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Ehrennadel des TMV für Prof. Dr. Joachim Skerl

19.10.2022
Professor Joachim Skerl wurde mit der Ehrennadel des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern für seine Verdienste um das erste deutsche Seebad Heiligendamm und sein Wirken im Verein der Freunde und Förderer des Klosters Doberan geehrt.

Die Kulturdirektorin Susann Franke vom Grand Hotel Heiligendamm fasst es treffend zusammen:

„Wenn Bad Doberan und Heiligendamm einen Botschafter haben, dann ist es der Kunsthistoriker Prof. Dr. Joachim Skerl.“

 

Zur Person:

 

Joachim Skerl wurde am 22.10.1933 in Forst in der Lausitz geboren. Im Kriegswirren verlor er seine Mutter und lebte nun mit seiner Schwester bei der neuen Familie des Vaters in Wilhelmshaven. Nach der Schule begann er eine Tischlerlehre. Von 1953 bis 1959 absolvierte er in Halle an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein ein Architekturstudium. Danach folgte ein zweijähriges Studium der Kunstgeschichte an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg. Anschließend arbeitete Skerl unter anderem an dem Forschungsauftrag „Mitteldeutsche Burgen“.

Nach dem Abschluss des Studiums und der Promotion widmete er sich als Assistent der Kunsthochschule Burg Giebichenstein verschiedenen städtebauliche Aufgaben und Entwicklungsaufträgen – z. B. für den Schiff-, Schienenfahrzeug- und Flugzeugbau. Später bekleidete er an der Hochschule das Amt des Pro-Rektors für Forschung und wurde Hochschullehrer.

1972 wurde Professor Skerl als Direktor an die zwanzig Jahre zuvor aus Wismar nach Heiligendamm umgezogene „Fachschule für angewandte Kunst“ am Standort Heiligendamm berufen. An der Fachschule studierten durchgängig 100 bis 150 Studenten. Schwerpunkt der intensiven und produktiven Ausbildung war die Kunst des Alltags. Die Studenten entwickelten viele Architektur- und Innenarchitekturprojekte, Grafik- und Produktdesigns und ihre Produkte wurden mehrfach auf der Leipziger Messe ausgezeichnet. Skerl erinnerte sich bei einem Interview des Magazins „ZUKUNFT HEILIGENDAMM“ zu seinem 80. Geburtstag: „Unsere Möglichkeiten waren sehr eingeschränkt. Kreativität braucht jedoch Freiraum“.

Auf die Frage, wie er für sich ganz persönlich Heiligendamm bei seiner Ankunft 1972 empfand, antwortet der Heiligendamm-Experte: „Zunächst fühlte ich mich in Heiligendamm in eine Gegend versetzt, die öde und trostlos war. Ich war mir sicher, hier nicht alt zu werden. Ich wunderte mich, warum die Studenten so an diesem Ort hingen und hier so kreativ sein konnten. Nach Jahren wurde mir klar, es muss an diesem Ort etwas Besonderes sein, er wird von einem besonderen Geist umweht. Es ist die einzigartige Architektur in Verbindung mit der einzigartigen Landschaft, die nicht nur eine beliebige Küstenlandschaft ist.“ Fortan beschäftige Skerl die Baugeschichte Heiligendamms.

1991 zog die Fachschule zurück nach Wismar. Prof. Skerl nahm verschiedene Lehraufträge in Wismar und in Potsdam an. Doch die Leidenschaft für Heiligendamm blieb. Er berät die  EntwicklungsCompagnie Heiligendamm bei Detailfragen zur Sanierung und Rekonstruktion der Weißen Stadt am Meer und ist auch bezüglich der Forschungen und Rekonstruktionen im Münster und Kloster Doberan gefragt.

Gerade 2021 brachte er ein neues Buch zu Heiligendamm heraus und jeden Samstag hält er Vorträge im Grand Hotel Heiligendamm. 

 

Kommentar
von Martin Dostal,  Autor von ERSTES SEEBAD

Ich lernte Professor Skerl durch seine Vorträge in Heiligendamm, aber auch zu Sonderthemen in Bad Doberan kennen. Seine Bücher waren, sind und bleiben Grundlage für die Informationen auf ERSTES SEEBAD. Auch wenn ich 2003 mal ein stark bebildertes und wenig beschriebenes Buch von ihm und dem Fotografen Thomas Grundner im Gegensatz zu Judith Groschangs textstarker Dissertation wie einen Apfel mit einer Birne verglich und der Professor mir diesen blöden Vergleich zehn Jahre später bei unserem ersten persönlichen Treffen nachtrug.

Wir saßen damals auf Initiative der Kulturdirektorin Susann Franke zusammen und wollten einige Details zum Kurhaus besprechen, das gerade sein Jubiläum hatte. Es ging um diesen nachträglichen Anbau an der Südostseite. Ich schickte ihm aus meiner umfangreichen Sammlung Bilder, auf Grund derer sich das Baujahr eingrenzen ließ. Ansonsten war ich eher der Lernende, der erst durch Skerl und seine Bücher begriff, wie Gesellschaft, Kultur und Architektur zusammenhängen.

Gerade seine jüngsten beiden Bücher öffnen Türen zu ganz neuen Erkenntnissen, denn sie integrieren Komponenten, die bisher nur angeschnitten wurden: Gefühle, Sehnsüchte – eben den Faktor Mensch.

Erst dadurch gelingt es, die Weiße Stadt am Meer – dieses Arkadien seiner Zeit – zu erfühlen, zu spüren, zu erleben und zu erfahren. Für meine Gästeführungen ist das ein ungemeiner Aufschwung und wohl deshalb fragte mich die VHS, ob ich Bestandteil eines Gästeführerkurses sein will und den Neuen erklären, wie man die Teilnehmer in Führungen dazu bringt, sich hineinzufühlen – sie mitreißt. 

Aber Professor Skerl ist nicht nur für mich eine unermessliche Quelle des Wissens und der Inspiration. Wenn er einen Vortrag hält, kommen viele Gästeführer, Ortschronisten und Hobbyhistoriker zusammen – ganz ohne Absprache und immer wieder voller Erwartungen, die nie enttäuscht werden. Auch wenn es dem in diesem Jahr 89 Lebensjahre feiernden Professor natürlich immer schwerer fällt, so lange durchzuhalten. Seine Tochter ist weit mehr, als seine Fahrerin – sie denkt die ganze Zeit mit und wirft ihm den Faden zu, wenn er ihn in der Tiefe seiner immer wieder erfrischenden Ausführungen verliert oder ihm ein Name oder Wort nicht einfällt. Das ist faszinierend und beachtenswert.

Tatsächlich – keiner hat diese Ehrung mehr verdient, als er, der auch in den Medien ein begehrter Interviewpartner ist. Dafür sorgen wir oben genannten auch selbst, denn wenn die Medienleute bei uns anfragen und die Fragen allzu speziell werden, dann kommt von uns immer der Vorschlag, auch mal Professor Skerl zu befragen. Er ist unser aller Lehrer, auch wenn er seine Schüler – anders als in seiner Zeit als Lehrer der FAK – nicht kennt oder auch kennt, aber nicht weiß, dass sie von ihm lernen. 

Ich schrieb in einem Kommentar, Professor Skerl ist der Anfang einer Kaskade von Menschen, die zur Außendarstellung Bad Doberan-Heiligendamms beitragen. Von ihm geht das Verstehen und das Erkennen und Erfühlen aus, das wir alle weitergeben. Ich kann nicht für alle sprechen, da ich auch nicht alle Mitschüler kenne – aber für mich hat der TMV hier genau die richtige Wahl getroffen.

Bild: Susann Franke, Grand Hotel Heiligendamm

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