1914

In Bahnhofsnähe entsteht in diesem Jahr ein Stadthaus in der Althöfer Straße (Clara-Zetkin-Straße 6).
Mit dem Attentat von Sarajevo am 28. Juni bricht der Erste Weltkrieg aus. Am 25. Juli erklärt Österreich-Ungarn Serbien den Krieg, woraufhin Russland am 27. Juli mobil macht und gegen den Willen des Zaren Nikolaus II. am 30. Juli die Generalmobilmachung startet.

 

Kaiser Wilhelm beschwört seinen russischen Vetter und setzt ein Ultimatum zum Rückgängigmachen der Mobilmachung aber Russland lässt dieses verstreichen, sodass das Deutsche Reich ebenfalls am 1. August mobil machen und Russland den Krieg erklären muss.

 

In der Folge macht auch Frankreich mobil und Deutschland erklärt am 3. August Frankreich den Krieg, um diesen schwächeren Gegner als erstes auszuschalten und einen Zweifrontenkrieg zu verhindern. Am Tag darauf marschieren die Deutschen in das neutrale Belgien ein und lassen ein britisches Ultimatum verstreichen, sodass auch Großbritannien mobil macht.

In Mecklenburg und speziell dem ersten deutschen Seebad rückt der Krieg zunächst nicht in das Bewusstsein. Staatsminister von Bülow übernimmt alle Verwaltungsangelegenheiten und tritt damit kommissarisch an die Stelle von Bürgermeister Carl Reeps, was aber praktisch kaum Auswirkungen auf die Bevölkerung hat.

 

(Es ist nicht geklärt, welcher von Bülow 1914 Staatsminister war. Tatsächlich war ein Carl-August von Bülow ab 1909 bis unbekannt Amtsverwalter in Doberan, danach bekleidete er verschiedene weitere Ämter.)

In Rostock beginnt am 2. August die Mobilmachung. Vom Rostocker Friedrich-Franz-Bahnhof fahren die 90er Füsiliere stündlich Zug um Zug vorbei an Doberan Richtung Wismar. Schnell wird klar, dass sie nicht wie behauptet die Ostfront gegen den eindringenden Feind verteidigen sollen: Im westlich gelegenen Wismar gehen sie mit dem Mecklenburgischen Grenadier-Regiment 89 der 17. Division aus Schwerin und Neustrelitz zusammen und rücken täglich 60 Kilometer auf Paris vor. Am 4. August gibt die „Rostocker Zeitung“ den Fahrplan der Militär-Lokalzüge an Rostock heraus. Vom 3. bis 6. Mobilmachungstag rollen die Züge ab Doberan täglich ab 06:03 Uhr im Vier-Stunden-Takt Richtung Wismar und Hagenow.
Am 7. September erreicht sie jedoch wegen des überraschenden Widerstands der Franzosen mit englischer Hilfe entlang der  Marne der Rückzugsbefehl. Der Pastor von Parkentin notiert in der Kirchenchronik, dass „die unglückliche Wende, die der Ausgang der Marneschlacht herbeiführte, uns allen damals nicht ins Bewußtsein trat“.

 

Die Saison am Heiligen Damm beginnt zunächst ganz normal und auch das Pferderennen findet statt, aber mit der Einberufung der Soldaten und der Mobilmachung kommt der Badebetrieb in den ersten Augusttagen schlagartig zum Erliegen. Fluchtartig verlassen die Gäste das Seebad und die umliegenden Orte, sodass es zu einer Überlastung des Zugverkehrs kommt. Die Sportstätten und Grünflächen verwildern mangels Aufmerksamkeit und Personal. Nachdem der Kriegszustand zur Normalität wird und sich auf das öffentliche Leben zumindest der Oberschicht kaum auswirkt, wird der Badebetrieb im kleinen Rahmen weiter geführt, um weiterhin Geld zu verdienen. Heiligendamm erhält wegen seiner strategisch nicht unwichtigen Lage eine kleine Kriegsbesatzung. Im September wird eine Matrosenleiche angeschwemmt und mit militärischen Ehren bestattet.

Auch am Gymnasium wird der Krieg allgegenwärtig, schlägt sich in den Lehrplänen und Veranstaltungen nieder. Am 6. und 7. August legen 10 Oberprimaner vorzeitig die Reifeprüfung ab. Direktor Carl Lüth vermerkt in der Schulchronik:

„Alle traten als Kriegsfreiwillige bezw. Fahnenjunker in das Heer ein.“

Für die zurück bleibenden Schüler wird nach den Siegesmeldungen der Unterricht ausgesetzt, so z. B. am 24. August nach dem Sieg bei Metz. Die Erfolgsmeldungen werden sehr bald immer spärlicher.

General von Blume kommentiert zum Jahreswechsel in der Mecklenburgischen Zeitung:

„Der Siegeslauf hat Hemmungen erfahren, die Hoffnungen auf nahen Frieden sind unerfüllt geblieben. Neue Einberufungen folgten. Fieberhaft wurde nachgerüstet, auch geistig.“

Carl Lüth trägt in die Schulchronik die Namen der Gefallenen ein, darunter auch den des am 17. November gefallenen Kandidaten für das höhere Lehramt, Ernst Westendorf. Dazu schreibt er:

„Dulce et decorum est pro patria mori.“ – „Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben.“