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Offener Brief an den Ministerpräsidenten Erwin Sellering

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
seit vielen Jahren beschäftigte ich mich sehr intensiv mit der Geschichte und Architektur von Heiligendamm unter Einbeziehung Bad Doberans und der näheren Umgebung. Über dieses Thema betreibe ich eine Internetseite, die vielen Bürgern sowie überregional Interessierten als Informationsquelle dient. Außerdem bin als freier Journalist beim „Stadtanzeiger am Samstag“ in Bad Doberan tätig.
Vor diesem Hintergrund kann ich naturgemäß gut einschätzen, wo die Probleme des Ortes liegen und welche Maßnahmen erforderlich sind, um Heiligendamm fit für die Zukunft zu machen. So ist mir – anders als den meisten – bekannt, dass Heiligendamm zwar legendär war, aber wirtschaftlich nicht einmal dann erfolgreich, als es schön anzusehen war. Auch in der Zeit, als es über einige Läden verfügte, eine absolut sehenswerte Seebrücke und einen wunderschönen Kurpark hatte und im Sommer von vielen bekannten Gästen besucht wurde, kämpfte es mühsam ums Überleben. Natürlich kann es dann erst Recht nicht funktionieren, wenn nichts davon vorhanden ist – in einer Zeit, in der die Ansprüche der Urlauber sogar gestiegen sind!
Vieles, was früher Heiligendamm um seinen wirtschaftlichen Erfolg brachte, fehlt noch heute: Die „Weiße Stadt am Meer“ ist keine Stadt am Meer. Sie hat nicht einmal einen Hafen, obwohl betuchte Gäste, die sich für das Meer begeistern, oft segeln oder Motorboot fahren. Ohne einen Yachthafen, der Platz hat für auch wirklich große Yachten (auch Megayachten), wird Heiligendamm nie erfolgreich sein können. Hinzu kommen müssen zumindest die  üblichen Annehmlichkeiten von Seebädern wie lange (!) Promenade, Seebrücke und Kurpark, die in passend luxuriöser Qualität ausgestaltet sein müssen und vor allen Dingen so, dass sie  ganzjährig attraktiv sind! Damals wie heute gilt, dass nur dann  Hotel, Läden und Gastronomie rentabel geführt werden können, wenn das ganze Jahr über ausreichend Gäste kommen. Dafür fehlten und fehlen bis heute zusätzliche Angebote für die Schlechtwetterphase, die bekanntlich oft lang ist. Es fehlt auch eine Mindestgröße des Ortes, ohne die wirtschaftliches Arbeiten nicht möglich ist (ersatzweise eine Zusammenarbeit mit dem Nachbarort). Es gäbe zahlreiche Ideen und Möglichkeiten, die Probleme zu lösen, das setzt aber voraus, dass diese erst einmal erkannt werden.
Ein großer Irrtum war und ist die Ansicht, mit dem Verkauf des Grand Hotels und/oder umliegender Gebäude sei das Problem Heiligendamm gelöst: Das hat nie funktioniert und wird es auch nicht. Ganz im Gegenteil, der wirtschaftliche Erfolg des Hotels hängt ganz wesentlich von dem Umfeld ab, in dem es sich befindet. Auch wenn die Perlenkette und alle anderen alten Villen saniert wären, wenn es ein paar Geschäfte oder eine Strandversorgung gäbe, wären die Probleme von Heiligendamm bei Weitem nicht gelöst. Das ist ein Fakt und wer sich dem nicht stellt, wird von einem Fiasko zum nächsten schlittern.
Daher war ich immer der Ansicht, dass die Fokussierung auf Herrn Jagdfeld sowohl als Retter wie auch als Sündenbock am Thema vorbei geht. Nicht er ist das Problem, sondern die fehlenden, dringend notwendigen Investitionen  in den Ort. Dafür wäre die Stadt Bad Doberan zuständig, sie hat sich im sogenannten Grundlagenvertrag auch zur Entwicklung des Ortes verpflichtet, bis heute aber nichts gemacht. Es liegt nicht einmal ein Konzept vor, wie man die „Weiße Stadt am Meer“ fort entwickelt, geplant sind nur lieblos aneinander gereihte, beliebige Gebäude, die zum Aufschwung des Ortes kaum etwas beitragen werden.
Was für Herrn Jagdfeld gilt, gilt in gleichem Maße für Herrn Morzynski: Auch er kann und muss den Problemfall Heiligendamm nicht lösen. Er hat ein Hotel gekauft, dieses zu führen ist seine Aufgabe – und nur das! Für alles andere ist Bad Doberan zuständig. Da die Stadt finanziell und fachlich mit ihrer Verantwortung für die Entwicklung des Ortes völlig überfordert ist, hat das Land nicht nur Subventionen für den Wiederaufbau des Grand Hotels gewährt, sondern die Federführung durch den sogenannten Heiligendamm – Beirat übernommen.
Wenn nunmehr aber das Land statt zielführender Entwicklungsmaßnahmen für den Ort einen Schotterparkplatz nebst Kinderspielplatz  in bester und höchst begrenzter Strandlage bezuschusst, dann zeigt das, dass nichts verstanden wurde. Das Trauerspiel wird kein Ende nehmen. Angesichts der Schwierigkeiten, die man nun Herrn Morzynski  bei der Führung des Grand Hotels macht, ist abzusehen, dass er der nächste Jagdfeld wird – und was kommt danach? Wer wird sich dann noch verheizen lassen? Glauben Sie, dass dann ein Schotterparkplatz, ein Kinderspielplatz und eventuell vorhandene Strandversorgungen, die der Erwartungshaltung der Gäste an die „Weiße Stadt“ in keiner Weise entgegen kommen, den Ort retten werden?
Auf diese Situation habe ich öffentlich, nicht zuletzt im Stadtanzeiger, aufmerksam gemacht. Die Ostsee-Zeitung hat das zum Anlass genommen zu versuchen, mich unter Verwendung meines internen Mailverkehrs als Gefälligkeitsjournalist für die ECH darzustellen. Die Reaktionen darauf haben mich sowohl in Bezug auf den Umfang als auch inhaltlich sehr betroffen gemacht. Der Zuspruch, den ich erfahren habe, war beeindruckend, zugleich war es aber auch erschreckend anzusehen, dass so viele Bürger das Vertrauen in die Kompetenz der Politik so nachhaltig verloren haben. Selbst nur am Rande mit der Materie befasste Bürger empfinden den Umgang mit Heiligendamm als dilettantisch und unangemessen.
Eine Fortführung des bisherigen Vorgehens in Bezug auf Heiligendamm nützt also niemanden, so werden auch keine Wahlen gewonnen. Insbesondere das Führen von Schlammschlachten hat noch nie ein Problem gelöst sondern alles nur sehr viel schmutziger gemacht. Daher kann ich nur an Sie appellieren, dass Sie Ihrer Verantwortung für Heiligendamm gerecht werden!“

Martin Dostal
Hohenfelde im Februar 2014

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