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Halloren again in 2014: Paul Morzynski zieht Jahresbilanz für das Grand Hotel Heiligendamm

Schon am 1. August 2013 berichtete ich von der Pressekonferenz zum Verkauf des Grand Hotels durch an den Hannoveraner Wirtschaftsprüfer Paul Morzynski. Die Zeitungen waren voll mit Berichten, darum entschied ich mich für einen ganz persönlichen Bericht. Letztes Jahr titelte ich „Halloren again: Schokoladen-König Morzynski kauft Grand Hotel Heiligendamm im zweiten Anlauf„. Diesmal war die Runde kleiner und persönlicher. Genauso persönlich, wie mein diesmal nicht kleiner, aber dafür ausführlicher Bericht:

Inhalt:
Rückblick: Guter Monat, gutes Wetter, guter Start, gutes Plus.
Investiert: Verschönerung von allem, was der Gast sieht.
Händeringend gesucht: Gute Fachkräfte aus der Region.
Ehrgeizige Ziele: Auslastung soll weiter steigen.
Sorgenkind Nebensaison: Tagungen, Events und Kunst für „Saure-Gurken-Zeit“.
Beliebtes Familienhotel: Bis zu hundert Kinder an den Wochenenden.
Neue Geldquellen: Pizzeria in der Orangerie geplant.
Ausbaufähig: Ideen von Schloss Elmau für den Wellnessbereich.
Manko: Das Grundstück gehört dem Grand Hotel noch nicht.
No Way: Stichweg über das Hotelgelände ausgeschlossen.
Willkommen: Gäste können gern Angebote des Grand Hotels nutzen.
St.-Florian-Prinzip: Stichweg-Alternative soll zu Lasten der Nachbarn gehen.
Ins Abseits gespielt: Politische Stichweg-Diskussion kann Villen-Abriss zur Folge haben.
Unverständnis: Jagdfelds Pläne und Tun bleiben unverstanden.
Sündenbock: Anti-Jagdfeld-Stimmung in der Runde.
Nichts bereut: Euphorie ist geblieben.
Kaufmännisch: Gewinne und 5 Sterne unabdingbar.
Angespannt: Lokale Politik lässt sich nicht einfach ignorieren.
Zwangsversteigerung: Morzynski will Gebäude ins Hotel zurück holen.
Ökonomisch: Investitionen außerhalb des Hotels nur, wenn sie diesem nützen.
Neue Zeiten: Stadt muss nun selbst Geld in die Hand nehmen.
Für alle was bieten: Morzynski vom Konzept des mondänen Seebades nicht überzeugt.
Aufgeregt: „Wenn Windräder vor der Küste kommen, mache ich dicht!“

 

Mittwoch, 31. Juli 2014.
Gestern erhielt ich eine E-Mail von der Grand-Hotel-Pressesprecherin Dorit Wehmeyer mit einer Einladung zum Pressegespräch. Zwölf Uhr mittags im Salon Prof. Dr. Vogel. Eigentlich habe ich meine zweite Stadtführung in Heiligendamm, aber es ist Regen angesagt und bei der ersten kam auch schon niemand – wenn ich kann, komme ich. Der Wetterbericht hat Recht, ich fahre trotzdem nach Heiligendamm, setze zuvor Frau und Baby in Bad Doberan aus, weil der Kleine zur Sonografie muss und das nur an diesem Termin geht, dann erst nach Wochen wieder. Bewährungsprobe für meine Frau: Das erste Mal mit ihm allein unterwegs. Das verfolgt mich natürlich den ganzen Vormittag.

In Heiligendamm das das Übliche: Torkarte holen, zum Treffpunkt gehen, warten. Eine halbe Stunde bis Führungsbeginn, also noch mal auf die Bäh-Toilette, ein Blick auf das im Abriss befindliche Café am Golfteich geworfen und ein Foto vom „Anker“ gemacht, deren Putz großflächig abgefallen ist und die brüchigen Ziegel zum Vorschein bringt. Die ECH hat Büsche und Wildwuchs entfernt (O-Ton Hans Schlag: „Wider die Verlotterung“), was gut aussieht, aber eben neue Probleme schafft. Wind und Wetter kommen jetzt besser an die Villen ran und was vorher Wasser abhielt, ist nicht mehr da.
Apropos Wasser: Dieses von oben vereitelt meine Führung und ermöglicht mir somit die Teilnahme am Pressegespräch. Torkarte wieder zurück, sich über den netten Concierge freuen, die Toilette (Galaxien vom Bäh-WC entfernt) aufsuchen, nasse gegen trockene Sachen tauschen, frisch machen und dann in der Lobby Platz nehmen und die Eindrücke in mich aufnehmend warten.

Zusammen mit Frau Wehmeyer und dem „Kollegen“ der Ostsee-Zeitung geht es dann in den Salon, der sich in einen großen und einen kleinen Raum unterteilt. Letzterer liegt zwei Stufen tiefer – also aufpassen, um Peinlichkeiten zu vermeiden. Dort steht ein runder Tisch mit Konferenzgedeck und etwa zehn Stühlen ringsum. Ich habe die große Konferenz im Musiksalon in Erinnerung und bin überrascht über den kleinen Rahmen. Außer mir und dem OZ-„Kollegen“ sind es dann nur noch zwei Herren vom Nordkurier und der SVZ. Ich setze „Kollegen“ in Anführungszeichen, weil sie meines Wissens alle gelernte Journalisten sind und ich nicht. Das führt auch bei Frau Wehmeyer zu Irritationen, weil nicht ganz klar ist, ob ich nun für den Stadtanzeiger oder als Heiligendamm-Kenner da bin. Das löse ich auch nicht auf, sondern lasse den Dingen einfach mal freien Lauf. Hinzu kommen dann Paul Morzynski und sein Sohn André, Grand-Resort-Geschäftsführer Patrick Weber und Hoteldirektor Tim Hansen. Mit Herrn Weber redete ich zuvor schon kurz über das Wetter und die Auslastung und mit den drei „Kollegen“ über den herrlichen Ausblick durch das „Ochsenauge“ auf den Vorplatz, die Seebrücke und das Meer, das grau in grau in den Horizont übergeht und trotzdem schön anzusehen ist. Von draußen duftet es nach „Häppchen“ und vorn hat man die Wahl zwischen Selters oder Saft und auf Wunsch auch alles andere. Nur kurz sind wir vier Gäste allein, dann kommen die Gastgeber der Reihe nach. Händeschütteln, Vorstellung, Setzen, Kaffee bestellen und ein wenig Small Talk über das Wetter und die Auslastung. Ich war wohl zu schnell mit meinem Smalltalk.


Rückblick: Guter Monat, gutes Wetter, guter Start, gutes Plus.

Hauptsächlich spricht Paul Morzynski. Der Wirtschaftsprüfer, Halloren-Sanierer und jüngst auch Arko-Käufer ist der Mann hinter dem ganzen Hotelprojekt, quasi der Investor. Er erzählt vom guten Start im August 2013, vom Quäntchen Glück, genau im richtigen Monat und bei bestem Wetter gestartet zu sein und von der ersten schwarzen Zahl im fünften Monat nach der Übernahme. Diese betrug 600.000 Euro.


Investiert: Verschönerung von allem, was der Gast sieht.

Im ersten Halbjahr 2014 wurden dann gleich 700.000 Euro wieder investiert. Alles was der Gast sieht, wurde verschönert. Teppiche, Handtücher, Wohntextilien allgemein, Möbel, Geschirr und auch die komplette Einrichtung des Speisesaals und das Outfit der Nelson-Bar. Ebenso die EDV und die Fernseher.

Bei der letzten Blitz-Führung (extra für Stadtführer) vor einigen Monaten fiel es mir gleich auf, dass viele der doch unansehnlich gewordenen Teppiche ausgetauscht wurden. Als sich die Kempinski-Gruppe 2009 vom Grand Hotel trennte, ging es ja unter anderem auch um Teppiche und falsche Pflege. Die Flachbild-TV fielen mir auch auf. Oder besser: Das Fehlen der sperrigen Röhrenfernseher fiel auf, die Flachbildfernseher sind meistens gar nicht zu sehen, weil versenkbar.

Auch bei den Handtüchern bin ich im Bilde: Als ich das letzte Mal kurz vor Ende der Insolvenz dort schnell noch einen Gutschein einlöste und mit meiner Frau ein Eis essen ging und dann auf Toilette war, fielen mir schon die pastellfarbigen Handtücher ohne Logo auf. Ich vermute mal, die werden nicht so oft „versehentlich eingesteckt“, wie die weißen mit dem Hotellogo zuvor. Auch das spart Geld und ist BWL vom Feinsten. Heute fand ich gar keine Handtücher (das Tablett war leer), sondern nur Papiertücher vor. Beim Eis fiel uns außerdem auf, dass es nicht annähernd so aufwändig angerichtet wurde, wie noch 2009. Übrigens: Halloren-Kugeln sucht man in den Zimmerbars vergeblich: Dort finden sich eine Toblerone und erfreulicherweise immer noch Getränke einheimischer Hersteller.

Insgesamt wurden bisher eine Million Euro in die Sanierung und Verschönerung investiert, „dreizehnhunderttausend“ sollen bis Jahresende noch hinzu kommen. Morzynski betont, dass all das aus dem Cash Flow zu schaffen war und man keine Kredite brauchte. Man lag bei den Einnahmen eine Million über der Hoffnung. Ich denke bei mir: Also erwartete gar keine 600.000 Euro, sondern ein Minus von 400.000 Euro?


Händeringend gesucht: Gute Fachkräfte aus der Region.

Wichtig ist ja immer, wie viele Arbeitsplätze ein Unternehmen hat. Das weiß auch Morzynski und bringt daher die 220 Arbeitsplätze ins Gespräch. Moment, waren das nicht mal 300? Wie vom gelesenen Gedanken geleitet sagt er, man hatte vorher 245 Mitarbeiter und muss daher die Lücke mit Saisonkräften schließen.

Wieder erinnere ich mich an das Eis auf der Kurhausterrasse, es war ein Montagnachmittag und wir die einzigen Gäste, bewirtet abwechselnd von so einer Saisonkraft und einer Fachkraft. Man sieht den Unterschied nicht nur an der Kleidung: Die Saisonkraft schlich sich von hinten ran, stellte sich dann so zwischen uns, dass wir beide unsere Köpfe zu den jeweiligen Schultern drehen und hoch gucken mussten und dann bewirtete er mich auch noch von links, was beinahe zu einem Malheur mit dem Latte Macchiato führte, weil ich ihn von rechts erwartete und Dank geschicktem Schleichens hinter meinem Rücken nur kommen hörte, aber nicht sah. Die Fachkraft danach machte hingegen alles richtig. Prinzipiell ist es mir egal, von welcher Seite Maik mir meinen Broiler mit Pommes gibt, aber in einem Luxushotel sollte das sitzen, zumal wir im „Turbo“ für das Geld drei Gänge im Menü hätten essen können.

Nun gut, Herr Morzynski hat praktischere Probleme: Er findet keine „guten Fachkräfte aus der Region“ und hat die Suche unterschätzt. Die Gründe kennt er aber: Die guten Fachkräfte sind schon unter Dach und Fach. Heiligendamm ist im Sommer begehrt, aber in der Nebensaison doch nicht so der Renner für junge Leute. Zum Saisonstart sind regelmäßig einige tausend Stellen an der Küste frei, die 20-25jährigen gehen aber lieber in die großen und bekannten Hotels.  Man hat aber ca. 50 Azubis, die man möglichst auch immer übernimmt.

In Offerten las ich, dass das Hotel für eine kurze Übergangszeit auch Wohnungen für die Neulinge stellt und bei der Wohnungssuche hilft. Hoteldirektor Tim Hansen nutzt die Redepause um hervor zu heben, dass man kein Konzern ist und darum alles eher familiär zugeht. Holger Matthiesen hatte seinerzeit den Slogan der „Grand Hotel Familie“ eingeführt, unter dem Insolvenzverwalter Jörg Zumbaum litt diese Familie, weil Unsicherheit und auch ein wenig Misstrauen die Runde machte.


Ehrgeizige Ziele: Auslastung soll weiter steigen.

Paul Morzynski kommt nun zur Auslastung. Es heißt ja immer, das Hotel sei voll ausgelastet und gerade versicherte mir Frau Wehmeyer auf eine Nachfrage als Stadtführer zur Nutzung der Burg und Orangerie, dass es auch Tage mit voller Auslastung gibt, an denen man auf diese sonst nicht vorgehaltenen Zimmer zurück greifen muss.

Heute scheint das nicht der Fall zu sein, aber insgesamt wirkte die Burg bei meinen Besuchen lebendiger, als während der Insolvenz. Wie genau, kann ich gar nicht sagen – vielleicht bilde ich es mir auch nur ein, weil ich es mir wünsche. Morzynski spricht von 50% Auslastung in 2013. Das ist für die Ostsee normal, für den rentablen Betrieb eines Luxushotels mit 220 Mitarbeitern aber nicht gerade zuträglich. Das sagt er nicht, das denke ich mir nur.

Er sagt aber, dass 55-57% in diesem Jahr angestrebt sind und der Verlauf bisher positiv ist, 2015 will man dann auf 60%. Bei BizTravel ging mal kürzlich von jetzt schon 60% aus und bezeichnete das als „Sorgen bereitend“.


Sorgenkind Nebensaison: Tagungen, Firmen, Events und Kunst für „Saure-Gurken-Zeit“.

Wohl erkennend, dass diese Werte eher ein Achtungs- als ein echter Erfolg sind, spricht Morzynski nun von den Konzepten. Die Nebensaison macht noch Sorgen. Ich rufe mir das Sanierungskonzept von PwC (PricewaterhouseCoopers)  in Erinnerung, welches Jagdfeld die Stärkung der Nebensaison empfahl. Da bestätigt sich also im Nachhinein, dass die Umsetzung dieses Konzepts das Grand Hotel hätte retten können. Die bestehenden Anleger wollten das Geld aber nicht aufbringen und neue fanden sich nicht genug. So wurde aus dem Zentrum für Vitalmedizin nichts und es kamen „nur“ Sportplätze dabei heraus.

Morzynski setzt auf Tagungen, auf Firmenveranstaltungen und auf Events und Kunst. Bei 150-180 Teilnehmern kommt man schon gut durch die „Saure-Gurken-Zeit“ und er spricht auch persönlich Unternehmer an, ob sie nicht mal ins Grand Hotel kommen wollen.

Hier erinnere ich mich, wie ich Herrn Weber mit der Aussage schockte, dass der Ballsaal für echte Bälle nicht zu gebrauchen sei – wie zum Beispiel für den Wiener Opernball. Wenn wir einen solchen Ballsaal nicht haben, werden wir auch solche Bälle nicht kriegen. So einfach ist das.


Beliebtes Familienhotel: Bis zu hundert Kinder an den Wochenenden.

Firmen hin und her: Man ist ein Familienresort, an den Wochenenden sind bis zu 100 Kinder im Grand Hotel und wenn Sie abends mal auf die Webcam schauen, können Sie sie vor dem Kurhaus auf dem Rasen Fußball spielen sehen. Ich habe das immer komisch gefunden, bis mir jemand vor Augen führte, wie toll es ist, als Eltern auf der Terrasse zu sitzen, die Kinder sind in Sichtweite beschäftigt und können Dank Zäunen auch nicht mal eben ungesehen gen Strand verduften. Für ein Familienhotel ist die so gehasste Umzäunung eher noch ein Verkaufsargument, welch Ironie.

Morzynski sagt, dass es eine gute Mund-zu-Mund-Propaganda gibt und das Feedback positiv ist. Dasselbe erzählte Tim Hansen kürzlich den Stadtführern. Morzynski lobt aber darüber hinaus die hervorragende Küche. Er war vorher regelmäßig zu Gast und kann jetzt noch Verbesserungen feststellen. Den Sushi-Koch schickte man jüngst nach Japan zu einem Sushi-Meister zur Weiterbildung. So muss das sein.


Neue Geldquellen: Pizzeria in der Orangerie geplant.

Von Japan ging es dann thematisch nach Italien: Die Orangerie ist ja bis auf eine Galerie ungenutzt, hier müsse wieder ein Friseur rein, das Sushi-Restaurant soll hier her umziehen und ein italienisches Restaurant. Ich dachte gleich ans Medini’s, aber ein Luxusrestaurant hat er gar nicht im Sinn. Ein ganz normaler Italiener mit Pizzeria, Nudeleria usw. soll es sein, mit normalen Preisen.

Habe ich nun meine Augenbraunen hoch oder runter gezogen?
Ein Italiener, ganz normale Preise in zweiter Reihe hinter dem Grand Hotel an einer Straße und nur mit kostenpflichtigen Parkplätzen in der Nähe und von der Promenade aus gar nicht zu sehen. Links Kurklinik, rechts Luxushotel, vorn grüne Wiese… Das soll laufen? Dann doch eher im „Medini’s“, da ist es wenigstens an der Promenade, in Strandnähe.

Wenn ich eine Pizza essen will, kann ich das auch in Bad Doberan tun. Wenn ich eine Pizza essen und aufs Meer hinaus schauen will, dann muss ich in der Tat weiter fahren, denn Börgerende hat seinen „Italiener“ mit Deich- und Buschblick und in Heiligendamm soll mir die zweite Reihe reichen. Nein, sorry – da erlebe ich in jedem Imbiss in der Mollistraße mehr.

Aber ich bin ja nicht jeder Gast. Zum Geldabschöpfen an Tagesgästen und Kurpatienten reicht die Orangerie allemal. Herr Morzynski soll es erlaubt sein, auch daran und außerhalb der Zäune Geld zu verdienen – die so genannte „Heuschrecke“ hinter der MEDIAN-Klinik (gemeint sind die Private Equity-Unternehmen Advent International und Marcol; Franz Müntefering bezeichnete solche Unternehmen so) tut es ja mit der Öffnung des Café Median für alle Ende 2009 auch und das gar nicht mal schlecht (ist ein persönlicher Geheimtipp von mir). Dumm nur, dass das sowohl beim Café MEDIAN offensichtlich ist (man beachte die vielen riesigen Schilder) und das Graben nach neuen Geldquellen auch hier ziemlich offensichtlich veranstaltet wird. Ist das wirklich alles, was man den Tagesgästen zu bieten bereit ist? Armes Heiligendamm…


Ausbaufähig: Ideen von Schloss Elmau für den Wellnessbereich.

Ärgerte ich mich gerade noch über „Guiseppe dalla seconda fila“, vermögen die nun folgenden Pläne wieder Beruhigung bringen. Für 2015 plant man – Planungsphase läuft noch – die Erweiterung des SPA-Bereiches. Morzynski hat sich im G8-Hotel Schloss Elmau umgesehen und Ideen für den Wellnessbereich geholt. Außensaunen zum Beispiel und ein Thermalbad.

Elmau kenne ich nicht, habe darum das Kübomare, Wonnemar und die Ostsee-Therme vor Augen. Heißt: Gibt es schon, ist eher nötiges Aufholen, als echter Fortschritt, aber ich bin trotzdem begeistert, denn für das Grand Hotel ist das ein Fortschritt. Wieder erinnere ich mich an die Fonds-Anleger und Banken, die quasi nur im falschen Moment den Geldhahn zudrehten und dadurch viel verloren. PwC errechnete damals 32 Millionen Euro, die das Hotel retten sollten. Da wäre dann ja das schon erwähnte Zentrum für Vitalmedizin mit drin gewesen. Morzynski will 7-8 Millionen in die SPA-Erweiterung investieren. Wenn der Denkmalschutz mit macht.


Manko: Das Grundstück gehört dem Grand Hotel noch nicht.

Ich brauche die Frage gar nicht stellen, denn er redet selbst über das Grundbuch und die Anwartschaft auf einen Grundbucheintrag, über die Auflassungsvormerkung und erklärt, dass die Firma De&De Holding eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eintragen lassen hat, die mit dem Rücktritt des Insolvenzverwalters vom Kaufvertrag hätte erlöschen müssen, aber dem dafür zuständigen Notar soll von De&De die Vollmacht entzogen worden sein, sodass sich Insolvenzverwalter Jörg Zumbaum nun mit De&De vor Gericht streitet.

Die Notarbeschwerdekammer habe in den 9 Monaten noch keine Entscheidung getroffen, obwohl derartige Widersprüche sonst binnen weniger Wochen entschieden werden. Morzynski sagt, die Berliner behaupten, sie wollen ja erfüllen. Gelächter in der Runde. Ganz ernst ist aber, dass eben das Probleme bereiten könnte, wenn es um die Erweiterungsbauten geht. Er sagt das und es klingt wie ein „Nur damit Sie wissen, dass wenn es nicht klappt, wir nichts dafür können.“ Das verstehe ich – darum hätte ich ja eh gefragt.


No Way: Stichweg über das Hotelgelände ausgeschlossen.

Zunächst geht es um einige strukturelle Probleme. Die Schichtarbeit macht noch einige Schwierigkeiten, es gibt zu viele Überstunden und das muss normalisiert werden. Morzynski sagt, er hat aber noch keine Idee. Das ist ja auch nicht sein Job: Dazu hat er Patrick G. Weber und Tim Hansen und die Personalabteilung des Grand Hotels. Um was macht sich der Mann denn alles einen Kopf?

Da erscheint mir der Einwurf des OZ-„Kollegen“ gerade richtig: „Stichwort Stichweg“ sagt er sinngemäß kurz und Morzynski springt gleich drauf an. Alle hören gespannt zu. Ja, da war diese Sitzung im Rathaus, es ging hoch her und man wollte zeigen, dass man es gut meint und dass man zu den Guten gehört. Hm, wer sind dann die Bösen?

Morzynski erzählte, was auch ich beobachtet hatte: An die 2.000 Leute durchquerten am Himmelfahrtstag das Hotelgelände. Meine Frau musste an dem Tag zum CTG und ich schaute nur morgens und abends auf die Webcam und war entsetzt, obgleich ich geahnt hatte, dass das passiert. Das setzte sich dann fort, aber da wir am 30. Mai nachts in die Südstadt fuhren und ich erst am 31. Mai früh morgens wieder kam und dann jeden Tag möglichst lange bei Frau und Baby verbrachte, konnte ich mir kein Live-Bild vom Geschehen in Heiligendamm machen. Ein Bekannter ist Wachmann und erzählte von seinen Erlebnissen und auch andere erzählten – egal, ob nun ECH, Grand Hotel oder Bekannte, die an diesen Tagen da waren.

Es gab Pöbeleien gegenüber dem Personal, abfällige Bemerkungen in Gegenwart der Hotelgäste, Radfahrerpulks, Bollerwagentreks und wohl sogar laute Musik. Fahrräder wurden über die Zäune und Tore gehievt und statt des einen geöffneten Pfades nutzten die Massen alle Wege und liefen kreuz und quer über das Hotelgelände, teilweise sehr rücksichtslos gegenüber dessen Gästen.

Das ist im Übrigen der Unterschied, warum Tagesgäste in Hotelanlagen überall funktionieren, nur nicht in Heiligendamm: Hier herrscht Anarchie und Respektlosigkeit. Wo soll der Respekt aber auch her kommen in einem Ort, der viel verspricht und nichts bietet, also abzockt und in dem sich eigentlich keiner – egal, welche Gästeklientel und sogar Einheimische und Arbeitnehmer – willkommen und wohl fühlen kann? Immer wieder muss ich diese Respektlosigkeit mit ansehen und das tut weh. Mit meinen Führungen will ich Heiligendamm wenigstens den paar teilnehmenden Gästen ein Gefühl für die großartige Geschichte geben, damit sie erkennen, wie toll dieses Arkadien eigentlich war und wieder sein kann. Heiligendamm kann nichts dafür, es sind die Menschen, die es zu dem gemacht haben, was es heute ist. Und zwar wir alle zusammen und sei es durch Wegsehen.

Zurück zu den Touristenströmen auf allen Wegen des Hotelgeländes. Eben das war vorauszusehen, denn eine Hand voll Leute können die Massen nicht in die Bahnen lenken. Ich weiß von den Führungen, wie schon kleine Gruppen bis 10 Personen ganze Wege verstopfen und die Hotellogistik behindern können. Als Stadtführer habe ich es aber in der Hand, die paar Leute dort und so um mich zu versammeln, dass sie die Fahrzeuge nicht stören.

Apropos  Führungen: Reisebusse sind extra zum Gucken nach Heiligendamm gekommen. Gerade hörte ich noch mitten aus der Bevölkerung das ungeheuerliche Gerücht, Jagdfeld habe diese Busse organisiert, um ein Exempel zu statuieren. Vielleicht noch, weil er „sein Hotel zurück“ will? Da fehlen eigentlich nur noch die „Jagdeld-ist-Schuld-an-Opas-Herzinfarkt-Geschichten. Oder gibt es die sogar? Da fehlten mir die Worte. Er hat klar und deutlich gesagt, dass er unter diesen politischen Bedingungen nicht mehr weiter arbeiten will und jemand anderes gegen Windmühlen kämpfen soll und er hat anders als beim Berliner Konsortium aus Palladio und De&De die Entscheidung zum Verkauf an Morzynski begrüßt.


Willkommen: Gäste können gern Angebote des Grand Hotels nutzen.

Dieser nun sagt, Gäste sind immer willkommen, er spricht von den Bars und Restaurants. „Bitte keine großen Pulks mehr!“ ist sein Wunsch.

Das „predige“ ich ja schon seit Jahren, aus dem Mund des Wirtschaftsprüfers und mit Blick auf den von hier gut sichtbaren Zeltpavillon vor dem Zaun ruft das aber plötzlich in mir Unbehagen hervor. Das klingt so nach „Geld ist willkommen.“ Und die Menschen? Die dürfen nur rein, wenn sie welches bringen. Würde ich auch so machen, habe ich ja in BWL nicht anders gelernt. Aber in Heiligendamm funktioniert das nicht – da sind Emotionen, die alles Geld zu verbrennen vermögen, das man verdient. Nein, die Menschen müssen schon mit genommen werden, sonst wird das nichts.

Das aber scheint leider auch ein Herr Morzynski nicht zu begreifen und man kann es ihm gar nicht verdenken, denn er hat all das vor seiner Zeit nicht selbst erlebt und kann mit der jetzigen Situation schlichtweg nichts anfangen. Der Insolvenzverwalter Jörg Zumbaum sagte mal zu mir, dass er vorher von der Situation gehört hatte, aber das für überspitzte Pressedarstellung hielt. Als Rheinländer hätte er sich das nie vorstellen können und als er dann vor Ort anfing zu arbeiten, war er völlig überrascht. Er hat versucht, sein Ding zu machen und musste merken, dass das nicht geht. Der Zelt-Pavillon stammt übrigens noch aus Zumbaums Feder, ist also keine Erfindung Morzynskis.


St.-Florian-Prinzip: Stichweg-Alternative soll zu Lasten der Nachbarn gehen.

Der spricht nun weiter und irgendwie fühle ich mich wie in der Stadtvertreterversammlung oder auch nur einer Runde von Leuten, die sich ihre Meinung aus Zeitungen bilden. Er kann sich vorstellen, den Waldweg zu verlängern. Ich denke an den Weg auf der Steilküste und habe wohl Fragezeichen in den Augen, denn der gehört der ECH.

Aber er meint den Weg vom Bahnhof durch den Kurwald, der ja mal als festgetrampelter Pfad an der Villa „Schwan“ endete und noch vorher an ihr vorbei zur Promenade ging. Das Grundstück zwischen dem Sitzrondell an der Weggabelung und der Promenade gehört zum größten Teil der ECH und genau dort will ja die Stadt ihren Stichweg haben, nur eben nicht gerade durch die Perlenkette, sondern hinter den Kolonnaden abbiegend zwischen Grand Hotel und Perlenkette hindurch.

Diesen Stichweg will Jagdfeld nicht, denn er führt an den Terrassen und Balkonen der Villa „Großfürstin Marie – Perle“ vorbei und tangiert die für die Zukunft geplante Bebauung (Ensemble Palais und Ensemble Villa).

Auch das Grand Hotel ist gegen diesen Stichweg, denn er führt quer über das, was jetzt Liegewiese des Severin Palais ist und stört damit massiv die gerade gebannten Erweiterungspläne. Außerdem verliefe dieser Weg direkt vor den Fenstern und der Terrasse der Nelson Bar und unter den Fenstern der hochpreisigen Hotelzimmer mit Seeblick vorbei.

Wirtschaftlich wäre dieser Stichweg für das Grand Hotel das Ende und die Perlenkette würde nie saniert werden. Darum sind ja die Stadtvertreter und der Bürgermeister von dieser Idee abgerückt und wollen den Stichweg doch lieber direkt durch das Hotel, also am Findling vorbei. Und damit er nicht stört, soll er als oben offener Tunnel daher kommen. Man sollte wirklich nicht zu viel darüber nachdenken, sonst verliert man noch den Mut, was unsere Stadt betrifft.


Ins Abseits gespielt: Politische Stichweg-Diskussion kann Villen-Abriss zur Folge haben.

Paul Morzynski präsentiert nun eine neue Lösung, die mir ehrlich gesagt nicht so neu ist, weil ich ja schon vorher Gespräche mit seinen Leuten führte. Der Stichweg soll dem Hotel nicht schaden, also soll er durch die Perlenkette gehen. Man könne dazu ja auch eine der alten Villen abreißen, er würde auch dabei helfen.

DAS ist neu! Bisher war davon die Rede, dass man den Stichweg zwischen zwei Villen hindurch ziehen könnte und in dem Zusammenhang wurde dann auch mir gegenüber laut überlegt, diese beiden dann zu kaufen und da man die Erdgeschosse nicht vermieten könnte, dort dann Gastronomie (Italiener und Eis) unterzubringen.

Jetzt will er also einfach mal eine Perle abreißen, damit die Stadt ihren Stichweg und er seine Ruhe hat. Einmal abgesehen von strengen Auflagen des Denkmalschutzes – auch die ECH darf erst abreißen, wenn danach unmittelbar wiederaufgebaut wird – geht das gar nicht. Es gibt auch einen Ensemble-Schutz und den kann auch Herr Morzynski nicht umgehen (sonst wäre was faul). Das wird alles keine böse Absicht sein, sondern einfach mangelndes Wissen. Es zeigt aber, wohin diese Diskussion um den Stichweg führt: Sie kann am Ende zum Abriss von dem führen, was man eigentlich erhalten wollte. Wenn man dann bedenkt, dass der Stichweg eine rein politische Forderung ist (also die inzwischen fast aller Stadtvertreter und des Bürgermeisters), dann ist auch die Konsequenz (Villen-Abriss) letztlich dort verursacht worden. Wie will man DAS dem Bürger (Wähler) erklären? Zumindest darüber muss sich Herr Morzynski keine Gedanken machen. Seine Aussage hält uns einen Spiegel vor Augen und das (aber nur das – nicht den Abrissgedanken selbst) finde ich richtig gut.

Wohl weiß er aber „Herr Jagdfeld wird wahrscheinlich an die Decke springen“ und beginnt und endet so seinen Vorschlag. Mir fällt dazu ein: „Heiliger Sankt Florian, verschon‘ mein Haus, zünd‘ andre an!“ Da würde jeder an die Decke springen. Wer solche Nachbarn hat, springt ganz sicher oft an die Decke.


Unverständnis: Jagdfelds Pläne und Tun bleiben unverstanden.

Das alles scheint Herr Morzynski gar nicht zu merken. Mag sein, dass er als Kaufmann nur auf sein Hotel und dessen Erfolg fixiert ist. Das soll er auch, denn er hat schließlich nur ein Hotel gekauft und keinen Ort. Aber wenn er will, dass der Ort sich entwickelt, dann ist es abträglich, mit dem zu brechen, der das zu großen Teilen und in direkter Nachbarschaft tun soll. Wenn er auf den Zug der Stadt aufspringt und gegen Jagdfeld fährt, dann muss er damit rechnen, am Ende er selbst all das tun zu müssen, was die Stadt bisher von Jagdfeld erwartet hat. Denn die sieht längst in Morzynski den Retter ganz Heiligendamms und überlegt nur noch, wie sie Jagdfeld los wird, aus den Verträgen raus kommt oder ihm in einer Mediation so viel abzuverlangen, dass er vielleicht aufgibt. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Herr Morzynski das sieht und wenn, dann wird das so unglaublich für ihn sein, dass er sich das nicht vorstellen kann. Wie es aber ist, mal den Platz Jagdfelds am Pranger einzunehmen, dürfte er schon gespürt haben.

Unverständnis klingt aus seinen Worten, als er von den Treffen mit Anno August Jagdfeld erzählt. Es gäbe eine gute Nachbarschaft, man hilft sich gegenseitig, aber Hoffnung auf eine baldige Sanierung hätte er nicht.

Hilfe hätte er angeboten, sei es durch den Kauf von Villen, die er dann selbst saniert oder durch die finanzielle Unterstützung Jagdfelds. Dessen Preisvorstellungen seien aber viel zu hoch und er könne keine Bereitschaft erkennen.

Ich frage, wie hoch denn die Preise sind, ob sie dem entsprächen, was die ECH hätte verdienen können, wenn die die Villen selbst saniert hätte. Er nickt, antwortet aber ausweichend sinngemäß, dass er die Vorstellungen Jagdfelds für überzogen ansieht. Manche Leute hätten zu große Vorstellungen von dem, was man gewinnen könnte und manchmal sei es eben weniger.

Das Ganze klingt recht schwammig und ich zweifle gerade, was Morzynski denn mit den Villen will, wenn nicht Geld verdienen. Wieder wie vom gelesenen Gedanken geleitet sagt er, dass es einen Markt für die Ferienwohnungen gibt. Na immerhin: Also keine Jagdfeld’schen Träume, sondern Realität. Morzynski gibt sich ratlos: Er verstehe nicht, warum Jagdfeld nicht saniert. Ich hätte ja jetzt das Wort ergreifen können, aber wenn ein Wirtschaftsprüfer und Unternehmenssanierer nicht versteht, warum Jagdfeld nicht saniert, dann hat er sich entweder nicht damit beschäftigt oder er will es einfach nicht verstehen. Bei beidem wäre es verlorene Liebesmüh, ihm das mal eben so zwischen Saft und Häppchen zu erklären. Ich halte meinen Mund und denke schon mal an zuhause. Hier am Tisch werde ich heute keine Wunder mehr zu erwarten haben.


Sündenbock: Anti-Jagdfeld-Stimmung in der Runde.

In der Runde ist nun eine Anti-Jagdfeld-Stimmung zu spüren. Das geht auch ganz ohne Worte und ich bin schon geübt im Fühlen dieser Stimmung, denn viele glauben ja, ich würde Jagdfeld kennen und so wollen sie von mir wissen, warum er so handelt, wie er handelt oder (selten) projizieren gar sein Tun auf mich, als wäre ich irgend ein Mitarbeiter. Ich habe Jagdfeld noch nie so nahe gesessen, wie jetzt Morzynski – genau genommen habe ich mit ihm noch nicht einmal in einem Raum, geschweige denn an einen Tisch gesessen. Kurzum: Ich kenne ihn nur aus Zeitung und Fernsehen und vom Rednerpodest und habe noch nie ein Wort mit ihm geredet oder seine Hand geschüttelt.

Es war auch nie nötig, denn für die einen Fragen gab es immer die Herren Schlag und Zimmermann und für die anderen Herrn Dr. Plöger. Mehr war nie nötig und die einzige Interviewanfrage ließ er ablehnen. Nun ist da also diese Anti-Jagdfeld-Stimmung, diese Mischung aus Unverständnis, Abneigung, Neid und Hohn.

Morzynski legt in dieser Situation ein paar gute Worte nach:
Da war ja noch der Entzug der Baugenehmigung und das sei auch für ihn makaber gewesen. Erst soll er bauen, dann entzieht man ihm die Baugenehmigung. Aber er hätte ja davor acht Jahre Zeit gehabt.

Da war sie wieder, diese Aussage der Leute, die auf die Propaganda der Jagdfeld-Gegner reingefallen sind. Ist Morzynski ebenfalls auf die Propaganda herein gefallen oder ist es ihm einfach nur für die eigenen Interessen willkommen, dass die Leute auf Jagdfeld fixiert sind? Solange alle nur mit Schmutz nach Jagdfeld werfen, kriegt Morzynski nur ein paar Spritzer ab. Jedoch: Zu glauben, er wäre in Sicherheit, wenn auf seinen Nachbarn „geschossen wird“, ist ein Trugschluss.

Uff, doch noch eine Überraschung, nur keine schöne. Da tut sich gerade eine Tür auf, durch die sich  ein langer und steinige Weg ohne sichtbares Ende offenbart. Wie sollen diese beiden Nachbarn zusammenfinden und wie soll das jetzt noch mit Heiligendamm was werden? Eigentlich könnte ich jetzt nach Hause gehen, alles weitere ist Zeitverschwendung. Aber ich bin anständig und bleibe sitzen. Nein, dann stelle ich lieber noch ein paar gezielte Fragen, um zu schauen, ob Heiligendamm nicht doch noch irgendwie zu retten ist. Hoffnung stirbt zuletzt.

Morzynski schließt dieses Thema mit der Aussage, dass eine Sanierung der Perlenkette für alle eine gute Sache wäre und der weitere Verfall tödlich sei. Patrick Weber weiß zu berichten, dass einige Gäste denken, die verfallenen Villen gehörten auch dem Grand Hotel und dieses ließe es verfallen.

Ja, das habe ich auch schon mitbekommen, aber dieselben Gäste glauben auch, das Grand Hotel gehöre Jagdfeld. Sie wissen also schon, wem die Perlenkette gehört und haben nur den Eigentümerwechsel beim Grand Hotel nicht mitbekommen.


Nichts bereut: Euphorie ist geblieben.

Ein „Kollege“ fragt, ob er es bereut hat. Nein, er hat nichts bereut, die Euphorie ist geblieben, die Emotionen sind nach wie vor groß. Die Erwartungen wurden übertroffen, es waren 10% Steigerung drin und weitere 10% sind geplant. Er betont auch, dass die Abschreibungen und Zinsen vorher nicht zu verdienen waren, die Umsätze waren vorher schlechter, was aber auch daran liegt, dass die Bereitschaft der Gäste, in ihren Urlaub zu investieren, gestiegen ist.

Mal grob übersetzt: Ohne den Schuldenberg, den die Fonds-KG wegen der Sanierung der Gebäude vor sich her schieben und abtragen musste, wäre das Grand Hotel auch vor der Insolvenz schon in den schwarzen Zahlen zu führen gewesen. Man sagt ja immer, es braucht zwei Pleiten, bis ein Hotel läuft. Das hoffe ich nun wirklich nicht – das überlebt Heiligendamm nicht.


Kaufmännisch: Gewinne und 5 Sterne unabdingbar.

Nun spricht wieder der Kaufmann: Unter den Vorgängern habe es 120 Mitarbeiter mehr gegeben, als man braucht und das hätte wahrscheinlich was mit dem Versprechen zur Schaffung von Arbeitsplätzen zu tun, zudem hätte es dafür auch Fördermittel gegeben. Durch die Senkung der Mitarbeiterzahl hat man einen großen Posten reduzieren können, denn das Personal ist der „deftigste Betrag“.

Ja, das habe ich auch gelernt: Ohne die „Ressource Mensch“ geht gar nichts und deshalb stehen die Personalkosten ganz oben. In Luxushotels ist das Personal der Schlüssel zum Erfolg, denn der Gast darf zum ersten nie das Gefühl haben, dass gerade jemand fehlt und sollte zweitens so wenig wie möglich unterschiedliche Gesichter für dieselben Aufgaben sehen.

In großen Luxushotels gilt die Pauschale „Auf jeden Gast ein Angestellter“ in der Klasse darüber dürfen es dann auch schon zwei sein. Von Stammgästen hörte ich, dass man merkt, dass weniger Mitarbeiter da sind und wenn ich an die Wartezeit bei der Bestellung (immer noch das Eis) und an das leere Handtuch-Tablett heute Morgen denke, kann ich mir das zumindest vorstellen.

Der Kaufmann spricht weiter und diesmal mir aus dem Herzen:
Der Pflegeaufwand ist hoch und bevor ich nach der Zahl fragen kann, nennt er „7-8 Mio. Euro“. Darum sind Gewinne nötig. „Das hier ist kein Haus zum reich werden.“ Aber es macht ihm Spaß. Wäre auch schlimm, wenn nicht.

Inzwischen ist die Runde aufgetauter und es kommen andere Fragen. Die 5 Sterne sind weiterhin angestrebt? Ganz klar: „5 Sterne müssen bleiben“ sagt Morzynski und Hansen fügt eilig hinzu „Das Niveau muss auch bleiben.“ Richtig, da war doch was? Morzynski kommt es auch gerade in den Sinn, das Vermarkten des Grand Hotels durch Kempinski über Tschibo und TUI und die schlimmen Folgen für das Hotel. So etwas geht nicht, stellt er klar.


Angespannt: Lokale Politik lässt sich nicht einfach ignorieren.

Was hält er von der Politik? will der OZ-„Kollege“ wissen.
Schön, so erspart er mir diese unangenehme Frage. Morzynski sagt „Ich wollte mich aus der Politik heraus halten, aber das geht nicht“ und wendet sich beim zweiten Teil Weber zu. Beide saßen in der Sitzung des Heiligendamm-Beirates und Morzynski beschreibt mehr mit Mimik, als mit Worten das hitzige Klima dieser Sitzung. Man wollte zeigen, dass man es gut meint – er sagt „zu den Guten gehört“. Hatten wir ja schon, aber wer ist denn nun der der Böse, der Blofeld, gegen den Bond kämpft? Morzynski sagt, dass er sich auf Unterstützung freut und es begrüßt, wenn die Stadt in die Infrastruktur Heiligendamms investiert. Das Wörtchen „wenn“ ist in diesem Fall eine Bedingung.
Vielleicht ahnend, dass ich das auf die Goldwaage lege, lobt er schnell noch die bisherigen Investitionen. Nein, so einfach kommt er da nicht raus.

Der Übergang wird nun etwas brüchig, vielleicht sollten hier eigentlich ein paar gute Argumente für die Stadt kommen: Man zahlt ja Grundsteuer… oder doch nicht? Ich meine, das Grundstück gehört dem Hotel noch gar nicht.

Man zahlt auch noch keine Gewerbesteuer, weil man durch die hohen Investitionen zwar buchhalterisch Gewinne macht, aber steuerrechtlich Verluste. Für das kommende Jahr rechnet man mit Gewerbesteuern. Dann erst zieht auch das Argument der Einnahmen für die Stadt. An die Kurtaxe als jetzt schon gültiges Argument denkt er wohl gerade nicht.


Zwangsversteigerung: Morzynski will Gebäude ins Hotel zurück holen.

Das Stocken bei der Grundsteuer wirft dann sogleich ein neues Thema auf und man sieht wieder, dass Morzynski Profi ist und genau weiß, was man fragen will. So erspart er mir die Frage nach dem Auflassungsvermerk im Grundbuch. Der Kaufvertrag hat eine aufschiebende Wirkung und tritt in Kraft, wenn der andere endet. Der Insolvenzverwalter kündigte wegen ausbleibender Zahlung den Vertrag mit dem Konsortium von De&De Holding und der Palladio AG und damit wurde der Vertrag mit Morzynski rechtskräftig. Der hat „bar bezahlt“ und konnte darum das Grand Hotel übernehmen. Wie aber schon erwähnt, streiten sich der Insolvenzverwalter und die „Käufer“ vor Gericht und die Notarbeschwerdekammer hat noch nicht entschieden. Darum gehört dem Grand Hotel eigentlich noch nichts vom Grundstück, aber es hat eine Anwartschaft darauf. Die Burg und Orangerie und das Kinderhaus gehören nicht mehr zum Grundstück, man will diese aber auch zurück holen. Für die Orangerie soll die Zwangsversteigerung beginnen.

Ich frage, ob denn da nicht… und Morzynski sieht mich an und erklärt mir perfekt die Zusammenhänge. Hauptgläubiger ist die Ostseesparkasse, mit der man sich über die Höhe des Preises einig sei und das Grand Hotel wäre der erste Bieter. Über ein Unternehmen (ich verstand AVB) hat Morzynski die Forderungen anderer Gläubiger aufgekauft, wenn also andere mitbieten, kann er immer wieder überbieten, denn alles was er mehr bezahlt, geht am Ende wieder zu ihm.

Er lacht und sagt, dass er aber schon erwartet, dass es da noch einige Überraschungen geben wird. Ich lächele und sehe es genauso.

Neben mir wird dann festgestellt, dass alles also ohne Eigenkapital nicht möglich gewesen wäre. Nein, wäre es nicht, das meiste Kapital ist Eigenkapital, aber es gibt auch ein wenig Bankfinanzierung. Klar, man hat ja nicht mal eben 23 Millionen parat.


Ökonomisch: Investitionen außerhalb des Hotels nur, wenn sie diesem nützen.

Die Fragen sind erschöpft und Herr Hansen holt die Häppchen. Während des Essens plaudert man locker weiter über das erste Mal in Heiligendamm und seine Eindrücke von dem Hotel, von dem er sicher ist, dass es das mit vielen auf der Welt aufnehmen kann, über die aktuelle G8-Bewerbung, über Hans-Dietrich Genschers Meinung bei einem Abendessen (er meinte, dass Deutschland sich präsentieren will und nicht zweimal am selben Ort den Gipfel ausrichtet) und über Putin und Merkel nebeneinander im Strandkorb. Morzynski spricht über die Wirkung des G8-Gipfels und die Erwartungshaltung der Gäste und gibt mir damit ein Stichwort für die Frage, die ich noch stellen wollte:

„Sie sagten, dass Sie die Investitionen der Stadt in die Infrastruktur begrüßen. So ist ja am Golfteich eine Strandversorgung entstanden – wie wird die von den Hotelgästen angenommen?

Grinsen rechts von mir, Sortieren links von mir. Hansen ist am Schnellsten und antwortet sinngemäß: Die Gäste finden in unserem Hause alles was sie brauchen, insofern ist das für sie nicht so wichtig. Er fügt hinzu, dass das Grand Hotel ja auch von der nun funktionierenden Strandreinigung profitiert. Ich denke so bei mir: Das ist ihr Job und dass sie den erst jetzt gut macht zeigt doch, wie egal ihr das Grand Hotel vorher war.


Neue Zeiten: Stadt muss nun selbst Geld in die Hand nehmen.

Das Gespräch entwickelt sich weiter und da gerade kein Stichwort fällt, frage ich direkt danach, ob Morzynski sich auch vorstellen kann, selbst in die Infrastruktur des Ortes zu investieren. Ich kann aber auch das Essen verderben…

Er hat gerade nichts vor Augen und fragt, woran ich dachte. Ich bin etwas ratlos, hatte ich ihm doch gerade zuvor per E-Mail Beispiele genannt und auch im Stadtanzeiger drüber geschrieben. Nun gut, ein Pressegespräch ist eine besondere Situation. „Na zum Beispiel eine brauchbare Seebrücke oder eine ordentliche Strandpromenade oder eben einen Yachthafen“.

„Yachthafen brauchen wir nicht, haben wir in Kühlungsborn um die Ecke“ klingt es neben mir von Herrn Hansen. Morzynski pickt die Seebrücke auf und erzählt von seinem Erlebnis mit der MS Europa. Ja, wenn die richtig anlegen könnte, dann würde man auch mehr solche Events machen können. „Da machen wir was“ kommt es aus seinen Mund. Und ja, am Strand gibt es ja die Strandbar und da könnte er sich auch Strandsaunen vorstellen oder eine mobile Strandbar, die geschoben werden kann. Da müsste natürlich die Stadt grünes Licht geben, aber was sollte die dagegen haben?

Nun, die Stadt war es auch, die den Insolvenzverwalter Zumbaum rein juristisch für unzuverlässig erklärte, indem sie ihm die Ausschankgenehmigung für den Zeltpavillon versagte. Rechts und geradeaus von mir hat man meine Frage wohl von mir erwartet und so fragt Frau Wehmeyer noch einmal an Herrn Morzynski gerichtet, dass ich wohl meine, ob man wie die Vorgänger in Dinge investieren würde, die eigentlich die Stadt bezahlen müsste. Es kam keine Antwort, nur verständnislose Blicke.

Logisch: Welcher Investor kann sich schon vorstellen, dass er Aufgaben einer Kommune übernehmen und den Lokalpolitikern Wünsche erfüllen soll, damit diese wiedergewählt werden? Jagdfeld hatte irgendwann mal den kleinen Finger gereicht und die städtischen Anteile für die Sanierung von öffentlichem Eigentum übernommen, weil es dem Hotel nützte. Die Ortsumgehung um Heiligendamm ist ein gutes Beispiel dafür. In der Folge griff man dann nach seiner ganzen Hand und er beteiligte sich am Waldparkplatz, dem Kurwald, der Schleuse, der Wasserwacht und vielen anderen Dingen, die nie seine Aufgabe waren. Für einen Rheinländer ist das alltäglich und solange es auf Augenhöhe geschieht, kann „Eine Hand wäscht die andere“ auch funktionieren. Morzynski ist Niedersachse und kann damit scheinbar nichts anfangen. Wir Mecklenburger ja auch nicht – wir nennen es „Küngel“ und das ist bei uns negativ behaftet. Ich sage „Es ist schon in Ordnung, meine Frage ist beantwortet“.


Für alle was bieten: Morzynski vom Konzept des mondänen Seebades nicht überzeugt.

Frau Wehmeyer fragt in die Runde, ob noch weitere Fragen sind und da dies nicht der Fall ist, schließt sie den Kreis: Herrn Jagdfeld sei es schwer gefallen, die Leute mitzunehmen, mit den Mitgliedschaften, wie SPA-Club usw. nehme man die Region mit und es kommen immer mehr Einheimische zu den Events. Diese sind dann erst einmal das Thema, ein „Kollege“ will die Preise wissen, die aber saisonal und nach Art unterschiedlich sind. Man redet über die Zimmerpreise, denn die Events sollen ja Übernachtungen generieren, aber als die Diskussion zu sehr in Richtung „mondän“ abrutscht, meint Morzynski, dass man keine Abgrenzung will – für jeden Geldbeutel müsse was bleiben.

Das entspricht auch der Einstellung all derer, die ihre Meinung aus Berichten, statt Fakten bilden. Meine Erkenntnisse sind diese: In Bad Doberan – Heiligendamm muss es für jeden Geldbeutel etwas geben, in Heiligendamm aber muss man sich auf Grund des begrenzten Platzes entscheiden, ob man in der ersten Reihe wirklich die ganze Tourismuspyramide aufstellen und damit nichts wirklich gut und richtig laufen lassen will oder ob man sich auf die Pyramidenspitze konzentriert und das richtig gut macht und dafür den Rest der Pyramide in der zweiten Reihe und weiter ansiedelt. Wir können kein zweites Kühlungsborn oder Warnemünde werden und für alle was bieten, aber wir können mindestens genauso viel Geld verdienen, wenn wir denen richtig was bieten, die viel davon haben.

Wenn da eine noch nie gesehene tolle Promenade, ein einzigartiger großer Kurpark, eine ganz besondere Seebrücke, ein Luxus-Yachthafen und eine Augenweide von Flaniermeile mit richtig genialem Angebotsmix wären – welchem Einheimischen und welchem Tagesgast würde das denn stören?

Wenn da hingegen drei aneinandergeklebte Imbisse neben einem Spielplatz in der Kurve einer Straße und umgeben von Schotterparkplätzen den ganzen Ort ausmachen, welchen Wohlhabenden holt das hinter dem Ofen hervor, um ausgerechnet hier sein Geld zu lassen? Wer wird hier für viel Geld Urlaub machen oder gar viel Geld investieren? Weniger geht immer: Für eine Frittenbude an der Seebrücke würde sich sofort ein „Investor“ finden, für ein Restaurant auf dem Meer aber braucht Heiligendamm mehr.

In fast jedem Film, der in Heiligendamm gedreht wurde, sieht man eben dieses Mehr: Mehr, als nur das Grand Hotel. Man sieht einen Yachthafen und Bummelmeilen. Die Filmemacher wissen schon, wie ein mondänes Seebad auszusehen hat und schneiden es sich einfach zusammen. Klar, dass die Leute genau das erwarten, wenn sie nach Heiligendamm kommen und klar, dass sie dann enttäuscht sind, wenn es all das nicht und eigentlich so gar nichts gibt. In Heiligendamm kann man nicht mal Geld holen, um welches auszugeben und die Imbisse und Automaten nehmen keine Karten.


Aufgeregt: „Wenn Windräder vor der Küste kommen, mache ich dicht.“

Das Gespräch neigt sich dem Ende und Herr Morzynski will noch eine Sorge los werden: „Windkrafträder in Sichtweite wären unser Untergang, dann würde ich das hier fallen lassen“ schockt er die Runde und erklärt, dass erneuerbare Energien natürlich nötig seien, aber das sind auch landschaftsverschändelnde Maßnahmen und das müsse man anderswo machen, wo man das nicht sieht – dazu fällt ihm nichts ein und fehlt im jedes Verständnis. Noch einmal aus der Runde gefragt, ob er das ernst meint: „Ja, dann mache ich dicht.“

Am nächsten Tag sind die Zeitungen voll mit dieser Aussage, mit Zahlen und mit dem Verhältnis zu Jagdfeld. Wie es mit Heiligendamm weiter geht, interessierte an diesem Tag wohl nur mich. Wie im letzten Jahr gehe ich zum Auto und fahre nach Hause, wo auch diesmal wieder meine Frau wartet – diesmal mit unserem Sohn Nico Alexander. „Isch möschte sie heut noch sehn“.

Diesmal habe ich kein gutes Gefühl. Die „Neuen“ haben ein Hotel gekauft, um es nach kaufmännischen Aspekten zum Erfolg zu führen. Sie haben keinen Ort gekauft und fühlen sich darum auch nicht für die Entwicklung Heiligendamms zuständig. Das ist korrekt: Für die Entwicklung Heiligendamms zum marktfähigen Seeheilbad ist allein die Stadt Bad Doberan zuständig. Sie muss die Voraussetzungen schaffen, damit sich Investoren ansiedeln. Schotterparkplätze und die Vererbpachtung des letzten Filetstücks zum Bau einer Reihe Imbisse zeigen, dass man auf das Rathaus nicht hoffen braucht.
Schwerin ist ratlos, Berlin nicht im Bilde und „der Neue“ auf dem besten Weg, mit seinem Nachbarn zu brechen. Paul Morzynski hat erkannt, dass er die Politik nicht ignorieren kann. Wann wird er dasselbe auch in Bezug auf seine Nachbarn erkennen? Und wird das dann noch früh genug sein oder schon zu spät für das erste deutsche Seebad?

Das ist anders, als im letzten Jahr eben kein „kleiner Einblick“, aber ich hoffe, er hat Ihnen trotzdem gefallen.

Ihr Martin Dostal

 

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