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Kommentare zur Mediation zu Heiligendamm

 

Zur Mediation:
Stichweg-Verzicht hätte man schon viel eher viel billiger haben können.

Neun Jahre lang drehte sich in Heiligendamm alles nur um den Stichweg, dessen Trasse mal links und mal rechts vom Grand Hotel, mal mitten hindurch und mal durch die Perlenkette gehen sollte. Man vereinbarte nach einer in 2004 schon einmal stattgefundenen Form einer Mediation, auf ihn für fünf Jahre zu verzichten, dann solle das Grand Hotel schwarze Zahlen und eine Vereinbarung mit der Median-Klinik vorweisen und die ECH 20% des Gesamtinvestitionsvolumens für die Perlenkette investiert haben.

Wer also den Stichweg wollte, musste nur die Erfüllung dieser Voraussetzungen blockieren und einem Hotel zu schaden und einen Investor an der Sanierung zu hindern, ist nicht schwer. Was danach im politischen, aber auch medialen Doberan geschah, schadete dem Hotel und hinderte den Investor an der Sanierung, passt also genau zur vorherigen Feststellung.

Ob die Voraussetzungen 2009 tatsächlich erfüllt waren, wurde nie rechtskräftig festgestellt. Die ECH bejahte, die Stadt verneinte und der Vorschlag des parteilosen Stadtvertreters Jochen Arenz, ein Gericht damit zu beauftragen, diese Frage zu klären, lehnten die Stadtvertreter ab.

Warum? Vielleicht aus Angst, die ECH könne Recht haben und die Beurteilung des Gerichts den endgültigen Verzicht auf den Stichweg besiegeln? Hätte man 2009 Klarheit geschaffen, hätte es diese Mediation nicht gebraucht. Ziemlich sicher wäre dann auch das Grand Hotel erfolgreicher gewesen und eher nicht Pleite gegangen.

Mit der Hotel-Insolvenz und dem Verkauf funktionieren große Teile des Gesamtkonzepts nicht mehr, wird sich ein Resort aus einer Hand nicht mehr realisieren lassen. Die großen Träume der kleinen klammen Stadt von den Gutbetuchten als neue Bürger oder Zweitwohnsitz-Nutzer in einem Paradies für Golfer, Reiter, Segler und Sportler aller Art sind geplatzt – die erträumten Geldströme in das leere Stadtsäckel werden nicht annähernd so ausfallen, wie erhofft.

Die privaten Interessen einiger weniger Stadtvertreter – sei es tatsächlich nur ihr Wunsch nach einer 700 Meter kürzeren Verbindung vom Bahnhof zur Seebrücke oder sei es der, ein Luxushotel zu verhindern oder Privatisierung von einstigem Volkseigentum zu blockieren oder sei es der nach Abrechnung mit einem Investor für den Verlust der Wohnung oder des Gartens oder einer Absage oder aus Neid oder Missfallen oder sei es der Drang nach einer Bühne  für die Selbstinszenierung und das Spiel mit Macht – haben Heiligendamm zum Stillstand gebracht und dafür gesorgt, dass außer Schotterparkplätzen und Leichtbauten nichts weiter entstanden ist.

Heiligendamm könnte viel weiter sein und müsste auch viel weiter sein, denn jetzt die Konkurrenz einzuholen, ist unsagbar schwierig. Ohne nochmalige Hilfe des Landes wird es nicht möglich sein und diese nochmalige Hilfe bedeutet, Geld auszugeben, um nicht umsonst Geld ausgegeben zu haben. Durch die aus Egoismus in Kauf genommene Insolvenz des Grand Hotels wurde viel Steuergeld versenkt, den Schaden hat das ganze Land, jeder Bürger einzeln.

Diese Mediation war teuer und unnötig, ihre Vereinbarungen hätten mit Vernunft und Sachverstand schon viel eher getroffen und längst umgesetzt sein können. Einzig die Emotionen um das Festhalten der Stadt am Stichweg auf der einen und die Verweigerung derer, denen er schadet, auf der anderen Seite, haben in die Sackgasse geführt, aus der man nur mit Hilfe Dritter und auf Kosten der Bürger wieder heraus kam. Wenn man denn heraus kommt – der Wille scheint nicht da zu sein, die Emotionen hingegen sind es.

Mit dem Thema „Heiligendamm“ sind Lokalpolitiker und Wählergruppen groß geworden. Wäre Heiligendamm kein Thema mehr, hätten viele von ihnen keine Themen mehr. Denn die wirklich wichtigen Themen der Stadt sind längst in Vergessenheit geraten. Man weiß nicht einmal mehr, wann man was beschlossen hat, wie ich immer wieder erlebe.

Keine Badeinsel wird Heiligendamm retten, kein Wanderweg, kein Steg und auch die bloße Wiederherstellung alter Schönheit vermag es nicht, das älteste deutsche Seebad wieder auf Kurs zu bringen. Alles, was vereinbart wurde, kommt dem Versuch gleich, als Allgemeinmediziner eine spezielle schwere Krankheit zu behandeln oder noch bildlicher, als Amateure in der Bundesliga zu spielen.

Nein, nicht alles: Der Verzicht auf den Stichweg ist das einzige in der Mediation, das man als Fortschritt bezeichnen kann. Aber das hätte man wie gesagt schon vor Jahren viel billiger haben können.   


Zur Zukunft:
Ist damit jetzt Ruhe in Heiligendamm?


Die Sachlage hat sich durch die Annahme des Mediationsergebnisses geändert, die Emotionen jedoch sind die alten. Auch während und erst recht nach der Mediation wurde mit denselben Mitteln weiter für den Stichweg gekämpft, wie bisher.

Das Ding heißt jetzt anders: Man ist gegen die Art des Zustandekommens der Annahme des Mediationsergebnisses. Den Dingen andere Namen geben, ist in Bad Doberan Gang und gäbe. Da wird bei Uneinigkeit aus einer Partei ausgetreten und einfach eine neue gegründet, die mit neuem Namen alte Ziele verfolgt, nur einen anderen – meist radikaleren – Weg dorthin gehen will.

Mit Pauken und Trompeten warten die Gegner der Mediation auf – giftige E-Mails an anders denkende Stadtvertreter und sogar an den Mediator, Beschimpfungen Andersdenkender, sogar aus derselben Wählergruppe, Pressemitteilungen, öffentliche Briefe, eine gemeinsame Resolution an den Bürgermeister, das Verlassen des Ratssaals aus Protest gegen die Abstimmung der Stadtvertreterversammlung in einer Sondersitzung, das Fernbleiben von Sitzungen und Platzenlassen von Terminen, in denen es um das Wohl der Bürger gehen sollte und zuletzt, aber nicht als Letztes das Abwahlbegehren gegen den Stadtvertretervorsteher.

Das alles ist nicht in Jahren geschehen, sondern in Wochen! Das gibt es nur in Bad Doberan und deshalb ist Bad Doberan so, wie es ist. Bürgermeister Thorsten Semrau (parteilos) hat seinen Kritikern gerade ein Instrument zum Weitermachen in die Hand gegeben: Wenn es um die Umsetzung der Punkte aus der Mediation geht, dann werden die Ausschüsse beteiligt. So zum Beispiel bei der Änderung der Bebauungspläne.

Genauso gut hätte er sagen können: „Geduldet euch noch ein wenig, ihr könnt noch rechtzeitig jeden einzelnen Punkt der Vereinbarung torpedieren.“ Bei 16 Punkten ist das Stoff für viele weitere Jahre Streit und Raum für eine ausreichend große Bühne für Machtspielchen, Selbstinszenierungen, Profilierungsgehabe oder einfach nur Kasperletheater. Sie sehen schon: Ich rechne nicht damit, dass jetzt Ruhe in Heiligendamm ist.

Es gibt aber Hoffnung: Die IHK hatte die Mediation vorgeschlagen und sie kann es nicht gebrauchen, wenn sie scheitert, weil das Ergebnis am Ende nicht umgesetzt wird. Die Landesregierung geht gerade in den Landtagswahlkampf und die in Mecklenburg-Vorpommern zwar regierende, an der Basis aber vielerorts längst abgelöste SPD kann es auch nicht gebrauchen, wenn ihr Leuchtturm noch einmal ins Trudeln gerät oder womöglich das Licht ausgeht. Mit Bezug auf Windräder vor der Küste sagte Grand-Hotel-Eigentümer Paul Morzynski, wenn die kommen, macht er dicht.

Dichtmachen ist also eine Option für ihn als Ökonom, der jahrzehntelange Erfahrungen mit Beteiligungen und Sanierungen hat und genau weiß, was geht und wann Schluss ist. Diese Option hängt wie ein Damoklesschwert über dem ersten deutschen Seebad und es wird immer eine Pattsituation geben, wenn die Politik gegen das Grand Hotel arbeitet.

Wie man weiß, fallen beim Schach zuerst die Bauern – in Mecklenburg-Vorpommern sind das meistens zuerst Investoren und Manager, aber wenn es den großen Politikern zu brenzlig wird, fallen auch kleine Politiker und Verwaltungschefs.

Was geht, hat der Entzug der Baugenehmigung für die Perlenkette gezeigt: Zwar wurde sie im Doberaner Rathaus initiiert, aber die Anweisung und Rückendeckung dafür erhielt der Landkreis Rostock nachgewiesenermaßen aus Schwerin. Jagdfeld wehrte sich und bekam vor Gericht Recht, der Landkreis unterlag und stellte klar, dass es die Stadt Bad Doberan war, die ihm das eingebrockt hat. Noch so eine Schlappe kann sich der Landkreis nicht erlauben und noch so einen Skandal kann Schwerin nicht gebrauchen.

Also stehen die Doberaner Jagdfeld-Gegner allein da und wenn das kleine Lagerfeuer im Münsterstädtchen wegen der unsachgemäßen Benutzung von Brandbeschleunigern außer Kontrolle gerät, kommt jemand aus Schwerin, um es zu löschen und will ganz sicher nicht wie Großherzog Paul Friedrich anno 1842 durch die Folgen ums Leben kommen. Wenn ein Elefant in Panik gerät, trampelt er alles platt. Das kann auch bei nervösen Politikern mit elefantärem Verlustpotenzial passieren. Vielleicht braucht man das in Bad Doberan, um wieder zur Vernunft und auf die Sachebene zu kommen. Beides braucht es, um Heiligendamm voran zu bringen und mit Heiligendamm steht und fällt Bad Doberan.

Besser wäre es natürlich, wenn jeder der Beteiligten einen Schritt hinter sich täte, wie es Bad Doberans Pastor Albrecht Jax nicht zum ersten Mal ans Herz legt. Eine Sackgasse kann man schließlich nur dort wieder verlassen, wo man hinein gekommen ist.

 

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