Maskenpflicht in Schulen, mehr Tests und Stichproben, weiterhin kein Tagestourismus: Keine Lockerungen im August in Mecklenburg-Vorpommern
05.08.2020
Der Start der Schulen und KITAs in Mecklenburg-Vorpommern haben oberste Priorität. Die Kinder sollen mit Masken besser geschützt und in 14 Tagen die Lage analysiert werden. Bis dahin gibt es weiter keinen Tagestourismus, stattdessen mehr Corona-Tests an den Grenzen und Stichproben auf der Autobahn. Die Ergebnisse der Pressekonferenz der Ministerpräsidentin vom 4. August:
Mit großen Erwartungen sah man in Mecklenburg-Vorpommern dem gestrigen Dienstag entgegen. Dann sollte über Lockerungen ab August gesprochen werden. Es sah gut aus für den Tagestourismus: Die Fallzahlen sind so niedrig, wie nirgendwo in Deutschland und Neuinfektionen waren zeitweise gar keine mehr zu verzeichnen. Hinzu kam der Druck aus der Nachbarschaft, denn Schleswig-Holstein und Niedersachsen hatten den Tagestourismus zugelassen und werden seit Wochen von Tagesgästen überrannt. Einerseits fahren viele an die schleswig-holsteinische Ostseeküste, die sonst nach Mecklenburg-Vorpommern gereist wären und andererseits zieht es auch die Urlauber an die deutsche Küste, die sonst Urlaub im Ausland gemacht hätten.
In Ostholstein mussten Strände, Seebrücken, Promenaden und sogar ganze Ortszugänge wegen Überfüllung geschlossen werden, sonst wäre das Abstandsgebot nicht einzuhalten gewesen. In MV hingegen gibt es vielerorts nicht mal Abstandsmarkierungen oder auch nur Hinweisschilder an den Promenaden und Stränden. Das weckt natürlich Begehrlichkeiten, ein Ventil nach Osten zu öffnen und damit den Druck aus dem Kessel zu nehmen. Bisher warb man um die Touristen im Tourismusland Nummer eins und versuchte, sie gen Westen zu locken – seit Corona versucht man, sie an den Osten los zu werden.
Kein Tagestourismus in MV
Da spielt die Regierung in Schwerin nicht mit. Mecklenburg-Vorpommern ist nur so erfolgreich in der Pandemie, weil es so rigorose Maßnahmen getroffen hat und die guten Zahlen sind eine Folge dieser Maßnahmen. Jetzt aufgrund dieser guten Zahlen zu viel zu lockern würde bedeuten, sie zunichte zu machen. Dann waren alle Maßnahmen umsonst und entweder muss wieder alles heruntergefahren werden oder man lässt Corona freien Lauf. Dann würden die Betten und Beatmungsgeräte nicht reichen und man müsste entscheiden, wer Sauerstoff bekommt und wer nicht. Dieses Szenario haben viele in MV schon seit März vor Augen und sind froh, dass die Regierung so entscheidet – auch wenn es weh tut. Widerstand gibt es natürlich auch im Nordosten. Aber der ist entweder verhalten, wie die Aussagen der Tourismusverbände oder er folgt Interessen, wie die Proteste verschiedener Branchen, die danach wieder öffnen durften. Corona-Leugner, Maskengegner und Verschwörungstheoretiker gibt es in MV genauso viele, wie überall.
Schulen wieder gestartet
Immerhin: MV ging voran und öffnete als erstes die Schulen wieder. Selbst die Einschulungen fanden statt, wenn auch in kleinerem Rahmen. In der aktuellen Kabinettssitzung legte man allerdings noch etwas nach: Für alle Schüler ab der 5. Klasse herrscht heute Maskenpflicht auf dem Schulgelände. Während des Unterrichts im Klassenraum muss kein Mund-Nasenschutz getragen werden, auf den Fluren, in den Gemeinschaftsräumen und dem Pausenhof ist sie aber Pflicht. Für Grundschüler gilt die Pflicht nicht – in Schwerin beruft man sich auf eine Studie, wonach Kinder bis 10 Jahre nicht so ansteckend seien. Ministerpräsidentin Schwesig argumentiert, dass auf dem Pausenhof Schüler zusammentreffen, die eigentlich getrennt voneinander unterrichtet werden. Diese Trennung funktioniert in den Gebäuden, aber auf dem Schulhof nicht. Darum ist die Maskenpflicht eine Ergänzung des Konzepts.
Viele Schulen haben es außerdem so geregelt, dass auch die Eltern bei der Übergabe eine Maske tragen müssen und nicht in das Schulgebäude hinein dürfen. Betreuer koordinieren dann die Übergabe der Schüler an die Eltern. Wer mit dem Bus fährt, muss im Bus sowieso einen Mundschutz tragen – ab sofort soll das auf freiwilliger Basis auch für den Weg zwischen Schule und Bus gelten. Volle Busse sollen vermieden werden und eine Arbeitsgruppe der Schulträger Lösungen suchen. Außerdem soll jeder Lehrer und Referendar und jeder Mitarbeiter der Schule inklusive Hausmeister bis zu den Herbstferien bis zu fünfmal de Coronatest machen können.
Der Schulstart und KITA-Betrieb stehen jetzt erst einmal im Fokus der Landespolitik. „Die Kinder, unsere Schüler haben jetzt Vorfahrt“ sagte die Ministerpräsidentin in der Pressekonferenz. In 14 Tagen werden sich die ersten Auswirkungen dieser Maßnahme zeigen und erst dann kann man sehen, ob die Zahlen steigen und man darauf reagieren muss oder ob es Lockerungen geben kann.
Weitere Lockerungen gibt es also im August nicht. Stattdessen gibt es Warnungen von höchster Stelle. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig warnt vor „Rambazamba bei Festen“. Die von ihrem Innenminister Lorenz Caffier ins Spiel gebrachte Lockerung der Maskenpflicht beim Einkauf lehnt die Ministerpräsidentin ab. Der Schutz helfe, die Infektionszahlen gering zu halten. Man wolle kein Risiko eingehen.
Corona-Tests an Grenzen, in Häfen und auf Autobahnen
Glawe verkündete derweil, dass künftig Reiserückkehrer aus Risikogebieten in den Seehäfen und an der Grenze zu Polen getestet werden. Außerdem sollen an der Autobahn (gemeint sind alle) in Stichproben auf Corona getestet werden. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass auch die Bundesregierung eine Corona-Testpflicht für Rückkehrer aus Risikogebieten einführt. Aber auch positive Nachrichten hat der Wirtschaftsminister: Er kündigte eine Werbekampagne für den Einzelhandel an,
Hoffnung für Herbst- und Weihnachtsmärkte
Bei all den Verschärfungen und nicht erfolgten Lockerungen gibt es auch Hoffnungen: Weihnachtsmärkte und auch schon Herbstmärkte sind nicht ausgeschlossen, wenn entsprechende Konzepte vorgelegt werden. Außerdem werden am 25. August auch die vertagten Themen, wie Klubs, Discotheken und eine Erhöhung der Teilnehmerzahl bei Familienfeiern. Auch der Tagestourismus steht dann wieder auf der Tagesordnung.
Anstieg der Infektionen in Mecklenburg-Vorpommern
Dass die Landesregierung auf die Bremse tritt, hat Gründe: Nachdem die Zahl der Neuinfektionen im Juli mehrere Tage in Folge auf null stand und die Gesamtzahl um 800 stagnierte, stieg sie danach wieder an. Ein Hortkind im Pasewalk infizierte sich mit COVID-19, bei einer Familienfeier im Landkreis Ludwigslust-Parchim wurden 160 Personen in Quarantäne geschickt. Unter hundert Proben waren drei positiv. Ein Türkei-Urlauber wurde im Landkreis Rostock positiv getestet, ein weiterer Fall im gleichen Landkreis erfolgte durch Ansteckung im Freundeskreis.
Einschulung ohne Lehrer nach Corona-Fall in Bad Doberan
Da der Infizierte der Mann einer Lehrerin war und diese zu fast allen Lehrern in einer Schule in Bad Doberan Kontakt hatte, musste die Einschulung an der Lessing-Grundschule Bad Doberan ohne Lehrer stattfinden. Statt der Direktorin hielt die Schulamtsleiterin die Einschulung ab und führte der Bürgermeister durch das kleine Programm. Insgesamt viermal, denn jede der Klassen 1a bis 1d wurde einzeln eingeschult. Ob die Schule am Montag los geht, war bis Sonntagnachmittag noch nicht klar, denn ein letztes Testergebnis stand noch aus. Am Montag holten die Lehrer dann die Besichtigung der Schule zusammen mit den Schulanfängern nach – ohne Eltern.
Corona-Fälle beim LKA, AIDA und im Bildungsministerium
Beim LKA gab es einen Ausbruch, AIDA musste neuangereiste Crewmitglieder wegen positiver Tests unter Quarantäne stellen und auch das Bildungsministerium ordnete Quarantäne für Beamte an.
Statistik erfasst keine Infizierten ohne Wohnsitz in MV
Allerdings erfasst die Statistik keine COVID-19-Infektionen von Menschen, die sich in MV aufhalten, aber hier nicht gemeldet sind. Ein Bundeswehrsoldat aus Schleswig-Holstein ist selbst nicht erfasst, durch ihn kam es aber zu einem neuen Fall in Vorpommern-Greifswald. Auch ein Mann mit Erstwohnsitz in Hamburg wurde positiv getestet und fällt wie die polnische Reinigungskraft auf Usedom und die 17 ausländischen Seeleute in Rostock mit COVID19-Infektion nicht in die Statistik des Landes.
Aktuelle Corona-Zahlen in MV
Die Zahlen vom Abend des 04.08.2020 geben folgendes Bild:
In Mecklenburg-Vorpommern wurden seit März 889 Neuinfektionen erfasst. Davon sind 794 Personen genesen, 20 gestorben und 21 weiter auf der Intensivstation. 124 waren seit März in stationärer Behandlung.
Die meisten Fälle hat nach wie vor der Landkreis Vorpommern-Greifswald mit 150 Infizierten, darunter 7 Todesfälle, gefolgt vom Landkreis Mecklenburgische Seenplatte mit 132 Infizierten, darunter 3 Todesfälle.
An dritter Stelle steht jetzt der Landkreis Ludwigslust-Parchim mit 118 Infizierten, darunter 2 Todesfälle, gefolgt von der Hansestadt Rostock mit ebenfalls 118 Fällen und 2 Todesfällen. Schwerin hat 113 Infizierte und keine Todesfälle, Vorpommern-Rügen 94 Infektionen und 2 Todesfälle, Nordwestmecklenburg 86 Infizierte und einen Toten zu vermelden und auf dem letzten Platz steht nach wie vor der Landkreis Rostock mit 78 Infizierten und 2 Todesfällen.
Rapide gestiegen sind die Zahlen der laborbestätigten Neuinfektionen zwischen 26. Juli und 2. August. Mit 37 Neuinfektionen bis zum 26. Juli und weiteren 34 bis zum 2. August erreichte die Zahl so hohe Werte, wie es sie seit dem 19. April nicht mehr gab. Vor diesem Hintergrund muss man die Zurückhaltung der Landesregierung sehen.
Einige Angebote starten wieder
Regional werden nun auch letzte Maßnahmen aus den bisherigen Lockerungen umgesetzt. So bietet Bad Doberan in der Stadt und in Heiligendamm ab dem 10. August wieder öffentliche Führungen an. Allerdings steht nicht wie gewohnt der Gästeführer am Treffpunkt parat, sondern melden sich die Teilnehmer bei der Touristinformation an. Außerdem gibt es keine öffentlichen Führungen in Gebäuden, wie dem Doberaner Münster oder zur Dachterrasse des Severin-Palais im Grand Hotel Heiligendamm. Weitere Veranstaltungen finden wieder statt. Alle Infos gibt es unter Veranstaltungen
Foto: Symbolbild Bild von Alexandra Koch auf Pixabay