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Hintergrund: Sind die Residenzen Heiligendamm Dauer- oder Ferienwohnungen?

Hartnäckig hält sich bei den Einheimischen das Gerücht, in den Villen der „Perlenkette“ würden Ferienwohnungen entstehen. Vielleicht steckt Absicht dahinter, denn Ferienwohnungen haben einen schlechten Ruf, werden doch aktuell wie in den 1960er bis 1980er Jahren ganze Dörfer mit meist architektonisch anspruchslosen Fewo-Blöcken zugepflastert und für immer zerstört. „Das werden bestimmt Ferienwohnungen“ ist inzwischen ein geflügeltes Wort für „Ich mag das nicht“. Und es gibt so einige, die das, was in Heiligendamm geschieht, nicht mögen.

Doch was ist dran am Gerücht?

Tatsache ist, dass der ursprüngliche Bebauungsplan von einem Sondergebiet „Hotel“ auch für die Perlenkette ausging. Ob das nun als Teil des bestehenden Grand Hotels oder als eigenes Hotel betrieben werden sollte, darüber war man sich offenbar nicht im Klaren, musste ja auch erst einmal die Entwicklung des Grand Hotels und des Fonds abwarten. Es zeigte sich schon ein Jahr nach der Eröffnung, dass die Perlenkette nicht Teil des Grand Hotels sein kann.

Der wichtigste Grund war die Finanzierung: Ging man bisher davon aus, die Sanierung über einen zweiten geschlossenen Immobilienfonds zu finanzieren, platzten diese Träume mit Gesetzesänderungen der rotgrünen Regierung wie Seifenblasen. Das Ende der geschlossenen Immobilienfonds wurde durch Änderungen im Steuerrecht eingeleitet. Der Fonds Nr. 34 für das Grand Hotel stagnierte bereits, sodass an einen weiteren gar nicht zu denken war.

Woher aber sollte dann das Geld für die Sanierung der Villen kommen? 

Die EntwicklungsCompagnie Heiligendamm (ECH) plante um und konzipierte die Villen zu Häusern mit Wohnungen mit Hotelservice. Allerdings konnte das Grand Hotel diese nicht betreiben, sodass hinter den Villen ein neues Gebäude entstehen soll, das als Versorgungszentrum dient und zugleich auch einen Ballsaal beherbergen sollte. Zusätzlich sollte noch eine neue Villa entstehen, um die Zahl der Wohnungen zu erhöhen.

Da die Sanierung der Perlenkette auf Grund des Grundlagenvertrages zwischen Stadt und Investor erst nach der Eröffnung des Grand Hotels geschehen durfte, lag die ECH im Jahre 2004 noch voll im Plan. Das wurde allerdings durch eine aufkeimende öffentliche Diskussion – hauptsächlich um die Wegeverbindungen über das Hotel- und Villengelände – verzögert. Ein Werkstattverfahren und ein Expertenkolloquium sorgten für Stillstand. Erst zwei Jahre später konnte die ECH mit der Vermarktung der Wohnungen beginnen.

Nun stellte sich heraus, dass diese Wohnungen gar nicht verkäuflich sind.

Interessen gab es durchaus und angeblich auch viele, aber zwei Dinge schreckten ab:

  1. Die Wohnungen durften nicht ganzjährig bewohnt werden.
  2. Die Parkplätze befanden sich am Ortsrand.

Problem Nummer zwei wurde mit der Planung einer Tiefgarage gelöst und Problem Nummer eins mit einer Vereinbarung zwischen Stadt und Investor, dass Dauerwohnen erlaubt ist.

Als die dazu gehörigen Beschlussvorlagen durch die Stadtvertretung mussten, entbrannte ein Streit, der über Jahre anhielt und erst in einer Mediation 2015 beigelegt werden konnte. Die Änderungen wurden 2008 genehmigt, traten aber wegen eines Formfehlers erst 2010 in Kraft.

 

Gleich darauf begann die ECH mit der Sanierung der ersten Villa, indem sie die 2007 abgerissene Villa „Großfürstin Marie – Perle“ originalgetreu wieder aufbaute. Als das Grand Hotel 2012 Insolvenz anmelden musste, verlängerte der Landkreis auf Drängen der Stadt die Baugenehmigungen nicht weiter. Begründet wurde das damit, dass der Bebauungsplan „Wohnen mit Hotelservice“ vorsieht, aber durch die Insolvenz des Grand Hotels kein Hotelservice mehr bestünde. Investor Anno August Jagdfeld legte Widerspruch ein, der aber nicht bearbeitet wurde, woraufhin er juristisch vorgehen musste, um eine Bearbeitung zu erreichen. Die Widersprüche wurden vom Landkreis abgelehnt, sodass die Sache vor Gericht ging, das Jagdfeld Recht gab. Auch eingeklagte die Erteilung der Verlängerungen enthielt dann durch den Landkreis gemachte Fehler, die aber nicht daran hinderten, die Sanierung zu beginnen. Nach der „Großfürstin Marie – Perle“ wurde 2016 mit der Sanierung der Villa „Greif“ begonnen und nun mit der Sanierung der Villa „Möwe“.

 

Heute sind in der ersten Villa alle Wohnungen verkauft.

Inzwischen wurde der Bebaungsplan Nr. 25 erneut geändert und die Nutzung ist jetzt berücksichtigt, steht also nicht mehr nur in einem Vertrag, sondern im Bebauungsplan.

Das heißt: Die Erwerber der Wohnungen in den Villen (inzwischen wegen eines Namensstreits mit dem Adlon-Erben Percy Adlon in „Residenzen Heiligendamm“ umbenannt) dürfen das ganze Jahr über in ihren Wohnungen wohnen.Sie können natürlich ihre Wohnungen auch unter- oder weitervermieten oder im Rahmen des rechtlich Möglichen an Urlauber vermieten.

 

Das macht aber keinen Sinn:

In einem Immobilienportal wird eine 110 qm große 3-Zimmer-Wohnung im Dachgeschoss der Villa „Greif“ für 1.549.800 € angeboten.

Das ist nicht die teuerste, aber auch nicht die billigste Wohnung und damit eine gute Berechnungsgrundlage für die Refinanzierung des Kaufpreises.

 

Gehen wir davon aus, dass jemand, der in einer Ferienwohnung Urlaub macht, nicht die Preise zu zahlen bereit ist, die er nebenan im Grand Hotel zu zahlen hätte. Dort liegt die Durchschnittsrate bei 268 €, also gehen wir davon aus, dass ein Perlenketten-Gast höchstens 200 € bezahlen will. Wie viele Nächte müsste man also die Ferienwohnung belegen können, um allein den Kaufpreis wieder einzuspielen?

7.749 Nächte! Das sind 21 Jahre am Stück – jede Nacht.
Realistisch sind sogar nur 100 bis 150 Tage Belegung im Jahr, also hätte man den Kaufpreis erst in über 50 Jahren wieder raus.

 

Das zeigt, dass es absolut keinen Sinn macht, eine Wohnung in einer der Residenzen zu kaufen und sie dann an Gäste zu vermieten. Anders wäre es freilich, wenn es schon das Ensemble-Palais als Versorgungszentrum gäbe und man aktive gebündelte Angebote mit dem Grand Hotel hätte. Das wäre ein Mehrwert für die Villen-Gäste, für den man auch mehr Geld verlangen könnte.

Nachtrag 06.02.2019: Inzwischen ist der Quadratmeterpreis auf 16.000 Euro gestiegen und die erste Ferienwohnung in der Villa Greif ist für 195-315 Euro pro Nacht zu haben – in der Saison mit Mindestmietdauer von 5 Übernachtungen. Würde man also jetzt eine vergleichbare Wohnung in Villa „Seestern“ kaufen, bezahlt man 1.422.960 Euro bzw., da Ferienvermietung vorgesehen, ohne Mehrwertsteuer 1.315.931 Euro. 

Die derzeitige Miete berücksichtigt die Bauarbeiten, wird also noch steigen. Selbst bei einer (eher unwahrscheinlichen) Verdopplung auf 390-630 Euro kommt man im Durchschnitt (510 Euro) nur auf 186.150 Euro Einnahmen im Jahr bei 100% Auslastung und vor Steuern. Um den Kaufpreis wieder einzuspielen, braucht es also nach wie vor mehr als 15 Jahre. Das ist eher eine Altersvorsorge für junge Leute oder die Kinder älterer Leute. als die Möglichkeit, schnelles Geld zu machen. 

 

Das beweist, wie sinnvoll das Grundkonzept ist – und wie sinnlos Ferienwohnungen.

Bevor man nun zum Umkehrschluss kommt, dass man stattdessen eine billigere Ferienwohnung kaufen solle: Man sollte sich immer das Umfeld umschauen und dabei aus Sicht der Gäste vorgehen: Wo bekomme ich morgens mein Frühstück? Wo kann ich einkaufen gehen? Was kann ich den Tag über hier alles tun? Was sollte ich hier unbedingt mal gemacht haben, wofür es sich überhaupt lohnt, gerade hier her zu kommen und nicht woanders hin zu fahren? Wo kann ich hier abends essen gehen? Worüber werde ich Freunden und Verwandten berichten?

Ferienwohnungen sind dazu gedacht, auch dann noch eine Unterkunft zu finden, wenn alle Hotels und Pensionen voll ausgebucht sind. Ferienwohnungen sind immer die zweite Wahl, weil man sich selbst versorgen und im Prinzip woanders wie zu Hause leben muss. Für einige ist das eine gute Art, Urlaub zu machen, aber für die meisten ist das Plan B, weil alle Unterkünfte belegt sind oder sie sich nichts anderes leisten können. Das heißt auch, dass man als Fewo-Anbieter die Preise nicht hoch ansetzen kann, zumindest unter denen der Hotels bleiben muss, einmal von begehrten Feiertagen abgesehen. Auf jeden Fall sind Ferienwohnungen in den Residenzen eine gute Möglichkeit der ganz klassischen Altersvorsorge, aber die Mehrheit der Erwerber liebt Heiligendamm und will dort wohnen – wenigstens im Urlaub.

Generell lohnen sich Ferienwohnungen für Anleger nur, wenn sie Teil einer großen Anlage sind, zu der ein Hotel oder eine besondere Freizeiteinrichtung gehört und sei es ein Wellnessschloss, ein Yachthafen, ein Freizeitpark oder ein touristisches Gewerbegebiet.

In Heiligendamm gibt es durchaus Ideen für einen Apartmentkomplex und ein Villenviertel und gerade letzteres soll eine Art Feriengebiet werden. Allerdings ist die Klientel hier dieselbe, wie in den Wohnungen der Perlenkette und damit sind auch die genutzten Angebote dieselben und bis dahin dann definitiv ausreichend vorhanden. Ob es nun eine Wohn- oder Feriensiedlung für Besserverdiener wird, ist insofern irrelevant.

Wo Ferienwohnungen aber nur für sich stehen, muss die Lage top sein. Direkt am Sandstrand gelegen funktioniert eine Ferienwohnung auch, wenn sie noch so abgelegen ist – solange es bei einer bleibt. Eine Ansammlung wie in Börgerende mit bald hunderten von Ferienwohnungen hinter einem Deich an einem ungepflegten Strand und ohne richtige touristische Infrastruktur lockt einen Hund aber nur einmal hinter dem Ofen hervor und dann nicht wieder.

Es gibt in Ostholstein mehrere Orte, die zwar voller großer Bauten sind, welche aber im Winter kaum genutzt werden. In Börgerende warnte selbst der Vize-Landrat Wolfgang Kraatz vor einer „Rollladensiedlung“ und während seine Weitsicht sich heute bestätigt, blieb sie doch ohne Resultate, denn es waren „seine“ Ämter, die das genehmigten und bis zum letzten Pflasterstein weiter genehmigen. An Börgerende kann man sehr gut sehen, wie Ferienwohnungen Orte zerstören. In Heiligendamm erweist es sich als Segen, dass man 1997 alles in eine Hand gegeben hat – auch wenn es Nebenwirkungen hat.

 

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