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Insolvenzverwalter Zumbaum sagt Gespräch mit Fraktionsvorsitzenden ab.

Wie es denn nun mit dem Grand Hotel weiter ginge, wollten die Bad Doberaner Stadtvertreter von Jörg Zumbaum wissen. Seit einem halben Jahr hätte er nur vertröstet und versichert, dass es mehrere Interessenten gäbe aber nichts sei geschehen, werden Fraktionschefs in der Ostsee-Zeitung vom 18.09.2012 zitiert. Die Chefs der Parteien im Doberaner Rathaus wollten sich deshalb mit Zumbaum zusammen setzen und von ihm hören, wie es mit dem Grand Hotel und den Arbeitsplätzen weiter geht. Zwei Stunden vor dem gestrigen Termin hat Zumbaum das Gespräch abgesagt.

 

Öffentliches Interesse zu groß.

Als Begründung für die Absage führt das Rathaus die Randmeldung in der Ostsee-Zeitung an, die ein derart großes öffentliches Interesse ausgelöst haben soll, dass Zumbaum nicht mehr bereit sei, mit den Fraktionschefs zu sprechen. Zugleich schlägt er aber den 29.10.2012 vor und möchte statt nur mit den Fraktionschefs mit allen Stadtvertretern sprechen.

 

Nichtöffentliche Sitzung gibt Anlass für Spekulationen.

Dieser Teil der Stadtvertretersitzung soll – wie auch das nicht stattgefundene Gespräch gestern – nicht öffentlich sein, also unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Als Grund gibt das Rathaus „Grundstücksangelegenheiten“ an, um die es z.B. bei Fragen zum Heimfall und Stichweg geht, die aber sehr allgemein wären. Einige Bürger sehen dieses Vorgehen mit Argwohn. Was soll hinter verschlossenen Rathaustüren passieren – warum wird der Bürger nicht beteiligt?

 

Was kann hinter verschlossenen Türen geschehen?

Zunächst: Was Öffentlichkeit in der Sache zu Heiligendamm bringt, hat eine Sitzung Ende 2011 im Bad Doberaner Gymnasium gezeigt, wo das Bündnis für Bad Doberan zu einer Podiumsdiskussion mit dem damaligen Bürgermeister Hartmut Polzin und ECH-Geschäftsführer Hans Schlag einlud. Bürger und Stadtvertreter beschimpften abwechselnd den Bürgermeister und den Investor – am Ende wurde viel gesagt aber der Nutzen der Veranstaltung war fraglich. So würde auch eine Sitzung mit Zumbaum darin ausarten, das dieselben Leute in der Vergangenheit herum stochern und am Ende nichts dabei heraus kommt. Darum ist eine öffentliche Sitzung in der Tat nicht sinnvoll, wohl aber sollte die Öffentlichkeit unterrichtet werden: Leider gibt es in Bad Doberan keine Videoübertragung von Stadtvertreter-Sitzungen. Das wäre eine vernünftige Methode der Einbeziehung der Öffentlichkeit.

Was kann nun hinter den verschlossenen Türen geschehen?

Ausgehen sollte man davon, dass die Stadtvertreter einfach nur wissen wollen, wie es mit dem Grand Hotel weiter geht. Vielleicht haben sie erkannt, dass auch die Entwicklung der ECH-Flächen – besonders die Vermarktung der Perlenkette – maßgeblich von der Zukunft des Grand Hotels abhängig ist. Die ECH muss wissen, wie die Zusammenarbeit mit dem Grand Hotel aussehen wird – im Moment löst Zumbaum das Grand Hotel aus der FUNDUS-Gruppe heraus und zerreißt damit wichtige Verbindungen, die ggf. ersetzt werden müssen. Die ECH muss wissen, wer in Zukunft das Housekeeping für die Perlen-Wohnungen macht, wo deren Bewohner baden, essen und sich massieren gehen lassen können und zu welchen Konditionen. Auch die Perlen-Interessenten selbst wollen all das wissen – im Moment reservieren sie nur, kaufen aber nicht und ohne das Geld aus den Verkäufen der Wohnungen einer Villa kann die ECH nicht die anderen Villen sanieren. Vielleicht haben die Stadtvertreter erkannt, dass in Heiligendamm alles von Zumbaum abhängt und wollen ihm helfen oder auch nur Gewissheit haben und ruhig schlafen können. Das wäre der Optimal-Fall.

Nun liest sich die Randnotiz der Ostsee-Zeitung aber in den Zitaten so, als wollen einige Stadtvertreter Zumbaum bedrängen, damit er Klartext redet.

Es hat schon im Vorfeld Anwandlungen von einzelnen Stadtvertretern gegeben, Zumbaum unterstützen zu wollen. FDP-Ortschef Harry Klink zum Beispiel wollte prüfen lassen, inwiefern das Grand Hotel sich erweitern könne – wissend, dass das nur auf Flächen der ECH geht. Eine Forderung an die ECH, Flächen abzutreten, würde also entweder von ihr bejaht werden und dann einen Schwanz weiterer Forderungen nach sich ziehen (der berühmte kleine Finger) oder die ECH würde die Abtretung von Flächen verneinen oder auch nur „zu viel verlangen“ (der Markt bestimmt den Preis). In dem Falle würde dann auf die ECH eingeschossen werden, das Grand Hotel behindern zu wollen. Beides ist nicht dafür gedacht, der ECH irgend einen Gefallen zu tun und Zumbaum wäre eine neue Waffe der Stadtvertreter gegen die ECH und damit Anno August Jagdfeld, um den es letztlich immer geht. Klink ist nicht allein damit, „dem Grand Hotel helfen zu wollen“: Auch andere Stadtvertreter haben es nicht versäumt zu betonen, dass „ihr Engagement nie gegen das Grand Hotel ging“.

Der Bürgerbund mit Stadtvertreter-Vorsteher Guido Lex an der Spitze fährt eine andere Schiene und setzt von Anfang an auf Konfrontation. Der Bürgerbund rückt nicht von seinen Vorhaben einer Öffnung des Hotelgeländes und Durchsetzung von Durchgangswegen für Tagesgäste und Einheimische (seine Wähler) ab. Mit dem Bürgermeister Thorsten Semrau an seiner Seite fordert der Bürgerbund gestärkt von FDP, Grüne und Linke den Heimfall der Wege über das Hotelgelände an die Stadt und den Stichweg (der aber letztlich nicht über Hotel- sondern ECH-Gelände führen soll). Zumbaum hat die Auswirkungen dieser Vorstöße relativiert, um das Wasser von den Mühlen zu nehmen aber das ist nicht in dem Maße gelungen: Auch Bürgermeister Semrau will das Hotelgelände mit öffentlichen Wegen durchziehen und zusätzlich die Perlenkette mit einem Stichweg zerteilen. Hier geht es dann wieder um Wähler.

Derweil ist Eckart Paap vom Bündnis für Bad Doberan empört über den Umgang mit Zumbaum und verweist auf die jahrelangen Blockaden im Rathaus, die eine Insolvenz des Grand Hotels erst begünstigt und Heiligendamm zu der Wüste gemacht haben, die es heute ist. Er erinnert an die Verweigerung der Stadtvertreter bei den B-Plan-Änderungen für die Genehmigung einer Tiefgarage und die Erteilung von Dauerwohnrecht für die Bewohner der Perlenkette – beides waren Voraussetzungen, um die Wohnungen überhaupt vermarkten zu können und beides dauerte fünf Jahre (2004 bis 2009) bis es genehmigt wurde. Hinzu kommt die fast einjährige Verzögerung bei der Ausstellung des Negativ-Attests für das Vorkaufsrecht auf die Grundstücke der Perlenkette. Dadurch dass Bürgermeister Hartmut Polzin das Attest nicht ausstellte, sondern die Stadtvertreter fragte, entbrannte ein monatelanger Streit mit für den Steuerzahler teuer zu stehen kommenden inhaltslosen Schein-Inhalt-Sitzungen, an dessen Ende das Attest erst ausgestellt wurde, nachdem Jagdfeld Insolvenz für den Fonds 34 und das Grand Hotel angemeldet – die Stadtvertreter also gewissermaßen unter Zugzwang gesetzt hatte (trotzdem war das nicht der Grund: Jagdfeld musste Insolvenz anmelden, sonst hätte er sie verschleppt – genau das wird ihm ja schon wegen der Monate die er auf das Attest gewartet hat vorgeworfen). Hintergrund: Mit dem Attest fließt das Geld in die Kassen der ECH und damit hätte diese das Grand Hotel vor der Insolvenz bewahren können. Genau das aber wurde durch die Verzögerung des Attestes verhindert. Nicht alle Stadtvertreter haben aus Unwissenheit die Insolvenz verursacht: Ein Richter am Landgericht weiß um die Zusammenhänge.

 

Am Ende könnte diese Veranstaltung mit Zumbaum also eine reine Profilierungsaktion sein: Zumbaum will in Ruhe seine Arbeit machen und sein Ziel ist nicht langfristig. Er muss das Hotel an den Mann bringen und was der dann für Probleme hat, muss ihn nicht mehr interessieren. Darum könnte er jetzt auch Entscheidungen treffen, die er nie treffen würde, wenn er sein Leben lang das Hotel führen und damit seinen Lebensunterhalt verdienen würde. Die Stadtvertreter wissen, dass Zumbaum nur eine temporäre Sache in Heiligendamm ist und einige sind versucht, ihm kleine Zugeständnisse abzuringen, die einen neuen Investoren dann vor vollendete Tatsachen stellen und die der nicht rückgängig machen kann. Das taugt dazu, seine Wahlversprechen einzulösen und 2014 wieder ins Stadtparlament einzuziehen aber es taugt nicht dazu, Heiligendamm und das Grand Hotel zu retten. Denn wenn ein Interessent die Probleme und die Diskussion sieht, dann schreckt er zurück. Alternative: Es findet sich ein Hardliner, der knallhart seine Sache durchzieht und den Stadtvertretern das Fürchten lehrt. Lösung: Alle Mann zurück rudern und jetzt zur Vernunft kommen, sich die Hand reichen und gemeinsam schauen, was man für Heiligendamm tun kann.

 

Übrigens: Jörg Zumbaum hatte sich in einem Interview bereits öffentlich den Fragen gestellt, die ihm jetzt größtenteils nichtöffentlich wieder gestellt werden sollen. Ich habe ihn selbst interviewt:

https://erstes-seebad.de/es-lohnt-sich-fuer-das-grand-hotel-zu-kaempfen-ein-gespraech-mit-insolvenzverwalter-joerg-zumbaum/

 

Weitere Informationen:

Heiligendamm verstehen.

Eine Zukunft für Heiligendamm: Die Vision von Robert A. M. Stern und Anno August Jagdfeld.

Geteilte Stadt am Meer: Warum Heiligendamms Zäune vorhersehbar waren.