Neues vom alten Stahlbad: Rettet Steigenberger die Moorbad-Ruine?
Die Nachricht sorgte schon für Aufregung: Steigenberger soll sich für die Moorbad-Ruine in Bad Doberan interessieren. Mit dem bekannten Namen sollte eigentlich nichts mehr schief gehen können. Oder doch? Die Ausschusssitzung warf mehr Fragen auf als Antworten:
Eine (unendlich) lange Geschichte
Seit fast einem Vierteljahrhundert ist das alte Moorbad eines der Sorgenkinder Bad Doberans. Bis dahin war es ein angesehener Kurbetrieb, 1822 gegründet, also mit langer Tradition. Zunächst hieß es „Stahlbad“, weil eine Eisenquelle als Kurmittel diente, 1964 wurde es dann auf Grund eines neuen Kurmittels in „Moorbad“ umbenannt. Der Name hat sich eingebürgert und wurde auch von der Dr.-Ebel-Klinikgruppe für den neuen Standort übernommen.
Klinikgruppe hatte Ideen für das Moorbad
Das Unternehmen hatte durchaus Interesse am alten Standort, aber für eine moderne Kurklinik war das Gebäude nicht geeignet und für eine Nutzung in Verbindung mit einem Neubau – zum Beispiel für Unterkünfte für Angehörige und Freizeiteinrichtungen – war der Preis zu hoch. Die AOK als Eigentümer des Moorbades hatte nämlich Preisvorstellungen, die selbst der Makler für überzogen ansah.
Die Dr.-Ebel-Gruppe baute etwas weiter südlich neu und verlor das Interesse am alten Gebäude. Bis 1996 fand sich dann auch niemand, der das große gelbe Haus kaufen wollte, das durch Leerstand und Vandalismus zusehends verfiel.
Erst nachdem besagter Makler die AOK überzeugen konnte, wurde sie die Immobilie 2001 los. Käufer war die EMEA Handelsgesellschafft. Sie wollte betreutes Wohnen anbieten, aber die Stadt lehnte das ab. Eine Investorengruppe wollte dann ein Wellnesshotel mit 100 Betten im historischen Gebäude einrichten.
Nach dem Brand kam der Streit
Dafür musste der Bebauungsplan geändert werden, aber am 12. Dezember 2006 kam es zum Brand, sodass der Eigentümer 2007 einen Antrag auf Abriss und Neubau stellte.
Da es sich um ein Denkmal handelt, verlangte auch der Landkreis, dass die Fassade erhalten bleiben musste. Der EMEA-Chef Frank Thee versuchte, die Immobilie los zu werden, fand auch Interessenten, aber nicht für das, was der B-Plan erlaubte. Währenddessen schoben sich Stadt und Landkreis gegenseitig die Schuld am weiteren Verfall zu.
2010 stellte dann der Berliner Reinhard Wiese sich und seine Pläne vor: Er wollte ein Vier-Sterne-Hotel mit 280 Betten entwickeln. Finanzieren und betreiben sollten es andere und eben die Finanzierung gelang ihm nicht, sodass er den Nachweis immer wieder verschieben musste.
Der Höhepunkt war der Abriss des Straßengiebels im Auftrag des Landkreises im Jahr 2011. Das sollte der Sicherheit dienen – nun aber hatte Bad Doberan am Ortseingang eine sichtbare Ruine. Außerdem bestand nun eine Grundschuld, die den Verkauf nicht einfacher machte. Die Lehmziegel zersetzten sich, jeder Regen und jeder Winter beschleunigten den Verfall und ringsum schossen Bäume aus dem Boden. Das Moorbad wurde zur Müllhalde und zum Ziel von Vandalismus.
Stadt drängte auf Zwangsversteigerung und bot mit
Später hieß es dann, Wiese sei Pleite und untergetaucht. Das konnte er persönlich widerlegen, indem er sich 2013 zu Wort meldete, neue Pläne vorstellen wollte und versprach, das Gelände zu sichern. Nachdem sich dann nichts mehr tat, übernahm die Stadt die Sicherung in Vorleistung. Damit hatte sie einen vollstreckbaren Titel, den sie geltend machen wollte, wenn es zur Zwangsversteigerung kommen sollte. In der wollte die Stadt dann mitbieten und somit die Immobilie wiederkriegen. WIG-Chef Arno Gutzmer war nicht euphorisch angesichts der Aufgabe, die man der WIG stellen wollte, aber bereit, den Auftrag auszuführen.
Es dauerte bis 2014, bis die Zwangsversteigerung dann auch angesetzt wurde. Noch während dessen behauptete der Immobilienmakler und Insolvenzverwalter Bert Giesen, die Zwangsversteigerung sei vom Tisch und er verkaufe das Grundstück eigenhändig. Große Verkaufsschilder sollten das belegen.
Neuer Eigentümer kam nicht gut an
Zur Versteigerung kam es trotzdem und David Corleis bekam bei 415,201 Euro den Zuschlag. Die Stadt hatte über die stadteigene Wohnungsgesellschaft WIG mitgeboten, stieg aber bei gerade mal der Hälfte aus. Corleis stellte seine Pläne von einem Hotel mit Wellnessbereich und Spielhalle vor. Die Spielhalle war den Entscheidern ein Dorn im Auge. Dafür wollte man den B-Plan nicht ändern. Außerdem hatten die Doberaner ganz klare Vorstellungen, was in das Moorbad alles hinein solle. Eine Schwimmhalle mit Schulschwimmen, Saunen und Wellness waren noch die kleinsten Wünsche. Ein Hotel hätte es nach einigen Doberanern gar nicht werden brauchen. Es folgte ein Hin und her von Anpassungen seitens Corleis, die nicht gerade das Vertrauen in ihn erhöhten, weil sie kein klares Konzept erkennen ließen. Das einzige, was letztlich hängen blieb war seine genervte Feststellung, er könne auch die Grundstücke parzellieren und einzeln verkaufen. Damit war das Vertrauen dahin. Die Doberaner haben das Moorbad mehrheitlich aufgegeben.
Eigentümer will verkaufen
Nun kommt wieder Bewegung in die Sache. Corleis will das Grundstück wieder verkaufen. Der Zeitpunkt ist angesichts der gestiegenen Immobilienpreise günstig, aber ein Renner ist die Immobilie nicht. Wer sie kauft, braucht Baurecht und den Bebauungsplan hat die Stadt trotz Aufstellungsbeschluss von 2016 noch nicht erstellen können. Sie sagt, ihr fehlen Zuarbeiten. Corleis wusste ja zuletzt selbst nicht mehr, was er mit der Immobilie machen sollte, nachdem die Spielhalle abgelehnt und damit das wichtigste Standbein abgesägt wurde.
Corleis informierte nun den Ausschuss, dass er das Grundstück entwickeln will, bis hin zum B-Plan. Dafür hat er mit einem Interessenten einen Managementvertrag abgeschlossen und eine Konzeptstudie in Auftrag gegeben. Die Architektin Constanze Kovac stellte diese vor. Sie sieht wieder ein Hotel vor, diesmal mit 300 Betten und 2.600 qm Wellnessbereich mit einem 30×6 Meter großen Schwimmbecken, Tauchbädern und Saunen. Das Haupthaus soll 70 Einzelzimmer beherbergen und in anderen Gebäuden noch einmal 50 Einzelzimmer entstehen. Insgesamt sind 186 Zimmer vorgesehen, sodass 66 größere Unterkünfte entstehen. 70 Parkplätze und eine Fahrradstation sollen entstehen.
Vier Sterne soll das Haus haben und der Management ist mit der Deutschen Hospitality abgeschlossen, die auch die Marke „MAXX by Steigenberger“ entwickelt. Eine Nachfrage der OSTSEE-ZEITUNG ergab, dass man dort den Standort interessant findet, aber weder eine Bestätigung, noch ein Dementi geben will.
Die Architektin plant ganz selbstverständlich einen Abriss und um 10 Meter von der Straße weg versetzten Neubau. OZ-Recherchen ergaben, dass die Denkmalbehörde dazu gar nicht angehört wurde. Allerdings handelt es sich auch erst um eine Konzeptstudie.
Den Stadtvertretern und der Stadtverwaltung ist das alles zu wenig. Sie wollen Grundrisse sehen und erkennen können, wo Wege entlang führen und wie die Erschließung läuft. Auch eine Visualisierung des Baukörpers vermissen sie. Das war schon bei Corleis‘ Erstvorstellung ein Problem. Der verweist auf das Planungsbüro. Diese Details müssen Plane und Entscheider zusammen besprechen. Für Bauamtsleiter Norbert Sass ist es ein langer Weg, aus dem Gehörten einen Plan zu machen. Allerdings wird er diesen Weg nicht mehr lange begleiten, denn er geht in den Ruhestand.
Grundsätzlich war die Stimmung zwar voller Skepsis, aber nicht gegen das Projekt. Außer den Abrissplänen stören auch die Parkplätze. Es würde mehr Einzelzimmer, als Parkplätze geben. Als Zielgruppe für die Einzelzimmer gelten auch Angehörige der Patienten des Moorbades. Ob die aber Vier Sterne buchen? Der Bürgermeister verspricht die größtmögliche Unterstützung und spricht damit eine andere Sprache, als sein Vorgänger. Aber dass jetzt nichts mehr schief gehen kann – darauf würde in Bad Doberan keiner wetten.