Insolvenzverwalter des Grand Hotel soll Heiligendamm-Investor Jagdfeld verklagen.
Das „Jagdfeld-Bashing“ geht in die nächste Runde: Nach der Stadtverwaltung, Bürgern, dem Landkreis und der Landesregierung ist nun der Insolvenzverwalter an der Reihe, auf „Sündenbock Jagdfeld“ einzuprügeln. Nicht ganz freiwillig: Der Dürener Rechtsanwalt Jörg Zumbaum weiß um die Wichtigkeit Jagdfelds und seiner EntwicklungsCompagnie Heiligendamm (ECH) und hat bisher die Vertiefung von entstandenen Konflikten vermieden. Nun wollen die Gläubiger aber, dass er gegen Jagdfeld klagt. Und darum geht es:
Als die Kempinski-Gruppe Anfang 2009 übereilt aus dem Grand Hotel ausstieg, entstanden durch die nötigen schnellen Änderungen (neue Buchungssoftware, Entfernung des Kempinski-Schriftzuges) hohe Kosten, die den Kreditrahmen des Grand Hotels sprengten. Die Bank wollte den Kreditrahmen nur gegen eine Sicherheit erhöhen, die Jagdfeld von der Landesregierung in Form einer damals sehr umstrittenen Landesbürgschaft bekam. Andernfalls hätte er das Hotel schließen müssen. Das Land ließ sich als Sicherheit in das Grundbuch der Orangerie eintragen und diesem Beispiel folgten fortan weitere Gläubiger.
Der Gedanke ist simpel: Die Orangerie steht am Rand des Grand Hotels und zu einem großen Teil an der Straßenseite; sie ist klein genug, damit das Grand Hotel auf sie verzichten könnte und groß genug, um Interessenten dafür zu finden. Würden die Gläubiger ihre Forderungen geltend machen, könnte die Orangerie verkauft werden und das Grand Hotel würde keinen Schaden nehmen, wie ja auch die Herauslösung der Orangerie aus dem regulären Hotelbetrieb zeigt. Schon unter Jagdfeld bot das Grand Hotel die Luxussuiten Stammgästen zum längerfristigen Bewohnen an.
Nun haben aber nicht nur die Ostseesparkasse, die Kreissparkasse Heinsberg und die UniCredit ihre Ansprüche durch Grundbucheinträge geltend gemacht, sondern auch die zur Jagdfeld-Gruppe gehörende Beteiligungsgsellschaft „bona“. Diese hat allein drei Millionen Euro zu kriegen und wenn der Insolvenzverwalter das Grand Hotel verkauft, hat er allen Gläubigern ihr Geld auszuzahlen. Wichtiger aber: Es müssen alle Gläubiger dem Verkauf zustimmen, sonst darf die Orangerie nicht verkauft werden.
Aktuell hat die Median-Klinik Interesse an der Orangerie bekundet, sodass der Insolvenzverwalter schon einmal die Möglichkeiten prüfen muss. Investor Jagdfeld weiß aus eigener Erfahrung, dass das Grand Hotel in erster Linie viele gute Angebote und in zweiter Linie genügend Zimmer haben muss. Die Orangerie zu verkaufen, wäre vielleicht nicht das Problem aber wenn Zumbaum anfängt, auch noch die von ihm aus dem Hotelbetrieb genommene Burg an einen Dritten zu verkaufen, dann fehlen dem Grand Hotel Kapazitäten. Einerseits zu sagen, dass das Grand Hotel Wachstumsmöglichkeiten haben muss und diese bei der ECH zu sehen und andererseits das Hotel durch den Einzelverkauf von Gebäuden zu verkleinern, passt freilich nicht zusammen.
So befürchtet Anno August Jagdfeld nach Aussage seines Pressesprechers Dr. Christian Plöger, dass das Grand Hotel filettiert werden soll. Ostsee-Zeitungs-Chefredakteur Meyer bemüht wieder die „vorgehaltene Hand“:. Hinter jener vorgehaltener Hand sollen die anderen Gläubiger Jagdfeld vorwerfen, den schuldenfreien Verkauf des Hotels blockieren zu wollen. Welchen Sinn das machen soll, mag sich nicht erschließen, denn nur ein laufendes Grand Hotel mit einem kompetenten Inhaber und Betreiber kann Jagdfeld ein verlässlicher Partner sein. Und den braucht er, um die Perlenkette zu vermarkten und sanieren und um all die anderen Pläne in Heiligendamm wenigstens langfristig umzusetzen. Jagdfeld hätte am allerwenigsten davon, wenn das Grand Hotel schließen müsste.
Genauso wenig hätte er von einer Zwangsversteigerung, Filettierung oder Herabsetzung des Sterne-Niveaus oder von einer Umwandlung in eine Kureinrichtung. Der Grundbucheintrag erscheint da wie der Fuß in der Tür – wie Jagdfelds letzte Chance, für ihn schlimmes zu verhindern.
Zugleich tut er damit auch der Stadt einen Gefallen, denn ein zerstückeltes Grand Hotel würde auch bedeuten, mit vielen Eigentümern und unterschiedlichen Belangen zu tun zu haben. Schon Bürgermeister Berno Grzech (CDU) war 1996 dagegen, das Ensemble in Einzelteilen zu verkaufen, weil er eine Flut von unterschiedlichen und gegensätzlichen Begehren und damit auch Anträgen befürchtete.
Dann will der eine dort ein Stück Park, der andere dort ein Stück Wald und der nächste dort ein Stück Land. Hat man mit dem einen einen Kompromiss für einen öffentlichen Weg ausgehandelt, ist der nächste dagegen und blockiert. Schon jetzt hat man zwei Verhandlungspartner, die zwar ähnliche Ziele aber unterschiedliche Vorstellungen vom Weg dort hin haben. Der Streit um die Grundschuld ist bereits ein Produkt der Trennung von Grand Hotel und Investorengruppe.
Jörg Zumbaum nun soll auf Begehren der Gläubigerausschusssitzung (GAS) gegen Jagdfeld klagen, damit dieser auf seinen Grundbucheintrag und damit auf das Mitspracherecht und Forderungen von 3 Millionen Euro verzichtet. Von keinem der anderen Gläubiger ist ähnliches bekannt: Dass sie auf Grundbucheinträge und Forderungen verzichten, steht derzeit nicht zur Debatte. Damit ist die Grundlage für die Jagdfeld-Gruppe ungerecht. Eine friedliche Lösung erscheint da schwierig. Für das Grand Hotel heißt dies, das ein Verkauf auch in 2013 erst einmal nur unter Vorbehalt geschehen – der Verkauf also jederzeit wieder rückgängig gemacht werden – kann. So lange, bis das Gericht eine Entscheidung trifft.
Zu guter Letzt bemüht die Ostsee-Zeitung die „vorgehaltene Hand“ auch für die Anschuldigung, Jagdfeld wäre Schuld, dass das Grand Hotel noch nicht verkauft wäre. Gerade der, der von dem Hotel am Meisten profitiert, wenn es denn unter kompetenter Führung ordentlich liefe, soll also Löcher in seinen Rettungsring stechen. Dahinter steckt freilich der immer wieder geäußerte Gedanke, Jagdfeld würde am Ende das Hotel schuldenfrei kaufen wollen. Das hat die Jagdfeld-Gruppe jedoch immer wieder dementiert und der Insolvenzverwalter ebenfalls verneint.
Schuld am bisher nicht erfolgten Verkauf ist eine ganze Reihe Faktoren: Heiligendamm ist zu klein; das Umfeld des Hotels zu anspruchslos; es gibt nicht einmal die Grundvoraussetzungen, die ein Seebad erfüllen sollte (lange Seepromenade, Landschaftswege, Kurpark, feinster Sandstrand, sinnigerweise auch Bummelmeile, Schwimmbad, Yachthafen, kulturelle und Sportangebote; es wird mit vielen Provisorien gearbeitet und schon lange auch seitens der Stadt nur noch das Nötigste investiert und nichts selbst in die Hand genommen.
Die verfallenen Häuser in der Hand der ECH sind nicht die Ursache für das abschreckende Seebad: Die ECH und Jagdfeld haben genau dasselbe Problem, wie Insolvenzverwalter Zumbaum: Sie werden das gute Stück nicht los, weil das Umfeld einfach zu abschreckend ist und keiner hier investieren möchte. Die erfolglose Suche nach Ferienwohnungs-Käufern und der damit verbundene Sanierungsstau sind genauso eine Folge des Ganzen, wie Zumbaums bisherige Erfolglosigkeit bei der Suche nach einem Interessenten. Jagdfeld um Zumbaum sitzen also im selben Boot und das wissen sie auch. Nur die Stadtväter und einige Medien-Meinungsmacher glauben noch, nicht in diesem Boot zu sitzen.
So gibt es am Ende auch keinen Sündenbock, auf dem man einprügeln kann, sondern eine ganze Reihe Versäumnisse, die man nachholen und Anforderungen, die man erfüllen muss. Keine einzelne Person kann Heiligendamm retten, ob sie nun Jagdfeld, Zumbaum oder Semrau heißt. Alle zusammen an einem Tisch hätten wenigstens die Chance, Heiligendamm wieder zum echten Seebad mit Charme zu machen.