Hinweis: Bitte beachten Sie den Hinweis zur Aktualität und Richtigkeit der Informationen und den Rechten an den Bildern.

Bauwerke in Heiligendamm

Kurhaus (Salon, Colonnaden)

Alte Namen: Salon, Colonnaden

Standort:
Prof.-Dr.-Vogel-Str. 5
54°08’37.4″N 11°50’31.3″E

Bauherr: Großherzogliche Badeintendantur / Großherzöge von Mecklenburg
Architekt: Carl Theodor Severin
Umbauten: 1856 Saalanbau, diverse
Sanierung: 2000-2003
Architekt: über den Projektentwickler EntwicklungsCompagnie Heiligendamm GmbH & Co. KG
Eigentümer: Großherzogliche Badeintendantur / Großherzöge von Mecklenburg (bis 1873), Aktiengesellschaft Baron Otto von Kahlden (1873-1900), Rudolf von Kahlden (1900-1911), Herzog Hugo von Hohenlohe-Öhringen und Ujest (1873-1885), Walter John (1911), Ostseebad Heiligendamm GmbH unter Gläubigerkonsortium (1911-1922), unter Baron O. A. Rosenberg (1922-1938), Beschlagnahmung durch das Deutsche Reich (1938), Reichsmarine (1938-1945), Beschlagnahmung durch die SMAD, herrenloses Gut (1945-1949), DDR über den FDGB (1949-1952), DDR über die Sozialversicherungsanstalt (1952-1990), Ostseeklinik Heiligendamm GmbH (1990-1993), BRD über Oberfinanzdirektion (1993-1997), FUNDUS-Gruppe über EntwicklungsCompagnie Heiligendamm I GmbH & Co. KG (Jagdfeld) (1997-2012), Grand Resort Heiligendamm GmbH & Co. KG (Morzynski) (seit 2013)
Nachgewiesene Nutzungen: Verpachtung durch die (Groß)herzogliche Badeintendantur (bis 1872) Verpachtung durch die Badedirection (1873-1936), Kraft durch Freude (1936-1938), Reichsmarine (1938-1945), SMAD (1945-1948), Sanatorium für Werktätige Heiligendamm (1948-1990), Ostseeklinik Heiligendamm (1990-1997), Restaurant (1948?-2000), Sanierung (2000-2003), Hotel (seit 2003

 

Beschreibung:

Urheber unbekannt (Quelle: ECH-Archiv)

Das 1796 von Johann Heinrich Christoph von Seydewitz gebaute Badehaus reichte schon bald nicht mehr aus. Herzog Friedrich Franz I. wollte ein Bade- Speise- und Gesellschaftshaus haben. Der Regent nahm am Fürstenkongress 1808 teil und wollte wohl ein repräsentativeres Gebäude, als das Badehaus haben. In Doberan hatte Carl Theodor Severin bereits sein Können unter Beweis gestellt. Doch der junge Architekt hatte bei Gilly und Langhans gelernt, möglicherweise auch bei von Erdmannsdorff und kannte offenbar die Quattro Libri del la architetture und den Traum der alten Griechen vom Tempel am Meer. Hier konnte er ihn verwirklichen, denn der Herzog war angetan von den Entwürfen.

Severin stellte das neue Haus im rechten Winkel zum vorhandenen Badehaus und somit zur See ausgerichtet. Doch die Säulenhalle am Meer ist nicht parallel zur Küstenlinie, sondern folgt der Straßenlinke, sodass sich das Herz Heiligendamms schräg in die Landschaft hinein schiebt.

Proportionen im Schnitt (Quelle: ECH-Archiv, Klaus Klingler)

Severins Entwurf war ganz im Sinne des Klassizismus: Ein symmetrisches Bauwerk mit einer eingestellten Säulenhalle, die eine Attika mit Dreiecksgiebel trägt und von kleinen Seitenrisaliten umgeben ist. Man muss an den Parthenon-Tempel denken und dass das Kurhaus ebenfalls acht Säulen hat, ist kein Zufall. 25 mal 8 Meter misst der dahinter liegende große Speisesaal mit Blick zum Meer.

Das Salongebäude selbst folgt der dorischen Ordnung, auch wenn die Proportionen gedrungener wirken. Prof. Dr. Skerl führt dazu aus: „Auch hier stimmen sie mit den Vorgaben Vitruvs und Palladios überein. Palladio beschreibt die dorische Säulenordnung u. a. am Theater des Marcellus in Rom. Er betont die ursprüngliche Ausführung ohne Basis.“

Die Frage, ob es sich bei den Säulen um dorische oder toskanische Säulen handelt, beantwortet er so:
Nur die Kapitelle entsprechen nicht der dorischen Ordnung. Sie sind nach dem Vorbild toskanischer Säulen gestaltet und betragen in der Gesamthöhe nur die Hälfte des Durchmessers. Dadurch sind sie feiner ausgebildet, als die plump wirkenden dorischen. Das hat in Paestum bereits Winckelmann so empfunden.“

Ursprünglich schloss daran nach Südwesten ein windgeschützter und von Bogenarkaden umgebener quadratischer Garten an.  Dieser wurde später für den Einbau des Großen Saals aufgegeben. Prof. Dr. Vogel beschreibt ihn so: „Hinter dem Hause steht mit demselben eine wohl gedeckte und mit Fliesen belegte Arkade in Verbindung, welche bei schlechtem Wetter zum Spazierengehen dienen kann.“ Hofbaurat Bartning nahm vor dem Bau des Saals die Pläne dieses Hofes auf und Hans Thielcke veröffentlichte sie später. Er merkte an:

„Der Grundriss erinnert an alte Klosteranlagen; denn wie die Wohn- und Wirtschaftsräume der Kloster-Insassen den an die Kirche anschließenden Hof mit dem Kreuzgang umschließen, so ist hier an das hohe Saalgebäude ein einstöckiger Wohn- und Wirtschaftsbau angegliedert, der einen quadratischen Hof mit bogenförmigen Arkaden umgibt.“

Prof. Dr. Joachim Skerl nimmt an, dass Severin durch seine Grabungen im Doberaner Klostergelände zu diesem Architekturmotiv angeregt wurde. „Es war auch für ein Seebad überaus zweckmäßig, denn die Wandelgänge boten Abgeschlossenheit und Schutz vor Wind und Regen“ schreibt Skerl.

Ansicht von 1840, Urheber unbekannt (Quelle: ECH-Archiv)

Zur Badesaison 1816 ging das Gebäude in Betrieb und zur Saison 1817 war es auch innen vollendet. Severin bekam für dieses Meisterwerk eine Gehaltserhöhung. Heute sieht man seine Werke auf einer Ebene mit den europäischen Größen des Klassizismus.

(Quelle: M. Rubin & Co. , Dresden)

Zunächst wurde dieses neue Gebäude „Salon“ genannt, aber bald bürgerte sich „Kurhaus“ ein. Dass man in der Tradition griechischer Asklepeien stand, wollte man auch zeigen. Severin ließ ein Relief anbringen, wählte aber dazu nicht wie beim antiken Tempel das große Giebelfeld, sondern die Tür- und Fensterbekrönungen hinter der Säulenfront.

Über der Tür wurde eine Lünette in Halbmondform genutzt und über den Fenstern Rechteckfelder. Im Halbrund sitzt Hygieia mit den Attributen der Heilkunde „Schlange“ und „Schale“. Sie ist die Tochter des Asklepios und Enkelin des Apoll. Die Felder über den Fenstern zeigen Nereiden und Tritonen. Diese antiken Mischwesen der Meere halten Geschenke und schwimmen auf den Eingang zu. 

Das Kurhaus wurde mit dem Haus „Mecklenburg“ verbunden und 1825 eine achteckige Rotunde in Gestaltung einer Rosenlaube als Dreh- und Angelpunkt an die Südseite dieser Verbindung angebaut. Dieses wiederum wurde 1839 aufgestockt. 

Das Kurhaus erfuhr viele Veränderungen. 1856 wurde der große Saal geschaffen, wofür der Innenhof verschwand.

(Quelle: Fr. Reincke Brunshaupten)

Vermutlich auch zu dieser Zeit könnte das Karree an der Nordostecke entstanden sein, welches die Symmetrie des klassizistischen Tempels unterbricht.

An den Saal wurden weitere Räume und eine weiterer Rotundenanbau angebaut. Auch ein Glasdach wird zu dieser Zeit erwähnt. Verglasungen gab es zu verschiedenen Zeiten auch über der Terrasse, zuletzt bis 1939.

(Quelle: ECH-Archiv, Urheber unbekannt, verm. Fotohaus Eggers))

In den 1930ern und auch wieder zu DDR-Zeiten wurde die Terrasse mit einer Mauer eingefasst, die das Gesamtbild störte.

(Quelle: Archiv Beckmann)

Das Kurhaus war stets der öffentliche Mittelpunkt Heiligendamms. Man musste keine Logis haben, um hier einzukehren. Darum gab es auch eine Konditorei und eine American Bar, die sich an alle Gäste richteten, die es sich leisten konnten.  

Konditorei und American Bar im Kurhaus (Quelle: A. Beckmann)

Bis 1939 erfüllte das Kurhaus immer denselben Zweck als Speise- Tanz- und Gesellschaftshaus.

(Quelle: Willy Ramm Heiligendamm)

Auch ein Kinosaal ist auf alten Fotos zu erkennen. Während der Nutzung als Reichskadettenschule waren hier die Schulungsräume und Unterkünfte der Lehrkräfte. 1943 erhielten alle Gebäude einen Tarnanstrich. Nach dem 2. Weltkrieg sollte Heiligendamm gemäß dem Potsdamer Abkommen gesprengt werden, da es sich um eine militärisch genutzte Einrichtung handelte. Darum wurden Inneneinrichtung und Installationen entfernt.

(Quelle: ECH-Archiv / Archiv Friedrich Rochow)

Man sah von einer Sprengung ab und wandelte das einstige Adelsbad zum Sanatorium für Werktätige um. Dafür mussten die Häuser wieder nutzbar gemacht werden, was man auch für Anpassungen nutzte.

(Quelle: Archiv Eggers/Gründling)
(Quelle: Archiv Eggers/Gründling)
(Quelle: Archiv Eggers/Gründling)

Das Kurhaus wurde nicht das Haupthaus des Sanatoriums. Vielmehr gab es eine recht öffentliche Nutzung.

Tagesraum (Archiv Eggers/Gründling)
Speiseraum (Privatarchiv, Urheber unbekannt)
Quelle: Dieter Lettow)

Nach der Umwandlung zum Sanatorium gab es eine öffentliche Gaststätte im Kurhaus. 

(Quelle: ECH-Archiv)
(Quelle: Privatarchiv, aus einer Facebook-Gruppe, Urheber unbekannt)

1997 wurde das Kurhaus zusammen mit 25 anderen Immobilien im Paket an die FUNDUS-Gruppe verkauft. Von 2000 bis 2003 wurde es zuerst entkernt und dann saniert.

(Quelle: ECH-Archiv)
(Quelle: ECH-Archiv)

Das Grand Hotel wurde von 2003 bis 2012 durch ein Tochterunternehmen der Jagdfeld-Gruppe betrieben, bis 2009 mit einem Management durch die Kempinski-Gruppe, danach in Eigenregie. Im Insolvenzverfahren kaufte die Familie Morzynski das Hotel und betreibt es seitdem in Eigenregie. 

Heute befinden sich im Kurhaus der Ballsaal, der Speisesaal des Grand Hotels nebst Buffet, das Kurhaus-Restaurant, das Gourmet-Restaurant „Friedrich Franz“, im Verbindungsgang die Sushi Bar und im ganzen Haus verschieden große Räume.

(Quelle: Grand Hotel Heiligendamm)

Der Ballsaal ist 250 qm groß bei 9 Meter hohen Decken. Der Musiksalon ist 108 qm groß, der Salon „Alexandrine“ 62 qm, die Salons „Caroline“ und „Friederike“ je 65 qm, der zweigeteilte Salon „Louise“ 84 und 122 qm und der Salon „Prof. Dr. Vogel“ 52 qm.

Statt die Brüstungsmauer wiederherzustellen wurde eine ausfahrbare Glaswand verbaut.

Die blauen Hintergründe sind aus Muschelkalk (Jasper) und die goldenen Elemente aus Blattgold. Das Haus trägt die Inschrift:

HEIC TE LAETITIA INVITAT POST BALNEA SANUM – sinngemäß übersetzt
HIERHER LÄD DICH FREUDE EIN NACH EINEM GESUNDEN BADE.

 

 

Details

Terrasse vor 1840 (Quelle: Privatarchiv, Urheber A. Beckmann)
((Quelle: Trau & Schwab, Dresden))
(Quelle: A. Beckmann)
Weimarer Republik: Mit Glasdach und Veranden (Quelle: ECH-Archiv, Urheber: A. Beckmann)
Erweiterte Ansicht (Quelle: M. Rubin & Co. , Dresden)
Terrasse vor 1948 (Quelle: Joh. Bitter, Doberan)

DDR-Zeit: Ohne Glasdach und Veranden, mit Konzertmuschel (Quelle: Thür. Volkskunstverlag, Weimar)

(Quelle: ECH-Archiv)
Wendezeit (Quelle: ECH-Archiv)
Eingangssituation im 19. Jahrhundert (Quelle: A. Beckmann)
Platzsituation im 19. Jahrhundert (Urheber unbekannt, verm. A. Beckmann)

Terrasse in den Zwanzigern (Quelle: A. Beckmann)

Blick von der Terrasse (Quelle: A. Beckmann)
Terrasse heute
Arkaden im 19. Jahrhundert (Quelle: A. Beckmann)
Arkaden im 19. Jahrhundert (Quelle: Archiv Eggers/Gründling, Hanna Peck)
Arkaden zu DDR-Zeiten (Quelle: Privatarchiv, verm. Eggers)
Arkaden heute
Arkaden zu DDR-Zeiten (Fotohaus Egers)
Arkaden heute

 

 

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert