Perlenkette (Villenreihe)
Die „Perlenkette“ ist eine Reihe aus acht Villen, die sich vor der Strandpromenade in S-Form am Waldrand entlang schlängeln. Ursprünglich sollte ein großes Logierhaus entstehen, wofür Großherzog Friedrich Franz II. verschiedene Entwürfe anforderte.
Er hatte auch einen Entwurf favorisiert, aber es war ihm finanziell nicht möglich, ihn umzusetzen. Er befahl stattdessen 1853, „stattdessen am H Damm successiv eine Reihe kleinerer zu der Aufnahme von Familien und einzelnen Badegästen während der Saison geeigneter Haeuser gebaut werden soll. Zum Anfang sollen drei Häuser seitwärts von dem Denkstein in gerader Richtung erbaut werden.“
Er machte sogar Vorgaben:
„Jedes Haus soll 4 Familien-Wohnungen und möglichst auch Einzelwohnungen enthalten, in Einrichtung und äußerem Ansehn soll möglichste Verschiedenheit herrschen, jede Wohnung soll Aussicht auf die See . . . haben, um Seeluft zu genießen.“
Damit entsprach der Regent den Ansprüchen der sich gerade im Wandel befindlichen Art, Urlaub zu machen. Mit zunehmender Ballung der Siedlungen rund um die Städte, Lärm, Hektik und Umweltverschmutzung entflohen immer breitere Schichten des Bürgertums diesem Alltag zumindest für begrenzte Zeit auf das Land. Frische Luft und Sonne und dazu noch eine reizvolle Landschaft reichten den meisten und ein Ort an der Ostsee konnte all das bieten. Hier konnte man auch Sport treiben und wandern. Hauptsache, man war draußen an frischer Luft.
Aus diesem Bedürfnis heraus entstand die Ferienwohnung aus neuer Bautyp. Den festen Sommersitz im eigenen Haus konnte sich das Bürgertum nicht leisten. Zwar gingen immer noch viele Hausherren allein auf Geschäftsreise, aber der Trend ging zu Familienurlaub. Mit Familie und Bediensteten anreisen und zur Miete auf begrenzte Zeit Urlaub in einer Familienwohnung machen, die Annehmlichkeiten des Ortes genießen – das konnte zumindest das Großbürgertum bezahlen und das war in Heiligendamm genau die Klientel, die man um den Regenten und seinen Hof herum wollte.
Mit der Planung wurde der Architekt am Hofe Wilhelm Stern beauftragt. Der variierte verschiedene Elemente der Neogotik und der Neorenaissance miteinander, aber es gelang ihm weder, die Häuser unterschiedlich aussehen zu lassen, noch traf er den Geschmack des Auftraggebers. Der beauftragte nun mehrere Architekten und betraute Wilhelm Bartning als Projektleiter. Seine Aufgabe war es, die Entwürfe von Wilhelm Stern, August Rathsagg und Theodor Friedrich Krüger als Gesamtensemble in Einklang zu bringen.
Die Baumeister tasteten sich an den neuen Bäderstil heran: Die ersten beiden Villen hatten kaum mehr, als die üblichen Balkone und Terrassen zu bieten, die nächsten beiden bereits Veranden, Loggien und breitgelagerte Balkone und die zuletzt gebauten venezianisch anmutenden Villen „Schwan“ und „Hirsch“ schafften erstmals die Verbindung von Landschaft und Architektur.
Optimiert wurde das zuerst mit den großherzoglichen Cottages und dann zwanzig Jahre nach der „Perlenkette“ mit den beiden Villen „Sporn“ und „Adler“, die inmitten eines Landschaftsparks alle Register der Verbindung von Innen und Außen zogen – sogar mit Rankgewächsen.
Die Zeit konnte nicht besser sein, denn die Architekten suchten neue Gestaltungsmöglichkeiten. Aus dem Alten schufen sie neues: Neogotik, Neobarock, Neorenaissance. Und sie kombinierten diese verschiedenen Epochen, denn ihre Zeit war weder die Gotik noch der Barock noch die Renaissance.
Sie waren frei von den Vorstellungen oder gar Zwängen dieser Zeiten und wollten nicht vergangene Gesellschaften widerspiegeln, sondern die Großartigkeiten vergangener Architektur. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Historismus noch als „Stilgemisch“ abgelehnt, aber als er in Heiligendamm Einzug fand, war er längst anerkannt. Man nutzte ihn für die repräsentativen Bauten in den Städten.
Das funktionierte in einer Reihe weiter auseinander stehender Häuser nicht und wenn man darauf zurück griff, musste er abgewandelt werden. Darum unterscheidet sich die unbeschwerte Bäderarchitektur von den reich beladenen Villen der Städte – auch der Seebad-Städte, wie Ahlbeck und Binz. Heiligendamm ist die Blaupause für die Bäderarchitektur. Hier ist sie noch ursprünglich und sogar ihre Entwicklung ablesbar.
Später in anderen Seebädern entstanden Sommerresidenzen wohlhabender Familien und die gaben ihren Sommerhäusern eigene Akzente und repräsentativere Formen. Sie schufen an der Ostsee das, was sie aus den Städten kannten und dadurch erst entwickelten sich Seebäder zu Städten. Heiligendamm hat diese Entwicklung nicht vollzogen – es ist immer ein Badeort geblieben und nie eine Stadt geworden. Pläne für die Zukunft sehen zwar den Neubau von Infrastruktur vor, aber eher nach dem Prinzip eines Resorts, als nach dem Prinzip einer Stadt und immer hinter oder weit genug entfernt von den historischen Bauten.
Die Villen sollten damals direkt hinter dem Denkstein entstehen, die Baumeister rückten sie aber ein Stück näher an den Strand und ließen so – wohl unbewusst – Platz für das erst 1873 entstandene Haus „Grand Hotel“. Die ersten beiden Villen „Perle“ und „Greif“ wurden 1853 bis 1854 gebaut und dann jährlich zwei weitere.
Zwischen den Villen „Seestern“ und „Anker“ ließ man zunächst eine Lücke für den Bau einer großen Restauration, also Gaststätte.
Darum entwarf Krüger die Villa „Seestern“ als Abschluss mit Turm im Osten. Das wurde nicht realisiert. Diesen Abschluss sollte erst das letzte Haus der Villenreihe bilden und die Restauration sich als Bestandteil in die Reihe einfügen.
Haus „Bischofsstab“ ist nur eine leichte Abänderung von Krügers Plan für Villa „Seestern“. Es bildet mit seinem Turm im Osten den Abschluss der Villenreihe. Obwohl vom Waldesrand her gar nicht nötig, wurde dieses Haus schräg gestellt, sodass es an die Promenade anstößt. Damit gab man der „Perlenkette“ einen Abschluss. Alles was dahinter gebaut würde, wäre immer außerhalb der acht Perlen.
Die Restauration wurde nicht gebaut, stattdessen entstanden in der Lücke zwei weitere Villen. Nachdem man damit fertig war, erschien die Villa „Perle“ im Westen zu schmucklos als Gegenpart zum stattlichen Haus „Bischofsstab“. Zumindest musste dieses Haus einen Turm bekommen.
Es gab 1866 Pläne, das Haus für den Bruder des Großherzogs zu vergrößern, aber die Entwürfe Hermann Willebrands gefielen beide nicht. Willebrandt wollte den Turm nach Osten ausrichten.
Auch Sterns Entwürfe konnten nicht überzeugen. Immerhin hatte einer von ihnen aber den abschließenden Turm an der Westseite.
Erst die Hochzeit der Prinzessin Marie mit dem Großfürsten Wladimir von Russland wurde zum Anlass für eine Vergrößerung. Das Paar wollte unbedingt in der Villa „Perle“ seine Flitterwochen verbringen und lehnte mehrmals das Angebot für Villa „Krone“ ab. Man nahm das zum Anlass, die Villa „Perle“ zu erweitern. Den Auftrag dazu erhielt das Architekturbüro Kayser&Großheim. Die Stararchitekten ihrer Zeit planten gerade den Anbau eines Seeflügels an das Haus „Mecklenburg“ und den Bau eines neuen Logierhauses á la „Grand Hôtel“. Sie bauten die Villa „Perle“ nicht um, sondern an sie ein deutlich neues Haus an – die Villa „Großfürstin Marie“.
Das geschah im Einklang mit den anderen Planungen und so erhielt der Platz sein heutiges Gesicht mit dem Karree, an das die geschwungene Villenreihe anstößt und sich doch einfügt. In Verbindung mit der Seebrücke, der Strandpromenade, dem Strand und dem Meer und dem mondänen Treiben auf all diesen Achsen vollendete sich hier das Zentrum einer Weißen Stadt am Meer.
Hinter den Villen entstanden 1874 schließlich noch in Form einer langen Kolonnade die Kaufhallen für Kolonialwaren und Luxusgüter seiner Zeit. Schon 1850 ließ Friedrich Franz II. für seine neue Gemahlin Auguste von Reuß-Köstritz ein Palais am Waldesrand in Ostseenähe bauen. Das Prinzessin-von-Reuß-Palais wurde später noch einmal vergrößert. Nach dem 2. Weltkrieg entstanden neben den Kolonnaden auch Garagen und eine kleine Post.
Zunächst wurden die Häuser nummeriert, dann benutzte man Buchstaben. Beides funktionierte durch den nachträglichen Bau der Villen in die freigehaltene Lücke nicht. Am 10.11.1861 gab der Großherzog den Häusern per Erlass feste Namen. Er wählte dafür maritime Motive:
Die „Perle“ aus der Muschel, das Sagentier „Greif“, die Möwe, den Seestern und den Schiffs-Anker. Einzig die Häuser „Hirsch“, „Schwan“ und „Bischofsstab“ sollten die Wappenelemente des Doberaner Wappens wiedergeben. Die anderen Häuser wurden nicht umbenannt und die Villa „Großfürstin Marie“ entstand erst nach den Benennungen.
1953 wurden die Häuser im Sinne der DDR-Regierung noch einmal umbenannt. Die ersten beiden der Villen der Perlenkette wurden nach Künstlern benannt:
Villa Großfürstin Marie – Perle: Maxim-Gorki-Haus
Villa Greif: Käthe-Kollwitz-Haus
Die nächsten Häuser wurden nach für die DDR bedeutenden Politikern vor deren Gründung benannt:
Villa Möwe: August-Bebel-Haus
Villa Seestern: Walter-Rathenau-Haus
Die folgenden beiden Villen trugen die Namen der für die DDR bedeutendsten Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Wie üblich wurden beide ebenbürtig nebeneinander gestellt:
Villa Schwan: Rosa-Luxemburg-Haus (Haus 10)
Villa Hirsch: Karl-Liebknecht-Haus (Haus 11)
Die letzten beiden Häuser der Reihe bekamen die Namen der beiden bekanntesten mecklenburgischen Dichter:
Villa Anker: John-Brinckmann-Haus (Haus 12)
Haus Bischofsstab: Fritz-Reuter-Haus (Haus 13)
Zuletzt wurde das Palais der Prinzessin von Reuß gemäß seiner Zweckbestimmung nach dem bekanntesten Physiker nach Einstein benannt:
Prinzessin-von-Reuß-Palais: Max-Planck-Haus (Haus 14)
Gleich nach der Wiedervereinigung erhielten die Häuser ihre alten Namen zurück. Bei den Sanierungen werden nach historischem Vorbild jeweils Namenszüge in die Fassade eingearbeitet.
Alle Villen waren als Logierhäuser gebaut und erfüllten diesen Zweck zunächst bis 1938. Dann wurde das Bad in ein KdF-Bad umgewandelt, was aber an der Nutzung nichts änderte. Nachdem das Bad beschlagnahmt wurde, standen die Häuser leer und dienten als Reservelazarett. Das war aber offenbar nicht der angestrebte Nutzungszweck, denn nach dem Tod des Eigentümers über Aktien, Oskar Adolf Rosenberg, wurde das Bad an die Reichsmarine verkauft. In die Villen zogen nun Kadetten in Wohngruppen ein. 1942 erhielten die weißen Häuser angesichts der Bombenangriffe auf Rostock einen dunklen Tarnanstrich. Nach der Besetzung durch die Rote Armee im Mai 1945 wurden die Häuser geräumt und die Installationen herausgerissen und in die Sowjetunion transportiert. Da es sich scheinbar um eine militärische Einrichtung handelte, musste sie nach dem Potsdamer Abkommen gesprengt werden. Auch mangelnde Dienstaufsicht führte zum Verlust gerade hölzerner Elemente, denn diese wurden verheizt.
Wahrscheinlich brachte der Restitutionsantrag von Herzog Christian Ludwig von Mecklenburg für die drei Cottages im Westen des Bades einen Stein ins Rollen. In einem Propagandafeldzug entschied man, das Bad als Sanatorium für Werktätige zu nutzen. Christian Ludwig geriet in Gefangenschaft und wurde zu 25 Jahren Zuchthaus in der Lubljanka verurteilt, aber vorzeitig von der BRD unter Adenauer freigekauft.
Man beauftragte die Architekten Lutz Elbrecht und Adolf Kegebein mit der Wiedernutzbarmachung der Gebäude. Dabei mussten sie mit dem wenigen vorhandenen Material auskommen. Zierrat konnte nicht rekonstruiert werden. Auch eine Anpassung an die neue Nutzung wurde vorgenommen – Wandöffnungen geschlossen, neue gemacht, Veranden geschlossen, Türme und Balkone entfernt. Die Veränderungen geschahen schleichend. Während in den 1950er Jahren noch viel Stuck erkennbar war, gab es nach den Sanierungen der 1970er Jahre nur noch glatte Wände. Jetzt wurden auch die historischen Fenster durch Massenware ausgetauscht und Rundbögen zugemauert. Der Klinik-Chefarzt Dr. Serowy protestierte dagegen und hatte Erfolg. Dennoch konnten die Gebäude zuletzt nur noch erhalten werden. Dafür gab es eine eigene Brigade, die stets Ausbesserungen vornahm.
Nach dem Ende der DDR wurden viele Häuser noch sieben Jahre weiter genutzt, bevor 1997 die Mieter gekündigt wurden. Die Villen wurden 1993 zunächst von der Treuhand Liegenschaften Gesellschaft einzeln zum Verkauf ausgeschrieben. Es fanden sich Interessenten, aber keiner für die großen Gebäude des heutigen Grand Hotels. Darum bündelte man 26 Immobilien und GRundstücke und bot sie als Paket an. Ein Interessant kam nicht in Frage, zwei weitere sprangen ab (Asklepios-Gruppe, Dr.-Marx-Gruppe) und übrig blieb die FUNDUS-Gruppe von Anno August Jagdfeld.
Einige Häuser standen zu der Zeit bereits leer und das Haus „Bischofsstab“ und das Palais „Prinzessin von Reuß“ wurden verkauft und saniert. Diese beiden Gebäude gehörten auch zu DDR-Zeiten nicht zum Sanatorium. Villa „Seestern“ war in den 1920ern zeitweise eine eigene Hotel-Pension.
Es dauerte drei Jahre, bis Investor Anno August Jagdfeld das Geld für die Sanierung des Grand Hotels über einen geschlossenen Immobilienfond (FUNDUS Fonds 34) eingesammelt hatte. Die Sanierung der Villen wurde vertraglich zwischen der Stadt und der EntwicklungsCompagnie Heiligendamm GmbH & Co. KG festgelegt. Zuerst sollten die großen Häuser saniert und 2003 als Grand Hotel Heiligendamm eröffnet werden. Erst danach durften die Villen angegangen werden. Man befürchtete, der Investor könne alles zusammen nicht leisten und man würde auf den großen Häusern sitzen bleiben.
2004 begann Jagdfelds EntwicklungsCompagnie mit der Planung der Villen. Ursprünglich sollten sie zum Grand Hotel gehören, aber dieses blieb unter den Erwartungen zurück, sodass man hier ein eigenes Residenzen-Hotel konzipierte. Der Planname war „Adlon am Meer“, wurde aber nach der Trennung von der Kempinski-Gruppe 2009 in „Residenzen Heiligendamm“ umbenannt.
Geplant ist der Bau eines Herzstücks für den Betrieb der Residenzen hinter den Villen. Auch eine weitere Villa ist geplant und wird 2021 realisiert. Die Villen sollten nun als Wohnungen mit Hotelservice vermarktet werden. Der Bebauungsplan gab das allerdings nicht her: Die Bewohner hätten nicht dauerhaft in ihren Wohnungen wohnen dürfen, da sie als Ferienwohnungen galten. Diese Änderung zusammen mit dem Antrag auf den Bau einer gemeinsamen Tiefgarage bekam der Investor nicht durch die Stadtvertretung, die inzwischen um die Wegeführung stritt. Es dauerte von 2007 bis 2009, bevor die Stadt die Änderungen akzeptierte.
2010 begann die ECH mit dem Wiederaufbau der Villa „Perle“, aber die Insolvenz des Grand Hotels 2012 führte zu noch größeren Streitigkeiten. Einige Stadtvertreter wollten Jagdfeld los werden und nutzten jede sich ergebende Möglichkeit, um ihn zu blockieren. Die Baugenehmigungen wurden nicht verlängert. ein Heimfall geprüft und der Landkreis wurde erst auf Klagen hin tätig. Die IHK drängte zu einer Mediation, die 2014 stattfand, aber deren Ergebnisse teilweise wegen eines Formfehlers erst 2015 rechtskräftig wurden.
Seitdem sanierte die ECH zuerst die Villa „Greif“ und dann im Folgejahr gleichzeitig die Villen „Möwe“ und „Seestern“ und inzwischen die Villa „Schwan“ und die Kolonnaden. 2021 steht der Neubau der Villa „Klingler“ und die Sanierung der Villa „Hirsch“ an, sodass 2022 die letzte Villa (Anker) in der Sanierung sein wird.
Die Sanierung der Villen ist sehr aufwändig. Der Investor hat den Anspruch, sie so originalgetreu wie möglich zu sanieren. Dazu nutzt er alte Fotos und die Expertise von Fachleuten. Bei der Ausführung kommen Handwerksmethoden zum Einsatz, die es heute nur noch selten gibt. So werden für den Stuck keine Formteile gegossen, sondern der Stuck vor Ort durch Stuckateure aufgetragen.
Aber nicht nur Originaltreue ist ein Anspruch, sondern auch Hochwertigkeit, Haltbarkeit (was wegen der Nähe zur See sehr wichtig ist) und Nachhaltigkeit. Die Kosten der Sanierung können nur durch entsprechend hohe Verkaufspreise gedeckt werden. Hohe Preise wiederum lassen eine hochwertige Qualität erwarten und eine hochwertige Ausstattung. Nicht zuletzt müssen die Gemeinschaftseinrichtungen wenigstens in die Kalkulation mit einfließen. Die Tiefgarage muss schließlich auch bezahlt werden können und auch Gewinn sollte noch möglich sein.
Darum sind die Quadratmeterpreise bei den ersten Wohnungen bei 10.000-15.000 Euro pro Quadratmeter angesetzt worden. Durch die Veränderungen auf dem Immobilienmarkt liegt er jetzt gut 10.000 Euro höher. Für diejenigen, die Wohnungen als Anlage kauften, ist die Wertentwicklung also sehr positiv. Meistens sind es aber Liebhaber, die Wohnungen kaufen. Nur zwei Wohnungen und zwei Suiten werden bisher als Ferienwohnungen vermietet, der Rest wird selbst bewohnt. Manche vermieten auch solange, bis sie selbst einziehen.
Außer einer Sanierung gibt es auch eine Nutzungsanpassung. Bisher hatten die Häuser meistens kein ausgebautes Dachgeschoss. Dort entstehen auch Wohnungen, wofür man DIN-Normen erfüllen und darum die Dachhöhe- und neigung verändern muss. Da es sich um Sommerhäuser handelt, sind die Villen nicht unterkellert.
Weil aber die Räume optimal ausgenutzt werden und heutzutage in der Preislage keiner mehr seine Waschmaschine im Bad stehen hat, bedarf es Räume für die Wohnungen. Dafür wird ein Kellergeschoss unter die Villen gebaut. Ein weiteres Kellergeschoss beherbergt z.B. den Müllraum, die Haustechnik, aber auch den Zugang zur Tiefgarage.
Ab Villa „Möwe“ ist man dazu übergegangen, Studios zu bauen und zu verkaufen. Hier können Erwerber der Wohnungen einen Wellnessbereich, ein Arbeitszimmer, Gästezimmer, Musikzimmer, Lesezimmer oder einen Hobbyraum einrichten oder auch das Studio vermieten. In Villa „Möwe“ sind zwei Studios Ferienwohnungen.
Der Aufwand für die nachträgliche Unterkellerung ist enorm. Das Haus muss statisch untersucht und ein Sicherungskonzept erarbeitet werden. Mal reicht es, die Wandöffnungen mit Holzbalken zu stützen, mal müssen sie vorab zugemauert werden.
Um das Haus herum und auch innen werden Träger in den Boden gerammt und dann Querstreben unter das Fundament gezogen. Wenn das Haus dann auf diesem Gestell steht, wird es unterhöhlt und das Kellergeschoss ausgehoben und neue Fundamente und eine neue Bodenplatte gegossen.
Je nach Möglichkeit werden nun entweder neue Wände hochgemauert oder im Hochdruckinjektionsverfahren (HDI) gegossen. Das HDI-Verfahren ist kostenintensiver, sodass man Mauerwerk vorzieht. Allein diese Arbeiten vom ersten Spatenstich bis zur Fertigstellung des Kellergeschosses dauern mehrere Monate, in denen man keinen Baufortschritt von außen sehen kann.
Bei Villa „Möwe“ gab es zudem Probleme mit dem Grundwasser, die mehrere Monate Verzögerungen brachten. Das Wasser muss ordnungsgemäß entsorgt werden – pro Monat fließen über tausend Euro durch die Pumpen in das Abwassersystem.
All das mag einem vor Augen führen, welch Unterfangen die originalgetreue und doch den Bedürfnissen der Nutzungen angepasste Sanierung der Villen ist.
Die Geschichte der Perlenkette ist damit noch nicht zu Ende geschrieben. 2021 werden die Kolonnaden saniert und weitert, es entsteht eine weitere Villa in einer Lücke hinter den Villen, das Prinzessin-Reuß-Palais braucht noch eine Sanierung.
Als nächstes wird dann die Tiefgarage nötig werden und irgendwann danach zur Vollendung auch das Ensemble-Palais, das neben der Rezeption, Lobby, Gastronomie und Funktionsräumen auch einen Ballsaal und eine große Terrasse zum Park haben wird. Auch hier werden noch einige Eigentumswohnungen entstehen.
Irgendwann danach – wie der Markt sich entwickelt und wie die Politik Heiligendamm entwickelt oder sich entwickeln lässt – wird es neben der Villenreihe weiter gehen mit einem Thalasso-Zentrum und am Golfteich mit einem Ayurveda-Tempel.
Aber auch das werden Dinge sein, die sich eher in Jahrzehnten entwickeln, als in Jahren. Denn damit Heiligendamm ein Ort zum längeren Verweilen wird, braucht es zuerst Infrastruktur und es ist auch der Wunsch der Verwaltung, dass erst Gewerbeflächen entstehen. Dafür ist der Demmler-Park geplant, der auf dem ganzen Erdgeschoss Läden, Boutiquen und Dienstleister beherbergen kann und darüber hinaus in den oberen Etagen die Wohnungen, mit dem sich die Bauten selbst finanzieren können.
Diese neuen Wohnungen und ein langfristig angedachtes Villenviertel werden Heiligendamm auch die Bewohner bringen, die der Ort und die seine Gewerbetreibenden und Angebote brauchen, wenn die Saison vorbei ist.
Das alles wird auf hohem Niveau geschehen für Leute, die es sich leisten können. Denn Heiligendamm ist klein und kann in die Breite nicht wachsen. Für Massentourismus wäre nur Luft nach oben – für Hochhäuser. Weil man das nicht will, richtet sich das Konzept an wenige Leute, die sich viel leisten können – ganz in der Tradition der Geschichte des ersten deutschen Seebades.