2000
Hauptthemen des Jahres
Heiligendamm
Am 17. Mai wird der erste Spatenstich für den Wiederaufbau Heiligendamms vollzogen. Neben Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) und Landespolitikern ist auch Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) anwesend und eröffnet die Zeremonie. Angesichts des Regens sagt Investor Anno August Jagdfeld in seiner Festrede „Der Himmel weint Freudentränen.“
In der zweiten Jahreshälfte wird die komplette Baustelle mit einem dichten und hohen weißen Lattenzaun gesichert. Die historischen Gebäude werden entkernt und zugleich das Severin-Palais neben dem Ensemble neu errichtet. Zeitgleich beginnt das Staatliche Amt für Umwelt und Naturschutz (StAUN, heute StALU) mit umfangreichen Küstenschutzmaßnahmen. Das Packwerk wird entfernt und ein breiter Sandstrand aufgespült, Dünen aufgeschüttet, neue Buhnen eingerammt und eine Promenade mit Betonwänden gebaut. Diese Arbeiten sorgen für ein vorüber gehendes Abwandern der Strandkorbvermietung aus Heiligendamm.
Die Landesregierung verabschiedet am 29. August das Kurortgesetz und erkennt Heiligendamm am 8. September als einzigen Ort im Landkreis als Seeheilbad an. Bad Doberan wird für 30 Jahre bis 2030 als Heilbad anerkannt. Die Verleihung ist jedoch an Auflagen gebunden und bis 2014 befristet. Sozialministerin Martina Bunge mahnt Verkehrsberuhigung, Besucher- und Servicefreundlichkeit an.
Die Fachschule für angewandte Kunst (FAK) schließt am 11. Juni und zieht zurück nach Wismar, wo sie am 18. September wieder eröffnet. In den 51 Jahren studierten 1.500 Studenten in Heiligendamm und prägten mit ihrer Präsenz und ihren Veranstaltungen ein halbes Jahrhundert lang das Ortsbild des Seebades. Die bekanntesten von ihnen sind Renata Ahrens, Rudolf Austen, Doris Grafe, Erich John, Martin Kelm, Joachim Skerl, Günter Uecker und Heinz Wodzicka.
Bei Arbeiten an den Straßen zwischen Vorder Bollhagen und Klein Bollhagen werden auf 4 Kilometern 250 Befunde (Bodenfunde) gemacht. Öfen und Keramikscherben aus vorrömischer Zeit kommen zum Vorschein.
Kammerhof
Die Landal Greenparks aus der Niederlande planen den Bau eines Ferienparks auf dem Kammerhof für 1.900 Touristen. Auf 33 Hektar sollen 320 Bungalows und Sportstätten für Minigolf und Beachvolleyball entstehen. Ab dem 5. Oktober startet dazu das Raumordnungsverfahren, jedoch werden Verkehrs- und Umweltbedenken laut, sodass Landal die Bettenzahl auf 1.600 beschränken soll. Landal fordert jedoch 1.700 Betten, um rentabel wirtschaften zu können.
Die Investitionssumme soll 90 Mio. DM betragen und sehen eine 75%ige Auslastung (465.000 Übernachtungen im Jahr) vor. Die Sozialministerin mahnt Bad Doberan angesichts des Projekts, mehr Rad- und Wanderwege zu bauen, den Verkehr zu beruhigen und die Öffnungszeiten den Bedürfnissen der Touristen anzupassen.
Am 20. November wird über den Kammerhof beraten. Konkret sollen nun 320 Ferienhäuser entstehen, ein Wintergarten, ein SB-Laden, ein Restaurant, Hallenbad, Sauna, Solarium, Sport- und Spielhallen. Diese sollen öffentlich nutzbar sein und die Anbindung nicht wie geplant über die Dammchaussee, stattdessen über die neue Randstraße erfolgen.
Politik und Verwaltung
Am 27. Juni beschließen die Stadtvertreter die Aufnahme eines Kredits über 4,2 Mio. DM aus dem kommunalen Aufbaufonds für den Bau einer Stadthalle. Nach dem Aufruf von Stadt und Landrat werden 37.931 DM Spenden für den Bau eingesammelt.
Die Stadt beschließt am 11. Dezember den Abriss des Gefallenendenkmals Backenzahn. Die zu erhaltenen Teile – insbesondere die Gedenktafeln – sollen auf dem Bauhof eingelagert werden.
Am 2. Mai startet die erste eigene Internetseite des Landkreises.
Das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen (AROV) zieht von Bad Doberan nach Rostock um und wird dort zentralisiert, weil 96% der 15.264 angemeldeten ungeklärten Eigentumsverhältnisse im Landkreis entschieden sind und man für die verbleibenden 4% nur eine kleine Besetzung benötigt.
Mecklenburg-Vorpommern ist zusammen mit Berlin das erste Land, das die Klärung offener Vermögensfragen abschließt. Nach 115.000 bearbeiteten Fällen schließt auch das Amt in Rostock in 11 Jahren am 31. Januar2011.
Stadtentwicklung und Baugeschehen
Leiterin Solveig Kraus und ihr Vertreter Frank Kamin von der Jugendherberge rufen nach Hilfe, denn es müssen neue Fenster und Türen her, das Dach ist undicht und der Putz bröckelt. Im Hauptgebäude gibt es 50 Betten und in den Bungalows 74.
Der einstige Mecklenburger Hof am Markt 15 im Herzen Bad Doberans wird umgebaut und beherbergt mit der Stadtbäckerei Junge bald wieder eine gastronomische Einrichtung in einem Teil des Gebäudes. Im anderen Teil eröffnet die Post-Filiale, weiterhin beherbergt das Haus Büros.
In der Baumstraße wird am 13. April der Granitstein für den künstlichen Bachlauf in Betrieb genommen und das Wasser kann fließen.
Am 3. Juni wird der B-Plan Nr. 22 aufgestellt. Er regelt die Bebauung der Moorwiesen vor dem Moorbad mit einem Kurpark.
Am 23. Juni beschließen die Stadtvertreter, dass die grüne Oase hinter dem Amtsgericht in der Dammchaussee (Villa Winter) bleiben soll. Die Grüne Liga wollte hier 5 Ökohäuser bauen, wogegen sich eine Bürgerinitiative mit Unterschriften wendet. Der Boden gehört dem Landkreis, für den Park aber ist die Stadt zuständig. Sie könnte die Fläche kaufen oder erbpachten, da die nicht öffentlich ist.
Das Haus in der Beethovenstraße 13 wird am 26. Juni saniert übergeben.
Am 5. Juli wird ein Kreisverkehr an der Kreuzung Randstraße/Nienhäger Chaussee gebaut und der Lastverkehr aus der Stadt auf die Randstraße umgeleitet. Das Parkdeck wird am 12. Juli freigegeben. 142 Tonnen Stahl wurden auf 213 Tiefbohrpfählen verbaut. 4.000 qm Fläche bietet die Palette und inklusive Bau des Verbindungsweges kostete der Bau 4,82 Mio. DM, wovon 3,7 Mio. aus Mitteln der Städtebauförderung flossen. Die August-Bebel-Straße wird am 7. Oktober saniert übergeben, es sind Parkplätze und ein Gehweg entstanden, wofür 150.000 DM an Fördermitteln flossen. Zugleich werden der Kamp und Alexandrinenplatz saniert übergeben.
Die WIG beendet am 15. Juli die Sanierungen von 1.191 Wohneinheiten für 42 Mio. DM. Auf dem Spar-Gelände auf dem Buchenberg sind 7 Reihenhäuser mit Wohnflächen von 101 qm plus 30 qm Ausbaureserve entstanden, seit 1990 entstanden 29 neue Wohnungen und wegen der Nachfrage an 2-Raum-Wohnungen wurden auch Zusammenlegungen vorgenommen. Es bleiben noch 50 Altbauten zu sanieren.
Am 21. Juli wird der Stülower Sportplatz nach einer Sanierung aus Mitteln der LEADER II und mit Hilfe der OSPA, des Kreissportbundes, der Stadt und des DSV (Fußball) übergeben. 300.000 DM und über 100 unbezahlte Stunden kostete die Sanierung.
Am 1. September erfolgt der Baubeginn für das Kervita-Seniorenheim am Maxim-Gorki-Platz, am 6. Oktober erfolgt die feierliche Grundsteinlegung und am 7. Dezember wird Richtfest gefeiert. Bauherr des 6-Mio-DM-Projekts ist die Volkssolidarität Bauträger GmbH.
Für das neue Rathaus werden am 17. September drei Varianten vorgelegt: Die Nutzung der Wirtschaftsruine würde 13.350.000 DM mit jährlichen Folgekosten von 178.880 DM kosten und zu 100% gefördert werden; der Umbau des Lindenhofes würde 7.401.948 DM mit jährlichen Folgekosten von 206.880 DM kosten und zu 50% gefördert werden und der Umbau des Rathauses am Markt würde 7.113.000 DM und jährliche Folgekosten von 236.186 DM kosten und zu 25% gefördert werden. Die Stadtvertreter entscheiden sich für Variante 2 – Umbau des Lindenhofes.
Das geplante Wohn- und Geschäftshaus am Markt kann nicht gebaut werden, weil Investor Uwe Frank keine Käufer für die Flächen findet. Anfragen bei Rewe, Plus, Deichmann, Stolz und Matzen offenbaren, dass in Bad Doberan bei zu wenig Kaufkraft zu viel Konkurrenz zu erwarten ist. Auch das Arbeitsamt ist nicht an einer dauerhaften Bleibe interessiert, sondern plant einen auf sich zugeschnittenen Neubau.
Frank plant nun altersgerechtes Wohnen mit medizinischer Betreuung im Erdgeschoss, kann sich die Johanniter als Partner vorstellen und stellt den Stadtvertretern am 20. Oktober zusammen mit dem dritten Architekten die dritte Überarbeitung mit 35-40 Wohneinheiten für betreutes Wohnen vor. Die Stadtvertreter diskutieren über die Gestaltung, z. B. ist Hannes Meyer die Giebelseite zu verspielt und Lutz Elbrecht die Seite zur Neuen Reihe hin zu massiv. Es kommt zu keinem Ergebnis.
Am ZOB werden am 25. Oktober 23 Linden ausgegraben und an das Regenrückhaltebecken auf dem Kammerhof umgesetzt. Diese Aktion kostet 70.000 DM, während die Fällung 5x 800 DM gekostet hätte.
Am 11. November stellt Christoph Gäbler von der Universität Rostock in einer Diplomarbeit erste Überlegungen an, das Amtshaus zur Herberge des Klosters zu machen.
Der Palaisgarten wird nach historischem Muster rekonstruiert und am 23. November übergeben.
Am 24. November beginnt die Beräumung des Warenlagers der BGH und TGH am Quellholz. Hier soll zwischen der vorhandenen Bebauung (MTS-Siedlung) und dem Trans-o-flex-Gelände ein Wohngebiet erschlossen werden.
Wirtschaft und Tourismus
Der Bundesautobahn-Abschnitt Rostock-Wismar der A20 wird freigegeben.
Bad Doberan erhält über die L 10 bei Fahrenholz einen eigenen Autobahnanschluss.
Angelika Münchow wird neue Chefin der Mecklenburgischen Bäderbahn Molli (MBB). 450.000 Fahrgäste verzeichnet die Gesellschaft in diesem Jahr, darunter 5.000 amerikanische Kreuzfahrer.
Aus Schorbach wird Baor & Co. und die Mitarbeiterzahl hat sich verzehnfacht.
Die Greifenfleisch GmbH am Markt schließt wegen Insolvenz am 13. Oktober. Bereits am 9. November eröffnet an gleicher Stelle Beckers Fleisch- und Wurstwaren aus Laage.
Gesellschaft und Stadtgeschehen
Die Stadtbibliothek sucht Ende Januar eine neue Bleibe, da die Fläche im Amtshaus mit 260 Quadratmetern zu klein ist. Realistisch sind 1.200 qm, in Bad Doberan praktikabel wären 500 qm, denn die Norm sieht 30 qm pro 1.000 Medieneinheiten vor. Geld für die Miete ist im Haushalt eingestellt aber die Stadtvertreter müssen sich bekennen, denn die Träger der Stadtbibliothek sind der Landkreis und die Stadt, was einmalig ist. Im Jahre 1999 haben sich 4.000 Besucher 135,000 Medieneinheiten ausgeliehen.
Bei einer Durchsuchung im Garagenkomplex auf dem Buchenberg wird ein Straßenschild der Adolf-Hitler-Straße wiedergefunden, das im August 1932 an der heutigen Dammchaussee installiert wurde.
Rolf Möckel schenkt am 1. September dem von seinem Großvater erbauten Gymnasium vier große und acht kleine Fotoplatten, die das Möckelhaus von innen und außen zu Lebzeiten seines Großvaters zeigen.
Zahlen und Fakten
Die Stadt hat 539 Gewerbetreibende, von denen 421 keine Gewerbesteuer zahlen, weil sie entweder unter 45.000 DM Umsatz oder keinen Gewinn machen. 33 Gewerbetreibende machen bis zu 1.000 DM Gewinn, 52 bis zu 10.000 DM und 29 bis zu 100.000 DM. Insgesamt nimmt die Stadt in diesem Jahr 3.767.000 DM an Gewerbesteuern ein (1999 waren es 2,7 Mio., in 2001 3,6 Mio.), in diesem Jahr gehen davon 360.000 DM an den Landkreis. Der Hebesatz liegt bei 350, in Rostock liegt er bei 500.