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Zu einseitige Heiligendamm-Politik: Grand Hotel geht auf Distanz.

Er reichte den kleinen Finger, sie nahmen die ganze Hand: Als der Hannoveraner Wirtschaftsprüfer und Halloren-Großaktionär im August 2013 das Grand Hotel Heiligendamm kaufte sagte er „Der Stichweg wird kommen“. Das war Wasser auf den Mühlen derer, die all die Jahre für eine Öffnung des Hotelgeländes gekämpft haben. Die unkontrollierbaren Touristenscharen kreuz und quer über das Hotelgelände waren fest in den Köpfen derer eingebrannt, die das Hotel ökonomisch sinnvoll zu führen hatten und kein Risiko eingehen konnten.

Nun war da „der Neue“ und er redete über einen Stichweg. Aus dem Rathaus flatterten ihm nun die Wünsche nur so auf den Tisch: Der Hotelpark soll für jedermann zugänglich gemacht werden und zusätzlich zum Stichweg soll ein Weg an der Uferkante entlang über das Hotelgelände und durch den Park hindurch entstehen. Insgeheim hoffen einige, Morzynski würde Jagdfeld auch die Villen abkaufen und selbst sanieren.

Um die Gemüter zu beruhigen, versprach Morzynski, über Ostern testweise das Hotelgelände für die Tagesgäste zu öffnen. Wie genau, ließ er zunächst offen und wollte sehen, wie die Besucherströme verlaufen und wo sie am wenigsten stören. Damit entfachte er die Hoffnungen der Stichweg-Kämpfer für die Entwicklung einer alternativen Stichweg-Trasse über das Hotelgelände. UDI und Bürgerbund zeigten sich offen für Alternativen, solange sie dem Stichweg gleich kommen.

Jetzt rudert der Geschäftsführer des Grand Hotels, Patrick Weber, zurück.
In einem Brief an den Bürgermeister (liegt ZAM vor) relativiert er die Öffnung:

 

Hier hat sich unser Eigentümer Paul Morzynski zu einem Zugeständnis hinreißen lassen, das in der Sache gut gemeint ist und das wir probeweise auch umsetzen werden. In Folge der öffentlichen Berichterstattung – Sie erinnern sich; wir hatten darum gebeten, hier zurückhaltend zu agieren – wurden wir jedoch unmittelbar von Gästen kontaktiert, die ihren Aufenthalt im Grand Hotel Heiligendamm für die Osterzeit bereits gebucht haben und uns damit konfrontierten, dass man seinen „Urlaub stornieren“ werde, wenn das so ernst gemeint wäre, was in der Zeitung zu lesen ist.

 

 Weber führt den Sicherheitsaspekt an und verweist auf die Gefahr eines offenen Tores im von Familien besuchten Hotel. Die Kinder könnten durch die Tore ihres eigenen Weges gehen und überhaupt sei der Besucherstrom bei zeitgleich 400-450 Gästen im Haus nicht zu überblicken. Weber informiert:

 

 

Aus dieser Überlegung heraus und zur Vermeidung von kurzfristigen Buchungsabsagen haben wir uns dazu entschieden, einen „Tordienst“ einzuführen. „Tordienst“ bedeutet konkret, dass wir einen Pförtner an das Tor Richtung Seebrücke stellen werden, dessen Aufgabe es ist, Passanten zu begrüßen, diese zu fragen, welche Absicht sie haben und ihnen daraufhin den (direkten) Weg zu weisen. So wurde es auch in der Vergangenheit in der Hauptsaison bereits gehandhabt und gibt uns so die Möglichkeit, Massenanstürme zu vermeiden, Tagesgäste und „normale“ Spaziergänger aber Willkommen zu heißen.

 

Außerdem verweist er auf die zusätzlichen Kosten für diesen Tordienst, sieht darin aber den einzig praktikablen Weg, da das Hotel auch keine anderweitige Übergangslösung sehe, die den Hotelbetrieb nicht beeinträchtigt. Im Klartext: Es wird vorerst bei dieser einen Öffnung bleiben.

Auch zum Hotelpark nimmt Weber in seinem Brief Stellung. Er hatte schon im Januar darauf hingewiesen, dass das Angebot eines wind- und sonnengeschützten Parks für Spaziergänge insbesondere von Hundebesitzern bestehen bleiben sollte, auch wenn der erst 2009 geschaffene Hotelpark in einen öffentlichen Wald zurückverwandelt werden sollte. Dann aber solle eine neue Einzäunung zwischen Hotelgelände und Wald gewährleistet werden. Weber resümiert:

 

Reflektiere ich die aktuellen Diskussionen im Gemeinderat der Stadt Bad Doberan und im Heiligendamm-Beirat, hege ich jedoch erheblichen Zweifel daran, dass dies gewährleistet wäre. Zu „einseitig“ wird uns von Seiten einzelner Stadtvertreter begegnet, so dass wir derzeit davon ausgehen müssen, dass wir für etwaige Zugeständnisse unsererseits keinerlei Entgegenkommen auf der anderen Seite zu erwarten haben. Aus diesem Grund wollen wir derzeit am Hotelpark festhalten, zumal wir dieses Angebot für die laufende Saison bereits an unsere Gäste kommuniziert haben. Wenn es Ihnen, den Stadtvertretern und dem Gemeinderat gelingt, uns davon zu überzeugen, dass wir hier in ein „Miteinander“ übergehen, sind wir zu jedweder konstruktiven Diskussion bereit.

 

Die letzten Zeilen des Briefes an den Bürgermeister sind selbstredend:

 

Abschließend erlaube ich mir folgende Feststellung:
Es liegt uns vollkommen fern, uns an den politischen und unseres Erachtens äußerst emotional geführten Diskussionen rund um Heiligendamm zu beteiligen. Wir sind hier in Heiligendamm am 01.08.2013 mit vier Zielen angetreten:

1. Arbeitsplätze für über 200 Menschen zu erhalten
2. ein deutsches Kulturgut zu erhalten und pflegen
3. Menschen (insbesondere Familien) eine Herberge zu bieten
4. damit Geld zu verdienen, um insbesondere die Punkte 1. und 2. zu ermöglichen

 

 

Kommentar:
von ZAM-Autor Martin Dostal

Der „Neue“ hat das Spiel des Doberaner Rathauses durchschaut und tut, was ein Kaufmann tun muss, wenn er sich nicht an heißer Politik die Finger verbrennen will: Er geht auf Distanz zu dem Kessel, in dem die längst versalzene Suppe zu vieler Köche brodelt und überzukochen droht. Eine Lokalzeitung sieht Parallelen zu Jagdfeld, der ebenfalls nach einiger Zeit auf Distanz ging und fragt im Kommentar des Redakteurs, ob dies ein Beleg für Investorenfeindlichkeit der Stadt sei. Diese Frage ist berechtigt, vielleicht fehlt den Verantwortlichen in Sachen Heiligendamm aber auch einfach nur das nötige Wissen. Ein so besonderer Ort, wie es Heiligendamm ist, lässt sich nicht mit einem Stadtteil vergleichen, wie mit Walkenhagen und er lässt sich nicht wie ein Ortsteil entwickeln, wie Althof. In Heiligendamm ist alles eng mit dem Grand Hotel verwoben und doch ist weder das Grand Hotel gleich Heiligendamm, noch Heiligendamm gleich das Grand Hotel. Alle Stadtvertreter fixieren sich abwechselnd auf das Grand Hotel, die Perlenkette, den Stichweg, den Hotelpark, den Saisonparkplatz, den Strand, Badeinseln und die Wasserwacht, auf Seebrücke, Rundweg oder Nichtraucherstrand und viele andere kleine Schauplätze. Das große Ganze hat keiner vor Augen: Heiligendamm hat mehr nicht, als es hat. Das Hotel steht in einer Ödnis, aber diese definieren die Stadtvertreter nur über unsanierte Häuser. Auch mit sanierten Häusern würde das Hotel in einer Ödnis stehen, denn die Gäste kommen ja nicht wegen weißer Häuser, sondern wegen ihren hohen Erwartungen, die sie an das älteste deutsche Seebad haben und die hier in keinster Weise erfüllt werden. Für die Ostsee-Urlauber aller Klientel ist klar, dass das erste deutsche Seebad ein Kurmittelhaus haben wird, dass man hier auch bei kalten Wassertemperaturen drinnen im Meerwasser baden kann. Das erste deutsche Seebad muss doch mindestens all das haben, was alle Seebäder nach ihm auch haben. Von der Weißen Stadt am Meer erwarten die Gäste eine kleine Stadt mit Bummelmeile und Marktplatz, mit Promenaden, Boulevards und Yachthafen, gekrönt von einer Seebrücke, die mindestens die von Sellin und Ahlbeck übertrumpft. Nichts von dem hat Heiligendamm und das ist der Grund, warum es dort nicht weitergeht. Da helfen keine aktionistischen Flickereien, wie Abkürzungen mitten in die Ödnis. Da hilft nur ein Konzept. Das hat hier aber keiner derer, die zum zweiten Mal auf einen Heilsbringer hoffen, gerade dabei sind, wieder enttäuscht zu werden… und ihm am Ende dann auch in den Hintern treten?

 

 

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