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Perlenketten-Sanierung in Heiligendamm: Gericht entscheidet für Jagdfeld gegen den Landkreis.

Nachdem der Landkreis Rostock der EntwicklungsCompagnie Heiligendamm (ECH) Anfang letzten Jahres die Baugenehmigung für die Sanierung der „Perlenkette“ genannten Villenreihe in Heiligendamm entzogen hat, legte die ECH Widerspruch ein. Dieser wurde nicht bearbeitet, sodass eine Untätigkeitsklage erhoben wurde, um den Landkreis in Bewegung zu bringen. Dieser blieb bei seiner Version, dass die Baugenehmigung zu entziehen sei, weil durch die Insolvenz des Grand Hotels und die Absicht der ECH, das geplante Versorgungszentrum „Ensemble Palais“ nicht zu bauen, das im B-Plan Nr. 25 festgesetzte „Wohnen mit Hotelservice“ nicht mehr gegeben sei. Das Argument der ECH, den Hotelservice auch unabhängig von einem eigenen Versorgungszentrum oder dem Grand Hotel durch Dritte realisieren zu können, ließ der Landkreis nicht gelten. Rein rechtlich wäre nicht die Baugenehmigung zu versagen, sondern später die Nutzung, wenn nach dem Bau, bzw. der Sanierung kein Hotelservice vorgewiesen werden könnte.

Zunächst vertrat der Landkreis nach eigenen Angaben die Auffassung, das Versorgungszentrum wäre nötig, wenn die Perlenkette saniert sei und kam damit zu demselben Schluss, wie Investor Anno August Jagdfeld. Nach ebenfalls eigenen Angaben übte aber das Land Druck auf den Landkreis aus, die Version anzuerkennen, dass das Versorgungszentrum Grundlage für die Bewirtschaftung der Perlenkette sei. Schon beim Entzug der Baugenehmigung machte der Landkreis klar, dass es sich um den ausdrücklichen Wunsch aus dem Bad Doberaner Rathaus handele, in neuen Berichten nennt sie die Einflussnahme des Landes als Grund für den Entzug der Baugenehmigung.

Die Richter folgten der Version des Landkreises nicht und verkündeten nach 90 Minuten die Unrechtmäßigkeit des Entzuges der Baugenehmigung. Der Landkreis unterliegt also in einer Sache, die er nach eigenen Angaben gar nicht gewollt hat und der Privatkrieg der Doberaner Stadtvertreter und Verwaltung samt Bürgermeister gegen Anno August Jagdfeld im Bündnis mit Schwerin kostet in der ersten Instanz dem Steuerzahler gut 50.000 Euro – eventuelle Schadenersatzforderungen noch gar nicht eingerechnet. Der Landkreis prüft bereits Möglichkeiten für eine Berufung, die weitere Steuergelder verschlingen würde. Die Zeit nagt unterdessen unaufhaltsam an den sanierungsbedürftigen Villen und solange diese verfallen und sich Heiligendamm nicht entwickelt, bleibt auch die Zukunft des gerade aus der Insolvenz geretteten Grand Hotels ungewiss. Dieses muss nämlich die Kaufsumme und die Summe der Investitionen erst einmal abarbeiten, um Gewinne einfahren zu können, die es für die dringend nötige Erweiterung zur Saisonverlängerung braucht. Solange Heiligendamm ein Kriegsschauplatz ist, bleibt das ein Kraftakt, der gelingen, aber auch misslingen kann.

An Sanierung und Verkauf ist derweil nicht zu denken und das macht die ECH in ihrer Pressemitteilung (siehe unten) auch klar. Die Interessenten sind zum größten Teil abgesprungen, andere mussten vertröstet werden und wieder andere schreckten gleich zurück, als sie sich mit Heiligendamm auseinander setzten. Der Ort ist unattraktiv für Ferienwohnungen, solange nebenan Ruinen stehen oder Baulärm herrscht und solange der Ort nicht einmal die Basics eines Seebades erfüllen kann. Wer eine Wohnung in der Perlenkette kauft, der kann das eigentlich nur für sich tun, denn kostendeckend (auch die Finanzierung stemmend) an Gäste zu vermieten, fällt selbst den mittleren und kleinen Heiligendammer Gastgebern zunehmend schwerer. Der Ort hat einfach außer einem nicht einmal gepflegten Strand und viel Wald mit wenig brauchbaren Wegen nichts zu bieten und wenn man sowieso fahren muss, bucht man gleich da, wo man eh hin fahren würde und alles findet, was das Herz begehrt. Nur wer wirklich Ruhe und Abgeschiedenheit sucht, kann sie in Heiligendamm finden. Das ist aber eine zu kleine Klientel für knapp 100 Luxus-Wohnungen mit Kaufpreisen im sechsstelligen Bereich.

 Was es braucht, sind…

1. Planungssicherheit: Stadt und Investor müssen gemeinsam (und zusammen mit dem Grand Hotel, der Median-Klinik und den Einwohnern) die Zukunft des Ortes definieren, planen und gestalten. Dazu brauchen sie Fachleute, denn keiner von ihnen hat je ein Seebad entwickelt. Erst wenn alle an einem Tisch sitzen und Ruhe einkehrt, ist auch an einen Verkauf der Ferienwohnungen und die Sanierung der Villen zu denken.

2. Vernunft: Man kann es im kleinen Heiligendamm nicht allen Recht machen. Jeder hat etwas von einer Bummelmeile mit Shops, Cafés, Bistros, Boutiquen und Dienstleistern, von einer schönen langen Promenade, einem einzigartigen Kurpark, einer interessanten Seebrücke und einem besonderen Yachthafen. Keiner aber hat etwas von Flickereien, wie hier einem Parkplatz und dort einem Imbiss. Ein vernünftiges Gesamtkonzept von vernünftigen Leuten in einer vernünftigen Atmosphäre bringt Heiligendamm voran.

3. Gemeinsamkeit: Solange alle gegeneinander arbeiten und sich regelrecht bekriegen, bleibt Heiligendamm eine peinliche und kleinliche Provinzposse und Schlusslicht des Landes. Der Misserfolg ist näher, als der Erfolg und nur gemeinsam kann man den Niedergang stoppen. Statt gegen alles zu sein muss man sich fragen, was man denn überhaupt will. Ein Museum, das jedes Jahr hunderttausende kostet oder ein Resort, das in der Lage ist, Geld in die Stadt und Region zu ziehen? Eine Badewanne für alle im Vertrauen darauf, dass alle ihr Geld in Automaten stecken und zufrieden sind oder ein Seebad, mit dem sich breit gefächert wirklich richtig viel Geld verdienen lässt? Irgend eine alte Zeit zurück oder eine Zukunft?

 

Zur Pressemitteilung: http://erstes-seebad.de/urteil-baustopp-fuer-heiligendammer-perlenkette-ist-rechtswidrig-pressemitteilung/