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Neues aus Heiligendamm vom Gästeführer-Update 2023

Seit Jahren bereiten die Gästeführer zusammen mit der Touristinformation, dem Grand Hotel und der Jagdfeld-Gruppe die Saison im Grand Hotel Heiligendamm vor. Seit Jahren berichte ich davon auf persönlicher Ebene und diese schöne Tradition möchte ich fortsetzen. Immerhin erfährt man hier vorab die neuesten Infos und bekommt Antworten auf Fragen, die sich über die ganze Saison anhäufen. Für die Beteiligten ist es außerdem ein Feedback und der Außendarstellung tut es meistens auch gut.

 

Wiedersehensfreuden

Unser letztes Treffen im Jahr 2022 – hier mit Widerun Rehwaldt, die diesmal nicht dabei war, aber ohne Peter Mahncke, der diesmal dabei war. Man kriegt sie nie alle auf einmal vor die Linse.

Diesmal hatte ich frei und verbrachte den Vormittag mit Gartenarbeiten. Dabei rief mich die Kurdirektorin und PR-Verantwortliche Susann Franke an, weil sie ein Detail wissen wollte und dabei erfuhr ich, dass Herr Dr. Plöger auch dabei ist. Ich kenne ihn schon seit wohl 12 Jahren. Damals war ich schon seit 8 Jahren skeptisch gegenüber der Entwicklung Heiligendamms und den Plänen des Investors und betrieb eine Internetseite, die das Ganze kritisch begleitete. Jedoch fielen mir immer wieder Widersprüche in der vermeintlichen „Berichterstattung“ der Medien, den Aussagen der örtlichen Politiker und Mitglieder von Bürgerinitiativen auf. Was die EntwicklungsCompagnie Heiligendamm damals in Handzetteln und Zeitungsartikeln schrieb, war nachvollziehbarer und vor allem sachlicher. Heute nennen wir so etwas „Faktencheck“.

Ein Flyer regte zum Nachdenken an.

Ich wollte auch Fakten – zu den Häusern, ihrer Geschichte und den Nutzungen, zu Eigentumsverhältnissen und zu den hochtrabenden Plänen, die ich doch für etwas wahnsinnig hielt. Ich löcherte die ECH mit Fragen. Zu meiner Überraschung erhielt ich eine Einladung und in einem Zusammentreffen mit den ECH-Geschäftsführern Zimmermann und damals Schlag und eben Herrn Dr. Plöger als PR-Verantwortlicher auch Antworten auf meine Fragen. Ich fragte weiter, sie antworteten weiter, ich verstand mehr und die Skepsis wurde weniger. Wobei auch Professor Skerls Bücher und Vorträge ein wichtiger Baustein zum Verständnis Heiligendamms an sich sind. Ich kann beides nur empfehlen. 

Später schrieb ich für den Stadtanzeiger und wir hatten noch mehr miteinander zu tun, woraus sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ergab, in der es dann auch mal weiterführende Hintergrundinformationen gab. Seit ein paar Jahren wird der PR-Fachmann in Berlin gebraucht und daher gab es außer hin und wieder ein paar Nachrichten keinen Austausch mehr.

Ich freute mich also auf dieses Zusammentreffen und fuhr etwas eher los, um vorher noch ein paar Minuten mit ihm reden zu können. So war ich dann auch der erste. Im Foyer schaffte ich dann nur eine Begrüßung und wurde vom Hoteldirektor Thies Bruhn sogleich galant in die Nelson-Bar entführt. Auch wir sind uns zwar seit einem Jahr mal über den Weg gelaufen, hatten aber keine Möglichkeit für ein Gespräch. Das holten wir also vorab noch nach und ich war sehr überrascht. Und unvorbereitet, sonst hätte ich die mir gebotene Möglichkeit besser genutzt, um Fragen zu stellen, deren Antworten nicht für alle bestimmt wären.

Es war nicht das einzige freudige Wiedersehen. Für den Tourismuschef Mario Derer war es die erste Saisonvorbereitung und da er selbst aus der Hotelbranche kommt, erkannte er einige Leute wieder und es gab freudige Begrüßungen. Ehrlich gesagt war es lange nicht mehr so herzlich, wie an diesem Tag.

Ausblick vom Salon Professor Vogel – ein älteres Bild mit schönerem Wetter

Danach ging es gemeinsam in den Salon „Professor Vogel“. Wie im Vorjahr war ein Stehempfang aufgebaut und ich hatte wieder so meine Zweifel – die meisten Gästeführer sind Ü70. Kollege Mahncke kam mit Gehhilfen und ich freute mich, ihn zu sehen. Denn er war bei vielen Treffen nicht dabei und es war auch nicht möglich, ihn zu erreichen. Nach zwei traurigen Abschieden in zwei Jahren macht man sich so seine Gedanken. So auch zur Ausdauer beim Stehempfang.

Aber alle schätzten im Nachhinein sehr, dass man nicht auf einer Stelle sitzt, sondern mit allen ins Gespräch kommt. Und Sitzgelegenheiten gab es ja auch. Die vielen schönen und wichtigen persönlichen Gespräche übergehen wir einfach und kommen zu dem, was gesagt wurde.

 

Neues vom Grand Hotel Heiligendamm

Natürlich hatte der Hoteldirektor als erstes das Wort und erzählte von der Saison und der Corona-Zeit. Die Gäste schätzten es, einen so separaten Ort zu haben, in dem sie unter sich sein können. Im Hotel merkt man nur beim Frühstück, dass das Haus voll ist – ansonsten verläuft sich das auf dem Gelände oder natürlich in der reizvollen Umgebung.

Harte Fakten: Auslastung, Zielgruppen, Wettbewerb

Es sind neue Gäste hinzugekommen und es konnten auch neue Zielgruppen gewonnen werden. 95% der Gäste des Grand Hotels kommen aus Deutschland und hier insbesondere aus Berlin, Hamburg, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Bayern. Darum schaut sich der Hoteldirektor nicht an, was Hotels in Kühlungsborn oder Rostock machen, sondern was Schloss Elmau und das Severin Resort auf Sylt machen. Das sind die direkten Mitbewerber und da muss man mitziehen. Wobei er zugeben muss, dass Sylt einen Standortvorteil hat.

Die 5% ausländischen Gäste kommen aus der Schweiz und Österreich und zunehmend auch aus Skandinavien. Hier tut es dem Hotel gut, dass beim Verlassen der Kreuzfahrtschiffe nicht mehr das Adlon in Berlin als das nächste 5-Sterne-Hotel in einer App angezeigt wird, sondern das Grand Hotel Heiligendamm.

So wie ich das verstehe, zeigt die App nur Hotels der Selektion Deutscher Luxushotels an und aus diesem Verbund war das Grand Hotel vor ein paar Jahren herausgeflogen und erst durch Bruhn wieder hineingekommen. Zugleich ist es in der Global Hotel Alliance und nimmt am Discovery Treueprogramm teil. Da Bruhn zuvor 30 Jahre für die Kempinski-Gruppe gearbeitet hatte, gibt es auch mit dieser wichtigen Luxushotelkette eine gute Zusammenarbeit.

Die Auslastung beträgt in der Nebensaison 30-35%, während im Juli und August alle Betten belegt sind. Das Grand Hotel verfügt über 200 Zimmer und Suiten. Gestartet war es mit 220 Zimmern, aber durch Zusammenlegungen zu Suiten und auch durch die Nutzung ohnehin nicht so gefragter Zimmer für andere Zwecke, ist die Zahl etwas gesunken. In der Nebensaison werden die Burg und die Orangerie auf Sparbetrieb umgestellt und nicht bewirtschaftet. Außer, man würde sie komplett mieten.

 

Die Zimmerpreise im Grand Hotel: Durchschnittsrate fast verdoppelt

Apropos mieten: Die Durchschnittsrate für ein Zimmer lag vor Corona bei 230 Euro. Heute liegt sie dank des Zuspruchs der Gäste bei 450 Euro. Anmerkung: Mitten in der Coronazeit im August 2020 berichtete das Handelsblatt von einer Durchschnittsrate von 590 Euro. Demnach ist sie sogar gesunken.

Thies Bruhn zog angesichts der erstaunten Gesichter einen Vergleich. Selbst das Adlon mit dem hart umkämpften Markt in Berlin lag vor Corona schon bei 300 Euro. München liegt höher und in Paris sind 1.500 Euro in der Kategorie gar nicht unüblich. Eine hohe Rate erzeugt aber auch hohe Ansprüche und das muss man leisten können. Das müssen die Mitarbeiter leisten können.

 

Die Seele des Hauses: Mitarbeiterzahlen und Mitarbeiterbindung

Heiligendamm Boarding Houses

140 bis 250 Mitarbeiter arbeiten im Grand Hotel Heiligendamm. Die Zahl variiert nach dem Bedarf. Im Sommer bekommt man Hilfe von Menschen aus anderen Orten – zum Beispiel in dieser Saison aus der Türkei. Umgekehrt sind im Winter auch mal Mitarbeiter aus Heiligendamm in anderen Häusern der Welt.

Neue Mitarbeiter sucht das Grand Hotel aktiv auch an Hotelfachschulen und bietet sich für die praktische Ausbildung an. Manch fähiger Mitarbeiter bleibt hier hängen. Überhaupt ist die Mitarbeiterbindung sehr wichtig für das Hotel. Mancher unterschätzt, wie wichtig die Investition in die Heiligendamm Boarding Houses sind – die Mitarbeiterwohnungen des Grand Hotels am südlichen Ortsrand.

Der neue Außenpool, die Renovierungen und technischen Aufrüstungen sind für die Gäste wichtig, aber die Investitionen für die Mitarbeiter sind für den Hotelbetrieb im abgelegenen Bad Doberaner Ortsteil unabdingbar. Was man auch gar nicht so sieht: Die Familie Morzynski als Eigentümer des Grand Hotels haben während der Zwangsschließung in der Corona-Zeit Mitarbeitern eine Aufstockung bezahlt und ihnen somit die finanziellen Nöte und Zukunftsängste genommen.

Manch einer hatte schon mit den Gedanken gespielt, in einer anderen Branche anzufangen. Die meisten sind geblieben und es gibt welche, die schon seit fast 20 Jahren dabei sind und immer noch ihr Bestes geben. Aber der Weg muss natürlich weiter gegangen werden.

 

Spannend: Erste Saison ohne Corona-Auflagen

Die erste Saison ganz ohne Coronaauflagen wird spannend. Kulturdirektorin Susann Franke freute sich über 150 Gäste beim Osterkonzert, was zwar nicht an die gewöhnlich um die 200 liegende Zahl herankommt, aber Hoffnung macht.

Im Gespräch im Vorfeld erinnerte Thies Bruhn bei meiner Bemerkung, dass es ja nur besser werden könne, daran, dass die Gäste jetzt auch wieder überall im Ausland Urlaub machen können. Das ist absolut nicht von der Hand zu weisen und ein großer Unsicherheitsfaktor bei der Planung.

 

Festlich: 230 Jahre Erstes deutsches Seebad

Vielleicht ist aber das Jubiläum auch eine Hilfe. Die Gründung des ersten deutschen Seebades jährt sich zum 230. Mal und das wird mit einer Festwoche und einem Festakt und der Eröffnung des Tages des offenen Denkmals – beides mit Ministerbesuch und allem drum und dran gefeiert. Ein Dine Around, Open Air Konzert und Führungen werden veranstaltet und natürlich auch die Gästeführer sich einbringen.

 

Nah am Kunden: Sales Marketing ausgelagert

Eine Info gab es noch: Das Sales Marketing war immer ein schwieriges Thema. Das meiste geht heute nur noch digital und wo es persönliche Kontakte braucht, müssen diese vor Ort und nicht hoch im Norden sein. Darum vermarktet sich das Grand Hotel dort, wo die potenziellen Gäste sind. Man kann sagen, Sales Marketing ist ausgelagert. Aber natürlich heißt das nicht, dass vor Ort keiner ist. Die Ausrichtung auf den Gast merkt man in kleinsten Details – es ist, als könnten die Mitarbeiter Gedanken lesen.

 

Es läuft super: Prinzen-Palais ist wieder auf dem Weg

Eine Frage bezog sich auch auf das Prinzen-Palais in Heiligendamm, das nach dem Verkauf durch Halbersbacher auch Morzynski gehört und dessen Belegschaft mit dem Grand Hotel ein Team bildet. Thies Bruhn leitet beide Hotels und nachdem er das Restaurant im Prinzenpalais geschlossen und das Hotel zum Hotel garni gemacht hat, läuft es auch wieder. Er ist sehr zufrieden.

 

Wünsche des Hoteldirektors: Mehr Miteinander, mehr Sauberkeit

Ein lang gehegter Wunsch des Hoteldirektors ist ein gemeinsamer Weihnachtsmarkt mit der Stadt. Und ein regelmäßig gepflegter Strand, wie in Kühlungsborn und Warnemünde. Mehr möchte das Grand Hotel gar nicht von der Stadt und das würde am Ende allen Gästen nützen.

 

Neues von der EntwicklungsCompagnie Heiligendamm

Wünsche an die Stadt formuliert man seitens der Jagdfeld-Gruppe lieber gar nicht mehr. Man möchte eigentlich nur in Ruhe eines nach dem anderen entwickeln, sanieren und beleben. Damit kommen wir zum zweiten und kürzeren Teil:

 

Erinnerung: Fast hätte es das Grand Hotel nicht mehr gegeben

Außer Herr Dr. Plöger auch Juliane Rhode als neue Sprecherin vor Ort für die Jagdfeld-Gruppe gekommen. Christian Plöger erinnerte einleitend daran, dass wir uns fast nicht an diesem Ort und in dieser Konstellation getroffen hätten. Er fasste den Krimi um den Verkauf des Grand Hotels zusammen und freute sich, dass der Insolvenzverwalter Jörg Zumbaum dem unterlegenen Bieter Paul Morzynski ein Angebot gemacht und dieser sich „auf dem zweiten Blick“ in Heiligendamm verliebt hat. So konnte eine Zerstückelung verhindert werden.

 

Im Plan: Sanierung der Perlenkette schreitet voran

Baufortschritt an den Kolonnaden und der Villa „Klingler“

So richtig Neuigkeiten gibt es ja nicht. Villa „Klingler“ liegt im Plan und wenn nichts dazwischenkommt, ziehen in diesem Jahr noch die Bewohner ein. Für Villa „Hirsch“ wurden die Anträge gestellt und sind in Bearbeitung. Die Kolonnaden sind in der Sanierung, aber hier kann man keinen Zeitplan nennen. Immerhin handelt es sich hier bis auf drei Wände um einen kompletten Neubau samt neuem Unterbau.

 

Fast immer dasselbe: Fragen und Antworten zu Heiligendamm

Die Fragen der Gästeführer sind immer die gleichen und die Antworten auch. Denn an den Plänen hat sich nichts geändert und man muss eine Reihenfolge einhalten, weil es mit der Stadt so vereinbart ist und auch markt- und betriebswirtschaftlich nur so sinn macht. Wenn ein Gerüst am Fürstenhof steht, ist das eine Erhaltungsmaßnahme und noch lange keine Sanierung und wenn ein Verkaufsschild plötzlich weg ist, muss das keinen tieferen Sinn haben.

Doch es gab auch ein paar neue Fragen. Wie es mit der katholischen Waldkapelle weitergeht zum Beispiel. Die EntwicklungsCompagnie Heiligendamm hatte sich für den Erhalt eingesetzt und auch das Grundstück gepachtet und nun stehen Entscheidungen an, ob die Verträge verlängert werden und vielleicht die Kapelle auch wieder zugänglich wird. Da Christian Plöger auf die Frage vorbereitet war wusste er, dass diese Sache am Laufen ist und man sich gern weiter engagieren will.

 

Gedankenspiel: würden weitere Investoren den Wiederaufbau beschleunigen?

Um Verträge ging es auch bei der nächsten Frage. Wobei sie eigentlich lautete, ob es nicht schneller ginge, wenn man andere Investoren zulassen würde. Mir fehlte die Fantasie, wie so eine Zusammenarbeit derzeit aussehen sollte. Gewiss: Für das Thalassozentrum oder den Ayurvedatempel könnte man sich einen Partner suchen und diese saisonverlängernden Maßnahmen gemeinsam entwickeln. Bad Bevensen hat eine Jod-Sole-Therme, die von der Stadt und dem Landkreis betrieben wird und da braucht man gar nicht so weit schauen, denn der Molli wird auch von einer Betreibergesellschaft aus den Städten Bad Doberan und Kühlungsborn und dem Landkreis Rostock betrieben. Derartige Zusammenarbeit von Gemeinde und Investor ist zwar nicht so prominent, aber gerade in kleinen klammen Gemeinden gar nicht so selten.

Natürlich bedingt das, dass diese Einrichtungen dann auch für die breite Öffentlichkeit nutzbar sind. Mehr als Zeichnungen und Modelle gibt es zum Thalassozentrum und Ayurvedazentrum derzeit nicht, denn ein Konzept muss und kann nur am Markt entwickelt und nicht Jahre im Voraus geplant werden.

Würden nach den etwa 100 neuen Wohnungen in den Privaten Residenzen (der Perlenkette) noch die mal angedachten Villen im Villenviertel mit Wohnraum für 1000 neue Heiligendammer und würden im Demmler-Park Appartements und im Fürstenhof ein Konferenzhotel entstehen, bräuchte man eher keine Leute von außerhalb, um die Einrichtungen zu füllen. Solange – oder sofern – all das aber nicht kommt, braucht man mehr Öffnung. Da darf man allerdings nicht erwarten, dass Jagdfeld der Stadt ihren Traum von einer Schwimmhalle fürs Volk erfüllt. Das Angebot wird die Nachfrage steuern – der Preis wird für eine kompatible Klientel sorgen.

Hier kann man dann einen renommierten Betreiber suchen und mit ihm gemeinsam exklusives Thalasso und einzigartigen Ayurveda an der Ostsee entwickeln. Ich glaube zwar nicht, dass das in den nächsten 20 Jahren passieren kann, aber ich glaube, dass es möglich wäre.

Aber für die Villen? Wer eine Villa kaufen möchte, kann das tun – natürlich saniert durch die EntwicklungsCompagnie Heiligendamm, denn das ist nun einmal ihr Geschäft und damit verdient sie Geld. Dafür wurde sie gegründet und nichts anderes tut sie.

In der Villa „Großfürstin Marie“ – also dem Anbau an der Villa „Perle“ hat ein Erwerber alle drei Etagen erworben und zusammengelegt. Villa „Krone“ wurde von einem Hamburger Kaufmann erworben und selbst saniert – genauso hochwertig, wie es die ECH gemacht hätte.

Das ist der Knackpunkt: Wenn jemand kauft und nicht will, dass die ECH saniert, dann muss er genauso hochwertig und detailliert sanieren, wie es die ECH getan hätte und sein Gebäude muss sich so einfügen, dass die Harmonie nicht gestört – am besten gar kein Unterschied zu erkennen ist.

Nicht zuletzt muss man sich einig werden, wie die ECH einen Gewinn machen kann, der dem entspricht, was ein Verkauf nach Sanierung eingebracht hätte. Das ist genauso, wie bei der Vorfälligkeitsentschädigung, die eine Bank haben will, wenn der gewährte Kredit vorzeitig zurückgezahlt wird. Da die vereinbarten Zinsen über die ganze Laufzeit durch die Verkürzung der Laufzeit nicht mehr erbracht werden, möchte die Bank entweder die Zinsen trotzdem haben oder – wenn sie human ist – wenigstens einen Teil davon. Denn sie hätte das Geld ja auch anders anlegen und damit verdienen können. Und die ECH hätte selbst sanieren und dann zu einem Preis verkaufen können, den sie nun gern hätte. Oder – wenn sie human ist, wenigstens einen Zeil davon.

Hier scheitern dann die meisten Anfragen und die Begründung heißt dann „zu unterschiedliche Preisvorstellungen“.

 

Nicht ganz klar: Was die EntwicklungsCompagnie Heiligendamm eigentlich macht

Dass ein Projektentwickler seine Brötchen mit Projektentwicklung und ein Bauträger mit dem Bauen verdienen und ein bloßer Verkauf beiden nie das Geld bringt, was sie verdienen könnten, geht in manche Köpfe nicht rein – und damit sind jetzt nicht die Teilnehmer jener Gesprächsrunde gemeint.

Bei aller Liebe zu Heiligendamm muss jeder Investor wirtschaftlich denken, Einnahmen und Ausgaben abwägen, die Finanzierung sichern und wenn es um Fremdkapital geht, dem Geldgeber auch ein belastbares Konzept vorlegen.

Am Ende müssen die Investitionen sich amortisieren, müssen Mitarbeiter, Dienstleistungen, Waren und Steuern bezahlt werden und muss auch für den Investor selbst etwas dabei herausspringen.

Denn bei aller Liebe: Ein mittelständischer Familienunternehmer kann nicht handeln, wie ein reicher Scheich, der mal eben eine halbe Milliarde aus der Tasche bezahlen könnte, nur damit es schneller fertig ist. Es geht in Heiligendamm nicht darum, schneller fertig zu werden. Es geht nicht darum, einfach nur Häuser wiederaufzubauen. Sie müssen sich mit Leben füllen und die Menschen müssen gern kommen, weil sie hier finden, was sie suchen – außer das Meer, außer die Sonnenuntergänge, außer frischer Luft und sauberer Natur, außer Abgeschiedenheit und einem Luxushotel.

HIER LÄDT DICH LAETITIA EIN NACH GESUNDEM BADE steht auf dem Salon geschrieben, den man heute fälschlich „Kurhaus“ nennt, obgleich er nie ein Kurhaus war. Die Weiße Stadt am Meer ist nicht zur Kur und nicht zum Baden entstanden, sondern zum Vergnügen:

LAETITIA ist die lateinische Variante der APHRODITE – der Göttin der Freude. Eine treffende Übersetzung ist auch „Frohsinn“ und das meint nicht irgendwelche Dinge in irgendwelchen Häusern – es meint das ganze Seebad – den ganzen Ort – das ganze Arkadien an der Ostsee.

„Ein solch reizender, solch abstrakter Badeort wie dieser muß irgendwo existieren und erhalten bleiben, damit wir die Vorstellung gewinnen können, wie es sich im Märchen oder in den Gefilden der Seligen lebt, in denen man alles hat und nichts entbehrt, in denen nur genießende Menschen verweilen und von des Lebens Müh´ und Arbeit so gut wie nichts zu merken ist.“ Schrieb Fanny Lewald bei ihrem Besuch im Jahre 1879 und fasst damit das Unfassbare zusammen.

 

Das alles sagte Christian Plöger natürlich nicht: Er sagte, dass ein Konvolut an Vereinbarungen zwischen der ECH und der Stadt besteht, in die nun ein Dritter eintreten oder die neu verhandelt werden müssten. Danach musste er erst einmal einen Schluck trinken. Und ich auch.

 

Kein Thema: Verkauf des Alexandrinencottages

Bild: Manfred Sander

Was kein Thema war: Das Alexandrinencottage wird zum Verkauf angeboten, aber die EntwicklungsCompagnie Heiligendamm möchte sie selber sanieren. Das Grand Hotel soll Interesse gehabt haben, aber die Preisvorstellung zu hoch gewesen sein. Fast jeder Gast fragt, was mit der unsanierten schönen Villa direkt auf der Steilküste an der Ostsee passiert und immer lautete die Antwort, sie gehört der Familie Jagdfeld, die sie sanieren und selbst bewohnen will, aber erst nach Abschluss der Sanierung der Perlenkette. Nun könnte die Familie damit beginnen und in ein paar Jahren aus dem jetzt von ihr bewohnten Mariencottage in das Alexandrinencottage umziehen. Doch die Zeiten ändern sich und die große Familie ist auf der ganzen Welt verstreut und die Familienoberhäupter inzwischen älter, als sie sich damals beim Einzug erhofft hätten. So Kaufmann ist der Liebhaber dann auch, dass er zu dem Schluss kommt, dass es betriebswirtschaftlich keinen Sinn macht, die Villa für sich selbst zu sanieren. Ich hatte wegen einer Zuarbeit die Info schon etwas früher, aber inzwischen ist es offiziell, dass das Alexandrinencottage verkauft wird.

Natürlich muss auch dieser Nachbar in die Gated Community passen – und das nötige Kleingeld mitbringen. Aber diese Villa mit dieser Geschichte an diesem Standort ist eigentlich unbezahlbar. Die Frage wird also nicht sein, wieviel Jagdfeld dafür haben will, sondern wieviel die Interessenten bereit sind, zu geben, um sich diesen Traum zu erfüllen. So wird am Ende jemand das Alexandrinencottage kaufen, nicht weil er viel Geld hat, sondern weil er einen Traum hat. Genau das macht alles so unfassbar: Die Preise, die Pläne, die Größe und die Zusammenhänge. Hier werden Träume verkauft und hier werden Träume gelebt. Die Römer nannten es „Arkadien“ und das soll ein heller und freundlicher Ort sein.

 

Licht und Schatten: Villenviertel und Vorder Bollhagen

Hell und freundlich – das ist das Stichwort für den letzten Teil dieses schon wieder viel zu langen Berichts.

Kurz ein Thema waren auch das Gut Vorder Bollhagen und der B-Plan für das Villenviertel, den die Stadt aufheben will. Hier wartet die ECH nun ab, was die Stadt da nach der überraschenden Entscheidung vorhat. Mehr sagte Herr Plöger dazu nicht.

Beides sind sehr große Vorhaben, wobei das Villenviertel noch gar kein Thema wäre, wenn der Bürgermeister es nicht zu einem Thema gemacht hätte. Die Stadt will den Bebauungsplan für die Flächen im Besitz der Jagdfeld-Gruppe aufheben und selbst bestimmen, was auf den ihr nicht gehörenden Flächen entstehen darf – aber niemals entstehen wird, wenn es nicht das ist, was der Eigentümer will. Ob man nun erwartet, dass er die Flächen wieder verkauft oder ob man nur will, dass er damit kein Geld verdienen kann – außer mit dem Ackerbau oder ob man tatsächlich glaubt, er würde dort bauen, was die Stadt sich für seine Bürger wünscht – das muss sich erst noch zeigen.

In Vorder Bollhagen ist die Sache etwas klarer: Dort soll der Landwirtschaftsbetrieb aus den alten Bauten herausgenommen und ein moderner nachhaltiger Bio-Bauernhof am Ortsrand gebaut werden. Die alten Ställe und Scheunen sollen saniert werden und als eine Art Akademie – also ein Bildungs- und Informationsort für viele Themen rund um Landwirtschaft, Gartenbau, Landschaftsarchitektur und Natur- und Artenschutz genutzt werden.

Das Gut Vorder Bollhagen ist Demonstrations- und Konsultationsbetrieb im Biolandbau und hat außer Ställen, Scheunen und einem Gutshaus mit DDR-Charme keine Räumlichkeiten für Seminare, Workshops und Konferenzen zu bieten. Man kann das, was das Biolandgut macht, nicht einfach mal ein paar Tage erleben und leben. Darum geht es aber, wenn man Biobauer werden will: Man muss mal ein paar Tage oder Wochen auf so einem Hof leben und arbeiten. Das große Vorbild für das Gut Vorder Bollhagen ist Highgrove in England, das Biolandgut von König Charles. Es wäre einmalig in Deutschland.

Die Pläne sehen auch vor, um den alten Dorfkern, der größtenteils erst zu DDR-Zeiten entstanden ist, einen neuen Ort drumherum zu bauen, in denen Ferienhäuser, aber auch Wohnsitze entstehen sollen. Gleich die erste Infoveranstaltung war ein Affront: Keiner findet die Pläne gut. Oft ist es aber nicht der Pläne wegen: Die Alteingesessenen haben noch Hühner auf dem Hof und jeder kennt die Geschichten von den Städtern, die aufs Land ziehen und sich beschweren, dass morgens die Hähne krähen, dass die Kühe muhen und die Schweine stinken und die Katzen in den Vorgarten kacken. Mit der friedlichen Dorfidylle wäre es dann vorbei. Diese Sorgen muss man ernst nehmen und das habe ich Herrn Plöger auch gesagt.

 

Gedanken

Denn es braucht nicht noch mehr Menschen, die sich aus Angst der Entwicklung in den Weg stellen und wollen, dass alles so bleibt, wie es ist – oder wird, wie es war.

Denn auch darum geht es bei all den Plänen nicht: Es soll nichts wieder so werden, wie es war. Es soll nur so werden, dass es morgen noch funktioniert. Und wenn es teuer in der Sanierung, teuer in der Erweiterung und teuer im Erhalt ist, dann muss man schauen, wer heute schon und morgen noch das Geld dafür hat, es hier auszugeben – und nicht woanders. Das ist dann nicht der Normalverdiener. Höchstens mit Massentourismus in Bettenburgen. Das ist dann der wohlhabende Hamburger, Berliner, Münchener oder auch Schweizer.  

Aber das, liebe Leser und Leserinnen, ist nur meine persönliche Meinung.

Veröffentlicht am 14.04.2023

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