Wird das Grand Hotel Heiligendamm jetzt verramscht? Orangerie wird zum Spottpreis verkauft.
Die Geschichte wiederholt sich: Wie schon 1996 gibt es auch 2013 nur eine Hand voll Interessenten für das Grand Hotel in Heiligendamm. Die Gläubiger wollen ihr Geld und so wird nun das erste Objekt einzeln verkauft. Laut Ostsee-Zeitung (28.01.2013) weit unter seinem eigentlichen Wert:
Es geht dabei um die Orangerie, welche im Winkel aus dem Hotelgelände heraus an die Kühlungsborner Straße heran reicht. Das Grand Hotel bot hier exklusive Suiten außerhalb der großen Hotelbauten; der straßenzugewandte Teil wurde vom Departmentstore (Quartier 206) und dem Friseursalon „LE COVP“ gemietet. Anne Maria Jagdfeld schloss im September 2012 den Departmentstore, nachdem der Insolvenzverwalter des Grand Hotels, Jörg Zumbaum, die Orangerie aus den Buchungssystemen des Grand Hotels genommen hatte.
MEDIAN-Klinik will Komfortsuiten für Privatpatienten.
Relativ schnell nach dem Wechsel des designierten Bürgermeisters Hartmut Polzin (SPD) als Berater zur MEDIAN-KLINIK in Heiligendamm bot diese (lt. Ostsee-Zeitung 25 Mio. Euro) für das Grand Hotel mit.
Nachdem sie überboten wurde, bot sie nicht mehr weiter, sondern wollte nur noch die Orangerie haben. Das Gebäude am Rande des Hotelgeländes grenzt direkt an die MEDIAN-Klinik. Die Klinik, welche sich seit dem Einstieg des Private Equity Unternehmens „Advent International“ im Jahre 2009 auf raschem Wachstumskurs befindet, will in der Orangerie 30 Suiten für „Selbstzahler“, also Privatpatienten bieten und fokussiert dabei gestresste Manager und Unternehmer, die hier das Burn-Out-Syndrom auskurieren können.
Statt aber das Gebäude im Grand Hotel zu belassen und zusätzlich zum 5-Sterne-Hotelservice Klinikleistungen anzubieten, will die Klinik das Gebäude ganz allein nutzen und sich als Klinik in Hotelservice versuchen.
Orangerie muss formal aus dem Hotelgelände heraus gelöst werden.
Dazu ist eine Änderung des B-Planes Nr. 25 als Grundlage nötig, um überhaupt die Orangerie der Klinik zuschlagen zu können. Sie muss aus dem „Sondergebiet Hotel“ entfernt und in das „Sondergebiet Klinik“ eingeordnet werden. Diesen Schritt wollte Stadtvertretervorsteher Guido Lex (Bürgerbund) als Druckmittel verwenden, um z.B. den Stichweg und einen Küstenwanderweg über das Hotelgelände zu erzwingen. Mit diesem Vorschlag katapultierte sich der Berufsrichter ins Abseits, sollte abgewählt werden; ihm wurde der Vorsitz im Heiligendamm-Beirat verwehrt und so trat er schließlich selbst zurück. Die Änderungen wurden von den Stadtvertretern nach einigen Diskussionen am 28.01.2013 genehmigt, sodass das Änderungsverfahren anlaufen kann. Erst wenn dieses Verfahren abgeschlossen ist, kann Median die Orangerie in die Klinik übernehmen.
ECH wartete auf ähnliche B-Plan-Änderung Jahre.
Solche Änderungen jedoch können durchaus dauern: Als die ECH die Perlenkette aus dem „Sondergebiet Hotel“ entfernen wollte, dauerte es fast drei Jahre, bis das Verfahren durchgelaufen war. Damals allerdings waren es maßgeblich die Stadtvertreter, die in der Endphase den Abschluss des Verfahrens blockierten. Damals war es ebenfalls der Bürgerbund, der von der ECH Zusicherungen und Zugeständnisse forderte. Die Mehrheit der Stadtvertreter folgte diesem Vorstoß, sodass der damalige Bürgermeister Hartmut Polzin (SPD) einen Kompromiss aushandeln musste, der letztlich zu einer Genehmigung des geänderten B-Planes führte. Diese Verzögerung gibt es diesmal nicht: Die Stadtvertreter unterstützen den Einzelverkauf der Orangerie, indem sie ihn nicht blockierten.
Jagdfeld befürchtet Zerstückelung des Hotels.
Damit jedoch steht man erst am Anfang des Weges: Die Orangerie ist als Einzel- und Randobjekt des Hotels in der Vergangenheit gern mit Grundbucheinträgen versehen worden, diente also als Sicherheit für Bürgschaften, Kredite und andere Darlehen. Unter anderem schuldet das Grand Hotel der zur Jagdfeld-Gruppe gehörenden Beteiligungsgesellschaft „bona“ 3 Mio. Euro. Die Gläubiger nun möchten, dass „bona“ auf dieses Geld verzichtet, den Grundbucheintrag löschen lässt und damit das Mitspracherecht abgibt. Investor Anno August Jagdfeld kritisiert nämlich den Verkauf der Orangerie, weil er die Filetierung des Grand Hotels befürchtet. Für die weitere Entwicklung Heiligendamms braucht die ECH das Grand Hotel in der jetzigen Form (nur eben nicht insolvent).
Insolvenzverwalter muss nicht alles zusammen verkaufen.
Der Insolvenzverwalter hat – schon rein juristisch ist es nicht anders möglich – den Auftrag, „die Assets zu veräußern“. Es gibt keine Vorschrift, ob er das Hotel als Ganzes oder seine Einzelteile verkauft. Der Gesamtverkauf wird aus rein ökonomischen Gründen avisiert aber wenn sich kein Abnehmer findet, muss Zumbaum Einzelverkäufe vornehmen. Alles was er nicht regulär verkaufen kann, muss er am Ende zwangsversteigern. Im Moment gibt es „eine Handvoll“ Interessenten, die überwiegend am Grand Hotel als Ganzes interessiert sind. Die Befürchtungen Jagdfelds sind jedoch begründet, denn bis dato hat keiner von ihnen zugeschlagen und der Zwist um Heiligendamm macht den Verkauf nicht einfacher.
Verkauf an MEDIAN für nur 4 Mio Euro würde Wertverlust von 76% bedeuten.
Besonders pikant ist, dass die Orangerie für 4 Millionen Euro weg gehen soll.
Der insolvente FUNDUS-Fonds 34 bezifferte die Sanierungskosten in seinen Prospekten auf 5.200 Euro pro Quadratmeter. Die Ostsee-Zeitung errechnete bei 3.340 qm Gesamtfläche einen Wert von 17,3 Mio Euro.
In nur 10 Jahren hätte die Orangerie also schon 76% an Wert verloren, während um sie herum der Wert der Grundstücke eher nach oben tendierte.
Die Ostsee-Zeitung bringt auch die Fördermittel ins Spiel, die insgesamt 50 Mio. Euro betrugen und wovon sie „gut 5 Mio nur für die Orangerie“ anrechnet. Soll heißen: Die Fördermittel sind bei einem Verkauf unter dem Wert in den Sand gesetzt, denn der Verkaufserlös wird an alle Gläubiger verteilt.
Das Land hat mit 4 Mio. Euro gebürgt und sich einen Grundbucheintrag auf die Orangerie sichern lassen. Im ungünstigsten Fall muss sie die 4 Mio. an die Bank zahlen und bekommt kaum etwas aus dem Erlös des Verkaufes wieder, sodass fast 9 Mio. Euro – davon mehr als die Hälfte Steuergelder – verloren sind. Eigentlich kann es nicht im Interesse des Landes sein, die Orangerie unter dem Wert zu verkaufen – zumindest nicht im Interesse der Steuerzahler.