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Gibt Rathaus Heiligendamm auf? Stadt investiert Millionen im Kloster-Areal.

Bad Doberan ist klamm, der größte Arbeitgeber pleite und den Gastgebern laufen die Gäste davon. Statt mit kräftigen Investitionen in seinem berühmten Seebad den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, zieht man in Rathaus noch einmal kräftig zu: Das wenige vorhandene Geld soll in Parkanlagen und ein Dach für die Wirtschaftshaus-Ruine fließen. Wie man damit Geld verdienen will, weiß man noch nicht.

 

Vier Millionen für das Klosterareal.

Vier Millionen Euro sollen in das Kloster-Areal fließen, 1,6 Millionen davon allein für das Aufsetzen eines Daches auf die „Klosterruine“ und die Sicherung des Südgiebels. Die restlichen Millionen soll in die Außenanlagen fließen, der vorhandene Park soll erweitert und mit der Stadt verbunden werden.

 

Kirchengemeinde will Amtshaus sanieren.

Zugleich will die Kirchengemeinde das Amtshaus sanieren und als Gemeindehaus nutzen. 2,6 Millionen Euro wird das Projekt kosten, 150.000 Euro fehlen derzeit noch.

 

Viele Ideen aber keine Konzepte.

Derweil ist alles offen: Ob die Ruine wieder aufgebaut wird oder nur ein Dach bekommt, steht noch in den Sternen. Ein dänischer Planer hatte Entwürfe eingereicht, die ein Dach über der Ruine vorschlagen, das samt Unterbauten die Ruine umschließt. Nutzungskonzepte gibt es auch nicht: Man will die alte Mühle wieder nutzen, vielleicht sogar den Bach wieder frei legen und ein Mühlenrad anbauen aber mehr als den Wunsch nach einem Restaurant im Erdgeschoss und einem Kloster-Hotel im Obergeschoss zu äußern, vermag die Stadt nicht. Für den Marstall gibt es keine Ideen, die Stadt hofft nach dem Auszug des Bauhofes im Herbst auf private Investoren oder die stadteigene WIG. Möglichkeiten sieht Sass genug, außer einem „Licht-Konzept“ gibt es jedoch keine handfesten Pläne.

 

Gehirn an Rathaus… Gehirn an Rathaus… DENKEN!

Doch gerade diese Konzepte sind nötig, damit die Investitionen sich lohnen. Wo Millionen investiert werden, müssen Einnahmen generiert werden, muss Geld in die Stadtkasse fließen und sich der Aufwand bezahlt machen. Keine Stadt kann es sich leisten, leer stehende Gebäude zur allgemeinen Verfügung zu stellen und diese ohne Kostendeckung zu unterhalten. Das Kloster-Areal ist wichtig und die Überlegung, es an die Stadt anzubinden und es aufzuwerten sind richtig. Aber der Zeitpunkt kann schlechter nicht gewählt werden: In Heiligendamm geht alles den Bach herunter und die Stadt schmeißt ihr letztes Geld für etwas zum Fenster heraus, das nicht durchgeplant ist und kein Geld bringt.

 

Warum heißt es wohl „Ostsee-Urlaub“?

Wer seinen Urlaub plant, beantwortet für sich stets diese Frage: „Berge oder Meer“. Kommt er nach Bad Doberan, will er ans Meer. Das Münster, die Molli und das Moorbad entdeckt er bestenfalls während seiner Urlaubsplanung, oft sogar erst vor Ort. Die „dampfende Bimmelbahn durch die Stadt“ ist einigen geläufig, einige kennen auch die „schöne Kirche“ aber viele wissen nicht einmal die richtigen Namen für unsere Attraktionen und nur ein geringer Prozentsatz macht wegen Münster, Molli oder Moor hier Urlaub. Es heißt nicht „Münsterurlaub“, nicht „Molliurlaub“ und auch nicht Moorurlaub“ – es heißt „Ostseeurlaub“.

Die Gäste kommen wegen dem Meer: Jeder kennt Heiligendamm, die „Weiße Stadt am Meer“, die meisten kennen es auch als das älteste deutsche Seebad, viele haben die Bilder vom G8-Gipfel gesehen, wissen, dass hier das berühmteste aller Ostsee-Hotels steht und zugleich eines der luxuriösesten.

 

Hohe Erwartungen an das „Erste deutsche Seebad“ werden enttäuscht.

Dementsprechend hoch sind die Erwartungen der Gäste: Wie mag das luxuriöseste aller Seebäder aussehen – geharkter Strand ist Standard, ein toller Kurpark ein Muss und eine wunderbare lange Seepromenade Minimum. Welche Geschäfte mag es in Heiligendamm geben, welch luxuriöse Restaurants, welche Boutiquen? Und wie muss nur die Seebrücke aussehen und welch pompöse Jachten werden im Jachthafen liegen? Wer nicht vorher im Internet nachschaut, wird ein Wunder erleben…

 

Heiligendamm? Nie wieder!

Die Gäste kommen und werden enttäuscht: Keine richtige Promenade, keine Bummelmeile mit Geschäften und Cafés, nur ein paar verstreute Restaurants und Cafés, von denen einige erst am Nachmittag öffnen und am frühen Abend wieder schließen. Kein Jachthafen, der Strand völlig ohne Besonderheiten, ungeharkt und recht schmutzig von Seetang und Treibgut, die Seebrücke attraktionslos (derzeit sogar gesperrt), Schotterparkplätze (im Sommer viel zu wenige), keine Strandversorgung, keine Touristinformation, keine Schwimmhalle, keine Geschäfte, Bäckereien, keine bekannten Cafés, keine Boutique… eigentlich gar nichts. Sechs Ruinen hier, zwei dort, drei da, zwei hier, viel Rasen, viel Wald, viele Hecken und Zäune, verwirrende Wege, ein „nur etwas besserer Wald“, der sich „Kurwald“ nennt und angesichts der fehlenden Pflege vermuten lässt, dass da ein „K“ zu viel ist.

Und mittendrin das weiß glänzende insolvente Hotel, um das es angeblich eine „Bieterschlacht“ gibt, während der Insolvenzverwalter die Burg, die Orangerie und einige Zimmer aus den Katalogen streicht, das Luxusrestaurant und einzige Luxus-Geschäft schließt und die Parkplätze aufkündigt. Dort zieht es die Gäste angesichts des großen „Nichts“ ringsherum hin – hier hoffen sie, noch irgend etwas zu finden, was diese Reise und Parkgebühren wert ist. Und wieder werden sie enttäuscht, stehen vor Toren, die sie nicht passieren können oder die sie sich nicht zu öffnen wagen, weil dahinter nichts ist, was sie einlädt, keine Speisekarte, keine Angebotsofferten – nur der nüchterne Schriftzug „Grand Hotel Heiligendamm“, um den herum geschäftiges desinteressiertes Treiben an- und abreisender Gäste herrscht, zu denen sich viele der Tagesgäste eher nicht zählen und darum nicht einkehren würden. Das sie dort (niveauvoll und darum eben nicht billig) in ein Restaurant und Bars einkehren oder schwimmen, saunen, Sport machen, sich massieren und verwöhnen lassen können, wissen sie nicht – „Es steht nirgendwo dran“.

Enttäuscht ziehen sie ab, steigen ins Auto, fahren fort – nach Kühlungsborn oder Warnemünde. Heiligendamm? Nie wieder. Wozu auch?

 

Mit „Sachsenfallen“ verdient man nichts mehr.

Und warum sind nun die Parkplätze so brechend voll? Schauen Sie auf die Kfz-Kennzeichen: DBR, HRO, LRO, GÜ, RDG, NWM, HWI, RÜG… das sind Mecklenburger, quasi Einheimische. Und viele Sachsen und Berliner – Leute, die schon immer hier oben Urlaub gemacht haben und die gar keine großen Ansprüche haben: Omas Sofa in der Garage für zwanzig Mark die Nacht und das Meer. An diesen Gästen verdient die Stadt Parkgebühren, wenn der Strandvogt fleißig ist, auch Kurtaxe. Aber den Leuten reicht die Wurst an der Bude und der Pappbecher mit Kaffee, sie sind genügsam, glücklich, verstopfen die Straßen und den Strand, verursachen Müll, sind trotzdem willkommen aber bringen kein Geld.

 

Präsentiertes Silbertablett wird weggestoßen.

In Heiligendamm bringt kaum etwas Geld: Die Kurtaxe reicht hinten und vorn nicht, die Gewerbesteuereinnahmen der wenigen kleinen Gewerbe sind gering und den größten Posten in der Stadtkasse machen Grand Hotel, und ECH – die einen sind pleite, die anderen werden am Geldverdienen gehindert. Interessenten für das Grand Hotel gibt es aber gekauft hat noch immer keiner: Zu viele Unklarheiten, zu viele Investitionen, zu viel Gegenwehr. Zu unsicher, denn die Stadt will Wege kreuz und quer über das Hotelgelände beanspruchen, die Parkplätze für das Hotel stehen auf der Kippe und wenn das Hotel nur mit leer stehenden Gebäuden schwarze Zahlen schreibt, sind die Aussichten nicht gut genug. Es braucht ein klares Signal aus dem Rathaus, dass Bad Doberan zu Heiligendamm steht, dass es den neuen Investor unterstützt und dass es bereit ist, in Heiligendamm wieder Verantwortung zu übernehmen und nicht andere machen zu lassen, sondern wieder selbst anzupacken. Es braucht Beschlüsse und Investitionen in Heiligendamm, die Realisierung der in 22 Jahren nicht geschafften Strandversorgung mit echten Geschäften und die Schaffung von echten Angeboten für alle Gäste. Es bedarf Konzepte, Sachlichkeit und Sachverstand und es bedarf eines Alleinstellungsmerkmals, das Heiligendamm besonders und besonders anziehend macht.

 

Falsche Prioritäten bringen die Stadt in Gefahr.

Nun wo die Stadt jedoch ihre vorerst letzten Millionen in den Sand des Klosterareals setzen will, kehrt sie sich von Heiligendamm ab, schneidet sich von seiner wichtigsten Geldquelle ab und schaufelt sich mit dem letzten Geld sein eigenes Grab.

 

 Nachtrag: http://erstes-seebad.de/aufwertung-des-kloster-areals-hat-wegen-fordermitteln-vorrang/

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