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Und was ist jetzt die Frage?

Fast alle Stuhlreihen der Aula des Friedrich-Franz-Gymnasiums waren besetzt, als um 19 Uhr die Diskussionsrunde des Bündnisses für Bad Doberan begann. In der Schule waren gerade Schüler mit einem Projekt zur Demokratie beschäftigt und in der Aula waren Transparente verblieben, auf denen der Spruch des einstigen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker steht: „Demokratie lebt vom Streit, von der Diskussion um den richtigen Weg. Deshalb gehört zu ihr der Respekt vor der Meinung des anderen.“ Anke Bitter machte dieses Zitat zum Leitspruch des Abends. Um die bei vielen Besuchern schon befürchtete Frankiermaschinen-Diskussion gar nicht aufkommen zu lassen erklärte Bitter, dass das Bündnis für Bad Doberan und die ECH die Veranstaltung selbstverständlich gemeinsam geplant haben und die ECH die Frankierung angeboten hat. Das Bündnis hat das Angebot dankend angenommen und die Rechnung dafür bereits bezahlt. Dann hatte Bürgermeister Hartmut Polzin das Wort. Er begann mit den rechtlichen Voraussetzungen für die Entscheidungen in Heiligendamm, erklärte die Baulandplanungen, erläuterte die einzelnen Bebauungspläne und informierte darüber, dass es für den B-Plan 32 (Saisonparkplatz am Golfteich) einen Aufstellungsbeschluss gibt. Der Bürgermeister erklärte die bauliche und infrastrukturelle Entwicklung Heiligendamms und die touristischen Hintergründe. So stellte sich heraus, dass das Besucherziel sich von Westen (Kinderstrand) nach Osten (Promenade) verlagert hat und darum die Planungen seit Jahren dort voran getrieben werden. Polzin stellte einen befahrbaren Strandabgang am Kinderstrand in Aussicht, der die Arbeit des Bauhofes ungemein erleichtern wird. Er verwies nicht ohne Stolz auf das Erreichte: Die Anerkennung Bad Doberans als Seebad und die Voraussetzungen für eine vollständige Anerkennung Heiligendamms sind Erfolge seiner Amtszeit. Auch der Steg und der in den Ausschüssen in Planung befindliche Rundweg sind städtische Erfolge der jüngsten Vergangenheit. Für die EntwicklungsCompagnie Heiligendamm (ECH) stand Hans Schlag zur Verfügung. Das bekannte Gesicht der ECH ist einer von drei Geschäftsführern und spezialisiert auf den technischen Teil des Heiligendamm-Projekts. Seine Einleitung war die eines Projektentwicklers: Man muss Ziele definieren und zusammen mit Partnern Wege zu den Zielen finden. Schlag gestand, dass das manchmal auch zäh werden kann, betonte aber gerade hier die Wichtigkeit einer Partnerschaft. Er erklärte, dass die Entwicklung Heiligendamms einem Markt unterworfen ist, dessen Bedürfnisse erfüllt werden müssen. Jedes der Einzelprojekte muss wirtschaftlich sein, um am Markt bestehen zu können. Schlag verwies auf die Finanzkrise und die Probleme, die sich daraus mit der Zusammenarbeit mit den Banken derzeit ergeben. Umso mehr macht es ihn stolz, dass das Grand Hotel Heiligendamm seit seiner Eröffnung hoch gelobt und mehrfach preisgekrönt ist. Ansprechend ist auch sein Beispiel für die feste Größe, die das Grand Hotel für die Stadt ist: Jeder hier kennt irgend einen, der im Grand Hotel arbeitet oder schon einmal – und sei es saisonal – dort gearbeitet hat. Schlag machte klar, dass Heiligendamm mehr ist, als nur seine Gebäude. Heiligendamm steht für Einzigartigkeit – der Golfplatz ist in seiner Form deutschlandweit einmalig, das Gut Vorder Bollhagen ist einer von sehr wenigen Demonstrationsbetrieben in Deutschland und auch das kulturelle und sportliche Angebot in Heiligendamm ist in der Kombination selten an der Ostseeküste. Das Gut Vorder Bollhagen ist nicht einfach nur ein Bio-Gut, sondern wirkt sich durch seine Bewirtschaftung auch positiv auf das Grundwasser aus, das wir alle täglich zu uns nehmen. Schlag wusste noch weitere Vorteile aufzuzählen, die ein Bio-Gut für die Umwelt mit sich bringt. Er verwies auf das Engagement für die Tiere, wie die Finanzierung des Umbaus von Eiskellern zu Fledermausquartieren und Aufforstungen bei Brodhagen und an der Kühlungsborner Straße – teilweise als Ausgleich für die Waldumwandlung, teilweise aus eigenen Stücken. Zeichen für die Umwelt setzen will die ECH auch in naher Zukunft durch die Nutzung von Erdwärme. Abschließend führte Hans Schlag die Entwicklung der Infrastruktur nach 2006 im Zusammenhang mit dem G8-Gipfel im Grand Hotel an und betonte abermals, dass diese und die zukünftige Entwicklung Heiligendamms nur „konsequent gemeinsam“ möglich war und ist. Zum ersten Mal applaudierten die Gäste der Veranstaltung. Nun war die Diskussion eröffnet. Ein Bürger tat seinen Unmut über die Zäune, Schilder und Unzugänglichkeiten Kund und empörte sich über die vermeintliche Sperrung des Strandes in Heiligendamm. Bürgermeister Polzin klärte auf, dass Strand in Deutschland immer öffentlich ist und dass Sondernutzungsrechte, z. B. für das Aufstellen von Strandkörben, möglich sind. Nicht nur das Grand Hotel hat diese Sondernutzungsrechte – auch ein privater Strandkorbvermieter nimmt sie wahr. Polzin betonte, dass die Nutzer zu freiem Zugang zum Strand und Wasser verpflichtet sind und dass sich selbstverständlich jeder überall an den Strand legen darf – auch in diesen Sondernutzungszonen. Auch darf jeder ein Sondernutzungsrecht beantragen, wenn er Gründe dafür vorweisen kann, die ihm dieses Recht einräumen – wie eben das Aufstellen von Strandkörben.

Die Diskussion war nun entfacht: Zwei langjährige Sommergäste trugen ihren Unmut über den Wegfall von alten Pfaden und die Aufstellung von Zäunen, Hecken und Schildern vor. Aus den hinteren Reihen kam mehrmals die Ermahnung „Und was ist jetzt Ihre Frage?“ Die Touristen verstehen nicht, warum in Heiligendamm ehemalige Verbindungen nicht mehr existieren und sie jetzt Umwege in Kauf nehmen müssen. Der Abend reichte nicht für eine ausführliche Erklärung aber der Bürgermeister brachte es auf den Punkt: Die rechtlichen Voraussetzungen für den Ist-Zustand in Heiligendamm wurden von den Stadtvertretern seit 1997 fortlaufend geschaffen, Bauleitplanungen vorgenommen, Bebauungspläne aufgestellt, modifiziert und bestätigt, Baurecht wurde geschaffen, es gab Experten- und Bürgerbeteiligungen, wie das Experten-Kolloquium 2004. Schnell stand seitens einer Heiligendammerin wieder der Vorwurf im Raum, der Bürgermeister hätte die Stadtvertreter getäuscht, als es um die Eigentumsfrage der Verkehrsflächen in Heiligendamm ging. Die Diskussion drohte ins Unsachliche abzudriften, als die aufgebrachte Bürgerin auch andere Mitglieder der Stadtvertretung anschrie. Bündnis-Mitglied Frank Pieplow erinnerte an die Transparente und bat um Sachlichkeit, die dann auch prompt wieder eintrat, als der Bürgermeister das Missverständnis aufklärte und zudem klar stellte, dass bis 2003 die Auffassung existierte, die Verkehrsflächen in Heiligendamm seien öffentlich, da sie öffentlich nutzbar seien. Dieses Gewohnheitsrecht wurde erst 2003 mit der Hoteleröffnung und dem unvorhergesehenen Touristenandrang in Frage gestellt. Die Stadt wollte juristische Klarheit und machte sich in Schwerin und Greifswald dafür stark – jedoch ohne Ergebnisse. Alle nachfolgenden Bemühungen in Heiligendamm, Gäste auf bestimmte Wege zu leiten, seien keine Ausgrenzungen, sondern dienen der Kanalisierung der Touristenströme. Das sagte er natürlich nicht aber: Spätestens seit der Aufstellung der Kurtaxe-Automaten sollte das jedem einleuchten. Nachdem langjährige Gäste klar machten, dass die mit dem neuen Heiligendamm nicht zufrieden sind, gab es aus den vorderen Reihen Anreize. Ein Professor hatte sich die Mühe gemacht, ein Konzept zu erstellen, das er als zukunftsweisend vortrug. Klangen Hecken statt Zäune und Schilder mit Bitten statt Verboten doch ganz brauchbar, waren die Forderungen nach Abriss des Steges zu Gunsten eines Kliffkanten-Wanderweges und nach Verzicht auf einen Rundweg zu Gunsten eines Stichweges, sowie Verkauf der Perlenkette und der anderen unsanierten Immobilien doch eher rückwärts gerichtet, als in die Zukunft. Hans Schlag machte klar, dass 1995 nach erfolglosen Versuchen der Einzel-Vermarktung der Verkauf Heiligendamms als Gesamtpaket beschlossen wurde und er heute noch davon überzeugt ist, dass das die beste Entscheidung war. Er stellte auch die selbstbewusste Frage in den Raum, wer diesen Investitionsvolumen aufgebracht hätte, um die sanierten Gebäude in dieser hochwertigen Qualität zu sanieren. Unverhohlen machte er deutlich, dass die Sanierung der durch Nutzung und Nichtnutzung geschädigten Gebäude viel Zeit brauchen wird, dass Heiligendamm seit seiner Gründung stetig in Entwicklung befindlich ist und dass er nichts davon hält, durch Farbanstriche leer stehender Gebäude Eindruck zu schinden. Auch macht es ihm nichts aus, wenn die Sanierung eines Gebäudes ein Jahr länger dauert, wenn dafür die Resultate optimal und die Qualität bestens sind. So legte sich der ECH-Chefplaner auch nicht auf Termine fest, sondern betonte: „Alles braucht seine Zeit.“ Sein Wunsch für Heiligendamm: Das Alleinstellungsmerkmal des ältesten deutschen Seebades soll erhalten und ausgebaut werden, damit die Weiße Stadt am Meer nicht in der Beliebigkeit versinkt. Nach dem erneuten Applaus beantwortete der Bürgermeister die Frage, was der Bürger in Zukunft noch von Heiligendamm hat. Er nannte die in Planung befindliche Strandversorgung mit dem Spielplatz, ergänzend zu Schlags Beispielen Kite, Surfen, Tennis, Golf und nicht zuletzt das gastronomische Angebot des Grand Hotels und der SPA-Bereich, die ja nicht nur Hotelgästen vorbehalten sind, sondern in denen auch Tagesgäste, Heiligendamm-Urlauber und selbstverständlich die Doberaner selbst willkommen sind. Polzin machte auf die Frage der Unterbringung der vielen Gäste deutlich: „Alles ist endlich . auch Strand und Parkplätze. Für die Stadt steht bei allen Entscheidungen die Frage im Vordergrund, wie man das kleine Stück Strand am besten seinen Gästen und Bürgern anbietet. Nur sehr wenige der vielen Anwesenden hatten sich zu Wort gemeldet. Als ein Stadtvertreter dazu überging, die Zeitung „Zukunft Heiligendamm“ dahin gehend zu kritisieren, dass sie nicht hier gedruckt wird und ihre Redaktion nicht hier ansässig ist wurde klar, dass es an diesem Dienstagabend keine wichtigen Themen mehr zu behandeln gibt. Wie die Resonanz auf den Abend ist, will das Bündnis für Bad Doberan über eine die Auswertung von ausgeteilten Fragebögen heraus finden. Eine Ideen-Box für Bad Doberan und Heiligendamm – finde ich – wäre doch eine gute Idee.

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