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Rerik ist überall: Auch neue Projekte von Verbotswelle bedroht.

Die Ferienwohnungs-Verbotswelle hat die Baunutzungsverordnung wieder in unser Bewusstsein gerückt. Rerik steht stellvertretend für die „FeWo-Problematik“, denn dort sind prozentual besonders viele Objekte betroffen. Die BauNVO verhindert das Aufeinanderprallen sich gegenseitig störender Nutzungen und hat schon manchen Nachbarschaftsstreit verhindert. In vielen Staaten gibt es diese Ordnung nicht. Dort können Gewerbe- und Industrieanlagen quasi überall entstehen, wo sich damit Geld verdienen lässt. Bei uns wurden Ferienwohnungen in Wohngebieten gebaut, obwohl nach ständiger Rechtsprechung nicht zulässig. Der Grundgedanke ist, dass häufig wechselnde Gäste in Urlaubsstimmung sich anders und oft rücksichtsloser verhalten, als dauernde Nachbarn. Der Beschluss des OVG MV vom 28.12.2007 (3 M 190/07) brachte verspätet eine Verbotswelle ins Rollen. Betroffen sind auch FeWo, die in Gebieten gebaut wurden, in denen planungsrechtlich nur Beherbergung zulässig ist. Am 17.06.2014 stellte das VG Schwerin auf der Basis der obergerichtlichen Rechtsprechung klar, dass Ferienwohnungen keine kleinen Betriebe des Beherbergungsgewerbes sind. In diese Kategorie fallen nur Gästehäuser und Pensionen, die ganzjährig geöffnet sind und wo man nur ein Zimmer bucht und dann Geld in Restaurants und Freizeiteinrichtungen ausgibt. Das belebt den Ort auch in der Nebensaison, bringt Geld und ganzjährig Arbeitsplätze. Genau das will das Regionale Raumordnungskonzept und wollten die Gemeinden, als sie in den Bebauungsplänen Sondergebiete für Hotels und Pensionen festlegten. Ferienwohnungen sollen nur zum Abfangen der Spitzenlast entstehen, denn an ihnen verdienen die Gemeinden nicht, weil die Gäste sich selbst versorgen. Sie schaffen kaum Arbeitsplätze und stehen viele Monate leer. Schon vor einem Jahr warnte Vize-Landrat Wolfgang Kraatz vor „Rollladensiedlungen“. Es wird versucht, mit Bezeichnungen, wie „Apartmenthaus“ oder „Suiten“ Genehmigungen zu bekommen, um in Sondergebieten, die der Beherbergung vorbehalten sind, Ferienwohnungen zu bauen. Nicht immer geht es um den Profit: Oft erweisen sich kühne Hotel-Träume einfach als unrealisierbar. Das Bundesverwaltungsgericht stellte jedoch bereits in einer Entscheidung vom 08.05.1989 (BVerwG, Az. 4B 78.89) klar, dass die mietweise Überlassung von selbständigen Wohnungen, sei es auch zu Ferienzwecken, keine Beherbergung ist. In Heiligendamm entstehen im „Linden-Palais“ 39 selbständige Ferienwohnungen mit eigenen Küchen im Sondergebiet „Pension, Gaststätte“ des B-Planes Nr. 26. Angesichts der laufenden Verbotswelle müssen die potenziellen Erwerber mit der Rücknahme der Baugenehmigung rechnen. Warum wurde sie dann erst erteilt? Bauamtsleiter Norbert Sass verweist an den Landkreis. „Die Gemeinde bekommt den Antrag lediglich zur Kenntnis. Natürlich schauen wir trotzdem drauf. Es gibt für die Gemeinden im Ernstfall noch Möglichkeiten einer Notbremse nach § 15 BauGB.“ Sass schreibt, dass ihm bekannt sei, „dass gerade das Thema Nutzungsart und Bildung von Teileigentum im Antragsverfahren sehr intensiv geprüft wurde.“ Danach wurde die Baugenehmigung erteilt, sodass er davon ausgeht, dass es sich bei dem Vorhaben um einen Pensionsbetrieb handelt. „Es ist Aufgabe der Bauaufsicht zu prüfen, wie nach Fertigstellung der Betrieb erfolgt.“, so Sass. Wie kann etwas genehmigt werden, das so, wie gebaut, gar nicht rechtmäßig genutzt werden kann? Eine Anfrage beim Landkreis Rostock blieb unbeantwortet. Ähnlich verhält es sich in Börgerende. Dort entstanden im B-Plan Nr. 7 sogenannte Villen mit Ferienwohnungen, obgleich nur „Kleine Betreibe des Beherbergungsgewerbes“ zulässig sind. Mit den „Waterkant Suites“ wurde ein Aparthotel im Sondergebiet Hotel genehmigt , obwohl das nach der obergerichtlichen Rechtsprechung unzulässig ist. Rerik steht eben stellvertretend für eine ganze Region. Martin Dostal

 

Hintergrund: Ferienwohnungen sind keine Beherbergungsbetriebe

BVerwG, Beschluss v. 08.05.1989, Az.: 4 B 78/89:

„Ein Beherbergungsbetrieb liegt vor, wenn Räume ständig wechselnden Gästen zum vorübergehenden Aufenthalt zur Verfügung gestellt werden, ohne dass diese dort ihren
häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können. Das Vermieten von Appartements gehört nicht dazu.“

VG Schwerin 2. Kammer, Beschluss v. 17.06.2014, Az.: 2 B 459/14:

„Diese Voraussetzungen sind jedenfalls dann erfüllt, wenn sich die Überlassung der Räume auf eine reine Übernachtungsmöglichkeit beschränkt, so dass der Gast ausstattungsbedingt auf die Inanspruchnahme weiterer Dienstleistungen angewiesen ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.07.2006 – OVG 2 S 2.06 – BRS 70 Nr. 67 = Juris Rn. 8; s.a. OVG Münster, Beschluss vom 14.08.2007 – 10 A 1219/06 – NVwZ-RR 2008, 20 = Juris Rn. 9 ff.). Danach sind Hotels, Pensionen, Gasthöfe, Gästehäuser und Fremdenheime typische Betriebe des Beherbergungsgewerbes.“

OVG Greifswald, Urteil v. 19.02.2014, Az.: 3 L 212/12:

„Ferienwohnungen sind entsprechend der – Ferienhäuser betreffenden – Bestimmung des § 10 Abs. 4 BauNVO auf Grund ihrer Lage, Größe, Ausstattung, Erschließung und Versorgung für den Erholungsaufenthalt geeignet und dazu bestimmt, überwiegend und auf Dauer einem wechselnden Personenkreis zur Erholung zu dienen. Diese sind nach ihrer Ausstattung auf eine Selbstversorgung der Feriengäste ausgerichtet, so dass die Voraussetzung für einen Betrieb des Beherbergungsgewerbes, dass der häusliche Wirkungskreis nicht unabhängig gestaltet werden kann, nicht erfüllt ist (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 22.11.2013 – 1 LA 49/13 – NordÖR 2014, 81 = Juris Rn. 19 sowie Beschluss vom 18.07.2008 – 1 LA 203/07 – BRS 73 Nr. 168 = Juris Rn. 12; vg. a. OVG Münster, Urteil vom 17.01.1996 – 7 A 166/96 – S. 10 d. Urteilsabdrucks).“

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