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Stadtvertreter sehen Bad Doberan vor lauter Heiligendamm nicht mehr.

Marode Spielplätze, trostlose Grünflächen, Holperpisten, Stolpersteige, fehlende Radwege, Unterricht in Containern, wiederkehrende Überschwemmungen in Wohngebieten, Ärger über die Parkplatzsituation und die Verkehrsprobleme in der Saison, Unmut über Lärm, Dreck und Verwahrlosung, ein nicht mehr aktuelles Einzelhandelskonzept, fehlende Konzepte für Tourismus, Museen, Stadtgrün und das Seeheilbad Heiligendamm, sich vernachlässigt fühlende Vereine, kein Leitbild, kein Ziel, zu wenig Geld – eigentlich gäbe es genug zu tun für die Bad Doberaner Stadtvertreter. Doch die beschäftigen sich immer wieder nur mit einem Thema: Sich selbst. Auf dem Rücken prominenter Probleme werden Selbstinszenierungen vorgeführt und Machtspiele gespielt, wird beschimpft und beleidigt. Man kritisiert sich gegenseitig öffentlich über die Medien und auch Investoren bekommen persönliche Antipathie schnell zu spüren. Hauptangriffsziele sind aber der Stadtvertretervorsteher und der Bürgermeister und das beliebteste Mittel der Abwahlantrag. Im Duden ist die Häufigkeit des Wortes „Abwahl“ mit zwei von fünf Balken als selten angegeben. In der Münsterstadt hingegen gehört es zum alltäglichen politischen Sprachgebrauch. Wer nicht passt, wird beseitigt – wie in einer Diktatur. Vor sechs Jahren sollte die Stadtvertretervorsteherin Caroline Brandt (CDU) abgewählt werden, konnte aber bleiben. Ein Jahr später traf es Guido Lex (zuerst Bürgerbund, jetzt UDI). Auch er durfte bleiben, drei Jahre später trat er zurück, als man ihn erneut abwählen wollte. Gerlinde Heimann (Linke) überstand die Zwischenzeit recht unbeschadet, dafür wurde – wie schon beim Vorgänger Hartmut Polzin (SPD) – die Abwahl des Bürgermeisters Thorsten Semrau (parteilos) diskutiert. Am Montag galt es, über die Abwahl von Stadtvertretervorsteher Stephan Krauleidis (CDU) abzustimmen. Guido Lex (UDI) warb als Wortführer für die Antragsteller aus den Reihen der UDI, des Bürgerbundes und Tourismusbundes für Stimmen und soll es der SPD-Fraktion zu Folge auch mit einem Angebot versucht haben, ihr den Posten zuzuspielen, wenn sie sich an der Abwahl beteiligt. Als sich keine Mehrheit abzeichnete, zog Lex den Abwahlantrag zurück. Es ging übrigens bei allen genannten Abwahl-Begehren um das Thema „Heiligendamm“. Es gibt durchaus auch Versuche von Stadtvertretern, die eingangs genannten „kleinen“ Themen anzugehen. Dann erscheint in der Zeitung ein kritischer Text mit dem Gesicht des jeweiligen Stadtvertreters, es folgen ein paar Leserbriefe und dann verschwindet das Thema wieder in der Schublade. Wenn man doch nur den ganzen Eifer und die ganze Ausdauer, mit denen seit Jahren zu Heiligendamm gestritten wird in die Lösung der vielen weiteren Probleme der Stadt mit ihren Bürgern, Leistungsträgern und Gästen investieren würde…

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