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Der Schnatermann – Kindheitserinnerungen werden wieder wach.

Der Schnatermann war einst eines der beliebtesten Naherholungsgebiete in Rostock und die gleichnamige Gaststätte eine Legende. Vor einem Jahr erweckten die Familien Krause und Meyer das Kleinod mit langer Historie wieder zum Leben. Was hat das mit Bad Doberan-Heiligendamm zu tun? Lesen Sie selbst.

Inhalt

Seite 1
Der „Schnattermann“
Gefährliche Ruderpartien, ein geheimnisvolles Schiffswrack und echte Wildschweine
Von Heiligendamm zum Schnatermann: Eine besondere Geschichte
Die ganze Familie macht im Traditionsgasthof mit
Haus und Hof sind ein Stück Rostocker Geschichte
Nach der Wende kam das Ende
Die Familie verliebte sich sofort

Seite 2 
Wiedersehen nach einem Jahrzehnt: Besuch beim Schnatermann
Im Umkreis gibt es noch viel Potenzial
Auf dem Hof geht es Schritt für Schritt voran
Biergarten ist das nächste Projekt
Der Grundstein für neue Legenden ist gelegt
Wiederentdeckungen am Kindertag

Seite 3
Warum heißt es wirklich „Schnatermann“?
Harte Arbeit prägt den Landstrich
Theodor Fontane, Ina Seidel, Achim Reichel – der Schnatermann ist eine Legende

 

Der „Schnattermann“

Wer kennt ihn nicht, den Schnatermann? Ich lernte ihn als Kind kennen.
Meine Mutters Cousine wohnte in Markgrafenheide direkt neben dem KRAKUS und da sie einen Bungalow hatten, verbrachten wir oft ein paar Tage dort. Außer dem Baden in der Ostsee, Waldspaziergängen und Broileressen gehörte auch immer eine Bootsfahrt über den Radelsee dazu. Doch meistens war es umgekehrt: Wir fuhren mit dem Trabi nach Stuthof, was damals gut eine Stunde Fahrt war. Der Weg führte direkt durch den Wald und weil man nicht schnell fahren durfte, kam es uns endlos vor.

Meine Eltern sprachen vom „Schnattermann“ mit zwei „T“ und ich stellte mir eine Ente in Menschengestalt vor. Die Begründung für den seltsamen Namen hatten meine Eltern auch parat: Weil der so viel schnattert, wie ich bei der Autofahrt.

 

Gefährliche Ruderpartien, ein geheimnisvolles Schiffswrack und echte Wildschweine

Kremser und Indianerdorf Schnatermann
Damals in der DDR: Kremserfahrt vom Indianerdorf durch den Schnatermann.

Ich erinnere mich gut an diese Ausflüge. Erst der geheimnisvolle Wald, dann die Gehege mit den Wildschweinen und Rehen, der Streichelzoo, der Duft von Essen, Wald- und Seeluft und dann dieser Trampelweg zum Bootsanleger, warten auf ein Boot und dann alle Mann rein ins Ruderboot. Das war viel aufregender als ein Besuch im Zoo. Mein Vater und mein Bruder saßen am Ruder und meine Mutter und ich hinten. Wir haben dann immer nach Fischen und am Ufer entlang geguckt.

Einmal hatten wir ein Boot mit einem Becher drin und wollten ihn rauswerfen, aber auch nicht ins Wasser schmeißen. Nach ein paar Metern wussten wir, warum er dort ist. Das Boot hatte ein Loch, das zwar gestopft, aber nicht dicht war. Also mussten wir schöpfen. Als der Bootsverleiher uns auf der Rückhol-Tour entgegen kam zeigten wir ihm das. Er schätzte die Gefahr als gering ein, solange wir nicht den Stöpsel ziehen. Zur Not können wir auch zu Fuß zurück gehen – das Wasser ist flach.

Damals schwammen keine Ausflugsdampfer dort entlang. Mit der MS „Schnatermann“ fuhren wir nach der Wiedervereinigung einmal und auch mit dem Tretboot sind wir noch einmal gefahren. Bekannte hatten eine Yacht am Schnatermann liegen, mit der wir dann auch mal eine kleine Runde mitfahren durften. Spannend war der aus dem Wasser ragende Rest eines gesunkenen Schiffes.

 

Von Heiligendamm zum Schnatermann: Eine besondere Geschichte

Tretbootfahrt im Moorgraben
Der letzte Besuch: Tretbootfahrt im Moorgraben nach Markgrafenheide

Der letzte Besuch war eine Enttäuschung: Der Bootsanleger war heruntergekommen, die Boote ungepflegt und der Service unfreundlich bei hohen Preisen. Die Gehege waren weg, alles recht verwuchert und essen konnte man außer Eis aus der Truhe auch nicht mehr. Das muss 2004 oder 2005 gewesen sein. Danach waren wir angesichts dieser Erfahrung nicht mehr am Schnatermann.

Das änderte sich 2020. Durch meine Internetseite lernte ich in den sozialen Netzwerken so manche Mitarbeiter des Grand Hotel Heiligendamm kennen. Einige traf ich auch persönlich, wie bei der Übernachtung in der Villa „Greif“ den Mitarbeiter in der Guest Relation, Christoph Krause. Ich verfolgte bei Instagram, wie er seine Pauline Sophie in Heiligendamm heiratete und wie sie Kinder bekamen. Die beiden blieben mir in Erinnerung und als Christoph Krause mir eines Tages schrieb, war seine Vorstellung eigentlich überflüssig.

Ich erfuhr, dass er mit seiner Familie den Traditionsgasthof Schnatermann übernommen hat und wir beschlossen, uns das anzusehen. Mit persönlicher Führung, denn mir war klar, dass hier Stoff für eine Geschichte lauert. Wegen Heiligendamnm.

Christoph Krause ist nämlich eng mit der Weißen Stadt am Meer verbunden. Er hat als Azubi angefangen, war Commis de rang und dann Chef de rang. Der Wechsel an der Spitze des Managements im Jahr 2007 verschlug ihn nach Berlin zum Hotel Adlon. Nach dem Verkauf des Grand Hotels bewarb er sich erneut und arbeitete seit 2014 als Guest Relation Manager. Die vielen verschiedenen Stationen innerhalb des Hotels hat er bewusst gewählt, denn sein Traum ist es, einmal das Grand Hotel Heiligendamm zu führen. Damit wäre er der erste Hoteldirektor des Hauses, der von Anfang an in ihm gearbeitet hat.

Hochzeit in Heiligendamm
Christoph und Pauline Sophie Krause bei ihrer Hochzeit in Heiligendamm

Das ist sehr interessant für mich als Heiligendamm-Kenner und wie ich erfuhr, arbeitet seine Frau Pauline Sophie als Assistentin für den Architekten der Entwicklungs-Compagnie Heiligendamm. Die beiden haben sich in Heiligendamm kennen gelernt, hier hat er ihr den Heiratsantrag gemacht und hier haben sie auch ihre Hochzeit gefeiert.

 

Die ganze Familie macht im Traditionsgasthof mit

Imbiss Schnatermann
Christoph Krause und sein Schwager Richard Meyer

Sie haben den Traditionsgasthof als große Familie gekauft und wieder zum Leben erweckt. Denn der Traditionsgasthof Schnatermann ist ein Familienprojekt der Familien Krause & Meyer. Christoph Krause ist für das Konzeptionelle zuständig und sein Schwager Richard Meyer für das Leckere. Dabei ist Niveau garantiert, denn Meyer hat im Kurhaus-Restaurant des Grand Hotels gelernt. Er hatte auch zusammen mit Rune Klimasch das Heidecafé in Rövershagen als „Runards“ neu eröffnet. Nun hat er im Familienprojekt seinen festen Platz zwischen Töpfen und Pfannen.

Die Eltern Meyer sind voll mit eingespannt. Mutter Silke Walzog-Meyer kümmert sich um die Buchhaltung und ihr Mann Frank ist als Tischlermeister für alles zuständig, was jenseits von Zutaten, Zahlen und Konzepten an Arbeit anfällt. Tochter Pauline Sophie arbeitet weiterhin für die ECH. Eigentlich wollte auch Christoph Krause weiter im Grand Hotel arbeiten, ist dann aber zum Trihotel gewechselt und steigt ab Juni ganz in das Familienunternehmen ein, um das Projekt voll zu entwickeln. Eröffnet haben sie den Traditionsgasthof zu Christi Himmelfahrt 2019.

 

Haus und Hof sind ein Stück Rostocker Geschichte

Altes Foto Schnatermann
Forsthaus Schnatermann (Friedrich Kloerss, Photograph, Rostock i. M.)

Die Geschichte des Hauses geht auf das Jahr 1760 zurück, als mit dem Torfabbau in der Heide begonnen wurde. Für die Belegschaft wurde der Torfstecherkaten gebaut. Zum Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgten Erweiterungen für Wohnungen der Gespannführer und Beamte der Stadt. Im Jahr 1887 wurde das Haus zur Revierförsterei umgebaut und erhielt das heutige Aussehen. Außerdem erhielt der Förster die „Kruggerechtigkeit“ zur Aufbesserung seines privaten Budgets.

Später wurde aus der Revierförsterei ein Forstfuhrmannshof und ab 1925 sind auch Übernachtungen von Jugendgruppen unter dem Dach verzeichnet. Noch zu DDR-Zeiten lebte der letzte Hofpächter dort, bevor er 1956 weg ging und die Konsumgenossenschaft das Gasthaus übernahm.

Altes Bild in der Gaststube

Seit 1972 wurde der Schnatermann in ein Naherholungsgebiet umgewandelt. Das Forsthaus bekam einen Anbau für einen Selbstbedienungstrakt, der Rhododendrongarten und der Streichelzoo entstanden, Wildgehege wurden angelegt, Sport- und Liegewiesen entstanden und ein Indianerdorf wurde gebaut.

Kutschfahrten gehörten schon zu DDR-Zeiten zum festen Programm, ebenso der Bootsverleih und natürlich das Flussbad am kleinen Sandstrand. Es war oft brechend voll und mitunter musste man erst eine Parklücke finden und dann in der Schlange nach dem Boot oder Essen anstehen.

 

Nach der Wende kam das Ende

Altes Bild in der Gaststube

Diese Ära endete nach der Wiedervereinigung. Naherholungsgebiete gerieten in Vergessenheit, weil die Bürger ihre neue Freiheit genossen und die Welt bereisten. Statt im heimischen Biergarten traf man sie am Ballermann. Sieben Jahre nach der Wende schien das Schicksal des Schnatermanns besiegelt. Das Haus sollte abgerissen werden.

Steffen Zube übernahm 1998 mit seiner Familie die Gaststätte und eröffnete sie nach achtmonatigem Umbau zur Jahrtausendwende neu. Alles andere ringsherum verschwand. Vom Streichelzoo, den Wildgehegen und dem Indianerdorf ist keine Spur mehr. Dafür entstand eine Bungalowsiedlung mit 10 Holzhäusern als Unterkünfte. Nebenan stehen die Wagen von Axel Peters „Mecklenburger Kutsch- und Kremserfahrten als eine der weiter lebenden Traditionen. Der Bootsverleih schloss, ein neuer Interessent fand sich nicht und so funktionierte auch das Konzept des Naherholungsgebietes nicht mehr, dem sich die Gaststätte verschrieben hatte.

So folgte ein Teufelskreis: Zube richtete seine Öffnungszeiten zuletzt oft nach dem Wetter und der Besuchslage und so standen oft Leute nach langer Radtour vor verschlossenen Türen. Das führte zu schlechten Bewertungen und sprach sich herum. Zudem hatte Zube mit der Bürokratie zu kämpfen, denn der Traditionsgasthof aus dem 18. Jahrhundert erfüllte nicht ordnungsgemäß die Abwasser-Vorgaben der Stadt. Das wurde zum Problem, als überall Klär- oder Sammelgruben zur Pflicht wurden. Zube wollte diese Investitionen nicht mehr auf sich nehmen und bot den Gasthof zum Verkauf.

Die 8.500 Quadratmeter wurden im Internet für rund eine Million Euro angeboten. Es gab mehrere Interessenten, aber keinen Käufer und die Stadt überlegte zwar, das Erbbaugrundstück zurückzunehmen, machte aber laut Zube kein Angebot. So schloss er Ende 2017 die Türen des Forsthauses. Einbrecher öffneten sie gewaltsam wieder und hinterließen Spuren der Verwüstung.

 

Die Familie verliebte sich sofort

Das Forsthaus 2020

Als die Familien Krause und Meyer durch Zufall auf den leer stehenden Gasthof aufmerksam wurden, verliebten sie sich sofort. Christoph Krause ist eigentlich in Schwerin geboren und wusste anders als seine Schwiegereltern nicht viel über die Geschichte des Schnatermanns. Mit Hilfe von Youtube machte er sich später ein Bild von Rostocks legendärem Ausflugsziel.

Das Potenzial erkannte er aber sofort. Die Ideen sprudelten und so war es ausgemachte Sache, das 8.500 Quadratmeter große Grundstück zu kaufen. Dabei ging das Team solide vor: Zuerst wurde der Außenbereich hergerichtet, eine Imbisshütte entstand direkt am Durchgangsweg vom Parkplatz zum Ufer und die Wiese lädt mit Strandkörben, Tischgruppen und Liegestühlen zum Verweilen ein. Durchgehend beliebte einfache Gerichte und regelmäßige Events mit Wurst und Fleisch vom Grill und Wild vom Spieß sorgen einerseits für die Versorgung im Naherholungsgebiet und andererseits für das besondere Extra, für das es sich lohnt, zum Schnatermann zu fahren.

Der Plan ging auf: Gleich zur Himmelfahrts-Premiere kamen über 1800 Gäste, der NDR, ARD und die OZ berichteten und so sprach es sich herum, dass der Schnatermann wieder offen ist. Nur ich wusste nicht davon.

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Wiedersehen nach einem Jahrzehnt: Besuch beim Schnatermann
Im Umkreis gibt es noch viel Potenzial
Auf dem Hof geht es Schritt für Schritt voran
Biergarten ist das nächste Projekt
Der Grundstein für neue Legenden ist gelegt
Wiederentdeckungen am Kindertag

Seite 3
Warum heißt es wirklich „Schnatermann“?
Harte Arbeit prägt den Landstrich
Theodor Fontane, Ina Seidel, Achim Reichel – der Schnatermann ist eine Legende

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