1947

Die beiden ersten Monate des Jahres sind besonders kalt. Die Kartoffeln erfrieren in Kellern und Mieten und es herrscht große Not. Der Pastor vermerkt, dass kaum Mitglieder zum Gottesdienst kommen und auch die Konfirmationsstunden und Passionsgottesdienste schlecht besucht sind. Am 30. März finden die Konfirmationen in Bad Doberan und im Flüchtlingslager Heiligendamm (das inzwischen als Ganzes einem Flüchtlingslager gleicht) statt. In diesen kalten Wochen reißt die Rote Armee die hölzernen Tribünenteile zum Verheizen ab. Flüchtlinge und Einheimische tun es ihr gleich. Bald darauf verschwinden auch die massiven Bauteile als Material für Baustellen.

Die Landesregierung sieht sich als Rechtsnachfolger des herrenlosen Gutes Heiligendamm und beschließt, alle nicht in privater Hand befindlichen Gebäude an die Sozialversicherungsanstalt Mecklenburg zu übergeben, damit diese ein Sanatorium für die Werktätigen der SBZ einrichtet.

Zunächst wird das Kurhaus unter besonderen Denkmalschutz gestellt. Vernachlässigte Dienstaufsichtspflichten der Stadt und ungeeignete Wachtposten jedoch führten dazu, dass wieder Holz demontiert, das restliche Inventar geplündert und selbst Türen und Fenster zum Verheizen heraus gerissen werden. Nachdem die Burg Hohenzollern in Brand gerät und ihr Dachstuhl, sowie der der Villa Krone stark beschädigt werden, zeigt sich Heiligendamm Ende 1947 als Ruinenstadt mit fensterlosen rußgeschwärzten Häusern, von denen die grüne Farbe blättert.

Der Doberaner Architekt Lutz Elbrecht und sein Assistent Adolf Kegebein werden beauftragt, die Gebäude Heiligendamms wieder nutzbar zu machen. Materialmangel und Diebstahl sorgen für Verzögerungen beim Wiederaufbau.

Auf Landesebene wird extra ein Bauausschuss für Heiligendamm gegründet, in dem sich Landtagspräsident Carl Moltmann wirkungsvoll einbringt. Auf Befehl der SMAD wird der Freie Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) gegründet, dessen Feriendienst das Sanatorium unter seine Obhut nimmt. Auch das Moorbad geht an den FDGB.

Gerhard Ringeling verlässt das Gymnasium und geht in den Ruhestand. Aus dem Fridericio Francisceum wird die Erweiterte Oberschule Johann Wolfgang Goethe, kurz Goethe-EOS. Aus den Volksschulen werden Polytechnische Oberschulen (POS). Die Geschlechtertrennung entfällt und die Klassen 1-5 der Mädchenschule Bad Doberan werden in die Oberschulen eingegliedert.

Die Villa Feodora im Stülower Weg wird zum Internat der Oberschule und die Villa Augusta in Heiligendamm zum Kindergarten und der Fürstenhof zum Wohnhaus. In Heiligendamm entsteht ein Bauernhaus (Gartenstraße 1b).

Das Land Mecklenburg-Vorpommern wird per Befehl der SMAD zum Land Mecklenburg umbenannt.
Am 7. Oktober tritt die Bodenreform in Kraft, in Folge dessen sowohl die Rennbahn, als auch der Golfplatz zur landwirtschaftlichen Nutzfläche werden. Die Holzbauten werden erneut zu Brennholz verarbeitet.

Der ehemalige Haliflor-Chef Dr. phil. Leo Glaser gibt in Rostock sein Amt als Stadtrat für Finanzen auf, weil er keine demokratische Perspektive in der SBZ sieht. Er wandert in die USA zu seiner 1941 auf der Flucht vor den Nazis dorthin emigrierte Tochter Lili Hahn (geb 29.11.1910 als Lili Glaser) aus. Am 27. oder 28. Juni 1950 stirbt er in New York.