Schulfest vs. Stadtvertreterversammlung.
Was für ein Kontrast! Montagabend, Sitzung der Stadtvertreter, 60 Gäste für 30 Minuten; nach dem Thema „Buchenbergschule“ die gewohnte gähnende Leere in den Zuschauerreihen. Samstagvormittag, ein paar Häuser weiter Frühlingsfest in der Kampschule in der vollen Aula über ganze drei Stunden.
Zugegeben: Man kann ein Schulfest nicht mit einer Stadtvertretersitzung vergleichen. Ich möchte das Schulfest nicht als Knüppel benutzen, sondern einfach mal einen Vergleich machen, denn auf dem Schulfest wurde mir klar, welche Parallelen es zur Politik gibt. Die Schüler wollten etwas für die Leute tun und haben sich richtig Mühe gegeben und auch Erfolg damit. Sollte Politik nicht dasselbe wollen und tun? Vergleichen wir doch einmal diese beiden gar nicht so unähnlichen Dinge:
Für ein Schulfest braucht es ein Gesamt- und viele Einzelkonzepte, gute Anleitung, lange Vorbereitung jedes Einzelnen, absolute Teamarbeit und ein gutes Miteinander. Heraus kommt ein buntes Fest mit gelungenem und abwechslungsreichem Programm, das auch wirklich unter- und die Leute auf ihren Plätzen und bis zum Schluss in der Schule hält. Und sie sogar bei Regen überhaupt erst kommen lässt. All das ist den Schülern und Lehrern gelungen, übrigens nicht zum ersten Mal.
Das kann man natürlich nicht mit einer Stadtvertretersitzung in Bad Doberan vergleichen, in der es eben kein Gesamtkonzept, keine Einzelkonzepte, keine wirklich durchsetzungsfähige Anleitung, eher miserable Vorbereitung einiger Teilnehmer und keine Teamarbeit und kein gutes Miteinander gibt. Politik soll ja Sacharbeit leisten und nicht unterhalten, in Bad Doberan gelingt ersteres nicht und zweites trotzdem:
Eine halbe Stunde lang wird über ein Thema diskutiert, über das schon seit Monaten in Ausschüssen gesprochen wurde. Dazu sind Ausschüsse ja da: Ein Querschnitt der Stadtvertretung soll im Ausschuss eine Einigung erzielen und diese dann zum Beschluss in die Stadtvertreterversammlung geben. Normalerweise steht der Ausschuss gegenüber den restlichen Stadtvertretern kurz Rede und Antwort und überzeugt mit den Antworten zur Zustimmung zu dem, was lange und gut vorbereitet wurde. Überzeugt er nicht, geht die Sache per Abstimmung zurück in die Ausschüsse zur Nachbesserung. So funktioniert handlungsfähige Politik. Ein Thema kann in 10 Minuten durch sein. Das funktioniert bei „kleinen“ oder „einfachen“ Themen auch in Bad Doberan regelmäßig, nur wenn es um Heiligendamm geht, regelmäßig nicht.
Wie „handlungsfähig“ man in Bad Doberan ist zeigt folgende Begebenheit:
Die Unabhängige Doberaner Initiative (UDI) bringt eine Beschlussvorlage ein, in der sie einfach gesagt die Umwandlung des Hotelparks in Heiligendamm in einen öffentlichen Wald fordert. Wortführer ist Guido Lex, es wird ausgiebig diskutiert. Dann wird die Beschlussvorlage mehrheitlich abgelehnt.
Nun kommt der Bürgerbund mit einer sehr ähnlichen Beschlussvorlage, die dasselbe fordert und darüber hinaus die Schaffung eines Küstenwanderweges, also quasi eine Enteignung. Wortführer ist neben „echten“ Bürgerbundlern wieder Guido Lex, obwohl dieser den Bürgerbund 2013 verlassen hat und mit einer eigenen Partei (eben der UDI) angetreten ist. Der Bürgerbund lässt Lex für sich reden und macht damit die in den Medien vor Monaten noch betonte Trennung in UDI und Bürgerbund zur Farce. Für die Umsetzung der Beschlussvorlage ist eine Änderung des Bebauungsplanes nötig.
Berechtigterweise fragen einige Stadtvertreter, ob man sich die Kosten dafür denn leisten könne. Es gibt darauf keine klare Antwort, wir erinnern uns aber, dass man – sinngemäß wiedergegeben – „nur wegen Klaus König und seinem Strandzentrum den Bebauungsplan nicht für viel Geld ändern wird, weil die Stadt sich das nicht leisten könne“. Nun scheint plötzlich Geld da zu sein – nicht um ein Strandzentrum zu realisieren, aber um einen von der ECH für viel Geld angelegten Park dem Hotel zu entziehen und öffentlich zu machen (mit der Konsequenz, dass er dann genauso wieder verwildert, wie der von der Stadt auf Grund von Personalmangel mehr schlecht als recht gepflegte Kurwald).
Die Stadtvertreter stimmen genau dem zu, was sie eben noch abgelehnt haben: Während sie der UDI-Beschlussvorlage eine Absage erteilten, stimmen sie der Bürgerbund-Beschlussvorlage zu und geben damit die Botschaft:
Nein, wir wollen keine Umwandlung des Hotelparks in einen öffentlichen Wald.
Ja, wir wollen eine Umwandlung des Hotelparks in einen öffentlichen Wald und darüber hinaus den Bau eines Küstenradweges mit allen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen zu Lasten der Stadt.
Das ist Unterhaltung einer ganz eigenen Art, „Kasperle-Theater auf hohem Niveau“, wie jemand es kommentierte. Leider verliert das ganze Gremium – und damit die ganze Doberaner Lokalpolitik – mit solchen Zickzack-Aktionen endgültig ihre Glaubwürdigkeit. Wie stehen wir jetzt da? Was denken Leute und Unternehmen über Bad Doberan, die von Beschlüssen solcher Leute abhängig sind oder als Investoren einmal sein könnten? Wer will in solchen „Wackelpudding“ noch Geld investieren? Und vor allem: Wer regiert wirklich Bad Doberan? In wie vielen Händen liegt die Macht im Rathaus wirklich?
Link-Tipp:
Ein Beobachter der Stadtvertretersitzung berichtet über seine Eindrücke:
http://www.zukunft-heiligendamm.net/im-nebel-der-nacht
Ja, Kasperle-Theater. Aber leider ist es nicht mehr lustig. Man sagt als jemand, der nicht gebürtig aus der Region kommt, inzwischen nicht mehr: Okay, die können das nicht, die lernen das aber bestimmt noch. Alle noch ein wenig unbeholfen und unbedacht, aber das gibt sich schon. Wirtschaftliches Denken, mit Investoren umgehen – alles nicht gelernt in der Planwirtschaft, okay. Kommt aber bestimmt noch! Nein, inzwischen ist das nur noch traurig. Die Hoffnung liegt auf der nächsten Generation. Die Generation Lex muss abdanken. Sie hat genug Schaden angerichtet.
Das stimmt: Es ist nicht mehr lustig. Auch ich hoffe auf die nächste Generation, aber mir wurde auch immer wieder die Frage gestellt: Wo soll das her kommen? Die Kinder sind ja auch wieder Kinder der jetzigen Eltern.