1813

Zu Jahresbeginn kehren 35 mecklenburgische Soldaten von der zusammengebrochenen Front zurück. Am 25. Februar treffen erste russische Kosaken in Neubrandenburg ein, am 14. März folgt dann das Gros von 1.200 Kosaken unter Oberst Tettenborn mit Ludwigslust als Ziel. Herzog Friedrich Franz I. schließt sich den russischen Verwandten an, Mecklenburg als Gesamtstaat tritt am selben Tag als erster Staat als dem Rheinbund aus und der Herzog ruft am 25. März zum Freiheitskampf auf.

 

Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. folgt ihm und ruft auch Preußen zum Widerstand gegen Napoleon auf. Mecklenburgs Armee fehlt es an Führungskräften. In einem Aufruf vom 23. April verspricht Friedrich Franz I., die Offiziersstellen nicht nach Herkunft, sondern nach Fähigkeit und Verdienst zu vergeben. Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. geht noch weiter und stiftet das Eiserne Kreuz an Mannschaften und auch Offiziere. Dem Volk verspricht er sogar am 22. Mai eine Verfassung.

 

Französische Dragoner treffen nach der Niederlage der Grande Armée bei Beresina zuerst in Doberan ein, wo sie das Münster als Pferdestall benutzen. Pastor Röper vermerkt, dass der Marienleuchter am 2. April abgefallen ist und erst am 28. April wieder aufgehängt werden konnte. Die Dragoner treffen auch am Heiligen Damm ein und richten einem Beobachtungsposten ein, um befürchtete Bewegungen britischer oder russischer Kriegsschiffe beobachten zu können.
Mecklenburg und Preußen können die mit Übermacht über Hamburg anrückenden Truppen von Davoust nicht aufhalten und ziehen sich zurück. In Pläswitz treffen die Truppen Napoleons und die Allianz aus Preußen und Russland aufeinander, fühlen sich aber noch nicht in der Lage zu einer Entscheidungsschlacht, sodass am 1. Juli eine 36stündige Waffenpause ausgehandelt wurde, die man bis zum 10. August verlängerte, sodass es mit dem Waffenstillstand von Pläswitz (Poischwitz) zu einer Atempause für Europa kommt. Die Zeit wird für Aufrüstungen genutzt. Die mecklenburgischen Soldaten (Jäger) werden dem schwedischen General Vegesack zugeteilt, der Davoust im Auge behalten, aber sich notfalls ins schwedische Stralsund zurück ziehen soll.

 

Der Badebetrieb geht weiter, auch wenn nur 626 Gäste kommen. Am 4. Juli findet ein Konzert der Herzoglichen Harmonie zur Eröffnung des Trichters (Weißer Pavillon) statt, gefolgt von zwei Konzerten von Moeser und seiner Gattin (ehem. Demoiselle Longhi). Es werden Feste veranstaltet, Thés dansants, Ausflüge zum Hafen nach Warnemünde, wo die ganze Saison über Schiffe auf Reede liegen und von wo aus wiederum viele Gäste in das Seebad kommen.

 

Beim Hasard-Spiel geraten Baron Stael von Holstein und Adjutant Norris des russischen Generals von Benckendorff wegen geliehenen und verlorenen Geldes in Streit. Sie tragen am 1. Juli auf dem Buchenberg ein Duell aus, bei dem der Baron verletzt wurde und im Glauben an das Ende des Duells seinen Säbel in den Boden rammte. Daraufhin springt Norris über einen Hügel auf den Baron und verletzt ihn tödlich am Hals. Norris flüchtet mit seinem Burschen und die Leiche des Barons wird nach Warnemünde und dann mit dem Schiff nach Schweden gebracht. Aus Hamburg, Lübeck und Hannover treffen Flüchtlinge im Seebad ein, die vor den anrückenden Franzosen nach Osten ausweichen.

 

Am 21. Juli rückt der Krieg ins Bewusstsein der Doberaner. Auf einer Anhöhe bei Doberan findet mit 6.000 Mann Infanterie und dazu Artillerie ein großes Manöver der schwedischen Truppen unter General Posse in doppelter Schlachtlinie statt. Der Herzog reitet mit Gefolge unter musikalischer Begleitung die Frontlinien ab, bevor das Manöver beginnt und von Sachverständigen als sehr gut durchgeführt bewertet wird. Die Armee marschiert abends in einem farbenfrohen Spektakel mit vielen Schaulustigen am Herzog vorbei und begibt sich anschließend zurück nach Rostock.

 

Außer dem Jubiläum am 10. August feiert man im Seebad nun auch den 12. August, den Geburtstag des Prinzregenten von England. Während des Waffenstillstandes besuchen viele Offiziere der Allianz gegen Frankreich das Seebad und einige bleiben zur Kur und nehmen Bäder.

Die französischen Truppen rücken zum Angriff auf Rostock nach Retschow und Hohenfelde vor, während die mecklenburgischen Truppen in Wilsen und Niendorf Stellung beziehen. Die Schiffe im Hafen der Hansestadt flüchten auf See und nehmen die herzogliche Familie, fürstlichen Räte und hohen Beamten aus Schwerin an Bord. Am 27. August nehmen die Flüchtlinge Kurs auf Stralsund.

Am Morgen des 28. August erreichen erste französische Husaren Doberan. Professor Vogel fragt, wohin die Reise geht und erfährt, dass die Husaren nach Rostock und Pommern wollen und nicht mit Hindernissen retten. Zugleich melden Beobachter Truppenbewegungen der Schweden, die zusammen mit den mecklenburgischen Jägern schon früh von Rostock aufgebrochen sind und auf die Region Doberan zumarschieren. Im Seebad wimmelt es von Soldaten, Flüchtlingen und Fremden und es herrscht große Unruhe und ein Wechsel von Furcht und Hoffnung, Mut und Verzweiflung. Vegesack ist so zeitig aufgebrochen, dass man hofft, dass bei der ersten Feinberührung Doberan schon hinter ihm liegt. Scheitert er jedoch, ist der Einmarsch der Franzosen in das Seebad nicht aufzuhalten und die Vergeltung Napoleons wegen der Abtrünnigkeit Mecklenburgs sicher.

 

Kurz vor dem Mittag ist der Kanonendonner in Doberan zu hören. Boten berichten vom guten Stand und dem Rückzug der Franzosen, Spione werden in den Ort gebracht und die Ortsausgänge von Franzosen besetzt. Danach herrscht eine angespannte Stille. Bei Retschow  kommt es beim Rückzug der sich unterlegen glaubenden Franzosen an der Kreuzung der Heeresstraße zwischen Retschow und Ivendorf zum Scharmützel, das als Gefecht von Retschow in die Geschichte eingeht. Die Franzosen unter General L’Allemand unterliegen den mecklenburgischen Jägern unter General Vegesack und ziehen sich über Kröpelin und Neubukow zurück. Die Besetzung der Ortsausgänge verschwindet fast unbemerkt und kurz darauf erreichen die ersten Russen, Engländer, Schweden und Deutschen unter dem Jubel der Bevölkerung Doberan.

 

Als die mecklenburgischen Jäger auf dem Heimweg an General Vegesack vorbei reiten, nimmt der seinen Hut und ruft ihnen anerkennend zu „Wackere Jäger, Ah, brave Jäger!“

 

Nach dem Rückzug der Franzosen aus Schwerin im September kehrt der Herzog mit seinem Gefolge aus Stralsund zurück und trifft sich abwechselnd in Ludwigslust und Doberan mit dem russischen Gesandten Alopaeus, der als Vertreter des Verwaltungsrates der befreiten deutschen Lande von Sachsen bis Holland über die Aufteilung der Truppen, Geld- und Naturalleistungen verhandelt. Dabei sind auch der Kronprinz von Schweden und Gesandte und Minister anwesend. (Hirschfeld: Von einem deutschen Fürstenhofe, Wismar 1896)

Nach der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. bis 19. Oktober und der Niederlage Napoleons bricht der Rheinbund gänzlich auseinander.