehr wurden Maßnahmen getroffen, um einen Überlauf für den Teich zu schaffen.
Beim Verkauf des Grand Hotels an die Gesellschaft von Paul Morzynski im Jahr 2013 gehörte die Orangerie nicht zum Verkaufsgegenstand. Er konnte sie aber erwerben und wieder dem Grand Hotel zuordnen. 2018 wurden die Wohnungen durch Umbauten so verändert, dass man zwei Wohnungen zusammenlegen kann. Im westlichen Teil entstand ein Teenager-Club und in die Gewerbeflächen zogen und Jens Aselmeyer mit dem „Designer Store“ ein.
2013 eröffnete Franz N. Kröger die „Galerie Orangerie“ ein. Die Initiative dafür ging vom damaligen Hoteldirektor Tim Hansen aus. Die Galerie war bei den Hotelgästen und den Kurgästen sehr beliebt. Aussteller waren Otmar Alt, Frank Beuster, George Braque, Bruno Bruni, Horst Antes, Hans Bellmer, Georg Baselitz, Malte Brekenfeld, Christoph Chciuk, Marc Chagall, Christoph Dahlberg, Salvador Dali, Otto Dix, Rainer Fetting, K.O. Götze, Bernhardt Heisig, Joost Giese, Matthias Heinz, KANDINSKI, Rainer Kessel, Manfred Kastner-Beerkast, Paul Klee, Udo Lindenberg, Marcus Lüpertz, MIRO, Henri Mattisse, Franz Marc, Britta Naumann, Max Naumann, PICASSO, Jeannine Rafoth, James Rizzi, Günter Rössler, Russische Avantgarde, Hans Scheibner, Horst Sakulowski, Werner Tübke, Fred Thieler, Max Uhlig, Andre van Ühm, Günter Ücker, Vojnov, Frank Wagner, Andy Warhol, OTTO Waalkes, Armin Mueller-Stahl, Günter Grass, Lale Meer u.v.a.
2016 eröffneten die Designer Simone Bruns, Andrea Kummerfeldt und Jens Aselmeyer eine gemeinsame Designer-Boutique. Seit Ende 2018 führt Jens Aselmeyer die Boutique allein weiter, zusammen mit der Designerin Diana Ashal vertreibt er Designerkleidung. Unter der Marke BOUTIQUE A.SELMEYER & JOURNÉ betrieben sie in Heiligendamm den Orangerie Designer Shop-Grand Hotel Heiligendamm.
Während der Corona-Krise seit 2020 dient die Eingangshalle als Testzentrum.
Anfang 2021 wurde der Galerie Orangerie gekündigt. Franz N. Kröger ging zurück nach Kühlungsborn. Der Designer Shop erweiterte als „THE COAST CONCEPT STORE sein Geschäft. Jens Aselmeyer und Diana Ashal bieten gemeinsam Shopping in Wohlfühlatmosphäre mit Champagner, Kaviar und Austern an.