1838
Großherzog Paul Friedrich konzentriert sich zunächst auf Schwerin, wohin er den Regierungssitz von Ludwigslust zurück verlegen und dazu im Alten Garten ein neues Schloss bauen lassen möchte. Auch weil dieses Projekt viel Geld kostet, soll sich das Seebad selbst finanzieren können. Zudem drohen die Gäste abzuwandern, wenn ihnen nicht Kost und Logis direkt am Heiligen Damm geboten werden. Darum treibt der neue Regent die Ausbaupläne seines Vaters voran und beauftragt Baumeister Demmler mit den Planungen und der Ausführung.
Demmler beginnt sogleich, unter Einbeziehung des barocken Badehauses ein mehrstöckiges und zum Salon passendes Logierhaus im dem Klassizismus optisch angepassten Stil des Historismus zu bauen. Im Erdgeschoss verbleibt das Badehaus mit 18 Kabinetten für Warmbäder und weiteren vier Privatkabinetten der großherzoglichen Familie. Die Kabinette werden mit Kanapees ausgestattet und die Eichenholzwannen durch Zementwannen ersetzt. Außerdem wird eine Molkenanstalt eingerichtet, ein Billet Bureau und ein Konversationszimmer. Der Pharmazeut bekommt eine kleine Wohnung neben der Apotheke im Erdgeschoss und außerdem steht ein Postbeamter im Badehaus zur Verfügung. Im angebauten Badehaus werden weiterhin die Bäder mit chemischen Zusätzen und neuerdings auch Seetang und ein Schwefelbad, ein Dampfbad und eine Dampfdusche betrieben. In den drei neuen Stockwerken entstehen 56 Gästezimmer auf zwei Vollgeschossen und 22 Zimmer für das teils mitgebrachte Personal im Mezzanin. Auf dem Dach wird eine Aussichtsplattform eingerüstet.
Zugleich wird mit der Bau von zwei Privat-Logierhäusern der großherzoglichen Familie unweit des Badehauses geplant und vorbereitet. Zwischen den Seestegen werden Segelboote und ein Ruderboot für Badegäste gelegt und eine Zugbrücke als Durchlass gebaut. Die Großherzogliche Fregatte wird zum Veranstaltungsort von Teegesellschaften.
Der neue Regent beansprucht das Logierhaus nicht aus Wohnhaus, sondern möchte mit seiner Alexandrine im Prinzenpalais wohnen bleiben. Das Logierhaus bleibt repräsentativer Verwaltungssitz und zugleich wohnt Alexandrines Stiefmutter Fürstin Auguste von Liegnitz in einer Wohnung. Paul Friedrich will aber beide Gebäude als Einheit gestalten und lässt den Prinzengarten vergrößern und verschönern und mit dem bestehenden Rosengarten verbinden. Auch zur Straße hin sorgt er mit dem Bau eines gefliesten Ganges vom Palais bis zum Prinzenpalais für eine optische Verbindung. Die Bäche am Springbrunnenplatz lässt er überbauen und schafft so einen durchgehenden Platz. Nach Rostock und Althof entstehen Vollchausseen. Dadurch können nun auch Eilwagen und Taxen für das Theater angeboten werden. Die beiden bedeutendsten Fuhrunternehmen sind das von Büttner und von Bossow, wobei letzterer über einen Stall mit 40 Pferden direkt am Springbrunnenplatz hinter dem ehemaligen Wohnhaus Severins verfügt. Ihre Verbindungen reichen bis nach Königsberg, Berlin, München, Stuttgart, Hamburg und den Rhein.
Wie sein Onkel nimmt auch Paul Friedrich mit seiner Frau an der Table d‘ hôte teil und die Stimmung ist fast noch heiterer, als zuvor.
Die Ballerina Maria Taglioni tritt in Doberan auf.
(Einige Quellen sprechen ihr den Auftritt auf dem Balkon des Prinzenpalais zu.)
Das Theater ist bei schönem Wetter nur schlecht besucht, sodass sich der Hofschauspieler Carl Seydelmann wegen der leeren Ränge in seiner Ehre gekränkt zeigt. Sein Kollege Reich kann ihn milde stimmen, indem er unter den Vivats vieler Schaulustiger das Militärorchester und die Badekapelle die von ihm selbst komponierte „Seydelmannhymne“ vor dem Haus des Schauspielers aufführen lässt.
Die Saison wird durch Bälle bis in den Herbst hinein verlängert. Den Abonnement-Bällen in der Hauptsaison folgen Kremkow-Bälle mit dem Großherzogspaar als Honneurs. Zu diesen Bällen ist das Hofpersonal ein für alle Mal eingeladen und kann auch mit den Vorgesetzten tanzen. Paul Friedrich erscheint zu den Bällen stets in Zivilkleidung und bei den Promenaden lässt er es sich nicht nehmen, mit den Leuten an den Fenstern und Türen zu plaudern.
Es werden 13.193 Bäder verabreicht. Das Seebad hat 1.248 Gäste.
Vergleich:
Das Seebad Travemünde kann die beste Saison bisher verzeichnen und zählt 935 Besucher. Das Seebad Norderney zählt 1.262 Gäste und registriert 17.266 Bäder