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Bauwerke in Heiligendamm

Alexandrinencottage (Villa S.K.H. Mutter, Haus 1, Haus „Weimar“)

Frühere Namen: Villa S.K.H. Mutter, Haus 1, Haus „Weimar“

Standort:
Prof.-Dr.-Vogel-Str. 1
54.144359941332866, 11.837016959753848

Bauzeit: 1839-1840
Bauherr: Großherzog Paul Friedrich von Mecklenburg
Architekt: Georg Adolph Demmler
Umbauten: 1900 Erweiterung nach Westen
Eigentümer: Großherzöge von Mecklenburg, Beschlagnahmung durch die SMAD, DDR über den FDGB (1948-1952), DDR über die Sozialversicherungsanstalt (1952-1990), Ostseeklinik Heiligendamm GmbH (1990-1993), BRD über Oberfinanzdirektion (1993-1997), FUNDUS-Gruppe über EntwicklungsCompagnie Heiligendamm I GmbH & Co. KG (Jagdfeld) (seit 1997)
Nachgewiesene Nutzungen: Sommerhaus der Großherzogin (Mutter) Alexandrine (1840-1892), Sommerhaus der Großherzoglichen Familie (bis 1945), SMAD (1945-1948), Sanatorium für Werktätige Heiligendamm (1948-1990), Ostseeklinik Heiligendamm (1990-1997), Leerstand (seit 1997)

 

Beschreibung:

Nordostansicht vor 1900 mit Landschaft, Lithografie, Urheber unbekannt (Quelle: ECH-Archiv)

Das Alexandrinencottage war ein Geschenk Großherzog Paul Friedrichs an seine Gemahlin Alexandrine. Mit dem Bau wurde Hofbaumeister Georg Adolph Demmler beauftragt. Als Standort wählte man einen von den beiden zeitgleich entstandenen Villen etwas entfernten Platz an einer ins Meer reichenden Landzunge. Somit blickte man von den Loggien der Ostseite nicht auf die anderen Gebäude, sondern am Strand entlang.

Nordostansicht vor 1900 im Detail (Quelle: Stengel & Co., Dresden)

Ursprünglich war die Villa dem Marien-Cottage sehr ähnlich. Sie hatte links eine und rechts zwei Achsen und in der Mitte einen achteckigen Turm. Die linke Achse war breiter und hatte dreiflügelige Fenster. Nach Osten gab es drei Achsen, nach Westen zwei. Zur Waldseite hin wiederholte Demmler das Turm-Motiv, indem er auf derselben Achse einen kleineren achteckigen Risaliten mit flacherem Dach entgegen setzte. Hier befanden sich der Eingang und im Obergeschoss ein größeres Fenster, während an den Seiten sehr kleine Fenster eingesetzt wurden.

Westansicht vor 1900 mit Landschaft, (Lithografie, gez. u. lith. v. C. Schultz a Paris (Quelle: ECH-Archiv)

Der Hauptteil des Gebäudes wiederholte sich im Verhältnis 2 zu 3 Achsen. Das Haus war unterkellert und die Beletage im Hochparterre an den drei der See zugewandten Seiten mit umlaufenden Loggien versehen. Treppen führten in den Garten und Ranken reichten vom ihm zu den Loggien hoch. Das ganze Erdgeschoss war mit Rankgewächsen regelrecht zugewachsen. In Verbindung mit den Rundbogenfenstern im Mittelrisalit, den filigranen Loggien und dem recht flach geneigten Dach versprühte diese Villa einen venezianischen Flair.

Postkarte mit Aufschrift „Herzog Paul 1903“ (Quelle: Stengel & Co., Dresden)

Alexandrine bewohnte dieses Haus bis zu ihrem Tod im Jahre 1892. Es ist überliefert, dass ihre Erben das Haus erweiterten. Der Erbfolger Friedrich Franz II. war bereits 1883 gestorben und auch seine Schwester Luise war 1859 und ihr Bruder Wilhelm 1879 gestorben. Somit kamen als Erben nur die Enkel in Frage, allen voran Friedrich Franz III. Doch auch der war 1897 gestorben, sodass nur der Bruder Paul Friedrich (1852-1923) in Frage kommt. Eine Postkarte gibt ein Indiz, das für ihn spricht.

Die Erweiterung wird Hermann Willebrandt zugeschrieben, der für Demmler arbeitete und auch an der Ausführung des ursprünglichen Baus beteiligt gewesen sein kann.

(Quelle: Privatarchiv, Urheber verm. A. Beckmann)

Das bestehende Gebäude wurde nach Westen hin geöffnet und um eine Achse verlängert. Das flach geneigte Dach wurde durch ein stärker geneigtes ersetzt, wodurch ein Dachgeschoss entstand. Dementsprechend wurden nach Osten hin auch zwei Fenster im Dachgeschoss eingebaut. Der Giebel wurde verziert und alle Fenster bekamen Fensterläden. Diese waren stets rechteckig und berücksichtigten nicht die runden Oberlichter. Sie waren also offenbar nicht zur Verdunklung gedacht.

Daran wurde ein weiterer oktogonaler Turm gesetzt, der zwar ein Abbild des vorhandenen ist, aber ein Geschoss mehr hat. Als Fenster wählte man auch hier die Rundbogenfenster und setzte auch ihnen Fensterläden an. Im oberen Teil wählte man Paare von schmalen Streifenfenstern mit Oberlicht, die aber durch Fensterläden an den Seiten die Fläche ebenso ausfüllten, wie das Dreierpaar. Um den Turm zu betonen, erhielt er eine größere und auffälligere Bekrönung. Auch den obligatorischen Fahnenmast bekam dieser neue Gebäudeteil. Dieser Turm im Westen hatte dieselbe Funktion, wie der des Hauses „Bischofsstab“ im Osten: Er markierte das Ende der Bebauung. Beide zusammen rahmen ein Ensemble von damals einem Jahrhundert Entstehungszeit ein.

Zum Wald hin gibt das Haus die Verlängerung um eine Achse wieder. Der vorhandene Turm erfüllte offenbar nicht länger den Zweck des Eingangs und wurde zum Erker. Stattdessen wurde ein neuer Risalit hinter den drei westlichen Achsen angebaut, in dem eine dreiflügelige Tür den neuen Eingang bildete. Im Obergeschoss und im Dachgiebel wurden dreiflügelige Fenster eingebaut. Nach links wurde eine Fensterachse neben den Risalit gesetzt. Der heute vorstehende dreieckige Giebel wurde später vorgesetzt. Das ursprüngliche Walmdach ist dahinter noch zu sehen. 

 

Nach Westen wurde eine neue Loggia um den neuen Turm herum gezogen und eine Treppe Richtung Wald gebaut. Das Haus behielt seine beiden Fensterachsen. Optisch wuchs der Turm damals nicht oben aus dem Haus heraus, weil die Loggien offen und einsehbar waren. Man konnte den Turm auch im Hochparterre noch sehen. Die Berankung übernahm man im neuen Teil eher spärlich, ließ sie aber im alten bestehen.

(Quelle: Privatarchiv, Urheber unbekannt)

Die Dachgauben sind erst auf den Bildern erkennbar, auf denen die östliche und westliche Ecke der Loggien erstmals verglast sind. Auf diesen Bildern ist die Villa noch als „Grossherzogl. Villa“ ausgewiesen. In diesem Zustand ist es auch noch als „Haus Weimar“ zu sehen.

Die vollständige Schließung der Loggien erfolgte also erst nach 1953. Man orientierte sich dabei an den vorhandenen Verglasungen und übernahm sogar die aufwändige Sprossengestaltung. Die Fensterläden verschwanden nach und nach schon vor dem Ende des 2. Weltkrieges. Zu DDR-Zeiten wurden sie zunächst überall wiederhergestellt, einige waren dann aber am Ende doch nicht mehr vorhanden. Weitere Umbauten oder Vereinfachungen erfuhr das Haus zu DDR-Zeiten nicht.

Herzog Paul Friedrich lebte bis 1923 und überlebte auch seinen ältesten Sohn. Es ist nachgewiesen, dass Christian Ludwig im Alexandrinencottage zumindest einen Teil seiner Kindheit verbracht hat. Er war es auch, der 1945 Restitutionsanspruch für die Cottages stellte. Als Herr des Hauses Mecklenburg war er für den Familienbesitz verantwortlich. Es ist also davon auszugehen, dass das Alexandrinencottage von spätestens 1923 bis 1945 von der regierenden Familie um Großherzog Friedrich Franz IV. genutzt wurde. Christian Ludwig erreichte erst 1930 seine Volljährigkeit.

Während der Nutzung als Reichskadettenschule blieb das Cottage offenbar unangetastet. Mit der Besetzung durch die Sowjetarmee am 06.05.1945 wurde das Haus beschlagnahmt und zur Kommandantur. 1948 wurde es dann offiziell enteignet und der dem Sanatorium übergeben. Es erhielt 1953 den Namen „Haus Weimar“ und diente zuerst als Ärztehaus, also einem Haus, in dem Behandlungen stattfanden, aber nicht gewohnt wurde. Als 1958 die Überweisungszahlen stiegen, nahm man die Abteilungen aus den Cottages heraus und vereinte sie im Haus „Mecklenburg“. Bis 1990 wurde das Alexandrinencottage als Patientenhaus genutzt, danach mieteten mehrere Studenten der Fachschule für angewandte Kunst Räume des Gebäudes.

1996 war Christian Ludwig noch einmal zu Gast, im gleichen Jahr nutzte die Gruppe „Rammstein“ das Haus für die Vorproduktion ihres Albums „Mutter“. Auch „Das Blaue vom Himmel“ mit Hannelore Elsner und „Zwei Millionen suchen einen Vater“ wurden im und am Alexandrinencottage gedreht. 

Mit dem Verkauf durch die TLG erwarb die FUNDUS-Gruppe das Haus im Paket mit 25 anderen Immobilien. Seitdem steht es gesichert und klimatisiert leer. Die Familie Jagdfeld will es auf dem Höhepunkt ihres Schaffens in Heiligendamm auch sanieren und bewohnen.

 

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