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Das Ende der Moorbad-Geschichte: Abriss, Enteignung oder Zwangsversteigerung?

Es tut sich was im Kampf um die Rettung des Doberaner Moorbades. Nachdem der Investor sein erneutes Versprechen nicht einhielt, wird der Ruf nach Zwangsenteignung laut. Auch der Abriss steht zur Disposition und eine mögliche Insolvenz eröffnet ganz neue Möglichkeiten: Zwangsversteigerung. Die traurige Geschichte eines stolzen Doberaner Unikats:

 

Das „Stahlbad“ wurde 1822 bis 1825 von Baumeister Carl Theodor Severin im Stil des Klassizismus gebaut, nachdem an dieser Stelle eine Stahlquelle entdeckt worden war. Zunächst war das Gebäude eingeschossig und enthielt Badewannen und Ruhekabinette. 1902 stockte Adolf Demmler das Gebäude stilsicher um eine Etage auf, wobei das Walmdach eine neue und flachere Form und mehrere Gauben bekam. Auch die Anbauten mit dem Pavillon dürften in diese Zeit fallen. Ab 1948 hieß das Haus am südlichen Ortsrand „Eisenmoorbad“, woraus sich dann das „Moorbad“ entwickelte.

 

Zweihundertjährige Ära endete 1996.

Die Nutzung als Moorbad wurde auch nach 1945 beibehalten, lediglich wurde das Gebäude staatlich (also von der Sozialversicherung der DDR) geführt. 1990 fiel es an die AOK Berlin, die es zunächst bis 1996 als Moorbad weiter betrieb. In diesem Jahr entstand das neue Moorbad der Dr.-Ebel-Gruppe etwa 800 Meter südlich des alten Moorbades. Das Personal zog in das neue Funktionsgebäude um und das Stahlbad wurde von der AOK zum Verkauf offeriert.

Die Preisvorstellungen der AOK jedoch waren hoch, der Sanierungsaufwand enorm und so fand sich lange Zeit kein Investor für das leer stehende Gebäude. Erst als die AOK die Preisvorstellungen änderte, fand sich 2001 mit dem Schwaaner Projektentwickler Frank Thee ein Käufer. Thee wollte das Amtsgericht und Grundbuchamt in dem Gebäude unterbringen und zwei Seniorenresidenzen daneben errichten. Das Amtsgericht jedoch zog in einen Neubau in der Innenstadt und aus dem Rest der Pläne wurde nichts.

 

Brand und Stillstand besiegeltem das Ende des Gebäudes.

Am 12.12.2006 brannte das Moorbad und der Dachstuhl wurde fast vollständig zerstört. In der Folgezeit war das Gebäude der Witterung ausgesetzt und verfiel zusehends. Schlechte Sicherungs-Maßnahmen sorgten dafür, dass das Gelände vermüllt wurde und es immer wieder zu kleinen Bränden in den Nebengebäuden kam. Vandalen und Plünderer stahlen oder zerstörten die Einrichtung, Türen und Fenster.

Frank Thee soll 2010 gegenüber der Ostsee-Zeitung gesagt haben, dass ein Abriss den Verkauf des Grundstückes erleichtern würde. Dennoch wechselte das Haus im selben Jahr seinen Eigentümer und im Dezember desselben Jahres stellten der Projektentwickler Reinhard Wiese und Architekt Michael Montua als Zwischeninvestoren die Pläne zur Sanierung vor. Nun sollte aus dem Haus und zwei Neubauten ein Vier-Sterne-Hotel entstehen. Baubeginn sollte 2011 sein und im Herbst 2012 sollte das Hotel eröffnen.

Jedoch tat sich nichts, auf Nachfragen bei Reinhard Wiese kam immer dieselbe Information, dass die Finanzierung noch nicht gesichert sei und die Berichterstattung ließ auch durchblicken, dass die Stadt das Fehlen ausreichender Parkplätze bemängelte und dass das Forstamt den Wildwuchs an Bäumen als Wald ansehen und darum erst eine Entwidmung erfolgen musste. Zuletzt antwortete Wiese nicht mehr auf Anfragen und auch meine Anfrage an den Architekten Michael Montua blieb unbeantwortet.

 

Landkreis ließ Ostgiebel abreißen.

Zuletzt legte der Landkreis selbst Hand an das Gebäude und ließ den Ostgiebel wegen Einsturz- und Absturzgefahr auf Gehweg und Fahrbahn niederreißen. Reinhard Wiese kündigte Schadenersatzklage an und beließ es offenbar bei der Ankündigung. Im Rathaus stieß das Vorgehen des Landkreises auf Unverständnis, denn einerseits fühlte man sich übergangen und andererseits löste dieser Teilabriss das Problem nicht, sondern machte den Schandfleck noch hässlicher.

Zwischendurch ließ Wiese verlauten, während der Sanierung das Moorbad mit einer Grafikplane verhüllen zu wollen. In der Stadt sorgte das für Gelächter: Die Verhüllung sei dann eine Dauer-Lösung und man könne viel besser – da ungesehen – seinen Müll dort abladen.

 

Abriss und Enteignung im Gespräch.

Nun berichtet die Ostsee-Zeitung von verschiedenen Möglichkeiten. Die Denkmalschützer würden den Abriss fordern (von einer Forderung nach einem Neubau liest man dabei nichts) und die Stadt hätte ihre Hoffnungen aufgegeben, während der Landkreis sich zurück hält und sich auf die Sicherungspflicht berufen würde.

OZ-Chefredakteur kommentiert persönlich und schlägt die Zwangsenteignung vor, was rechtlich gar nicht so selbstverständlich funktioniert, wie Andreas Meyer glaubt. So ist dann die Enteignung im Rathaus und Landkreis gar kein Thema – zuletzt dachte man lediglich an Rückkauf, was aber weder finanziell möglich war, noch das Moorbad gerettet hätte (denn dann hätte es die Stadt wieder aufbauen müssen).

 

Zwangsversteigerung steht bevor.

Das Blatt wenden könnte nach Angaben der Ostsee-Zeitung nun ein Rostocker Inkassounternehmen, das dem Blatt zufolge einen gerichtsfesten Titel gegen Reinhard Wiese und seine „VPM Project-Gesellschaft für Immobilien mbH & Co. Bad Doberan Hotel KG“ haben soll. Über 60.000 Euro sollen einzutreiben sein und Creditreform bestätigt die schlechte finanzielle Lage des Unternehmens und rät von Krediten und Geschäftsverbindungen ab. Auf dem Grundstück ist laut Ostsee-Zeitung eine Grundschuld ersten Ranges für einen Architekten eingetragen, der noch 300.000 Euro bekommen soll, auf dem zweiten Rang ist ein Geldgeber, der 100.000 Euro bekommen soll.

Reinhard Wieses VPM hat vier Tochterfirmen, für die VPM selbst liegen bei der Creditreform Informationen zum Insolvenzverfahren und andere schuldnerrechtliche Eintragungen vor. Auch Wiese selbst sei in den Unterlagen mit einem Warnhinweis wegen schuldnerrechtlicher Eintragungen versehen. Der Inkasso-Unternehmer will ihn nach Aussage der Ostsee-Zeitung aus dem Moorbad-Projekt heraus drängen. „Theoretisch gehört uns ja bereits ein Teil des Denkmals.“ wird er zitiert. Mit Wiese habe er abgesprochen, nach Vollständigkeit aller Gerichtstitel die Zwangsversteigerung zu beantragen.

 

Rathaus will Mitsprachemöglichkeiten ausloten.

Dadurch könnte das Moorbad einen neuen Besitzer bekommen, womit allerdings auch wieder alles offen ist, denn dieser muss alles neu entwickeln und beantragen. Ein Mitbieten schließt man in Bad Doberan jedoch aus: Bürgermeister Thorsten Semrau hält das angesichts der finanziellen Lage für ausgeschlossen und auch Vize-Landrat und Leiter der Unteren Denkmalbehörde Wolfgang Kraatz hält die noch nie praktizierte Variante eines Mitbietens durch den Landkreis für ausgeschlossen. Einzig WIG-Aufsichtsratsmitglied und Stadtvertreter Jochen Arenz (parteilos) kann sich vorstellen, dass die stadteigene WIG als Käufer auftreten und das Areal vermarkten kann. Das hält auch SPD-Fraktionschefin Birgit Mersjann für eine gute Idee, „weil die Stadt dann die Möglichkeit hätte, mit dem Grundstück etwas Sinnvolles anzufangen.“

 

Nur Grundstückswert: Denkmalstatus wird bezweifelt.

Wie auch Mersjann macht Semrau klar, dass es nur noch um das Grundstück in 1A-Lage geht. Semrau: „Ich möchte, dass der Schandfleck endlich verschwinde, aus meiner Sicht ist das schon lange kein Denkmal mehr.“

 

Wie es weiter geht? ZAM bleibt DRAN.

 
Nachtrag 08.05.2014: Die Zitate aus der Ostsee-Zeitung wurden heute dementiert. Der von der Ostsee-Zeitung zitierte Inkassounternehmer, dessen Namen ich nicht nennen werde, versicherte mir am Telefon, nichts mit dem Moorbad zu tun zu haben. Ansonsten gibt es nichts Neues vom Moorbad, außer dass gestern den Angaben einer Gartennachbarin zu Folge Kinder auf der durchnässten Ruine im ehemaligen oberen Saal spielten.

 

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