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Ehm Welk

Bad Doberan hat nicht nur eine Ehm Welk-Straße, sondern auch ein Ehm Welk-Viertel und ganz in der Nähe in der Dammchaussee steht das Ehm Welk-Haus. Der großartige Dichter hat von 1950 die 16 Jahre bis zu seinem Lebensende in Bad Doberan gelebt und ist hier auch begraben.

Eigentlich hieß er Gustav Emil, aber da alle ihn „Ehm“ riefen, nutzte Welk seinen Spitznamen als Rufname. Geboren wurde Ehm Welk am 29. August 1884 in Biesenbrow, heute Angermünde. Er war der älteste Sohn eines Bauern, aber er verließ mit 16 Jahren das Elternhaus und ging nach Stettin, um eine kaufmännische Ausbildung zu machen.

Die Arbeit mit Zahlen in einer Weingroßhandlung machte ihm wenig Spaß. Buchstaben lagen ihm näher und so wurde er schon 1904 Volontär bei der Stettiner Abendpost, später Mitarbeiter der Stettiner Neueste Nachrichten und dann bei verschiedenen Zeitungen im Norden, unter anderem 1909 für drei Monate als Chefredakteur der Stolper Neusten Nachrichten. Ab 1910 lebte er in Braunschweig, wo er von 1910 bis 1919 Chefredakteur des Braunschweiger Allgemeinen Anzeigers war. Anschließend arbeitete er für die Braunschweiger Morgenzeitung.   

Ehm Welk erlebte die Novemberrevolution mit und verarbeitete dies in Dramen, die aber erst in der DDR veröffentlicht wurden. 1922 bereiste Welk die USA und Lateinamerika, danach schrien er zwei revolutionäre Dramen, die zum Skandal wurden.

Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, arbeitete Welk unter dem Pseudonym „Thomas Trimm“. Wegen einer offenen kritischen Satire an der Pressezensur kam er ins KZ Oranienburg, aber nach Protesten auch ausländischer Kollegen wieder frei. Er erhielt ein eingeschränktes Berufsverbot.

 

Die Kummerow-Romane

1935 siedelte er mit seiner seit 1924 verheirateten Frau Agate Lindner-Welk nach Lübbenau /Spreewald über und schrieb „unpolitische“ Bücher. Zumindest scheinbar. Wenn man genau liest, erkennt man auch Kritik in den Werken. In Lübbenau schrieb er 1937 die „Heiden von Kummerow“ und 1938 die „Lebensuhr des Gottlieb Grambauer“.

Man nimmt heute an, dass in der Person des Martin Grambauer autobiografische Züge des Autors verarbeitet sind. In der Figur des Gottlieb Grambauer setzte er seinem Vater Gottfried Welk ein literarisches Denkmal. In seinen Schilderungen des Dorflebens „hält Welk mit seiner realistischen und kritischen Sicht“ deutlichen Abstand zum NS-Regime und wird daher zu den Autoren einer „Inneren Emigration“ während der Zeit des Nationalsozialismus gezählt, so Horst Dieter Schlosser über Ehm Welk.

1940 zogen die Welks nach Neuenkirchen, bei Stettin, wo Welk die Protektion des Landeskulturverwalters für Pommern, Kuno Popp, genoss. 1945 wurde er von den Polen vertrieben und landete zunächst in Ueckermünde. Er gründete in Mecklenburg sechs Volkshochschulen. 1946 wurde er Direktor der Volkshochschule in Schwerin. Zur Erinnerung an den Neugründer wurde der Volkshochschule Schwerin 1986 der Name „Ehm Welk“ verliehen.

 

Die Doberaner Zeit

1950 zogen die Welks nach Bad Doberan und Ehm Welk wandte sich wieder dem Schreiben zu. In der DDR verehrte man den Dichter, wenngleich man seine Werke bei Neuauflagen auch stark veränderte. In der Wikipedia wird als Beispiel genannt: „In den „Heiden von Kummerow“ fallen im Vergleich zur Erstauflage nicht nur antimilitaristisch gemeinte Streichungen oder Änderungen einzelner Wörter (wie „König“ statt ursprünglich „General“, „hottentotisch“ statt ursprünglich „polnisch“) auf, sondern wesentliche inhaltliche und/oder leitmotivische Veränderungen weg von christlichen und biblischen Elementen hin zu revolutionär-klassenbewussten (z. B. wird die ursprünglich christlich motivierte Demutshaltung Krischans bei der Ausweisung aus dem Dorf durch eine selbstbezichtigende ersetzt: er wirft sich vor, einen Seemannsaufstand nicht unterstützt zu haben).“

Dennoch bekam Ehm Welk hohe Auszeichnungen, wie 1954 den Nationalpreis der DDR II. Klasse, 1955 die Deutsche Friedensmedaille in Silber, 1959 den Vaterländischen Verdienstorden in Silber und 1962 die Johannes-R.-Becher-Medaille in Gold. Er wurde 1954 Ehrenbürger von Angermünde und Bad Doberan und 1956 Ehrendoktor und 1964 Professor an der Philosophischen Fakultät der Universität Greifswald.

In Bad Doberan schrieb er mit großer Schaffenskraft in schneller Folge „Der Nachtmann“ (1950), „Mein Land das ferne leuchtet“ (1952 ), „Im Morgennebel“ (1953 ), das Drehbuch zur Verfilmung von Fritz Reuters Versepos „Kein Hüsung“ (1954), „Mutafo“ (1955), den Erzählband „Der Hammer will gehandhabt sein“ (1958), „Der wackere Kühnemann aus Puttelfingen“ (1959) und schließlich „Die Geschichte einer armen Liebe“, die hochdeutsche Fassung von Reuters Versepos „Kein Hüsung“.

Daneben arbeitete Ehm Welk gemeinsam mit dem Leiter des Rostocker Hinstorff-Verlages, Konrad Reich, an der neunbändigen Gesamtausgabe seiner Werke (Ausgabe letzter Band, 1964).

Ehm Welk holte auch Paul Rilla und Klaus Groth nach Bad Doberan. Auch nach ihnen sind Straßen benannt, in direkter Nachbarschaft. Wenn es nach den Welks gegangen wäre, müssten die Straßenschilder aber anders lauten. Im § 7 des gemeinsamen Testaments  von Ehm und  Agathe Welk heißt es „… Die Bezeichnung Ehm Welk-Haus ist ohne Bindestrich zwischen Ehm und Welk zu schreiben …“

 

Das Ehm Welk-Haus

Die Welks verfügten, dass ihr Haus nach dem Tod des Paares der Jugend zur Verfügung stehen soll. Für einen Jugendclub ist das Wohnhaus mit originalem Arbeitszimmer nicht geeignet, Pionierhäuser gibt es nicht mehr und für ein bloßes Museum ist Welk dann doch nicht berühmt genug. Da das Haus über 70 Jahre alt ist, gibt es auch viel zu tun und muss viel investiert werden. Dazu braucht es aber ein Konzept, wie man das öffentlich finanzierte Geld wieder einnimmt und das Haus und den Betrieb ohne große Zuschüsse erhält.

1974 starb Agathe Lindner-Welk. Sie hatte sich seit 1966 um das Ordnen seines Nachlasses und dem Weiterleben seiner Bücher gekümmert und beim Aufbau des Ehm Welk-Museums in Angermünde geholfen. Das Paar hatte keine Kinder. Seit 1979 gehört das Ehm Welk-Haus der Stadt Bad Doberan

Der „Freundeskreis Ehm Welk“ aus Menschen, die ihn teilweise noch kannten, will das literarische Erbe Ehm Welks und auch anderer in und um Bad Doberan künstlerisch tätiger Personen wahren und pflegen. Das Wohnhaus Ehm Welks selbst soll eine kulturelle Begegnungsstätte sein. In diesem Sinne werden Vorträge, Diskussionen, Exkursionen, Ausstellungen und die Zusammenarbeit mit Schulen und anderen Kultur- und Tourismusträgern organisiert. Am Haus gibt es ein Betonrelief von Reinhard Schmidt mit den Figuren aus Welks Romanen.

Im Jahr 2017, 80 Jahre nach dem Erscheinen des Romans, waren im Ehm Welk-Haus historische und auch aktuelle Ausgaben dieses beliebten Romans ausgestellt.

Ebenfalls werden jährlich Gedenken an Welks Grab veranstaltet. Im Sommer finden auch im Garten des Hauses Veranstaltungen statt. Das Ehm Welk-Haus steht auch für andere Themen als Vortrags-, Vorführungs- und Lesungsraum zur Verfügung.

In Biesenbrow gibt es schon seit mehreren Jahren die Tradition einer gemeinsamen „Heidenwanderung: Auf den Spuren von Ehm Welk“. An Originalschauplätzen werden Episoden rund um die „Heiden“ unter Einbeziehung vieler Laiendarsteller nachgespielt.

 

Das Ehm Welk-Viertel

Das erwähnte Ehm-Welk-Viertel nennt man wegen der Straßennamen so. Der Ostseewohnpark trägt die Namen der Orte und Charaktere aus Ehm Welks Romanen und auch sein Pseudonym ist dort verewigt. Die Straßen heißen

Kummerower Weg – nach dem fiktiven Handlungsort der Heiden von Kummerow.
Es ist damit weder das Kummerow bei Stralsund noch das bei Malchin gemeint.
Es spricht einiges dafür, dass Welk sein Heimatdorf Biesenbrow vor Augen hatte.
Heidenweg – nach den Kindern in den Kummerow-Romanen
Biesenbrower Weg – nach Ehm Welks Geburtsort  Biesenbrow
Martin-Grambauer-Weg – nach der Hauptfigur, dem Bauernsohn in den Kummerow-Romanen.
Johannes-Bärensprung-Weg – nach Martin Grambauers Freund aus dem Armenhaus.
Pastor-Breithaupt-Weg – nach dem Dorfpfarrer
Kantor-Kannegießer-Weg – nach dem Dorflehrer
Krischan-Klammbüdel-Weg – nach dem Kuhhirten
Thomas-Trimm-Weg – nach dem Pseudonym Ehm Welks als Journalist
Kühnemann-Weg – nach der Hauptfigur aus dem letzten Roman

Regelmäßig bietet der Freundeskreis Führungen durch das Viertel mit vielen Infos zu den Namensgebern der Straßen an.

 

Sonstige Namenspaten

Ehm Welk selbst wird seit den 1960ern mit der Ehm Welk-Straße geehrt, die als Hauptstraße die damals erste Trabantenstadt „Buchenberg“ erschließt. Das Pionierhaus im Kornhaus trug auch seinen Namen und heute trägt das Pflegeheim am Tempelberg den Namen Ehm Welks.

 

Ehm Welks Werke

Das beliebteste Buch Welks ist sicher der Roman „Die Heiden von Kummerow“ – auch bekannt geworden durch die deutsch-deutsche Verfilmung der Kummerower Dorfgeschichten im Jahr 1967 – genau 30 Jahre nach der Erstausgabe. 1982 wurde der DEFA-Film „Die Gerechten von Kummerow“ uraufgeführt.

Welks Werke im Überblick

1913      „Belgisches Skizzenbuch“
1926      „Gewitter über Gottland“ (Schauspiel)
1927      „Kreuzabnahme“ (Schauspiel)
1933      „Schwarzbrot“ (Schauspiel)
1935      „Der deutsche Wald“ (Sammelband)
1937      „Die Heiden von Kummerow“ (Roman)
1938      „Die Lebensuhr des Gottlieb Grambauer“ (Roman)
1939      „Der hohe Befehl“ (Roman)
1940      „Die wundersame Freundschaft“ (Tiergeschichten)
1942      „Die Fanfare im Pariser Einzugsmarsch“ (Novelle)
1943      „Die Gerechten von Kummerow“ (Roman)
1949      „Parkplatz 23“ (Th. Fontane überTheaterkunst, Dichtung und Wahrheit, Sammelband)
1950      „Der Nachtmann“ (Roman)
1952      „Mein Land das ferne leuchtet“ (Autobiografisches Erzählbuch)
1953      „Im Morgennebel“ (Roman)
1954      „Kein Hüsung“ (Mitarbeit am Drehbuch zur Verfilmung von Fritz Reuters Versepos)
1954      „Mutafo“ (Seemannsgeschichten)
1958      „Der Hammer will gehandhabt sein“ (Erzählungen)
1959      „Der wackere Kühnemann aus Puttelfingen“ (Roman)
1960      „Geschichte einer armen Liebe“ (Hochdeutsche Nachdichtung von Fritz Reuters Versepos „Kein Hüsung“)

 

Weitere Infos: https://www.ehm-welk-haus.de/

 

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