Der Schnatermann – Kindheitserinnerungen werden wieder wach.
Wiedersehen nach Jahren: Besuch beim Schnatermann
Also fuhr ich am ersten Maiwochenende 2020 mit Frau und Kind hin. Statt durch den Wald geht es nun am Waldrand auf einer neuen Straße entlang. Durch die Geschwindigkeitsbegrenzung kommt es einem immer noch unwahrscheinlich lang vor und das eigene Kind ist heute wieder so ungeduldig, wie man selbst damals. Aber plötzlich ist der Sandparkplatz da. An diesem Samstag war Regen angesagt, wegen Corona waren sowieso alle Gaststätten geschlossen und es war Mittagszeit. Dementsprechend war es zunächst recht leer auf dem Gelände.
Das vertraute Tor lud gleich zum Eintritt ein. Links statt Selbstbedienungstheke Festzelte, rechts ein wunderschöner großzügiger Park, wie eine Sonnenwiese und doch gefühlt im Wald. Strandkörbe mit Tischen und Stühlen stehen in gemütlichen Ecken, einzelne Tische mit Stühlen an den Bäumen und Sonnenliegen – sogar für Paare – an den besonders sonnigen Stellen. Wir fühlten uns gleich wohl.
Geradezu begrüßt einen eine Hütte mit Tresen. Hier gibt es aktuell Pommes, Bratwurst & Co, Getränke verschiedener Art und Eis. Und übrigens auch äußerst leckeren Erdbeer-Eierlikör, den wir uns für den Abend abfüllen ließen. Die wenigsten Gäste gehen dran vorbei und wenn, dann halten sie spätestens auf dem Rückweg an.
So ist es auch bei uns, denn zuerst begrüßt uns Christoph Krause und lädt zu einem Rundgang ein. Sohnemann hat kein Ohr dafür, weil er von den Sonnenliegen, dem Kinderfußballtor und den Strandkörben begeistert ist. Er will wieder hin.
Im Umkreis gibt es noch viel Potenzial
Also gehen wir zu zweit zum Wasser. Am Anleger liegen Schiffe – viel mehr, als ich es in Erinnerung hatte. Den Bootsverleih gibt es nicht mehr. Es hat keiner mehr Interesse daran gezeigt. Es ist ja nicht nur der Bootssteg am Schnatermann, den man betreiben müsste. Auch am anderen Ende des Moorgrabens in Markgrafenheide müsste ein Bootssteg betrieben werden und die Boote von den einfachen Fahrten müssten zurück geholt werden.
Dazu noch die ganzen Auflagen… da hat sich einfach keiner ran getraut. Das hätte sich bisher auch angesichts der geschlossenen Gastronomie nicht gelohnt. Jetzt könnte das anders sein.
Die Familien Krause und Meyer wollen das aber nicht auch übernehmen – sie haben auf den 8500 Quadratmetern genug zu tun und gehen es nacheinander an, statt lauter Baustellen gleichzeitig zu öffnen.
Die Eltern sind oben in die Hotelzimmer eingezogen, unten am Eingang der verschlossenen Tür liegt die Krabbeldecke für den jüngsten Nachwuchs. So geht Familienunternehmen.
Auf dem Hof geht es Schritt für Schritt voran
Das Innere der Gaststätte ist urig. Viel Holz, viel Fachwerk und gemütliche Ecken versprühen einen Charme wie vor zweihundert Jahren. Geheizt wird auch mit Holz – schließlich war das mal ein Forsthaus. Und doch wirkt es nicht altbacken und verstaubt. Dass hier 70 Menschen sitzen können, sieht man auf dem ersten Blick gar nicht.
Aus dem SB-Bereich ist ein kleiner Saal mit Theke geworden. Um den langen Tisch finden 30 Leute Platz und für die Kinder gibt es eine kleine Lounge. Betriebsfeiern und Familienfeste sind erst für 2020 fest vorgesehen, aber die ersten Familienfeiern gab es schon – unter anderem eine Hochzeit.
Wenn die Holzhäuser wieder hergerichtet sind, können die Gäste auch vor Ort übernachten. Feiern bis in die Morgenstunden gehört ohnehin zum Angebot und bei der Buchung eines DJ und dem Unterhaltungsprogramm kann der erfahrene Guest Relations Manager Christoph Krause natürlich helfen. So auch bei Hochzeiten: Auf Sägebock und Sektempfang muss keiner verzichten.
Es gibt Büffetangebote, hausgebackenen Kuchen und auch Kaffee- und Teespezialitäten. Den würdigen Rahmen für eine Gedenkfeier in beruhigender Atmosphäre bietet das Traditionshaus ab 9 Euro pro Person, auch in einem exklusiven Raum. Weihnachtsfeiern mit einem Weihnachtsarrangement aus der Küche und Betriebsfeiern sind hier ebenfalls wieder möglich.
Auf der Internetseite ist das Innere im Mai 2020 noch in Arbeit und im Haus selbst ebenso. Draußen aber soll es im Juni mit einem Biergarten los gehen. Auf der Terrasse finden noch einmal 50 Personen Platz. Die Festzelte sollen schöneren Bauten weichen.
Biergarten ist das nächste Projekt
In den Videos, die von der Eröffnung berichten, kommen Leute zu Wort, die den Schnatermann schon ewig kennen und sich freuen, dass die Gaststätte wieder da ist.
Und es werden Bilder gezeigt von einer gut gefüllten Wiese, saftigem Fleisch, viel Bier, Musik und guter Laune. Denn jedes Wochenende in der Saison wird der heute so ruhige Park zum Biergarten. Gut 150 Leute finden hier Platz.
Samstags heizt Richard Meyer den Grill an und am Sonntag gibt es Fleisch vom Spieß. Vornehmlich Wild und möglichst regional, denn die regionale Küche ist Richard Meyers Spezialität und so wie die Bayern in ihren Biergärten Haxe, Hendl und Weißwurst bestellen, so soll auch der Mecklenburger hier seine typischen Landesspezialitäten finden. Die Gäste aus anderen Ländern lernen so die mecklenburgische Küche kennen.
Damit der Traditionsgasthof angesichts so vieler Fünf-Sterne-Qualifikationen aber auch das Zentrum des Naherholungsgebietes bleibt, gibt es jeden Tag von 11 bis 17:30 Uhr auch den beliebten kleinen Imbiss mit Pommes, Bratwurst & Co. Das Restaurant selbst öffnet am 1. Oktober wieder, denn dann möchten die Leute lieber drinnen im Warmen essen. Wer trotzdem draußen sitzen möchte, den lädt die Terrasse vor dem Haus ein.
Der Grundstein für neue Legenden ist gelegt
Bei so viel Platz und so viel Schönheit liegt der wahre Schatz aber vor der Tür. Die Herrentagsparty ist das erste Open-Air-Event des Jahres und das Schnatermann Openair das letzte der Saison. Auf zwei Bühnen wird richtig Stimmung gemacht. Dazwischen liegt das Einschulungs-Festival mit Hüpfburg, Kinderanimation, Bühnenprogramm und Kinderfotografin. Natürlich gibt es immer auch Essen und Trinken.
Wegen der Corona-Verordnungen sind 2020 alle drei Veranstaltungen abgesagt. Eigentlich hatte der Schnatermann Glück, dass er außer Haus verkaufen und in der zweiten Hälfte seines ersten Jahres überhaupt Geld verdienen konnte. Jetzt, wo die Gaststätten wieder öffnen können und die Gäste aus den anderen Bundesländern wieder zu uns kommen dürfen, kann es für den Traditionsgasthof Schnatermann so richtig los gehen und das Familienteam ins zweite Jahr starten.
Vielleicht ist das die Initialzündung für eine neue Entwicklung des Umfeldes. Vielleicht erzählen unsere Kinder auch einmal so begeistert vom „Schnattermann“.
Wiederentdeckungen am Kindertag
Schon beim ersten Besuch nahmen wir uns vor, wiederzukommen. Der Kleine fragte ohnehin, wann wir mal wieder zum „Schnattermann“ fahren. Christi Himmelfahrt sollte es sein, aber da entschied sich die Familie spontan zu einem Spaziergang. Also Pfingsten. Da sein Geburtstag auf den Samstag fiel, war Pfingstsonntag erst einmal Resteessen angesagt. Am Pfingstmontag sollte es dann los gehen und da auch Kindertag war schaute ich, was man denn noch machen könnte – die Kindertagsparty am Schnatermann musste ja wegen des Corona-Veranstaltungsverbots ausfallen.
Wir fuhren früh genug los, ab Stuthof ging es nur langsam voran, weil sehr viele Familien mit Fahrrädern unterwegs waren und man bei Kindern ja noch langsamer als erlaubt fährt. Der Parkplatz war eine halbe Stunde nach Öffnung des Imbisses schon zu einem Viertel belegt. Wir fanden gleich neben der Straße noch einen letzten Schattenplatz. Als wir drei Stunden später fuhren, standen neben uns noch zwei Autos regelrecht auf der Straße – immer neue kamen und kurvten, denn der Parkplatz war voll. Hinter Doppelreihen bildeten sich schon Längsreihen und auch am Straßenrand entlang der Straße hatten sich Wildparkplätze gebildet. Der Schnatermann lebt.
Wir hatten nicht viel Zeit, uns umzuschauen. Außer dem Imbiss gab es noch eine Grillstation, das Festzelt war aufgestellt und Spiele wie Cricket, Vier gewinnt, Fußball und Hula Hopp standen für die Kinder bereit. Die Terrasse war mit Palmen geschmückt, es gab kleine Tischgruppen und größere Gruppentische, Sonnenplätze und Schattenplätze, Sitzplätze und Liegeplätze.
Wir wurden gleich erkannt und nett begrüßt, nahmen jeder ein Eis und gingen vorbei am Gasthaus und den Kutschpferden zum Anleger.
Die Wartezeit verbrachten wir mit einem Spaziergang am Warnowstrand entlang bis zum Zaun des Überseehafens. Am schmalen Schlickstrand und im flachen Gras lagen alle paar Meter Familien und Paare in der Sonne. Segelboote, Paddelboote und Kitesurfer waren auf dem Breitling unterwegs und Kinder liefen viele Meter weit in das flache Wasser, bevor es mal den Bauchnabel erreichte. Am Horizont waren die Ausflugsschiffe unterwegs und von dort kam auch unser Schiff.
Es ist nicht irgend ein Schiff, sondern die MS „Schnatermann“. So heißt zwar auch die alte Barkasse, die im kleinen Hafen liegt, aber die fährt nur bei Niedrigwasser. Das war angesichts eines spürbaren Nordwindes nicht zu erwarten. Der Schaufelraddampfer kam, wendete und legte dann rückwärts an. Wir wollten eigentlich nach Markgrafenheide und waren etwas verunsichert, erkannten dann aber, dass der Einstieg nun mal links ist. Eine kleine Schar Leute stieg aus eine eine etwa gleich große ein.
Bezahlt wurde am Tresen, wir rundeten auf, denn die Reeder hatten von März bis Ende Mai auch keinen Verdienst. Da es wegen der Corona-Verordnungen noch keinen Tagstourismus gab und nur Übernachtungsgäste und Einheimische an Bord gehen konnten, gab es trotz mit Flatterband gesperrter Tischgruppen noch genügend Plätze auf dem Oberdeck.
Das Schiff wendet im Hafen noch einmal, damit es mit dem Bug Richtung Markgrafenheide zeigt. Dabei hat man einen schönen Blick auf den Hafen und die Einfahrt in den Moorgraben.
Auch der alte Anleger, wo man sich die Tretboote und Ruderboote ausleihen konnte, ist noch gut zu erkennen. Viel verändert hat er sich nicht.
Sohnemann wollte aber unten sitzen, also nahmen wir gefühlt auf der Wasseroberfläche Platz und schauten aus dem Fenster hoch auf die urige Flora des Kanals.
Der Radelsee eröffnete sich, der Blick auf die Salzwiesen wurde frei. Als Kind im Ruderboot oder später im Tretboot hatte ich immer etwas Angst vor dem See, den wir überqueren mussten. Hier war das Wasser nicht so still, Wellen ließen das Boot schaukeln und das Wasser wirkte sehr tief. Mein Vater fuhr deswegen meistens einen Bogen am Ufer lang.
Heute erfuhr ich, dass wenn wir gekentert wären, wir einfach nur hätten aussteigen und das Boot wieder hinstellen müssen. Der Moorgraben und auch der Radelsee wurden in einem Zug ausgehoben, haben also eine einheitliche Tiefe und nicht diese verschiedenen Schichten. Tja und diese Tiefe ist ein Meter, also bis zum Bauchnabel.
Nach einer halben Stunde hatten wir den Anleger in Markgrafenheide erreicht. Dort stehen die berühmten Holzskulpturen von Harald Wroost vom Schnatermann und von Fürst Borwin – der den Rostockern einst Wald und Heide verkaufte.
Eine einfache Schaukel und Rutsche und ein paar Spielsachen versüßen Kindern den Aufenthalt. Alles nicht fest, sondern so, dass man es im Winter rein bringen kann. Fest ist hingegen ein kleiner Aussichtsturm, von dem man den Blick über die Salzwiesen schweifen lassen kann.
Viel wichtiger ist aber der Tretboot- und Ruderbootverleih, der offenbar von derselben Crew betrieben wird, wie das Schiff. Einige Tretboote haben die Form von Autos. Ein solchen knallgelbes Beetle-Boot kam und schon kurz vor dem Schnatermann entgegen.
Man kann also in Markgrafenheide ein Tretboot leihen und dann den Graben hinunter fahren, muss es dann aber wieder zurück bringen. Das ist nicht ganz so optimal wie damals, aber besser als nichts. Man kann auch aussteigen und die 4 Kilometer zum Schnatermann durch die Rostocker Heide laufen oder nach Markgrafenheide rein gehen und zur Ostsee spazieren.
Der Dampfer wartet allerdings nur eine halbe Stunde – man sollte dann den nächsten Dampfer nehmen. Wir blieben auf dem Schiff und genossen die Sonne oben auf dem Sonnendeck, während ringsum das Wasser glitzerte und die Stille für Entspannung sorgte.
Zurück ging es zunächst im Rückwärtsgang, auf dem Radelsee drehte sich das Schiff dann und fuhr vorwärts wieder in den Moorgraben.
Von oben bietet sich natürlich ein viel besserer Blick. Der Kleine schlürfte seinen Apfelsaft – 0,3 Liter für 2,60 Euro – ein vernünftiger Preis.
Wieder am Schnatermann wollten wir erst einmal etwas essen. Weil Christoph Krause uns schon kennt und kommen sah, wies er uns auf die Grillstation hin, wo es Hähnchencurry und mediterranen Kartoffelsalat gab.
Für Schweinenacken und andere Sachen vom Grill waren wir schon zu spät. Das ging genauso gut weg, wie die Wurst am Vortag, von der keine übrig blieb und wovon er noch mehr hätte verkaufen können. Pfingsten 2020 hat alle Erwartungen der Familien Krause und Meyer übertroffen.
Unsere Erwartungen wurden auch übertroffen. Wir hatten uns auf Pommes eingeschossen und stellten uns am Imbiss an. Christoph Krause kam mit einem Tablett zum Probieren und als wir im Strandkorb saßen und Hähnchencurry und mediterranen Kartoffelsalat probierten stellten wir fest, dass uns echt was entgangen wäre.
Nach einem entspannten Essen in einer schönen Atmosphäre holten wir uns noch ein Eis, unterhielten uns ein wenig mit dem wunderbaren Gastgeber und machten uns satt, ein wenig geschafft, aber glücklich auf den Heimweg. Im Oktober öffnet die Gaststube wieder – also wird es nach unserem Hochzeitstag auch Eindrücke von innen hier geben. Schauen Sie einfach wieder rein!
Seite 3
Warum heißt es wirklich „Schnatermann“?
Harte Arbeit prägt den Landstrich
Theodor Fontane, Ina Seidel, Achim Reichel – der Schnatermann ist eine Legende