Spielplätze wieder offen, 800qm-Regel aufgehoben, Zweitwohnsitze und Jagdreviere wieder nutzbar
(01.05.2020) Der MV-Plan zur schrittweisen Lockerung vom Corona-Lockdown läuft. Zweitwohnungsbesitzer strömen wahrnehmbar, wenn auch nicht in Massen seit heute zu ihren Zweitwohnsitzen in Mecklenburg-Vorpommern, die ersten einheimischen Dauercamper reisen an und die Geschäfte sind bereits seit dem 20. April wieder geöffnet.
800-Quadratmeter-Begrenzung aufgehoben
Bisher durften nur 800 Quadratmeter Verkaufsfläche genutzt werden, nun fällt in MV auch diese Grenze. Hintergrund dürfte die Feststellung des Verwaltungsgerichthofes München vom 27.04.2020 (Az. 20 NE 20.793) sein, in der der VGH davon ausging, dass dieser Teil der Verordnung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Auch das Verwaltungsgericht Hamburg hat bereits am 22.04.2020 (Az. 3 E 1675/20) gegen diese Regel argumentiert. Hier wurde die Berufsfreiheit der Klägerin als verletzt betrachtet. Die Entscheidung liegt aber beim Oberverwaltungsgericht. Mecklenburg-Vorpommern und auch Thüringen hoben diese Regelung als erstes auf und verhindern so auch weitere Klagen.
Spielplätze wieder offen
Für die Familien eine frohe Botschaft ist die Öffnung der Spielplätze. Dafür hatte es aus vielen Städten Petitionen gegeben. Die Sozialministerin Stefanie Drese ermahnt die Eltern: „Bitte gehen Sie verantwortungsbewusst mit der Öffnung der Spielplätze um!“ Das Ministerium hat eine 5-Punkte-Hilfe angefertigt:
Es ist Sache der Kommunen, die Öffnung umzusetzen und zu überwachen. Kommunen können auch einen Teil ihrer Spielplätze öffnen und andere gesperrt lassen.
Auswärtige Jäger dürfen wieder jagen
Seit heute dürfen Jäger, die in Mecklenburg-Vorpommern jagdberechtigt sind, aber nicht hier wohnen, wieder im Land jagen. Allerdings ist nur die Einzeljagd erlaubt und dürfen Ansitze mit mehreren Personen gleichzeitig nur genutzt werden, wenn diese aus demselben Haushalt stammen.
Frisöre dürfen öffnen und Gottesdienste stattfinden
Weitere Lockerungen wurden schon vor einer Woche verkündet und treten am 4. Mai in Kraft. Die Frisöre dürfen wieder öffnen und Gottesdienste wieder stattfinden. Natürlich gelten strenge Regeln. So dürfen bei Gottesdiensten nur ein Besucher pro zehn Quadratmeter Fläche untergebracht und 1,50 Meter Abstand eingehalten werden. Zudem müssen Teilnehmerlisten geführt werden, um eventuelle Infektionen nachvollziehen zu können. Die Kirchen haben Hygienepläne erarbeitet, der Islamische Bund hat sich entschieden, vorerst auf religiöse Veranstaltungen in Moscheen zu verzichten.
Öffnung von Schönheitsstudios im Gespräch
Der nächste Schritt ist schon im Gespräch: Es wird geprüft, ob am 11. Mai Kosmetikstudios, Massagepraxen, Nagelstudios, Sonnenstudios, Tattoo-Studios wieder öffnen können.
KITA- und Schulöffnungen im Gespräch
Eine Studie soll die Wirkung von Corona auf Kinder und Familien untersuchen. Mit den Ergebnissen will man dann über die Öffnungen der KITAS und Schulen beraten. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) kritisiert in der Pressekonferenz vom 30. April die Bundesregierung, dass diese Studie erst jetzt in Auftrag gegeben wurde.
Maskenpflicht in Praxen
Doch es gibt auch Verschärfungen: Ab sofort gilt die Maskenpflicht auch bei Arztbesuchen, auch in Physiotherapien und anderen Gesundheitspraxen. Kinder bis zum Schuleintritt, Menschen, die aus medizinischen oder psychischen Gründen keine Maske tragen können und Mitarbeiter, die hinter einem Spuckschutz sitzen, sind davon befreit.
Massentests in Heimen
In Alten- und Pflegeheimen sollen flächendeckende Corona-Tests stattfinden. Das betrifft 570 Heime mit zusammen 25.000 Bewohnern und 15.000 Mitarbeitern. Letztere sollen bis zu dreimal überprüft werden. Dafür stehen insgesamt 3,5 Mio. Euro zur Verfügung. Ein Test der beauftragten Firma Centogene aus Rostock kostet 35 Euro.
Weitere Lockerungen bis 6. Mai in Arbeit
Das Kontaktverbot gilt vorerst bis zum 10. Mai 2020. Weitere Lockerungen werden bis zum 6. Mai erarbeitet. So will Mecklenburg-Vorpommern voran gehen und die Gastronomie wieder öffnen. Zuerst soll nur Außengastronomie mit Auflagen öffnen dürfen. Als Stichtag wird der 21. Mai avisiert.
Erste Proteste gegen die Regeln
In Schwerin sind am Freitag etwa 600 Menschen zu Protesten auf die Straße gegangen. Auch eine Mahnwache war geplant. Da nur 50 Teilnehmer angemeldet waren, hatte die Polizei nur vier Einsatzkräfte vor Ort. Weitere 20 wurden angefordert. Nach Provokationen durch alkoholisierte Schaulustige und Problemen mit dem Mindestabstand löste die Polizei die Veranstaltung auf. Die von Ärzten initiierte Mahnwache konnte trotzdem stattfinden.
Auch an der Grenze zu Polen gab es Proteste von 260 Pendlern. Diese bereits zweite Aktion verlief ohne Zwischenfälle. Ab Montag können die Berufspendler die Grenze wieder passieren, ohne danach 2 Wochen in Quarantäne zu müssen, wie es Polen vorschreibt. Medizinisches Personal bleibt davon ausgenommen. Alle anderen Proteste sind symbolischer Natur: Gastronomen protestieren mit aufgestellten leeren Stühlen und mit Bannern für eine schnelle Lockerung.
Fallzahlen sind entscheidend
Entscheidend sind aber die Fallzahlen der kommenden Woche, weil 14 Tage Inkubationszeit eingerechnet werden müssen. Seit gestern sind in MV 2 neue Infektionen hinzu gekommen. Aktuell sind 696 Infektionen seit Beginn der Erfassung registriert worden. Davon sind 619 Personen wieder genesen. 98 Infizierte waren oder sind in Krankenhäusern, 18 Personen, die alle zur Risikogruppe gehörten, sind verstorben. Außer in Schwerin gibt es in allen Landkreisen und kreisfreien Städten Corona-Tote, die meisten (4) in Vorpommern-Greifswald, wo mit 135 Fällen auch die meisten COVID-19-Infektionen registriert wurden. Die Landkreise Rostock und Ludwigslust-Parchim sind mit 61 und 69 Fällen nach wie vor die beiden Landkreise mit den wenigsten Infektionen.
Mecklenburg-Vorpommerns Reproduktionszahl liegt bei 41 Infektionen pro 100.000 Einwohner, also 0,4. Das ist die Folge der schnellen rigorosen Maßnahmen. Deutschlandweit liegt sie bei 0,76, was zwar dem Ziel „unter 1“ entspricht, aber im Moment ist die Tendenz noch steigend. Das Virus verliert sich erst, wenn die Zahl sich mindestens deutschlandweit – besser weltweit – bei 0,8 stabilisiert. Dann stecken 100 Infizierte nur noch 100 Menschen an, steckt das Virus also bei 20 von 100 Menschen in der Sackgasse und kommt nicht weiter. Wenn aber von 0,8 die Rede ist, dann sind nicht 100 Menschen gemeint, die „nur noch“ 80 anstecken, sondern Stand heute 3.256.660 Infizierte, die noch 260.528 weitere anstecken können, von denen wiederum 205.442 weitere angesteckt werden können… und so weiter.
Darum hängen alle Lockerungen von den Fallzahlen ab und die wiederum von unser aller Verhalten.