1923
Die Hyperinflation lässt im Winter 1922/23 den Dollar 4,3 Billionen Mark kosten. Die Bilanz der Louis Wolff KG als Mehrheitsaktionär der Ostseebad Heiligendamm GmbH sind darum unvorstellbare Summen zu entnehmen: 4.031.019,81 Mark steht die Bank am 31.12.1922 im Minus und hat dazu in Lübeck noch Bankschulden über 4.698.690,43 Mark. Dem gegenüber steht in Heiligendamm ein Wert der Grundstücke und Häuser samt Inventar und Aktienanteilen über 2.500.000 Mark. Die Gesellschaft wendet sich im August an die Regierung und bittet um Stundung der Schulden.
Das Pferderennen fällt wegen der Hyperinflation aus. Herzog Adolf Friedrich wird Präsident des Rennvereins und hält ihn mit finanziellen Zuwendungen über Wasser.
Pastor Carl Walter vermerkt die Preise während der Inflation: Ein Brot kostet Mitte August 40.000 Mark, eine Zwiebel 1.000, ein Auslandsbrief 3.000, ein Inlandsbrief 1.000 und eine einfache Fahrt nach Rostock in der 4. Klasse 8.000 Mark. Eine Woche später schnellen die Preise hoch und das Brot kostet 140.000 und der Inlandsbrief 20.000 Mark. Am 22.10. kostet das Brot 4 Millarden Mark. Der Kurs Dollar zu Mark steht 1:55 Milliarden.
Zwischenzeitlich endet die Inflation auf Grund einiger Änderungen und Verbote des neuen Reichsbankpräsidenten.
Der ehemalige Hofkonservator Carl Knuth baut sich in der Bismarckstraße ein Haus (heute: Goethestraße 34). Am 24. April malt Malermeister Rosenow die Friedhofskapelle neu aus. Aus dem Nachlass des Konsitorialrates wird eine Christusstatue aufgestellt.
Pastor Adolf Klieforth stirbt am 30. Oktober. Er war 30 Jahre im Amt. Pastor Carl Walter, Oberförster Thielcke und der Ratsarchivar übernehmen die Leitung der Marienschule mit 60 Mädchen.
Im Februar findet die Jugendtagung in Doberan statt. Vertreter von Städten, Schulen und Kirche beraten über die sittliche Erziehung. Im Juni feiert die kirchliche Arbeitsgemeinschaft in Althof ihr Sommerfest mit 250 Kindern.
Im August grassieren Typhus und Tuberkulose als Folgen der Unterernährung in Doberan.
Im September hält Pastor Karl Walter im Festsaal des Rathauses den Vortrag „Meine Reise nach Reval“. Es werden 20 Millionen Mark für die Krankenpflege gesammelt und zum Erntedank werden der Notküche 4 Zentner Kartoffeln, 365 Pfund Getreide, 60 Pfund Graupen, 60 Pfund Hülsenfrüchte, 27 Pfund Mehl, 15 Eier, 10 Pfund Speck, 10 Zentner Kohlrüben und 5 Pfund Zucker gespendet.
Zu Weihnachten tobt ein mehrtägiger starker Schneesturm. Der Gottesdienst ist spärlich besucht und fällt in Althof mangels Beteiligung und in Heiligendamm wegen Unpassierbarkeit ganz aus.
Das Jahr endet an Sylvester mit einem Kurs von einer Goldmark zu einer Billion Papiermark. Alles unter 10 Millarden Mark (1 Pfennig) ist wertlos.