Wie geht es jetzt mit dem Grand Hotel weiter?
Der bestellte Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Jörg Zumbaum aus Düren, möchte das Grand Hotel als Ganzes an einen geeigneten Investor verkaufen. Es meldeten sich 30 Interessenten, von denen zunächst 10 in die engere Auswahl genommen wurden. Die Interessenten müssen Konzepte entwickeln, wie sie ein Hotel in die Gewinnzone bringen können, das außer 2010 nie Gewinne eingefahren hat. Heiligendamm war in den 220 Jahren seines Bestehens immer ein Zuschussobjekt, das sich nie selbst tragen und Gewinne erwirtschaften konnte. Die vier Generationen Großherzöge mussten bis zum Verkauf des Seebades 1872 stets Geld dazu schießen und die folgenden Unternehmen gingen eines nach dem anderen in die Insolvenz. Baron Otto von Kahlden konnte das Bad nicht halten und Baron Oskar Adolf von Rosenberg tilgte bis zum „Verkauf“ des Bades (es war wohl mehr eine Enteignung) jeden Monat die Schulden des völlig überschuldeten und nicht einmal zur Erwirtschaftung seiner Pachtzahlungen fähigen Betriebes. Auch zu DDR-Zeiten wurde alles durch den Staat bezahlt. Das muss man sich vor Augen führen, wenn man die Situation in Heiligendamm verstehen will.
Grundsätzlich ist eine Investition an der Ostsee nur dann erfolgsversprechend, wenn man nicht die Rendite im Sinn hat. Viele Experten hatten Jagdfeld 1997 von seiner Investition abgeraten aber nach dem Studium seiner Pläne auch gesagt, dass er es schaffen kann, wenn er das nötige Geld zusammen bekommt. Das aber war ihm nicht möglich: Das Geld reichte gerade für das Grand Hotel. Dieses ist fertig, soll nun für 10% dessen verkauft werden, was es gekostet hat. Das ist immer noch eine enorme Summe (die Rede ist von über 25 Mio Euro) und damit sich dieser Kauf lohnt, muss ein Konzept geschaffen werden, das Gewinne verspricht.
Wer aber das Grand Hotel kauft, der kauft eine Oase in der Wüste, denn der Ort hat im Gegensatz zu allen anderen Orten an der deutschen Küste nur kärglich wenig zu bieten. Entweder muss ein Investor also wie Jagdfeld alles im Grand Hotel unterbringen, womit er dann ganz genau dieselben Probleme hat oder er muss sich an der Entwicklung des Ortes beteiligen, also in all das investieren, was Heiligendamm fehlt, das andere Seebäder aber haben. Optimal wäre hier eine Zusammenarbeit mit der ECH, die dieses auch nicht ausschließt.
Was Heiligendamm braucht, sind eben nicht nur ein neuer Investor für ein altes Hotel und eine Aufhebung des Baustopps für die Perlenkette, sondern grundlegende Strukturen. Der Ort muss eine lange und attraktive Seepromenade haben, wozu sich die Verbindung nach Börgerende geradezu aufdrängt. Heiligendamm braucht keinen Wald mit Sandwegen, der sich kraft juristisch wackliger Verordnungen „Kur- und Erholungswald“ nennen darf aber nur ein besserer Wald ist. Das Kurortgesetz fordert einen „Kurpark“ und ein „Park“ ist eine „gestaltete größere Grünfläche, die der Verschönerung und Erholung dient“. Ein Wald mit Sandwegen tut das in keiner Weise – Heiligendamm braucht einen richtigen attraktiven und abwechslungsreichen Kurpark, in dem auch Kurkonzerte möglich sind. Auch hier drängt sich die Verbindung mit Börgerende auf – dort braucht man für seine Seebadbewerbung ebenfalls einen richtigen Kurpark und nicht die kleine „Pufferzone“ zwischen hoher und niedriger Bebauung.
Außerdem braucht Heiligendamm als Seebad eine bessere Vermarktung eben dieser See. Im Moment kann man in der See nur baden. Schiffe fahren an Heiligendamm vorbei und bis auf einige Segler finden keine kleinen Wasserfahrzeuge her. Den von einem Seebad erwarteten Jachthafen sucht man ebenso vergebens, wie die für Seebäder typischen kleinen Gewerbe an der Promenade oder dem Strand. Eine Bummelmeile gibt es genauso wenig, wie ein Stadtzentrum – einkaufen kann man in Heiligendamm nicht, darum braucht man auch kein Bargeld vom Automaten holen – den gibt es nämlich auch nicht. Eigentlich gibt es nichts, was ein „echtes“ Seebad ausmacht und das erste und älteste deutsche Seebad, von denen solche Größen wie nurt zum Beispiel Norderney (Seebad seit 1797), Travemünde (Seebad seit 1802), Cuxhaven (Seebad seit 1816), Warnemünde (Seebad seit 1821) und Kühlungsborn (Seebad seit 1857) gelernt haben. Alle anderen Seebäder haben das erste und älteste längst überholt. Sie haben alles, was man sich unter einem Seebad vorstellt.
Woher aber soll das in Heiligendamm auch kommen? Seit zehn Jahren redet man nur über Zäune, Stich- und Rundwege und beschimpft abwechselnd Investor Jagdfeld und andere Stadtvertreter. Über Konzepte wurde letztmalig 2004 gesprochen und alles was dort angeregt wurde, ist entweder bis heute nicht umgesetzt (auch nicht die Strandversorgung, die Sache der Stadt ist) oder gescheitert. Die Stadt Bad Doberan ist dieser Sache nicht gewachsen. Sie war es 1879 nicht, 1996 nicht und ist es auch heute nicht. Das Land, der Landkreis und echte Experten werden gebraucht und was noch wichtiger ist: Sie müssen mit der ECH, der Median-Klinik und dem Grand Hotel zusammen Konzepte entwickeln und nicht etwas entwickeln und dann diktieren.