1793

Der Göttinger Philosoph und Hofrat Georg Christoph Lichtenberg war bereis in den Seebädern Margate und Deal in England und fragt in einem Essay:

„Warum hat Deutschland noch kein großes öffentliches Seebad?“

Er beauftragt den Architekten Woltmann, bei Cuxhaven einen geeigneten Platz für ein Seebad ausfindig zu machen und schlägt speziell Ritzebüttel vor. Woltmann hält die Ostsee für „viel geeigneter, sie ist zugänglicher und friedfertiger gegen das menschliche Geschlecht und erwärmt sich wegen des Mangels an Ebbe und Flut in der Nähe des Ufers leichter, als die Nordsee“.

Lichtenbergs Freund Christoph Wilhelm Hufeland setzt sich für die Errichtung des ersten Seebades ein und im Juni erlässt der preußische Hofrat Metzger den Aufruf für die Errichtung eines solchen in Preußen.

 

Der in Göttingen studierte und in Rostock tätige Professor Dr. Samuel Gottlieb Vogel bekommt die Ereignisse um die Absichten einer Gründung eines ersten Seebades in Preußen mit und schreibt am 25. August an seinen Herzog Friedrich Franz I. von Mecklenburg (-Schwerin):

„Durch die außer Zweifel gesetzte heilvolle Wirkung des Badens in Seewasser können sehr viele Schwachheiten und Kränklichkeiten des Körpers behoben werden. Jedoch wären hierfür besondere Einrichtungen wie die in England gebräuchlichen Badekarren und ein Badehaus erforderlich. (…) Dass das Baden in der See unfruchtbare Weiber fruchtbar mache, kann zwar dadurch nicht bewiesen werden, dass manches Frauenzimmer dieser Art von Seebadeorten geschwängert zurückkommt, wovon es in Engelland Beyspiele genug geben soll, indessen ist gar nicht zu bezweifeln, dass es Ursachen der weiblichen, so wie in der männlichen Impotenz gibt, welche durch das Baden in der See gehoben werden. (…)“

 

Der Herzog erkennt die Gefahr, dass ein Seebad im benachbarten Preußen Geld aus Mecklenburg abzieht und trifft eine Entscheidung. Am 9. September verkündet der Herzog sie per Brief:

 

„Mir sind bey meiner Anwesenheit ihre von ihnen schriftlich aufgesetzten Gedanken, über Anlegung eines Seebades, übergeben worden, ich wünsche daher daß der Herr Hofrath mir darüber mögen, einen Plan aufsetzen, welchen ich nicht verfehlen werde, aufs genaueste zu prüfen, um als dann so viel als möglich zur Ausführung desselben beytragen zu können. Besonders, da es mir nicht gleichviel sein kann, manchen kranken Menschen dadurch glücklich zu machen, nicht zu gedenken, daß Geld im Lande verzehrt wird, was auswärtige Bäder demselben entziehen. Ich erwarte daher mit Vergnügen Ihre Vorschläge, in Betreff dieser heilsamen Anstalt (…).“

Am 21. September gegen 12 Uhr mittags steigt Geheimrat von Flotow als Erster in die Fluten der Ostsee am Heiligen Damm. Ihm folgt der Herzog Friedrich Franz I., dann auch die Kammerherren von Moltke, von Gerstorf, von Oertzen, von Rantzau, von Weltzien und der Kandidat Koß.

 

Dies gilt als Gründungstag des ersten deutschen und festlandeuropäischen Seebades.
Die Badegesellschaft kommt im Posthaus (Lindenhof) dem Krug und in Privathaushalten unter.

Friedrich Franz I. schickt 1.000 mecklenburgische Soldaten nach Oranien (heute: Niederlande) und erhält von König Wilhelm V. von Oranien dafür 37.000 Silberdukaten pro Jahr zzgl. Entschädigungen bei Verwundung oder Fall. Der Herzog lässt diese Einnahmen in den Aufbau des ersten deutschen Seebades investieren und stellt sogleich die ersten 4.250 Taler zur Verfügung. Er weist Amtshauptmann Wachenhusen an, alle Kosten aus der herzoglichen Schatulle zu bezahlen und er solle  „keine andere Kassse molestieren.“

Am Heiligen Damm werden warme Bäder in einem Wagenschauer verabreicht, der noch im selben Jahr durch ein festes Badehaus für warme Bäder ersetzt wird. Dann entsteht der Marstall zum Abspannen, Abkühlen, Tränken und Füttern der Pferde. und in Doberan wird die Viehweide auf dem Kamp zwecks Anlegung eines Parks aufgelöst. Bis hin zur Kirche entsteht durch Gartenkünstler aus Ludwigslust ein Englischer Garten; auf die Teiche werden Boote gesetzt. Bauconducteur Johann Christoph Heinrich von Seydewitz baut ein Fachwerkhaus an der Stelle und auf den Fundamenten des abgerissenen Jagdschlosses (später Amtshaus genannt) als Wohnhaus des Herzogs.