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Lost Places in MV: OSTSEE-Zeitung verloste Besichtigung im Alexandrinencottage

Lost Places in Mecklenburg-Vorpommern waren in den vergangenen Wochen das große Sonderthema der OSTSEE-ZEITUNG. Zu zwei Lost Places unserer Stadt begleitete ich den OZ-Mitarbeiter Werner Geske und berichtete ausführlicher über diese vergessenen Orte.

Als Krönung der OZ-Serie gab es eine Besichtigung des Alexandrinencottages in Heiligendamm zu gewinnen. Viele wollten mitmachen, aber aus Platzgründen musste ausgelost werden. Nun fand der kleine Empfang in der Villa für 10 Gewinner statt und ihr Eigentümer Anno August Jagdfeld ließ es sich nicht nehmen, die Gäste selbst zu empfangen. Den Link zum Beitrag gibt es am Ende des Beitrags.

 

Alexandrinencottage soll doch verkauft werden

Bisher wollten Jagdfelds das Märchenschlösschen direkt am Meer selbst bewohnen. Nicht sofort, denn das Geld muss auch erst verdient sein und außerdem gab es schon genug Kritik und hätte es geheißen, er mache sich sein eigenes Häuschen schön und ließe die anderen verfallen. Die Sanierung des Alexandrinencottages sollte das I-Tüpfelchen sein – die Belohnung nach getaner Arbeit.

Bis auf zwei Villen der „Perlenkette“ sind in der ersten Reihe alle historischen Gebäude saniert und es wäre sogar nur noch eine „Perle“ unsaniert, wenn nicht Corona eine Planänderung verursacht hätte. Als das Grand Hotel 2020 wegen der Corona-Maßnahmen vorübergehend schließen musste, erledigte Jagdfelds EntwicklungsCompagnie Heiligendamm zuerst die lauten Arbeiten direkt in der Nähe des Hotels. So konnten die Gründungsarbeiten für die Sanierung der Kolonnaden und den Neubau der Villa „Klingler“ vorgenommen werden, während keine Gäste im Hotel waren. Zugleich konnte man so die ganze Baustelleneinrichtung aus der Straße heraus holen, sodass die Bewohner der damals schon vier fertigen Villen mehr Ruhe haben.

Nun sind also nur noch zwei Villen zu sanieren und da hätte Jagdfeld schon mal anfangen können, seine eigene kleine Residenz zu sanieren. Aber es kam anders: Zwischen der Idee und der Gelegenheit liegen viele Jahre und inzwischen sind die fünf Söhne erwachsen  und arbeiten im Unternehmensnetzwerks der Familie. Sie sind auf der Welt verstreut und es ist Utopie anzunehmen, dass die ganze Familie zusammen mit dem 77jährigen Vater am Wochenende auf der Veranda der „Alexandrine“ sitzt und plaudernd aufs Meer schaut. Für einen Kaufmann macht es keinen Sinn, so viel Geld in so wenig Nutzen zu stecken.

Darum bereitete die EntwicklungsCompagnie Heiligendamm den Verkauf des Alexandrinencottages vor. Das begann schon vor ein paar Wochen und ich bekam zufällig Kenntnis davon, aber versprach, es nicht zu erzählen. Nun hat es Anno August Jagdfeld selbst gesagt und die OSTSEE-ZEITUNG veröffentlicht und darum dürfen auch ERSTES-SEEBAD-Leser das jetzt wissen.

Außer der Villa „Alexandrine“ stehen auch die Villa „Adler“ und Villa „Sporn“ (sie hieß 1936-2004 „Eikboom“) an der Seedeichstraße zum Verkauf. Zunächst wurden die Verkäufe größer beworben – inzwischen sucht man eher proaktiv. Interessenten gab es hier nämlich einige, aber meistens scheitert es an den Preisvorstellungen oder an An- und Umbauwünschen. Jagdfeld möchte eine originalgetreue Sanierung und wenn das nicht abzusehen ist, verkauft er es lieber nicht. Da es die originäre Arbeit der EntwicklungsCompagnie ist, wäre es für sie natürlich wünschenswert, die Sanierung nach dem Wünschen des Erwerbers übernehmen und dann schlüsselfertig zu verkaufen. Es gab bisher eine Ausnahme von diesem Konzept: Die Villa „Krone“ wurde erst an einen Hamburger Kaufmann, dessen Name aus Schutz seiner Privatsphäre nicht genannt wird, verkauft und dann durch ihn originalgetreu saniert. Hier wusste man, dass das funktioniert. Jagdfeld wohnt bei seinen Aufenthalten im daneben stehenden Mariencottage – also gleich neben dem Alexandrinencottage. Alle drei Villen befinden sich im Hotelpark, der nur mit Torkarten zu betreten ist.

 

Sanierung der Perlenkette läuft

Die drei Cottages im Park waren schon damals der großherzoglichen Familie und ihren Gästen vorbehalten und nur für sie gebaut worden. Selbst die Abgrenzung vom Rest Heiligendamms gab es schon damals. Das Alexandrinencottage ist nach seiner Bewohnerin benannt: Alexandrine von Preußen, Ehefrau von Großherzog Paul Friedrich von Mecklenburg und Mutter des späteren Großherzogs Friedrich Franz II..

Die Villen der „Perlenkette“ hingegen waren Logierhäuser für wohlhabende Gäste – und Heiligendamm hatte zu der Zeit immer nur wohlhabende Gäste. Sie verbrachten nun nach neuestem Trend in Familie ihre Sommerfrische an der Ostsee. Jede Villa hatte fünf Wohnungen – es waren also die ersten Ferienwohnungskomplexe an der Ostsee – auf Anordnung des Großherzogs Friedrich Franz II..  

Jagdfeld hatte 1997 mit der FUNDUS-Gruppe das Paket aus 26 Immobilien von der Treuhand gekauft, nachdem die Verhandlungen mit zwei anderen Interessenten gescheitert waren. In einem Grundlagenvertrag zwischen der Stadt und dem Investor wurde festgelegt, dass zuerst die vier großen Gebäude zu sanieren und das Grand Hotel zu eröffnen ist und danach die Villenreihe zu sanieren ist. Alles in zweiter Reihe sollte und soll nach Marktlage entwickelt werden.

Das Grand Hotel eröffnete 2003, sodass 2004 mit der Planung der Sanierung der Villen begonnen wurde. Inzwischen gab es aber eine breite politische Front gegen einen Ausbau als Luxus-Seebad. Im Grunde ging es die ganze Zeit um einen kurzen Weg vom Bahnhof zur Seebrücke, der durch die Privatisierung und Einfriedung der einst zugänglichen Flächen nicht mehr möglich war. Das folgende Jahrzehnt war geprägt von politischen Auseinandersetzungen, denen sich Jagdfeld immer wieder stellen musste. Im unten verlinkten Video nennt er es „politisches Projekt“, was gar nicht wiedergeben kann, was in den Jahren alles an Streit und politischen und auch persönlichen Zerwürfnissen und an Kosten für die Steuerzahler entstanden ist.

Zuletzt ging das Grand Hotel Pleite und wechselte 2013 den Eigentümer. Entscheider in Stadt, Landkreis und Land sorgten mit der Nichtverlängerung der Baugenehmigungen für einen weiteren Stillstand und eine Dauerschleife an Negativ-Schlagzeilen. Nur auf Drängen der IHK konnte der Streit durch eine Mediation beendet werden. Die Stadt verzichtete formell auf den so genannten „Stichweg“ über Jagdfelds Grundstücke. Praktisch versuchten es aber einzelne Stadtvertreter weiterhin und offiziell sogar beim neuen Eigentümer des Grand Hotels, der gleich abwinkte.

Nachdem die Mediation mit durch ihre Gegner verursachten Verzögerungen 2015 in Kraft trat, sanierte die ECH eine Villa nach der anderen. Die Villa „Großfürstin Marie – Perle“ war nach dem Abriss für den G8-Gipfel 2007 schon 2010-2012 wiederaufgebaut worden. Seit 2017 erstrahlen die Villen „Greif“, „Möwe“, „Seestern“ und „Schwan“ auch wieder im neuen Glanz. Pro Villa braucht es ungefähr zwei Jahre – das Tempo war nur möglich, weil gleich zum Richtfest für die eine der Spatenstich für die nächste Villa erfolgte. Immerhin wurde in der Mediation ein Ziel vereinbart: Bis 2022 sollten alle Villen saniert sein. Durch den Tausch der Baustellen war das nicht ganz möglich, aber angesichts der ganzen Krisen kann man von Glück reden, dass es überhaupt genug Material und Menschen gibt und die Arbeiten nicht ins Stocken geraten. 

 

Freie Wohnungen nur noch in den Villen „Klingler“, „Seestern“ und den Kolonnaden

Aktuell werden die Kolonnaden saniert und vergrößert. In ihnen entstehen die größten Wohnungen der Residenzen Heiligendamm. Daneben geht mit der Villa „Klingler“ ein Neubau seiner Vollendung entgegen. Da die Sanierung der historischen Bausubstanz voller Überraschungen ist, kalkulierte man schon 2004 mehr Wohnungen zum Verkauf ein, als in die vorhandenen Villen hinein passen. Mit dem „Ensemble Palais“ wird später in einem weiteren Neubau das Herz der Privaten Residenzen entstehen. Denn die Erwerber genießen Wohnen mit Hotelservice und es war von Anfang an nicht vorgesehen, dass das Grand Hotel diese Aufgabe zusätzlich übernimmt.

In der Villa „Seestern“ ist noch eine kleine Wohnung zu haben. Die anderen Wohnungen – es müssten in allen sanierten Villen zusammen 27 sein – sind alle verkauft. In der Villa „Klingler“ entstehen 17 Wohnungen. Davon sind 6 verkauft und eine reserviert. Weiterhin gibt es 28 Abstellräume zwischen 7,3 und 16 qm extra zu erwerben. In den Kolonnaden sind 2 der 9 Wohnungen reserviert. (Stand 24.03.2023).

 

OZ+ Artikel (Paywall) zur Besichtigung des Alexandrinencottages (mit Video)

Verkaufsseite der Privaten Residenzen Heiligendamm

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