Bürgerwillen kommt immer fünf vor zwölf
Mit dem Bürgerwillen ist das so eine Sache: Meistens macht er sich erst bemerkbar, wenn es zu spät ist. Dann gibt es Streit, das kostet Zeit und Geld und am Ende steht oft ein Kompromiss, der naturgemäß für keine Seite optimal ist. Beispiele gibt es in Bad Doberan genug: Prominentestes Streitobjekt war die Goethestraße, nicht weniger Aufmerksamkeit erregen die abgeschlossene Sanierung des Hünenweges, die geplante Sanierung der Straße „Am Wege“ und die Pläne für den Kollbruchweg. Kaum ist das erste Straßen-Sanierungsprojekt des Jahres unter Dach und Fach, kommt aus der Martin-Luther-Straße Protest. Es sind natürlich immer Anwohner, die sich von der Stadtverwaltung übergangen fühlen. In der Goethestraße und den Straßen am Wiesengrund ging es um Baumfällungen und die Frage, ob eine Straße so breit sein muss, wie geplant. In der Martin-Luther-Straße hingegen geht es um Parkplätze. Die Sandpiste zwischen den Mehrfamilienhäusern wurde bisher beidseitig zum Parken genutzt. Nach den Plänen sollte eine Seite wegfallen. Nach dem Protest wurden die Pläne geändert und sollen nun beidseitig Parkstreifen entstehen. Diese Umplanungen kosten Zeit und Geld und den Planern Nerven.
Aber sind allein die Bürger Schuld? Die Pläne werden der Stadtvertretung vorgelegt, gehen durch die Ausschüsse und schließlich stimmt die Stadtvertreterversammlung darüber ab. Spätestens dann erfolgt die Beteiligung der Bürger. Im Amtsblatt (einem Teil des Ostsee-Anzeigers) und in den Schaukästen wird auf die öffentliche Auslegung hingewiesen. Wer es genau wissen will, muss das also regelmäßig lesen, sich ins Rathaus begeben und dicke Ordner wälzen – und vor allem das Gesehene und Gelesene auch verstehen. Genau das ist die Schwachstelle. Einfacher – wenn auch aufwändiger – wären Anwohnerversammlungen, einmalig und nur mit den Betroffenen. Hier könnten die Pläne vorgestellt und ganz ehrlich erläutert und erklärt und Bedenken und Anregungen aufgenommen werden. Die obigen Beispiele endeten letztlich fast alle in Versammlungen und regem Schriftverkehr. Was hätte man sich ersparen können, wenn man gleich auf den Bürger zu gegangen wäre? Letztlich geht es nicht am Bürgerwillen vorbei. Warum also nicht öfters mal die Bürger nach ihrem Willen fragen? Was hat die Stadt dabei zu verlieren?