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Geschichte & Architektur

Special zum Verkaufsstart von „Deutschland“: Was Heiligendamm mit der Gruppe RAMMSTEIN zu tun hat

Die Gruppe RAMMSTEIN ist in aller Munde. Mit ihrem Video hat sie wieder einmal für Aufsehen gesorgt.  Die Kultband provoziert mit einem Ausschnitt aus dem Video „Deutschland“. Der Ausschnitt zeigt Till Lindemann, Richard Kruspe, Paul Landers, Oliver Riedel, Christoph Schneider und Christian Lorenz in verschiedensten Epochen der deutschen Geschichte. In Ritterrüstungen, in Weltraumuniformen, aber eben auch in Häftlingskleidung der Nationalsozialisten. Am Ende stehen sie am Galgen und warten darauf, erhängt zu werden. Virtuell sind sie das wohl schon. Den Link zum offiziellen Video-Trailer gibt es ganz unten – bilden Sie sich Ihre eigene Meinung zum Rammstein-Video!

Warum berichtet ERSTES SEEBAD denn überhaupt über Rammstein? Dass Frontmann Till Lindemann gebürtiger Mecklenburger ist, wissen die meisten. Dass er in der Nähe von Rostock groß geworden ist, haben viele schon einmal gehört. Aber warum Heiligendamm?

Rammstein und Heiligendamm – da war doch was

Rammstein war in Heiligendamm. Die Gruppe mietete zwischen September und Dezember 1999 das Alexandrinencottage – damals noch „Haus Weimar“ für die Vorproduktion des Albums MUTTER, das 2001 erschien. An die Mutter aller Seebäder werden die Bandmitglieder sicherlich nicht gedacht haben. „Mutter“ war eine Idee für den Bandnamen, aber nachdem sie nach dem Unglück in Ramstein naiv-provokativ „Rammstein Flugschau“ an eine ihrer Wände schrieben, blieb der Name „Rammstein“ an ihnen kleben.

Inspiriert hat sie das älteste deutsche Seebad aber doch:

„Wo das Meer das Land berührt – Will sie ihm die Wahrheit sagen“

 heißt es im Lied „Nebel“, der im Übrigen in diesen späten Herbsttagen im Gespensterwald von Heiligendamm und auf der Ostsee allgegenwärtig gewesen sein dürfte.

Nebel ist die Geschichte eines alten Paares – „ein Fleischgemisch, so reich an Tagen“ umschreiben die Wortkünstler die Greise auf der letzten Reise. Die Frau hat „den Abend in der Brust“ und „weiß, dass sie ihn verleben muss“, dröhnt es mit gerolltem „r“ aus den Lautsprechern.

Wo das Meer das Land berührt
Will sie ihm die Wahrheit sagen
Doch ihre Worte frisst der Wind

geht die Geschichte tragisch weiter. Der Mann erfährt die Wahrheit nicht. Statt Worte folgen Gesten:

Wo das Meer zu Ende ist
Hält sie zitternd seine Hand
Und hat ihn auf die Stirn geküsst

Sie trägt den Abend in der Brust
Und weiss dass sie verleben muss
Sie legt den Kopf in seinen Schoss
Und bittet einen letzten Kuss

Die Geschichte ist so kurz, so scheinbar bedeutungslos, denn sie ist so alltäglich. Für die Frau, die im Sterben liegt, ist das aber in diesem Moment das einzige, was noch zählt. Sie bittet einen letzten Kuss…

Und dann hat er sie geküsst
Wo das Meer zu Ende ist
Ihre Lippen schwach und blass
Und seine Augen werden nass

klingt es wie ein Mantra viermal hintereinander. Ein düsteres Lied, wie alle Lieder, die uns an den Tod erinnern. Aber auch ein schönes Lied, denn wer würde nicht genau so sterben wollen – in den Armen des geliebten Menschen, am Meer, mit einem letzten Kuss…

Der letzte Kuss ist so lang her
Der letzte Kuss
Er erinnert sich nicht mehr

endet das Lied mit einem Funken Hoffnung, dass der Schmerz genauso verblasst, wie die Erinnerung – vielleicht aber auch – denn es ist ja Rammstein mit all seiner diktaturtypischen Zweideutigkeit – dass der Mann selbst die letzte Reise antritt – die des Vergessens. Das lassen die Künstler offen, damit man es selbst interpretiert. So, wie auch in „Deutschland“ vieles offen bleibt – offen für die Interpretation und für die Diskussion.

Inspiriert von einem Schild?

Geschrieben haben das Lied Richard Z. Kruspe, Paul Landers, Till Lindemann, Doktor Christian Lorenz, Oliver Riedel und Christoph Doom Schneider. Wer welche Zutat beifügte, ist nicht bekannt und für Rammstein ist es typisch, dass sie etwa 30 fertige Songideen mitbringen, die dann zu 20 Songs verschmolzen werden und dann verfeinert werden. Am Ende hat das Albom 15-17 Lieder.

Aber „Wo das Meer das Land berührt“ soll auf einem Schild über einer Tür im Alexandrinen-Cottage gestanden haben.

Es gibt Fotos von Rammstein in Heiligendamm

Auf ihrer Webseite hat Rammstein 2012 Fotos veröffentlicht (sh. Link unten). Das erste Foto zeigt ein Teil des Teams am Mischpult. Damals gehörten die Toningenieure Ulf Kruckenberg und Florian Ammon, sowie der Mixing Engineer Stefan Glaumann zum Team.

Das zweite gibt einen wunderbaren Einblick in die Villa. An der einen Wand hängt ein Bild vom Querschnitt des menschlichen Auges und an der anderen Kunst, wie man sie von Heiligendammer FAK-Studenten kennt. Die Villa war zuvor vom Sanatorium für Werktätige der DDR genutzt worden und bevor Heiligendamm 1997 verkauft wurde, wohnten Studenten in der einstigen Villa Seiner Königlichen Hoheit (S.K.H.) Mutter Alexandrine.

Olivers großes Wohnmobil parkte direkt am Eingang und vorn zur Küste hin flatterten rot-weiße Absperrbänder. Die letzten beiden Bilder zeigen Oliver Riedel vor der Kulisse der Ostsee und Paul Landers und Till Lindemann vor dem grauen leeren Haus „Mecklenburg“.

Die Ostseeklinik als Nachfolger des Sanatoriums war zu der Zeit in die neu gebaute MEDIAN-Klinik hinter dem grauen Ensemble umgezogen und Heiligendamms Zukunft 206 Jahre nach der Gründung des ersten deutschen Seebades durch Herzog Friedrich Franz I. recht ungewiss. Paul Landers und Till Lindemann schauen Arm in Arm fast schon verklärt auf das Meer hinaus. Für Lindemann sicherlich ein vertrauter Anblick.

20 Jahre danach

Die Bandmitglieder sind älter geworden. Damals waren sie um die 30, heute sind sie um die 50 und haben Familien. Heute bringen Rammstein das 14. Album nach „Mutter“ heraus. Schon das erste kurze Video dazu hat für Aufregung und Kontroversen gesorgt und das weit über die Grenzen Deutschlands hinaus. Rammstein bleibt provokativ.

Die Weiße Stadt am Meer hat sich in den 19 Jahren seit „Mutter“ auch weiterentwickelt. Die Villa „Alexandrine“ steht heute leer, aber das Haus „Mecklenburg“ erstrahlt seit 2003 in neuem Weiß und ist Teil des Grand Hotel Heiligendamm. Die Zukunft des ersten deutschen Seebades knüpft direkt an die Geschichte an: Fünf Sterne Luxus, wie vor 100 Jahren.

Parallelen

Außer Rammstein war 1996 auch Christian Ludwig in der „Alexandrine“ und besichtigte vor seinem Tod noch einmal sein Elternhaus. Er war der Sohn von Großherzog Friedrich Franz IV. und der letzte männliche Herr des Hauses Mecklenburg. Heute verwaltet seine Tochter Donata Herzogin zu Mecklenburg von Solodkoff den Familiennachlass und ihre Forderung nach Herausgabe der Kunstgüter aus dem einstigen Familienbesitz oder Entschädigung ist auch etwas, das die Gemüter spaltet.

Nicht zuletzt ist Heiligendamm selbst mit seinen veränderten Eigentumsverhältnissen und Wegeführungen und den Wohlhabenenden als Zielgruppe nach wie vor umstritten. Da passt Rammstein irgendwie rein.

 

Bilder von Rammstein bei der Vorproduktion des Albums „Mutter“ in Heiligendamm gibt es unter: https://www.rammstein.de/de/history/vorproduktion-3-album-mutter

Wenn Sie das Album „Mutter“ oder das Album „Deutschland“ bei Amazon über diese Links bestellen, unterstützen dabei diese Seite.

Das offizielle Rammstein-Video „Deutschland“ gibt es hier:

 

Und wenn Sie eingefleischter Rammstein-Fan sind und einen Fehler entdeckt haben, dann hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.

Bild: Logo der Gruppe Rammstein, registered Trademark, Quelle: Wikimedia

2 Kommentare

  1. Heiligendamm, der Gespensterwald, das Alexandrinen-Cottage haben mich schon immer fasziniert und sind in einigen meiner Bilder verewigt. Das größte Gemälde heisst“ Wo das Meer das Land berührt“ und interpretiert den Song „Nebel“ aus dem Rammstein-Album.

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